" \5r>*- ■-•- X ■/.'»^ ^- ^T» tf\ . w-^,>i ,-• ARCHIV DER PHARMACIE. Zeitschrift des Deutsehen Apotheker -Vereins, unter ßedaction von E. Schmidt und H. Beckurts, herausgegeben von dem Geschäftsführer des Deutschen Apotheker-Vereins J. GREISS in Berlin. Band 231, Heft 1. BERLIN. Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins. *\^ 1893. «^ Beitrüge für das Archiv sind an die Herren Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen) oder Professor J>r. H. Seckurts in Sraunschtceiy su senden. Ansgegebeu den 13. Februar 1893. INHALT. Seite Ernst Schmidt, Über die Salze des Koffeins 1 Mitteilungen aus dem pharmazeutisch-chemischen Institute der Universität Marburg. P. C. Plugge, Beitrag zur Kenntniss des Cerberins 10 Untersuchungen aus dem pharmazeutischen Laboratorium der Universität in Groningen. Franz Lüdtke, Über Cicuta virosa 34 Fritz Lüdy, Untersuchungen über die Sumatrabenzoe und deren Entstehung -43 Arbeiten aus dem pharmaceutischen Institute der Universität Bern. Eingegangene Beiträge. "W. Autenrieth, Zur Kenntnis des gelben Blutlaugensalzes und des Nachweises von Cyanwasserstoff neben Ferrocyankalium. J. van Rijn, Ülser das Cai-paiu, das Alcaloid der Carica Papaya. E. Merck, Mitteilungen aus dem wissenschaftlichen Laboratorium der chemischen Fabrik zu Darmstadt. (Geschlossen den 31. Januar 1893.) Anzeigen. SoelDen ersolxeiiit ; 16 Bände geb. k 10 VL oder 256 Hefte k 50 Pf. Abbildungen. 16000 SeitenText, Brockhüus^ Kon versations - Lexikon. i^. Auflage: eoOTafeln. I Chromotafelii 300 Karten. SchwarzdrücL Antiquar, in neuster Auflage, gebd. u. gut erhalten! Berg u. Schiiiidt, ofticinelle PÜanzen. 204 col. Tafeln. (I2u. —) Jl 70.— Brandt u. Katzebura:, mediziu. Zoologie. 62 col. Taf. VergriHen JC 29.— Schlechteudal-Hallier, Flora v. Deutschland. 31 Bde. Statt 270 M 165.— Thoiiie, Flora v. Dtschl. 4 Bd. (neu 53) Benutzt 30,50: wie neu M 38 .50 fflep" Ankauf pharm, und ehem. Zeit.*. Ü,ü3öt) g erforderten zur Sättigung 40.<) ccm V i,,-iS'ormal-Kalilauge = 0,19895 g H2SO4. 4. ().5f)-l-l g erforderten zur Sättigung 3ö.9 ccm i/,|,-Xormal-Kalilauge = U, 17591 g H2SO4. ■ >. U.-il-l-l g verloren bei 100^ 0,024- g an Gewiclit und erforderten 2(i,5 com Yio"Normal-Kalilauge zur Sättigung = U, 12985 g H2SO4. Gefunden Berechnet für I. II. III. IV. V. CsHif.NjOo, H2SO4 + H2O. HoO 5,»:3 _ _ _ 5,79 5,80 H._,SÖ4 31.22 31.81 31.15 31.18 31.43 31,61 Essigsaures Koifein : C^ Hio N4 0:> (C^, H^ O.,)-, von Dr. R. Gaze. Ziir Dai'i=!tellung dieses Salzes wurde Koffein in Eisessig unter Erwärmen auf dem Wasserbade gelöst, die nach dem Erkalten der Lösung ausgeschiedenen Kjystalle wui'den, sobald keine Vermehrung derselben mehr eintrat, abgesaugt, zwischen Fliefspapier geprefst und über Atzkallv aufbewahrt, bis dieselben lufttrocken geworden waren. Die von diesem Salz aiTSgeführten Analysen ergaben Resultate, die mit Sicherheit auf die Existenz eines essigsauren Salzes schliefsen lassen, daher mit den Angaben von Tauret (1. c.) in direktem Wider- sprach, dagegen durchaus mit den Beobachtungen von J. Bieder- mann in Einklang stehen. Beim Erhitzen bis zum konstanten Ge- wicht bei lOC^' verloren: 1,0304 0,3958 g = 3S,4l0^ 0,9972 0,3840 g = 38.50% Die mafsanalytischen Bestimmungen de^ Gehalts an Es.sigsäure stimmte mit den durch Trocknen bei 100*^ erhaltenen Resultaten voll- kommen überein. Bei diesen Bestimmungen wurde die Beobachtung- gemacht, dafs sich das Salz beim Hineinbringen in Wasser sofort zerlegt und das Koffein in seiner charakteristischen Kiystallform. in zu Büscheln vereinten Nadeln, auskrystallisiert. An 1/10 N.-KOH erforderten: 0,512u g 32.6 ccm entspr. 38,20% Essigsäure. 0.7.564 g 48.15 ccm „ .38,19% 8 Ernst Schmidt, Ucber die Salze des Koffeins. Beim Umkrystallisieren des Salzes aus Eisessig kiystallisierte das Salz unverändert aus und ergaben daher die von dem umkrystalli- sierten Salz ausgeführten Analysen folgende Zahlen: 0,9220 g erforderten 58,85 com i/io N.-KOH = 38,29% 0.6400 g „ 40,80 ccm Vio « = 28.25 7o Berechnet für: G8HioN4 0,.(C2H4)., 38,22 Vo Essigsäure. Gefunden : I. IL III. IV. V. VI. ;i8,20o/o 28,19% 38,29 o/o ^8,25 o/o 38,41 o/o 38,50o/o,. Propioiisaures Koife'in : Cg Hin N4 O2 (C3 Hg 02)2- von Dr. R. Gaze. Das propionsaui'e Salz Avurde in analoger Weise wie das essig- saure Salz durch Auflösen von Koffein in reiner Propionsäure dar- gestellt. Die ausgeschiedenen Krystalle wui'den nach dem Absaugen und Abpressen zwischen Fliefspapier in lufttrocknem Zustande analysiert. Beim Trocknen l:)ei 100*^ schmilzt das Salz unvollständig. Es verloren : 0,8G68 g 0,3754 g an Gewicht = 43,:300/o. Bei der Bestimmu.ng des Gehalts an Propionsäure auf mafsanaty- tischem Wege konnte wie bei dem essigsauren Salz die Beobachtung gemacht werden, dafs bei dem Hineinbringen in Wasser das Salz sich sofort zersetzte und sich reines Kofiein in der charakteristischen Krystallform abschied. An i/jo N.-KOH verbrauchten: 0.5332 g 31,10 ccm = 43.16 o/^ Propionsäure. 0,8932 g 52,25 ccm = 43,29 o/p Berechnet für: Gefunden: Cg Hio N4 Oo. (C3 Hß Oo)2 I. II. III. 43,270/0. 43.300/0 43. 16 0/0 43,290/0. Aus diesen Analysen geht hervor, dafs das Kof[^"ein ein propion- saures Salz bilden kann, dem die Formel C^^ H^q N4 O2 (Cg Hß 02)2 zu- kommt. Koffeinformiat, Koffeinbutyrat, Kojffemvaleriaiiat. Bei der überraschenden Leichtigkeit, mit welcher sich das Koffein mit je zwei Vol. Essigsäure und Propionsäm-e zu Koffein- acetat und Koffeinpropionat verbindet, sollte man erwarten, dafs dies Ernst Schmidt, Ueber die Salze des Koffeins. 7 nnter den gleichen Versnchsbedingnngen auch mit der Ameisen- säure. Buttersäure und Valeriansäxire der Fall sein würde. Dies ^st jedoch nicht der Fall. Wenn es auch keinem Zweifel unter- liegen kann, dais das Koffein auch mit diesen Säuren Verbindungen eingeht, so zeichnen sich dieselben doch durch, solche Zersetzlichkeit ans, dafs es mir bisher nicht gelungen ist. einheitliche, in ihrer Zusammensetzung mit einer einfachen Formel im Einklang stehende Produkte zu erhalten. Die bei der Darstellung und der Analyse des Kot fein - formiats gemachten Beobachtungen stehen im Wesentlichen mit denen Biedermann" s (1. c.) im Einklang. Das Koffeinbutyrat (Normal-) win-de von Biedermann (1. c.) in kleinen, weifsen. oft büschelförmig ginippirten Nadeln erhalten, deren Zusammensetzung der Formel Cg H^o N^ Oo. C4 Hg O2 entsprach. Die von mir nach Biedermann 's Angaben isolii'teu Butyrate stimmten zwar in dem Aeusseren im Wesentlichen mit obiger Be- schreibimg übereiu. indessen ergaben die Analysen einen für die Formel Cg Hjo N4 Oo, C4 Hg O2 zu niedi-igen Gehalt an Buttersäure. Gebunden 19,73—23.4 Proz.: berechnet 31,2 Proz. Auch bei dem Koffeinisobutyrat wurde kein besseres Resultat als bei dem Normalbutyi'at erzielt. Koffeinvalerianat. Dieses Salz fand Biedermann nach der Formel CgHioN4 02, C'sHinOg zusammengesetzt. Auch Snow erteilt dieser Verbindung obige Formel, obschon er bei der Analyse hierfür einen zu niedrigen Gehalt an Valeriansäure fand: 27.75 Proz gegen o-ä:.46 Proz. nach der Berechnung. Bei den Versuchen, welche ich unter verschiedenen Bedin- gungen anstellte, um ein Koffeinvalerianat von konstanter, der obigen Formel entsprechenden Zusammensetzung zu isolieren, bin ich zu der Ueberzeuguug gekommen, dafs die Isovaleriansäure mit dem Koffein in der Tat eine salzartige Verbindung eingeht. Es ist mir jedoch nicht gelungen, dieselbe in reinem Zustande zu erhalten, gleichgültig ob ich hierbei nach dem Verfahren von Biedermann oder von Snow (in Chloroformlösung) oder nach anderweitigen Me- thoden arbeitete. Das Koffeinvalerianat ist von einer solchen Zer- setzHchkeit, dafs es schon beim Trocknen einen Teil der gebundenen Isovaleriansäure verliert. 8 Eins t Schmidt. Ueber die Salze des Koä'eins. Die valeriansäurereiclisten Präparate A\-iirden erzielt, wenn ent- wässertes, gepulvertes Koffein mit entwässerter Isovaleriansäure zu einem dicken Brei angerührt imd dieser 1 oder 2 Tage lang, bei mäfsiger Wärme, gut verschlossen, sich selbst überlassen wurde. Durch ^\■iederholtes Abpressen auf grofsen Thonplatten resultierte hierbei ein weilses, krystallinisches . stark nach Baldriansäure riechendes Pulver, welches bis zu 30 Proz. Isovaleriansäure enthielt. Da diese Präparate vollkommen trocken erschienen, so kann wohl von einer nur mechanischen Beimengung der Isovaleriansäure nicht die Rede sein. Letzteres scheint dagegen bei den langen, nadei- förmigen KiystaUen der Fall zu sein, welche sich direkt aus einer heilsen Lösung von Koffein in viel reiner Isovaleriansäure aus- scheiden, wenigstens schwankte hier der Säuregehalt nur z^^öschen 3 imd t) Proz. Die Untersuchung eines käuflichen . vollkommen trocknen Koffeinvalerianats ergab einen Gehalt von 17.92 Proz. Valeriansäure. In den nach obigen Angaben dargestellten Yalerianaten ermittelte Herr W. Paulmann auf maafsanalytischem Wege einen Gehalt von 18.81; 22.17: 23.83 und 29,64 Proz. Isovaleriansäure. Koffeincitrat. Aus der Litteratur. welche über dieses zeit- vveüig arzneüich angewendete Präparat vorKegt. geht hervor, dafs die Ansichten über die Lxistens desselben geteilt sind. Während nach Tauret und Anderen ein ^\'irkliches Koff'eincitrat nicht existirt. ist dies nach den Beohachtungen von Lloyd und anderen Forschem der Fall. Da das Koffeincitrat in das Supplement des Deutschen Arzneibuches Au&ahme gefunden hat, schien es von Interesse zu sein, auch dieses Präparat einer noclimaUgen Untersuchung zu unter- ziehen. Aus den nachstehenden Versuchen von Hemi Dr. R. Gaze dürfte hervorgehen, dafs auch die Citronensäui-e die Fähigkeit be- sitzt, sich mit Koffein zu einem wirklichen Salze zu verbinden. Die Beständigkeit dieses Salzes, besonders in dem Verhalten gegen Wasser. Alkohol und andere Losttngsmittel, ist jedoch eine ebenso geringe wie die aller übrigen einfachen Koffeinsalze. Dtu'ch den erneuten Nachweis der Existens eines wirklichen Koffeincitrats wird die Tatsache, dafs in früherer Zeit unter dieser Bezeichnung Prä- parate im Handel vorkamen, die entweder gar keine Citi'onensäure enthielten oder nur aus einem Gemisch von KoftVin und Citi-onen- Ernst Schmidt. Ueber die Salze des Kott'eins. \i säure in wechselnden Mengenverhältnissen bestanden, natuigenuills in keiner Weise berührt. Citroneiisaures Koffein Cv, H^, N4 0.^. Cg H« O7. Von Dr. B. Gaze. Zur Darstellung dieses Salzes wurden 5 g Kotfein und 5 g Citronensäure in 10 g Wasser unter Erwärmen gelöst, diese Tvösung bis zum Syrup eingedampft und über H2 SO4 gestellt. Hierbei kry- stallisierte zunächst unverändertes Koffein in geringer Menge aus, während die Ilauptmenge sich in blumenkohlartigen Gebilden aus- schied. Letztere wurden gerieben, zwischen Fliefspapier getrocknet und analysiert. Bei lOO*-^ getrocknet verlor das Salz nicht an Gewicht^). Bei den mafsanalytischen Bestimmungen konnte dieselbe Beobachtung wie bei den vorher erwähnten Salzen der Essigsäure und der Pro- pionsäure gemacht werden, obschon die Zersetzung hier anscheinend etwas langsam vor sich ging. Es verbrauchten: 0,6968 g 52,03 com 1/10 ^'- KOH 48,03 Proz. 1,0696 g 80,45 com i/jo N. KOH 48,13 Proz. 0,9004 g 67,75 com Vio N. KOH 48,08 Proz. Berechnet für: Grefunden: CgHioN.O,, CßHsO^ 1. IL III. 49,74 Proz. 48,03 Proz. 48,13 Proz 48,08 Proz. Die etwas niedrigen Zahlen lassen sich jedenfalls dadurch er- klären, dafs das Salz noch etwas unverändertes Koffein ent- halten hat. Ein zweites Salz wurde in der Weise dargestellt, dafs 5 g Koffein und 10 g Citronensäure in 10 g Wasser unter Erwärmen auf dem Wasserbade gelöst und die Lösung dann über Atzkalk ge- stellt wurde. Es resultierte hierbei eine blumenkohlartige , weiche, dem Koffein durchaus unähnUche Masse, die abgesaugt, zmscheu Thontellern geprefst und lufttrocken analysiert wurde. Bei der Titration verlangten: 0.7828 g 61,09 com i/i,, N. KOH 50.60 Proz. 1,0070 g 79,65 ccm Vio N. KOH 50.62 Proz. 0,7972 g 63.10 ccm i/jo N. KOH 50.65 Proz. 1) Ein Gemisch aus Koffein und Citronensäure dürfte bei liK)t> einen Gewichtsverlust an Krvstallwasser erleiden. 10 Dr. P. C. Flügge, Beitrag zur Kenntnis des Ceberins. Der etwas höhere Gehalt au Citronensäure ist wohl l^edingt durch die Schwierigkeit, die breiartige Masse vollkommen von der anhaftenden Citronensäure zu befreien. Die ermittelten Zahlen stimmen jedoch immerhin mit den für ein Salz von der Formel Cfi Hio N4 O2. Cg Hg O7 geforderten befriedigend überem. Beide Proben des untersuchten citronensauren Koffeins Avaren in einem Gemisch gleicher Teile Chlorofonn und Alkohol vollkommen lösHch. Die kalt gesättigten Lösungen beider Salze in absolutem Alkohol röteten blaues Lakmuspapier nicht sofort. Ein frisch bereitetes Gemisch gleicher Teile Koffein und Citro- nensäure war in dem Gemisch gleicher Teile Chloroform und Alkohol zwar löslich, jedoch reagierte die kalt gesättigte Lösung in absolutem Alkohol sofort sauer. Während ferner ein Gemisch aus Koffein und Citronensäure zugleich in Teilen bei 100 "^ etwa 8 Proz. an Gewicht verliert, war bei der von mir untersuchten Verbindung, wie bereits erwähnt, eine Ge"v\'ichtsabnahme bei 100 ^ nicht zu konstatieren. Untersuchungen aus dem pharmaceutisclien Labora- torium der Universität in Groningen. Beitrag zur Keimtnis des Cerberiiis. Von Dr. P. C. Plugge. (Eingegaugen, den 3. XII. 1892.) Vor etwa dreifsig Jahren wurde von Dr. de Vry ein giftiger Bestandteil aus den Samen, der zu den Apocyneae gehörigen Cerbera OdoUam Gaertn. isoliert, dem er den Namen Cerberin gab. Nach dem Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien vom 16. Januar 1864, AAiirde der neue krystaUinische Stoff daselbst in der Versammlung gezeigt, doch später ging er. wie ich vom Entdecker vernahm, verloren, so dals keine nähere Untersuchung dieses Cerberins bekannt geworden ist. Eine Untersuchmig der Cerbera Odollam blieb daher erwünscht, um nähere Kenntnis über die Natur und die Wirkung des giftigen Bestandteils dieser Pflanze zu erhalten, deren Samen, soAvohl in Britisch Indien als auch in Dr. P. C. riuggf, Beitrag zur Kenntnis ^ersetzung des Cerberins in den Samen zugeschi'iebeii werden. Auch Greshoff (1. c. p. 71) weist auf diese nicht zu ver- hindernde Verfärbung der Samen hin. Eigeuschaften des Cerberins. Das Cerberin scheidet sich aus seiner Auflösung in Alkohol bei langsamer Verdunstung in vollkommen farblosen, geruchlosen und bitterschmeckenden Krystallen ah. Diese Krystalle, welche meist zu Dr. P. C. Plugge, Beitrag zur Kenntnis des Cebeiins. 17 klein i'ür geometrische Bestimmungen sind, zeichnen sich durch grofse Verschiedenheit ihrer eigenthümlichen Formen aus. Teils sind es zu Rosetten oder hhimenkohlartigen Aggregaten vereinigte Krystalle (I'ig. 1), teils isolierte Kiystalle, zuweilen mit ziemlich deutlichem rhombischen Habitus, wie in den Figuren 2, öfter aber erscheinen sie in Formen, wie sie in den Figuren 3 abgebildet sind und von denen einige den Eindruck einer hemimorph hemiedrischen Entwickelung machen, oft kommen auch gewölbte Flächen vor. In polarisiertem Lichte zeigen die Kiystalle prächtige Farben. Die Pfeile in den Abbildungen bezeichnen die Richtung des Erlöschens. Die Ki-ystalle sind nicht hygroskopisch. Bei Erhitzung während einiger Stunden bis 110^ C. erleidet der Stoff weder Farbenverände- rung, noch Gewichtsvenuinderung. woraus erhellt, dafs er kein Krystallwasser enthält. Bei der Bestimmung des Schmelzpunktes, sowohl in einem Becher- glas mit Paraffin und Anwendung der Korrektionsformel von Kopp - Thorpe: T = t + 0,000143 n (t—f), wie auch bei der direkten Be- stimmung des koiTigierten Schmelzpunktes im Roth "sehen Apparat, fand ich 191 — 192^ C. Dabei begann der Stoff schon zwischen 180 — 185^ eine gelbe Farbe anzunehmen, ohne aber durchsichtig zu werden. Erhielt ich den Stoff geraume Zeit in Schmelzung, ohne die Temperatur zu erhöhen, so zeigten sich bald in der voUkonamen durchsichtigen Flüssigkeit zahlreiche Gasbläschen. Beim Erkalten verwandelte sich die geschmolzene Masse in einen gelben, durchsich- tigen, harzartigen Stoff. Beim Erhitzen auf einem Platinbleche stöfst das geschmolzene Cerberin reichlich Gase aus, die leicht entflammen vmd mit einer stark licht- und rufsgebenden Flamme brennen ohne dabei charak- eristische Düfte zu verbreiten oder etwas zurückzulassen. Bei der Untersuchung der LösHchkeit des Cerberins zeigte sich, aafs es sich leicht löst in Alkohol, Chloroform, Isobutylalkohol, Amyl- alkohol, Eisessig, geschmolzenem Phenol und geschmolzenem Urethan, schwer in Aether, Benzol und Tetrachlorkohlenstoff, fast nicht in Petroleumäther. Zur quantitativen Bestimmung der Löslichkeit wurden in einer Anzahl Kolben reichliche Quantitäten Cerberin, während wenigstens 40 Stvmden, unter zeitweiligem Umschütteln, bei der herrschenden Temperatru' mit den Flüssigkeiten digeriert. Danach Aich. d. Pharm. CCXXXI. Bds. 1. Heft. 2 18 Dr. P. C. Plugge, Beitrag zur Keuntnis des Ceberins. wurde eine reichliche Quantität (meistens 50 — 100 g) Lösung abfil- triert, die Flüssigkeit verdunstet und das Zurückgebliebene nach dem Trocknen zum konstanten Gewacht gewogen. Das Resultat dieser Bestimmungen ist aus folgender Tabelle ersichtlich. Lösungsmittel. Temp. b. d. Cerberin in Lösungs- Lösung. lOOgLösung verhältnis. 21f' C. 11.322 g. 1 : 8.83 Tl 16-18^ C. 8.034 ,. 1: 12.43 „ „ „ „ 7.760 „ 1 : 12.89 _ „ „ „ 3.327 „ 1 : 27.27 ., 160 c. 6.807 „ 1 : 14.7 „ r> w 2.045 „ 1 : 48.87 „ 19—200 C. 0.560 „ 1 : 178.5 „ 200 c. 0.183 „ 1 : .544.7 „ 17-180 C. 0.123 „ 1 : 813 1000 C. 0.020 ., 1 : 4974 „ 200 C. 0.018 „ 1 : 5555 „ 160 C. 0.008 ,. 1 : 12487 „ 190 c. 0.0027 ,. 1 : 36730 „ Chloroform sp. G. = 1475 . . . Alkohol von 90 Vol. Proz. . . . „ 100 ., 75 „ Isobutylalkohol sp. G. = 0.822 Amylalkohol sp. G. = 0.813 . . Äther sp. G. = 0.721 Benzol sp. G = 0.876 Tetrachlorkohlenstoff sp. G. = 1.578 Wasser Schwefelkohlenstoff (frisch rek- tifiziert) Petroleumäther sp. G. = 0.675 Das Cerberin ist optisch aktiv, und zwar links drehend. Bei der Bestimmung des optischen Drehungsvermögens benutzte ich den Halbschattenapparat von Laurent und eine Natriumflamme als r 1 100a ,, . Lichtquelle. Die aus der Formel: 1«Id = j ^ abgeleiteten Werte, für Cerberinlösungen verschiedener Konzentration und mit verschie- denen Lösungsmitteln, ergeben sich aus der folgenden Tabelle, worin c = Anzahl g Cerberin in 100 g Lösung, 1 = der Länge der Röhre in dem, a = dem wahrgenommenen Drehungs^^•inkel und t =: der Temperatur während der Bestimmung ist. Lösungsmittel. Alkohol von 90 Vol. Proz. Äther sp. G. = 0.721 . . Chloroform sp. G. = 1.475 Eisessig Schmelzpunkt = 140 c. l«]^ c 1 — 74.790 2.870 5 — 74.910 2.870 3 — 74.120 1.493 5 - 64.760 0.386 5 -74.820 2.644 ;i — so.rqo 3.110 5 — 100.44' — 60. 27' — 50. 32' — 10. 15' — 50.56' — 120.34' 180 C. 180 „ 190 „ 210 200 „ 210 .. Dr. P. C. Plugge. Beitrag zur Kenntnis des Oeberins. 19 Die mir Cerberin gesättigte Lüsung in Wasser zeigte, sogar in der Röhi-e von 0,5 ni. keine merkbare Rotation. Ziisaiiimensetzuug des Cerberiiis. Nachdem durch das negative Resultat einer Prüfung nach Lafsaigne sich herausgestellt hatte, dafs das Cerberin ein stick- stofffreier Stoff ist, wurden einige Verbrennungen in offener Ver- brennungsröhre, mit Löwe'schem Quecksilberventil, ausgeführt Durch diese Elementaranalyse erzielte ich folgende Resultate: I. 211 mg Cerberin lieferten 506 mg CO., und 162 II. 261.2 521.5 „ j. ,. 155.4 III. 184,5 „ „ 444.5 „ „ „ 135..3 iV. 211 ,, „ 506 „ „ „ 15.3,.3 V. 221,5 „ „ „ — „ „ „ 167.5 Woraus für den Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff folgende Quantitäten, in Prozenten ausgedrückt, berechnet werden: Elemente I. II. III. IV. durchschnittlich Kohlenstoff "Wasserstoff Sauerstoff' 65,40 8,53 26,07 65.87 7,99 26,14 65,65 8,15 26,20 65.40 8,08 26,52 65,58 8,19 26,23 Zwei Bestimmungen des Ivohlenstoffgehalts des Cerberins. auf nassem Wege, mit dem von Joseph Messinger^l beschi-iebenen Apparat, lieferten Resultate, welche sehr gut stimmten mit denjenigen welche ich bei der trocknen Verbrennung erzielt hatte. Bei dieser Bestimmung, wozu jedesmal 6 g Chromsäureanhydrid und 30 g konzentrierte Schwefelsäui-e benutzt wurden, lieferten: I. 0.146 g Cerberin 0,350 g CO^, woraus für den Kohlenstoff' 65.39 Proz. II. 0,195 „ „ 0,465 „ „ „ „ „ „ 65,04 „ Um das Molekulargewicht des Cerberins annähernd zu be- stimmen, benutzte ich die kryoskopische Methode von Raoult und bediente mich dazu des Beckmann'schen Apparats, wie dieser in. seiner letztgeänderten Fonn in der Zeitschrift für Physik Chemie Bd. VII., S. 324 abgebildet und beschrieben ist. Als Lösungsmittel benutzte ich reines sog. synthetisches Phenol mit einem Schmelzpunkt von ca. 39*^ und Urethan mit einem Schmelzpunkt von ^) Joseph Messinger. Neue Methode zur F.lemt. Aualyse auf nassem Wege. Ber. 1888, S. 2910. 20 Dr. r. C, Plugge, Beitrag zur Kenntnis des Ceberins. 49'^. Da.s Molekulargewicht M. wurde berechnet mit Hilfe der Fonnel M = D — , worin D die Konstante von Phenol (resp. von Urethan). a den Prozentgehalt aufgelösten Cerberins und d die be- obachtete Depression des Gefrierpunktes vorstellen. Die Resultate, welche ich bei diesen Bestimmiingen erzielte, zeigt folgende Tabelle: Gelöstes Gefundene Depressions- Molekular- Cerberin Prozente Depre.ssion prozente gewicht I. Lösungsmittel 14.861 g Phenol S. p. — 390 c. 1 0.4992 g 3.359 00 527 0.1569 1 461 o 0.961 g 6.480 10 08 0.1512 1 444 II. Lösungsmittel 10.190 g Urethan. S. p. = 49 ^ C. 3 0..S91 g 3.837 0" 39 0.1016 1 487 4 0.532 g 5.22IJ iV-' .j7 0.1092 -t55 Auch nach der Kochmethode wurden einige Bestimmungen des Molekulargewichtes ausgeführt, und dabei der Beckmann'sche Apparat benutzt, der in der Zeits. f. Physik. Chem. Bd. VHI 1. 223 abgebildet und beschrieben i.st. Als Lösungsmittel benutzte ich dabei frisch rektifizierten absoluten Alkohol. Der Stand des Baro- meters war während des Versuches unverändert 761mm. Die Be- rechnung des Molekulargewichts geschah nach der Ponnel: m = 100. Ks . g G.(t'-t) worin die Bedeutung und die Gröfse der besonderen Faktoren in der Tabelle erwähnt sind: G. S- gr. Cerbe- rin 100g gelöster (t'-t) Siede- punktser- höhuiig Ks. molek. Constanie V. Alkohol m. Gramm Lö- sungsmittel G Stoff in 100 g Lösungsm. Mole- kularge- wicht 1 2 10.610 7.514 0.749 0.253 7.060 3.367 0.1.55 11.5 11.5 523 485 Versuche mit noch mehr konzentrierten Lösungen bewiesen, dafs mit der gröfseren Konzentration der Flüssigkeit auch das aus der Dr. P. C. Plugge, Beitrag zur Kermtuirf des Ceberiiis. 21 Siedepuukterhöhung bei-echnete Molekulargewicht zuniniint, woraus man folgern darf, dafs auch hier die für die verdünnte Lösung er- haltene Zahl 485 sich am meisten dem wirklichen Molekulargewicht des Cerberins nähert. Auf Grund der erhaltenen Resultate der Elementaranalysen und der beiden Molekularge-wdchtsbestimmungen . glaube ich zu der An- nahme berechtigt zu sein, dafs die Zusammensetzung des Cerberins ausgedrückt wird durch die Formel: C27 H40 Og. mit dem Molekular- gewicht 492, denn wir haben gefunden :C = 65.58 u. berechn. für C.»^ Hjq Oy C = 65,85 H = 8.19 ' H = 8.13 O = 26.23 O = 26.02 wahrend auch die für das Molekulargewicht — namentlich aus den verdünnten Lösungen — abgeleiteten Zahlen, sehr zu Gfunsten des Molekulargewichtes des nach dieser Formel zusammengesetzten Stoffes sprechen. Das Resultat beweist alsdann, dafs das Cerberin die nämliche Zu- sammensetzung besitzt als Tanghinin aus Taiighinia vcnijcra Poir. (Cerbcra vencnifcra Stend, Cerbera Taug/iiii Hook). Arnaud fand l:>ei seinen Elementaranalysen der bei 115*^ getrockneten Ki-ystalle: Kohlenstoff: 65,79 65,70 Co;; H40O8 fordert 65,85. Wasserstoff: 8,16 8,22 ' S.l.S. Sauerstoff: 26,05 26,08 26.02. Die Frage ob Cerberin und Tanghinin identisch oder nur isomer sind, welche dies erwähnte Resultat veranlafst, wollen wir am Schlüsse dieses Artikels näher in Betracht ziehen. Reaktioueu auf Cerberin. Die gesättigte Lösung des CerbeiTns in Wasser (l:5555j verhält .sich wie folgt: 1. Mit den allgemeinen Reagentien für Alkaloide entsteheu keine Präcipitate. 2. Neutrales Bleiacetat, Eisenchlorid, Quecksilberclilorid, Silber- nitrat und Milien s Reagens verursachen keine Fällung oder Färbung. 3. Basisches Bleiacetat giebt ein weifses Präcipitat, das sich nach Zusatz von ein wenig Ammoniak noch schneller absetzt. Im gesammelten Präcipitat konnte mit Hilfe konzentrierter Schwefelsäure, schwache Reaktion auf Cerberin erhalten werden. 22 Dr. P. C. Plugge. Beitrag zur Keuutnis des Ceberius. 4. Kaliumpeimauganat. eine ]\Iiöchung von Eiscncliloiid und Rotblutiaiigensalzlösung, so\^de ammoniakalische Silbemitratlösung, ver- ändern sich, in der Kälte nicht. Aus Fehlin g"s Probeflüssigkei setzt sich, sogar- nach langem Kochen, keine Spui- Kupferoxydul ab.' 5. Kochen mit verdünnten anorganischen Säui-en (HgSO^, HCl. HNO3) färbt die Flüssigkeit deutlich citronengelb. Kaliumhydroxyd und Barytwasser bringen hingegen keine sichtbare Veränderung hervor. Aufser mit der — wegen der Natur der Löslichkeit — sehr schwachen Lösung von Cerberin in Wasser, wurde auch mit dem trocknen Stoff das Verhalten gegen mehrere Reagentien studiert. Dazu wiu'den bestimmte Quantitäten einer alkoholischen Lösung von bekannter Stärke auf LTirgläsem oder auf einer Porzellauplatte ver- dunstet und die Reste mit den Reagentien übergössen. Ich fand da- bei folgendes : 6. Konzentrierte Schwefelsäure färbt das Cerberin orange- rot, fast sogleich aber erblafst die Farbe und geht, während sich der Stoff löst, in gelb über. Läfst man die Probe dann ruhig stehen. so gewalu't man nach 15^30 Minuten, dafs die Ränder der Flüfsig- keit violett werden. Sekr langsam breitet sich alsdann die Farbe über die ganze Flüisigkeit aus. sodafs sie erst etwa eine halbe Stunde später prächtig violett gefärbt ist und nun am Rande einen Anfang von Blaufärbung zeigt. Da diese blaue Farbe sich nicht selten zeigt, bevor die ganze Flüisigkeit violett geworden ist. hat diese Reaktion meistens ein sehr charakteristisches, polychromes Aus- sehen (orange — gelb — violett — blau). Cerberin. das beim Uebergiefsen mit konzentrierter Schwefel- säure sich sogleich grün (Zotos) oder violett färbt, ist, wie sich dadui'ch anzeigt, verunreinigt mit Pseudoindican oder andern an- hängenden Stoffen. 7. Konzentrierte Schwefelsäure mit Tliymol. «-Naph- tol oder Glycocholsäure geben mir Cerberin die bekannte, für Zucker, Grlucoside und aromatische Aldehyde überhaupt, gültige Rot- oder Violettfärbung, die hier beide ziemlich schnell eintreten. 8. Wird mit der konzentrierten Schwefelsäure einer der folgenden Aldehyde dem Cerberin zugefügt, so treten stets schneller intensivere iind nicht selten, durch Verschiedenheit in der Art Dr. P. C. Plugge. Beitrag zur K«inntnis des Cebcriiis. 2:5 und der Reihenfolge der Farben, charakteristische Färbungen aut, z. B. mit a. Für furo] sogleich prächtig kirschrot, dann violett und schlielslich dunkelblau. b. Anisaldehyd erst violettrot, später blaue Ränder. c. Homosalicylaldehyd erst gelbrot. dann grün; die intensiv grüne Farbe bleibt geraume Zeit. d. Vanillin bald violett, dann prächtig l)lau, was geraume Zeit verbleibt. e. Heliotropin anfangs nicht verschieden von H^ SO4 allein, später blau. f. Opiansäure gleicht sehr der Reaktion mit Vanillin. 9. Konzentrierte Schwefelsäure mit Oxydationsmitteln Brom, Salpetersäure, Kaliumbichromat, Kaliumperchlorat, Cerium- oxydul, Vanadinsäure u. s. w. verhält sich nicht auffallend verschie- den von reiner Schwefelsäure, höchstens tritt die violette Farbe etwas rascher ein. Durch Zusatz einer Spvir Kaliumchlorat zur Schwefel- säure, erschien die violette Farbe fast sogleich; die Ränder der Flüfsigkeit waren dabei intensiv grün-blau gefärbt. 10. Konzentrierte Salpetersäure löst das Cerberin mit einer schnell vorübergehenden Rosafarbe, die sich namentlich bei Erwärmung in citronengelb verwandelt. Dampft man die Lösung auf dem Wasserbade ein, so bleibt ein hellgelber Fleck zurück welcher durch Anmioniak oder Kalilauge — nicht charakteristisch — dunkelbraun gefärbt wird. Es ist uns nicht gelungen andere kennzeichnende Reaktionen für Cerberin zu finden; nach dem Vorstehenden charakterisiert sich der Stoff also namentlich durch: I. Gelbfärbung bei Erwärmung mit verdünnten Säuren- Hg SO4, HCl, HNO3. n, Polychrome-Lösung in reiner konzentrierter Schwefelsäure. m. Beschleunigung, Verstärkung und zuweilen charakteristische Änderung der sub II. erwähnten Reaktion, wenn der konzentrierten Schwefelsäure kleine Quantitäten der folgenden Stoffe beigefügt werden ; a. Phenole (Thymol, «-Naphtol, Kresole oder Gallensäuren). b. Aldehyde (Furfurol, Rohrzucker, Vanillin, Heliotropin u. s.w.) 24 Dr. P. C. Plvigge. Beitrag zur Kenntnis des Ceberins. Die Empfiüdlichkeitsgrenze dieser Reaktionen liegt bei 0.2 bis 0.1 mg. Cerberiu. Die erwähnten Reaktionen sind nicht nur wichtig für die Er- mittelung und den Nachweis dieses Giftes bei gerichtlich-chemischen Untersuchungen, sondern auch belehrend in Hinsicht awi die chemi- sche Natur und die Konstitiition des Stoffes. Die Reaktionen mit den sub III a. erwälmten Stoffen machen es sehr wahrscheinlich, dafs das Cerberin ein Glykosid ist. Diejenigen mit den sub Illb. erwähnten Aldehyde, welche überhaupt mit Phenolen und Schwefelsäure stark gefärbte Verbindungen liefera^), lassen vermuten, dafs im Cerberin, wie in so vielen andern Glykosiden (Arbutin, Salicin, Populin, Asculin, Daphnin, u. s. w.) auch eine Phenolgruppe vorkommt. Wenn das Cerberin in der That ein Glykosid ist, und zwar ein Phenolglykose-Ester ist, so -wdrd es verständlich, warum konzentrierte Schwefelsäure diese Verbindung (ein Stoff a + b) in gleicher Weise oder ähnlich färbt, wde eine Mischung eines der sub Illa mit einem der sub III b genannten Stoffe. Bei Zusatz eines phenolartigen Stoffes (Thymol. «-Naphto u. s. w.) wird dann nur- die Reaktion auf die Glykose des Cerberins verstärkt, während der Zusatz eines Aldeh3^ds (Fiirfurol, Vanillin u. s. w.) die Reaktion auf den Phenolanteil verstärkt. Um diese Ansicht über die Zusammensetzung des Cerberins experünenteU zu untersuchen, mufste an erster Stelle nachgewiesen werden, dafs es in der That ein Glykosid ist. Spaltung des Cerberins. Die Erhitzung mit verdünnter Schwefelsäure in offenen Gefäfsen und sogar in geschlossenen Röhren während vier Stimden im kochen- den Wasserbade, hatte keinen oder nur unbedeuterden Einflufs aut das Cerberin. Nach dieser Erhitzung zeigte sich das ungelöst ge- bliebene Cerberin nur an der Oberfläche gelb gefärbt, und hatte dasselbe nur sehr unbedeutende Gewichtsverminderung erlitten. Nach dem Abwaschen mi t ein wenig Benzol, wodurch der gelbe Stoff sich eicht löste, war die Verbindung wieder vollkommen weils und zeigte alle Reaktionen des reinen Cerberins. 1) Siehe Dr. E. Nickel. Die Farbenreaktionen der Kohlenstoff- verbindungen. 2. AuÜage. Berlin 1890, S. 35. Ein besseres Resultat erhielt ich beim Erhitzen einer alkoho- lischen Lösung in zugeschmolzenen Röhren, wie folgende Versuche beweisen. l*' 2,065 g Cerberin, in 70 prozentischem Alkohol und 10 g Schwefelsäure zu einem Gresamtgewicht von 200 g Lösung gelöst. Murde in zugeschmolzenen CTlasröhi*en vier Stunden lang im kochenden \Vasserbade erhitzt. Die anfangs farblose Flüssigkeit war nach der Erhitzung intensiv citronengelb gefärbt und vollkommen klar. Um das in dieser Flüssigkeit enthaltene Zersetzungsprodukt des Cerberins von dem etwa gebildeten Zucker zu trennen, wurde ein Teil der Lösung (82.887 g, entsprechend 0.8558 g Cerberin) mit einer reich- lichen Quantität Wasser gemischt, wodurch sich ein intensiv gelb gefärbter Stoff abschied, der sich leicht abfiltrieren liels und, nach vollständigem Abwaschen und Ti'ocknen zum konstanten Gewicht, 0.526 g wog. 6L46*^' y des angewendeten Cerberins. Ein anderer Teil der gelben Flüssigkeit (50.160 g = 0.5179 g Cerberin) wurde in einer Schale mit überschüssigem Bariumcarbonat gemischt und zu einem trocknen Pulver eingedunstet. Die trockne Mafse. die aulser Ba SO4 und Ba CO3 das unbekannte Zersetzungs- pi-odukt des Cerberins imd etwa gebildeten Zucker enthalten mufste. ^v^u•de in einem Soxhlet'schen Deplacierimgsapparat mit Äther aus- gezogen. Die gelbgefärbte ätherische Lösung Hefs nach dem Ein- dunsten und Trocknen bis zum konstanten Gewicht einen Rest zurück, der 0.327 g wog oder 63.14% des angewendeten Cerberins. Li der Flüssigkeit, die ich vom gelben Zersetzungsprodukte, das ich mit dem Namen Cerberetin bezeichnen werde, abiUtriert hatte und auch im wässerigen Auszug der Mafse , die im Soxhlet'schen Apparat mit Äther ausgezogen war, konnte ich mittels Feliling'scher Probeflüssigkeit nur sehr geringe Quantitäten eines reduzierenden Stoffs (Zucker?) nachweisen. Dafs das Cerberin völlig umgesetzt war. ergab sich aus der leichten und vollkommenen LösHchkeit des durch AVasser präcipitierten Cerberetins in Benzol und in Äther, in denen — namentlich in Benzol — das unveränderte Cerberin sich nur sehr schwer löst. Die sehi' geringe Quantität Zucker, welche, trotzdem ein Gewichtsverlust von ca. 87 Prozent gedeckt vverden mufste. niu- beobachtet ^vurde. konnte ^-ielleicht durch eine weitere Zersetzung des zunächst abgespaltenen Zuckers bedingt sein, in Folge der zu 26 Dr. P. C. Plugge, Beitrag zur Keuiiruis des Ceberins. langen Erhitzung der säuern Flüssigkeit. Vielleicbt konnte sich diese Beobachtung auch dadurch erklären, dai's sich noch ein drittes Spal- tungsprodukt, neben dem Cerberetin und dem Zucker, sjebildet hatte. Um dies zu konstatieren, wiederholte ich die Spaltung mit ver- dünnter Schwefelsäure und 70 Pi'oz. Alkohol, nur mit dieser Ände- rung, dafs das Erhitzen nur 2 Stunden dauerte. Dafs diese Dauer genügte um das Cerberin zu spalten, entnahm ich aus dem Faktum, dafs ich durch Präcipitierung mit Wasser wiedeiiim 60.62 Prozent Cerberetin erhielt, welches leicht löslich war in Benzol. Die saure Flüssigkeit, aus der durch Wasser das Cerberetin ausgeschieden war. wurde mit Natronlauge neutralisiert, auf dem Wasserbade kon- zentriert und auf Glucose untersucht. Es stellte sich heraus, dafs sie \'iel mehr Zucker enthielt als die Flüssigkeit , die 4 Stunden er- hitzt worden war. Der Zucker wurde nicht nur mit Fehling 'scher Probeflüssigkeit, sondern auch mit konzentrierter Schwefelsäm-e und ThjTnol (resp. «-Naphtolj ermittelt, so-wne schliefslich auch als gut kiystallisiertes Glucosazon mittels Fischer s Reagens isoliert. Obgleich ich bei diesem Versuch mehr Zucker erhalten hatte als bei dem Erhitzen während 4 Stunden, war doch die Quantität so gering, dafs ich von einer quantitativen Bestimmung abstehen mufste. Auf Grund einer Schätzung kann jedoch wohl angenommen werden, dafs auch jetzt die Differenz zwischen dem angewendeten Cerberin imd dem gefundenem Cerberetin nicht durch die erhaltene Quantität Zucker gedeckt werden kann. Die Quantität Cerbeiin, worüber ich füi- diesen Teü der Untersuchung verfügen konnte, wai- zu gering lim zu konstatieren, ob bei noch küi-zerer Spaltungsdauer noch mehr Zucker vorhanden ist. Wiewohl ich auf Grund dieser Versuche annehmen dai"f. dafs Cerberin ein Glykosid ist. das bei der Spaltung diu'ch verdünnte Säure Cerberetin imd Glykose giebt. wage ich doch noch nicht zu entscheiden, ob die gefundene Differenz einer weiteren Zersetzung der Glykose oder dem Umstände zugeschrieben werden mufs. dafs sich bei der Spaltung noch andere Produkte bilden. Einige An- deutungen wurden bei der Untersuchung erhalten, welche für die letzte Ansicht zu sprechen scheinen. Dr. P. C. Plugge, lieitrag zui- Kenntnis des Ceberins. 27 Cerberetin. Cerberetin entstellt bei der Spaltnng von in Alkohol gelöstem Cerberin durch verdünnte Schwel'elsäiire, zu einer Menge von etwa ()2 Proz., und kann aus dieser Lösung durch Vermischen mit Wasser präcipitiert werden. In einem Exsikkator, bei gewöhnlicher Temperatur getrocknet, ist das Ceberetin ein citronengelbes, amorphes Pulver mit einem Schmelzpunkt von 85,5'^ (korr.). Bei 105 — 110" zerlegt es sich imd zeigen sich daher zahlreiche Gasblasen in der geschmolzenen Masse. Es ist fast unlöslich in kaltem Wasser, auch von siedendem Wasser Avird es nur wenig aufgenommen; immerhin wird diese Flüssigkeit beim Abkühlen durch Ausscheidung des gelösten Stoffs schwach getrübt. Cerberetin ist unlöslich in Petroleumäther, löslich hingegen in Alkohol, Benzol, Äther und Chloroform, aus welchen Flüssigkeiten es nach dem Verdunsten stets als amorphe, klebrige oder harzige Masse zurückbleibt. Aus der Lösung in Alkohol wird es durch Wasser fast vollständig abgeschieden: das Fütrat zeigte nur noch eine kaum merkbare gelbe Farbe. Die Untersuchung der alkoholischen Löstmg im Lau rent "sehen Polarisationsapparat zeigte, dafs das Cerberetin optisch inaktiv ist. Versuche an Fröschen bewiesen, dafs auch dieses Spaltungs- produkt eine giftige Wirkung ausübt. Das Cerberetin unterscheidet sich vor allen dm-ch seine intensiv gelbe Farbe, die, in der alkoholischen Lösung, sogar noch bei einem Verdünnungsgrad von 1 : 5000 deutHch wahi-nehmbar ist. Konzentrierte Schwefelsäure färbt das Cerberetin anfangs rot, dann braun oder trübeviolett. Konzentrierte Schwefelsäure mit den Aldehj'^den (Fur- furol, Zucker, Vanillin u. s. w.) reagiert auf Cerberetin voll- kommen in der nämlichen Weise wie auf Cerberin. Obschon dieses Verhalten für unser Vennuten zu sprechen scheint, dafs das Cerberetin ein Phenol oder Phenolderivat ist, darf dennoch nicht unbemerkt bleiben, dafs dieser Stoff durch alkalisches Wasser nicht auffallend leichter gelöst wird, als durch reines Wasser, weiter dafs die Lösung in verdünntem Alkohol nicht gefärbt wird durch Eisenchlorid, und endlich dafs dieser Stoff durch Kochen mit Milien s Reagens (meine monox3'-aromatische Reaktion) nicht rot- = 80,810 inEisessigS.P. 140 C. j [«] j = ö5.5 0, in Eisessig-2) = 3.110, t = 2l0 C. Proz. -Zusammensetzung: C = 65,58 j Proz. -Zusammensetzung: C =58,20 H= 8,19 H= 7,40 = 26.23 0=34,40 Molekulargewicht = 492 ' Molekulargewicht nicht bestimmt Formel : C.^ H^ 0^^ | Formel : C54 Hg^ O.^^ + HoO Spaltungsprodukte: Zucker und ' Spaltungsprodukte: Zucker und gelbes Cerberetin: Cg H^g O4 | weifses Theveresin; C^^'B.-qOyj 1) Nieuw Tydschrift voor de Pharmacie in Nederland, 1884, p. 138. 2) Da für denselben Stoff die Drehung der Polarisationsebene zu- nimmt, je nachdem die Wellenlänge des Lichtstrahls abnimmt und da ferner die Wellenlänge des Mittelgelb (jaune moyen) kleiner ist, als die des, auf der Grenze von orange und gelb liegenden Strahls D, wird natürlich auch für Cerberin [n]j gröfser sein als [«] jq und demzufolge die Uebereinstimmung der spezifischen Rotation der zweigenannten Stoffe höchst wahrscheinlich gröfser sein als die erwähnten Zahlen. Da aber die Rotationsdispersionen von Cerberin und Thevetin nicht bestimmt sind und diese bei verschiedenen Stoffen bedeutend ausein- ander gehen, ist es nicht möglich, die Werte von [«] j) und [«[ j auf einander zu reduzieren. Dr. P. C. Plugge, Beitrag zur Kenntnis des Ceberins. 33 Aus allem x^ngeführten darf meines Erachtens entnommen wer- den, dals das Cerberin ein eignes, entschieden von Tanghinin und Tlievetin verschiedenes Glykosid ist. Physiologische Wirkiimg des Cerberius. Da ich wahrscheinlich später, an einer anderen Stelle, die Re- sultate meiner weiteren Untersuchungen über die Natur der giftigen Wir- kung des Cerberins und und anderer Cerberabestandteile mitteilen werde, seiliier nur kurz bemerkt, dafs die Resultate, welche ich bisher mit reinem Cerberin erzielt habe, im allgemeinen übereinstimmen mit denen, welche ich bei einer vorläufigen Untersuchiing mit dem nicht voll- kommen gereinigten Stoff erhalten hatte und worüber ich damals dem Herrn D. Hooper Bericht erstattete. (Siehe seine Pharmaco- graphia Indica Yol. II, p. 411.) Als wichtigsten Teil der Wirkung habe ich damals schon den Einflufs auf das Herz ermittelt, der sich bei Fröschen in anfangs kräftigeren Diastolen und Systolen des Ventrikels, danach in den charakteristischen sog. peristaltischen Bewegungen des Herzens und endlich in einem Stillstande in Systole der Kammer, dem bald der der Busen folgt, zeigt. Indessen ist, vn.e schon bemerkt wurde, eine Dissertation über Cerberin erschienen, worin Herr Zotos N. Zotos fast ausschliels- lich über die Wü'kung des Stoffes handelt, nach welcher er ausfühi-- Uche und meines Erachtens nach genaue Untersuchungen angestellt hat. Diese Abhandlung macht daher die ausführliche Erwähnung meiner Untersuchungen über die Wirkung des Cerberins überflüfsig, da ich, so weit die bis jetzt von mir erzielten Residtate reichen, vollkommen mit Herrn Zotos einverstanden 'sein kann. Auch mir kommt es vor, dafs das Cerberin in seiner Wirkung wohl die Vor- teile, nicht aber die Nachteile des DigitaHns zeigt. Der erwähnte Unter- sucher schreibt : „Ich schliefse meine Abhandlung mit dem aufrichtigen Wunsche, die "Klinik möge meine Versuche an Menschen fortsetzen und das IMittel, falls die Versuche am Menschen ebenso wie die am Tiere ausfallen, dauernd als Arzneimittel verwenden." Diesem Wunsche kann ich mich nur anschliefsen, wenn es mir auch \'or- Arci. d. Pharm. CCXJCXI. Bde. 1. Hft. 3 34: Dr. Fi-anz Lüdtke, lieber Cicuta virosa. kommt, dafs aucli die Tersuche an Tieren über einige wichtige Punkte, z. B. über die Frage über Elimination oder Akkumulation noch mehr Licht verbreiten müssen. IJber Cicuta virosa. Von Dr. Franz Lüdtke. (Eingeg. 7. 12. 1892.) Im Frühjahr dieses Jahres kamen in Berlin ^-ier Yergiftungs- fälle mit der Wui'zel des Wasserschierlings zur Kenntnis, von denen drei einen tödtlichen Ausgang hatten. Auch aus Süddeutschland wurde eine derartige Vergiftung gemeldet, und es dürfte im Hin- blick auf diese beklagenswerten Vortälle angezeigt sein, von Xeuem die Aufmerksamkeit auf diesen gefährlichen Gast unserer einhei- mischen Flora zu lenken. Die nachfolgenden Iilitteilungen sollen vor Allem diesem Zwecke dienen, und es soll deshalb zunächst der Ver- lauf eines derartigen Vergiftungsfalles geschildert, sodann die anato- mische Beschaffenheit der Wurzel näher erörtert werden und schliels- lich sollen noch einige geschichtlichen Aufzeichnungen über die Cicuta virosa Platz finden. Der Wasserschierling ist imstreitig eine der giftigsten Pflanzen unter unseren einheimischen Gewächsen, und Vergiftungen nament- lich mit der Wurzel desselben gehören keineswegs zu den Selten- heiten. Es besteht zwar in einigen Gegenden eine polizeiliche Ver- ordnung, welche die Ausrottung dieser Giftpflanze vorschreibt, allein die Vermehrung ist eine so bedeutende, dafs an eine vollständige Vernichtung wohl kaum zu denken ist. Aufserdem wird dui'ch die Holzflöfserei etc. infolge des Losreifsens der Wurzeln von den Ufer- rändem der FluTsläufe nicht unwesentHch zur Verschleppung beige- tragen, sodafs der Wasserschierling ein aufserordentHch grofses V'er- breitungsgebiet besitzt. — Den Schierlings Vergiftungen fallen zum gröfsten Teile Kinder zum Opfer, welche an den Stengeln gekaut oder Stücke der Wurzel verzehrt hatten. Xach allen Mitteilimgen scheint eine auTserordentlich geringe Henge der Wiu'zel hinzureichen, tim den Tod herbeizufühi-en. Es ist indessen mit Sicherheit anzu- nehmen, dafs ein grofser Teil solch.er zufälHgen Vergiftimgen nicht Dr. Franz Lüdtke, Ueber Cicuta virosa. 35 zur Kenntnis gelangt, oder aus Mangel an ßeweismaterial nicht als eine Ciciitavergiftung erkannt werden kann. Der in Nachfolgendem geschilderte Fall hatte in kurzen Zügen folgenden Verlauf: ^) Am 11. April dieses Jahres wurde ein zwölfjähriger Knabe in bewufstlosem Zustande in das Krankenhaus im Friedrichshain einge- liefert. Von seiner Mutter wird nachträglich in Erfahrung gebracht, dafs der Knabe in Begleitung dreier Grespielen an dem Morgen des- selben Tages gegen 9 Uhr frisch und gesund ausgezogen sei, um wie es Gewohnheit der Knaben war, auf den Wiesen und an den Flufs- läufen der Umgebung des Vorortes RummelsbiTrg umherzustreifen. Um die Mittagsstunde herum haben dieselben, so berichtete der ein- zig überlebende Junge , eine im Wasser schwimmende Rübe aufge- fischt und diese in Gemeinschaft mit den übrigen, da sie von Hunger gequält wurden, verspeist. Ein Knabe fiel sofort unter Krämpfen um und blieb todt liegen, ein anderer verschied nach mehreren Stunden, der dritte (einzig überlebende) hat die ßübenstückchen, da sie ihm einen schlechten Geschmack zu haben schienen, ausgespieen und der letzte der vier Knaben ist von der Polizei im bewufstlosen Zustande auf- gefunden und in die Anstalt gebracht worden. Dieser in das Kranken- haus eingelieferte Knabe hat einen kräftig gebauten, gut entwickelten Körper, dessen Muskulatur und Fettpolster sich in guter Verfassung befinden. Das Gesicht ist lebhaft gerötet, vor dem Munde steht Schaum. Die Bewulstlosigkeit ist eine vollkommene, sodafs der Patient selbst atif die stärksten Reize nicht reagiert. Am auf- fallendsten erscheinen die Pupillen. Dieselben sind beiderseits ad maximum dilatiert, der Kornealreflex ist aufgehoben. Die wegen des schweren Zustandes des Patienten nur flüchtig vorgenommene physi- kalische Untersuchung der inneren Organe lieferte keine auffallenden Besonderheiten. Die Temperatur^ war subnormal, der Puls aul'ser- ordentlich klein, fadenförmig, kaum fühlbar. Noch auf der Trag- bahre und dann weiter im Krankenbett erfolgten typische Krampf- anfälle, bestehend aus tonischen und klonischen Zuckungen der ge- samten Körpermuskulatur, an denen sich hervorragender Weise die 1) Die Daten dieser Krankheitsgeschiclite verdanke ich der Liebens- würdigkeit des Herrn Assistenzar/:tes Dr. Freyhan aus dem städti- schen Krankenliause im Friedricbsha,in zu Berlin. 3* 36 Dr. Franz Lüdtke. Ueber Cicuta virosa. Gesichts- und Augenmuskeln beteiligten. Es wnirden zehn solcher, rasch aufeinander folgenden, durch Pausen von wenigen Minuten ge- trennten Anfälle beobachtet. Nach dem letzten Anfalle erfolgte un- mittelbar der Tod. Die Sektion ergab, dafs Lungen, Herz, sowie 'Milz, Leber und Xieren vollständig normal waren, und dafs nui- der Magen ein verändei'tes Büd zeigte. Die Schleimhaut war im Fundus in eiaer ca. Handteller grofsen Partie geschwollen, blutig unterlaufen und stark injiziert. Die übrigen Partieen der Magenschleimhaut be- fanden sich nur im Zustande eines leichten Katarrhs. Die Schleim- häute des übrigen Darmtractus waren völlig normal und ohne Besonder- heiten. Der Mageninhalt bestand aus einer rötlich-schwarz gefärbten FlüTsigkeit, in welcher bohnen- bis erbsengrofse, schmutzig-weifs- liche Partikelchen suspendiert w^aren. Die Hauptmerkmale einer Cicutavergiftung sind sonach die sich schnell wiederholenden epileptiformen Anfälle, die starke Erweiterung der Pupille und die aufserordentlich tiefe Bewufstlosigkeit. Die Wirkung des Gfiftes ist eine überaus rapide, sodals Gegenmittel kaum versucht werden können. Mitteilungen über sicher wirkende Gegenmittel sind infolgedessen auch nicht vorhanden. Tn dem vorKegenden Falle war es nun von hohem Interesse fest- zustellen, ob im Mageninhalte der Nachweis einer Cicutavergiftung gelingen würde. Zur Ausführung dieser Untersuchung wurde mir der Mageninhalt des verstorbenen Knaben von Herrn Professor Dr. Pürbringer in dankenswertester Weise zur Verfügung gestellt. Das Untersuchungsobjekt bestand aus ca. 30 ccm. einer dick- lichen, rötlich-schwarzen, schwach grünlich fluorescierenden Flüssig- keit, welche nach einigem Stehenlassen einen Bodensatz aus bohnen- bis erbsengrofsen Stücken zeigte. Durch einfaches Dekantieren liefs sich eine Trennung der beiden Bestandteile herbeiführen, imd es wurde nun zunächst der erhaltene flüssige Anteü einer chemischen Untersuchung unterworfen. Dieselbe wurde nach dem für die Er- mittelung der organischen Alkaloide bekannten Verfahren ausgeführt, ergab aber kein positives Resultat. Es blieb zwar nach dem Ver- dunsten der letzten Atherlosuug ein geringer zähflüssiger Rückstand, aber dieser gab mit Alkaloidreagentien in keiner Weise erkennbare Reaktionen. Aufi'alleud waj*. dafs bei verschiedenen Ausschüttelungen Dr. Frauz Lüdtke, Ueber Cicuta virosa. 37 durch Zusatz weniger Tropfen Kalilauge sofort klare Lösung eintrat imd sich ein an Coniin erinnernder Geruch bemerkbar machte. Ein Teil des in Lösung übergeführten Atherrückstandes wurde an einem Kaninchen auf seine Wirksamkeit untersucht, erwies sich aber als einflufslos auf das Wohlbefinden des Tieres. Bei der geringen Menge des Untersuchungsmaterials konnten leider weitere Versuche mit dem flüssigen Anteil nicht vorgenommen werden und es wurde nun zur Untersuchung der festen Bestandteile geschritten. Dieselben wurden nach dem Abspülen mit absolutem Alkohol unschwer als Pflanzen- reste erkannt. Mehrere Stücke waren mit einer grauen, papier- ortigen, schon mit blofsem Auge deutlich erkennbaren Rinde be- deckt und liefsen sich leicht in millimeterdicke Schichten zerlegen. Nach 24 stündigem Liegen in absolutem Alkohol waren die Stückchen genügend gehärtet, um ein Schneiden mit einem hohlgeschliffenen Rasirmesser zuzulassen. Der mikroskopische Befund war in grofsen Umrissen folgender: Die äufserste, leicht abtrennbare Schicht bestand aus vier bis fünf Reihen tafelförmiger, schwach gelb gefärbter Zellen, während der übrige Teil des Querschnittgewebes aus sehr dünnwandigen, polyedrischen Zellen gebildet wurde, in denen 200 — 300 Mik. weite Hohlräume eingesprengt waren. Diese ovalen bis kreisrunden, in den meisten Fällen der äufseren Partie stark genäherten Räume waren zweifellos als schizogene Oelbehälter aufzufassen. Bei einigen war das Secernierungsepithel der ungewöhnlich grofsen Behälter deut- lich sichtbar und bestand aus einem Ring von 14— 16 dünnwandigen, schwach papillös in den Innenraum voi-gewölbten Zellen, die sich scharf gegen das umgebende parenchymatische Gewebe abhoben. In dem Querschnitt eines anderen Stückchens wurde ein geringer Teil des Holzkörpers aufgefunden, charakterisiert durch ein schwach umschriebenes Gefäfsbündel mit wenigen treppenförmigen Gefäfsen, welche von einigen LibriformzeEen begleitet waren. Der Gewebe- teil des Holzkörpers zeigte auch nicht die Spur einer Anlage von schizogenen Oelbehältern. Von einem Markgewebe waren nur Spuren vorhanden. Die Struktur der Längsschnitte lies keinen Zweifel auf- kommen, dafs das Oelzellen führende Gewebe als ein primäres Rin- dengewebe anzusehen sei, und dafs jene Hohlräume in der That schizogene Exkretbehälter darstellten. Auf dem Längsschnitt war 38 Dr. Franz Lüdtke, Ueoer Cicuta virosa. der etagenartige AufbaiT der Sezernierungszellen deutlicli sichtbar. Auch die Längsschnitte zeigten nur Spuren eines Markgewebes. Nie- mals aber waren von demselben Oelbehälter eingeschlossen. Dafs nur verhältnismäfsig geringe Partieen des Markgewebes vorhanden waren, ist wohl dem Umstände zuzuschreiben, dafs dasselbe infolge seiner schwammigen Struktur der Verdauungsthätigkeit des Magens zum Opfer gefallen war, während das widerstandsfähige Rindenge- webe erhalten blieb. Einen Zelleninhalt zeigten nur die Sezernierungsz eilen der Oel- behälter, und zwar bestand derselbe aus einer gelben homogenen Masse, welche Jod begierig aufspeicherte. Oxalsaures Calcium, Amy- lum oder andere geformte Inhaltsbestandteile waren trotz eifrigsten Suchens nicht aufzufinden. Aus diesem anatomischen Befunde geht hervor, dafs als charak- teristische Merkmale folgende anzusehen sind: 1) das aufserordentlich weite Lumen der Oelbehälter, welches nur von demjenigen der Imperator ia'^) über- troffen wird; 2) die Anordnung der Oelbehälter im Rindengewebe und das Fehlen derselben im Holz- und Markteil; 3) das spärliche Vorkommen des Holzkörpers und 4) das Fehlen eines geformten Zellinhaltes. Um nun die Richtigkeit dieser Resultate zu prüfen, wnirde die Frühjahr swm'zel der Cicuta virosa einer gleichen Untersuchung unter- zogen. Hierbei ergab sich alsbald, dafs die Querschnittsbilder voll- kommen identisch mit den aus dem Mageninhalte erhaltenen Objekten waren. Nach dem Einlegen in absoluten Alkohol zerfiel auch hier die Aufsenrinde sehr leicht in dünne Lamellen, und die Messung der schizogenen Exkretb ehälter, welche auch hier nur in den Rindenpar- tieen enthalten waren, ergab dieselben Resultate wie diejenigen der Fragmente aus dem Mageninhalte. Auch das Fehlen der Holzelemente in vielen radialen Quer- schnitten wird dadurch erklärlich, dafs der anfangs zusammenhän- gende Holzzylinder durch das sich mächtig entwickelnde, alsbald 1) Vergl. Tschirch, Angewandte Pflanzenaiiatomie I, S. 493. Dr. Franz Lüdtke, Ueber Cicuta virosa. 39 gefächerte, zentrale Mark gesprengt wird, und daher in dem nur ver- hältnismäfsig dünnwandigen Wiu-zehnantel auch nicht überall Getafse aufzufinden sind. Inhaltsbestandteile wurden auch hier nur in den Sezernierungs- zellen der schizogenen Oelbehälter aufgefunden. Dieser tief gelb gefärbte Inhalt wurde der Wurzel selbst durch wochenlanges Ein- legen in absoluten Alkohol nicht entzogen. In der Literatur linden sich nur spärliche Angaben über die Cicuta ^-irosa. und ich möchte die oben mitgeteilten Ausführungen zunächst noch dahin erweitern, dafs die jugendliche Wurzel, welche in der Wachstumsperiode des Sommers entstanden ist, also zur Zeit des Spätherbstes sich wesentlich anders verhält. Abgesehen von den geringeren Gröfsenverhältnissen, hat die Bildung des giftigen Saftes erst begonnen. Die Schnittfläche bleibt weifs, und der charakteristische Schierlingsgenich macht sich nicht alsobald be- merkbar. Der mikroskopische Querschnitt zeigt eine mehr radiale Streckung der Zellreihen des Rindengewebes, die Gefäfsbündel treten keilförmig in das Rindenparenchym vor und sämtliche parenchymati- schen Gewebeteüe der Wurzel sind mit kleinen Stärkekömehen voll- gepfropft. Die Ölkanäle haben meist einen ovalen Querschnitt und lassen hier das Sezernierungsepithel noch deutHcher erkennen. Auf der Schnittfläche der überwinterten Wurzel sind dagegen die schizogenen Ölräume schon mit blofsem Auge erkennbar imd liefern bei leisem Druck fast augenblicklich eine reichliche Menge des scharf und widerwärtig riechenden Saftes, welcher sich alsbald am Lichte bräunt. In dem Zellgewebe findet sich keine Spur von Stärkekömem; es darf also nicht Wunder nehmen, dafs gerade im Frühjahr, in welcher Zeit die Wurzel eine überreiche Menge des giftigen Saftes enthält, die meisten Vergiftungen mit derselben vor- kommen. Das charakteristische morphologische Merkmal der Wurzel des Wasserschierlings ist jene bekannte Querfächerung, welche bis in das unterste Stengelghed hinaufreicht. Über das Zustandekommen dieser auffallenden Erscheinung macht De Bary^j folgende Mit- teilungen : 1) r>e Bar}'. Vergleichende Anatomie der vegetativen Organe. S. 225. 40 Dr. Franz Lüdtke, Ueber Cicuta virosa. In dem Marke der meisten hohlwerdenden Or^^ane beginnt das Hohlwerden damit, dafs die dem Wachstum ihrer Umgebung nicht folgenden vergänglichen rundlichen oder polyedrischen Zellen zuerst von einander getrennt werden zur Bildung successiv wachsender schizogener Lücken. Die Zellen des zerklüfteten Gewebes verlieren dann allmählich das Protoplasma, vertrocknen und kollabieren mit einander zu flockigen oder häutigen Massen, welche der Wand der Höhlung anhaften. Der ganze Prozefs beginnt in einem Internodium entweder gleichzeitig an vielen Stellen des Markes oder in der Mittellinie, um von dieser aus zentrifugal fortzuschreiten. In diesen durch die Kollabierung des Markes entstehenden Räumen ist natürlich nicht, wie Husemann^) irrtümlich angegeben hat, ein gelblicher Milchsaft enthalten, sondern die Fächer sind mit Luft erfüllt und enthalten zuweilen einige weifse Flocken, die Über- reste des Markes. Als Behälter des Milchsaftes dienen lediglich die oben beschriebenen schizogenen Kanäle. Über das wirksame Pi'inzip des Wasserschierlings ist noch wenig bekannt. Böhm hat aus dem Safte das Cicutoxin, eine amorphe, nicht trocknende, sauer reagierende Substanz isoliert, welche zu 0,2 Proz. in der Wurzel enthalten sein soll. Aus dem sauerstoiffreien ätherischen Ol ist das Terpen, als Cicuten bezeichnet: GiqU-iq, dargestellt worden. Dasselbe siedet bei 166'', hat bei 18'^ ein spez. Gew. V(m 87 und ist in 4,8 Teilen Weingeist, in absolutem Alkohol in allen Verhältnissen löslich. Es ist rechtsdrehend und liefert mit Salzsäure ein einfaches Additions- produkt: CioHigHCl. Dasselbe ist flüssig, erstarrt aber in einem Kältegemisch. Mit Chlor entsteht ein dickflüssiges Produkt von der Zusammensetzung CjoHioCl^. Das Cicuten ist nicht giftig. Auch nach früheren Untersuchungen von E. Simon soll das Cicutaöl nicht oder doch nur in sehr grofsen Dosen giftig sein. Das Cicutin wird erhalten durch Destillation des mit ange- säuertem Wasser aus frischen Wurzeln erhaltenen Extraktes, und zwar unter Hinzufügen von Kalilauge. Der Körper besitzt den scharfen, betäubenden Geruch der Pflanze. Physiologische Versuche sind mit demselben bisher noch nicht angestellt worden. 1) Husemann. Handbuch der Toxikologie. S. 565. Dr. Franz Lüdtke, Ueber Cicuta virosa. 41 Ein Körper A'on ähnlichen Eigenschaften ist aus den Samen durch Destillation erhalten worden. Die Wurzel des Wasserschierlings war in früheren Zeiten ein geschätztes Heilmittel, ist indessen infolge der enormen Giftigkeit alsbald verlassen worden. So schreibt Johann Heinrich Zedier im Jahre 1742 über Radix Cicutae aquaticae: Sie zerteilt trefflich stark, ist dannenhero zu den Scirrhen, harten und schmerzhaften Geschwülsten, zu Ueberbeinen, die noch im AVachsen seyen, zur Verhärtung der Leber , Miltz und des Gekröses sehr gut, wenn sie auf den prefshaften Ort gelegt wird. Auch nimmt man sie zu allerhand Pflastern und Salben; innerlich aber ist sie nicht zu ge- brauchen, dieweil sie sehr giftig ist. Darneben ist das ganze Gewächse ein gar schädlich und giftiges Kraut, so es die Menschen essen, sterben sie entweder, oder werden davon toll und unsinnig und bekommen Convulsiouen und Fleck-Fieber, derowegen es innerlich niemals gebraucht wird Sein Gegengift soll der Wein sein. Die gefährlichen Folgen des Genusses schildern Jacob Wepfer und Schwencke: Cicutae aquaticae historia et noxae Basil 1679, 4. Das Gift wirkt auf Herz, Gehirn und Darmkanal ; schon seine Aus- dünstung am Standorte macht Schwindel, ungemeine Ermattung und unwiderstehliche Schläfrig keit.i) Der Geuufs der Wurzel verursacht Berauschung, Sinnlosigkeit (charakteristisch ist der Verlust der Sprache stille Tollheit), Schlafsucht, Ohnmächten, Zuckungen, Starr- und Kinn- backenkrampf, Blasenkrämpfe, Fallsucht, Lähmung der Zunge, Eeiz zum Erbrechen, blutiges Erbrechen, Brennen im Magen, Aufschwellung desselben, Blutflüsse, Flecken auf der Haut, Blindheit und nicht selten den Tod. Als Gegenm.ittel werden genannt: Brechmittel, Essig, Koch- salz, Zucker, Zwiebeln, Senf Essigklystiere, Öffnung der Vena jugularis, Innerlich Kampfer, 5—15 Tropfen Tinct. kaiin. und die Samen von Fevillea corrUfolia. Nach dem gewöhnlich apoplektischen Tode infolge von Schierlingsvergiftung schwellen Unterleib und Gesicht mehr oder weniger auf, der ganze Körper ist hier und da mit missfarbigen Toten- flecken bedeckt, der Unterkiefer gelähmt, die Pupille erweitert, aus dem Munde fliefst Blut und Schaum. Das Blut fand man dunkel gefärbt, dickflüssig und ganz geronnen, die Lunge zuweilen entzündet und brandig, wie miirmoriert bis tief in ihre Substanz . den Magen mehr oder weniger entzündet oder schon zerfressen und hier und da durch- löchert, übei-haupt ungewöhnlich zeitige Spuren der Verwesung des ganzen Leichnams. 1) Nach einigen Angaben soll sogar das Wasser der Sümpfe etc. in welchen die Pflanze wächst, das Gift aufnehmen und auf Tiere welche dasselbe geniefsen, schädlich einwirken. 42 Dr. Franz Lüdtke, Ueber Cicuta virosa. Die Cicuta virosa übertrifft den gefleckten Schierling Conium »lacu- laium bedeutend an Giftigkeit, und es dürfte der Schierlingstrank der Alten, welcher zur Zeit der 30 T^i^annen von Athen aulkam und mit dem die Feinde der Republik getödtet wurden, als Hauptbestand- teil nicht Conium, sondern Cicuta virosa enthalten haben. Schon das sprichwörtlich gewordene: „Cicutam bibere'^ weist darauf hin. Und wie in jenen Zeiten, so mordet auch heute noch der Wasserschierling blühende Menschenleben. Fast in jedem Frühjahr berichten die Tagesblätter über zufällige, tödlich verlaufende Ver- giftungen mit dieser gefährlichen Pflanze unserer einheimischen Flora und zu -/g all er Fälle sind es spielende, hoffnungsvolle Kinder, welche ihrer Unvorsichtigkeit zum Opfer fallen. Zwar ist es zu verwundem, dafs diese äufserKch unansehnliche Wurzel die Efslust erregt, denn sie lockt nicht mit leuchtenden Farben und haucht auch keinen Wohlgeruch aus. Der Geschmack wird sogar als ekelhaft kratzend geschildert. Oder sollte vielleicht die eigenthümliche Querfächerung, welche sich beim Längsschnitt der Wurzel den erstaunten Blicken darbietet, die Neugier des Kindes hervorrufen und zu weiterem Hantieren mit dem tückischen Spielzeug veranlassen? Und doch ist diese Fächerung gerade ein Kainszeichen, wie es die vorsorgliche Natur nicht schärfer dem Giftkraute aufdrücken konnte. Vielleicht ist es mir durch diese Skizze gelungen, von Neuem die Aufmerksamkeit auf dieses verderbenbringende Unkraut za lenken und jeden Einzelnen hierdurch aufzufordern, für die weitgehendste Warnung und Belehrung der Jugend Sorge zu tragen. Denjenigen aber, welche sich weiterhin mit dieser chemisch imd botanisch in- teressanten Wurzel beschäftigen wollen, eröffnet sich ein weites Ge- biet, dessen Durchforschung die reichste Ausbeute verspricht. F. Lüdy, Studium über die Benzoü. 43 Arbeiten aus dem pharniaceutischen Institute der Universität Bern. Uiitersucliiiiigeii über die Sekrete. Mitgeteilt von A. Tschircli. 2. Studie« über die Sumatrabeiizoe und ihre Entstehung von Fritz Lüdy. (Eingegangen, den 2. XI. 1892.) Sunaatra-Benzoe ist schon seit dem XV. Jahrhundert in Europa bekannt und exportiert Singapore, wo fast sämtliche Produkte der reichen Sundainseln zusammenströmen, alljährlich bedeutende Quanti- täten dieser geschätzten Droge. Bereits im Jahre 181 1 untersuchte Bucholzi) Benzoe auf nassem Weg (die früheren Untersuchungen beschränkten sich namentlich auf Beobachtungen bei der trockenen Destillation) ; nach ihm besteht sie a^^s : SS^/g Teilen reinem Benzoeharz, 127/jg Teilen Benzoesäure, 1^/3 Teilen dem Perubalsam ähnlichen Stoffen, ^/^^ Teilen eigentüml. aromatischen in Wasser und Weingeist löslichen Stoffen, 2 Teilen Spähnen, Sand und Unreinigkeiten. John, der einige Jahre später nach derselben Methode wie Bucholz eine Untersuclumg vornahm, kam zu ungefähr denselben Resultaten. G. H. ßtoltze^) unterwarf 1823 die Benzoe einer erneuten Unter- suchung und zwar führte er dieselbe für die weifsen und braunen Stücke getrennt aus; er fand: weifse braune Benzöe- stücke. Aetherisches Oel Spuren Spuren gelbes in Aether lösliches Harz . 798,2 88 braunes in Aether unlösl. Harz . 2,5 697,25 Reine Benzoesäure 198 197 Extractivstoffe — 1,5 Unreinigkeiten , . . — 1*1.5 Feuchtigkeit und Verluste . . . 1,25 1,75 Unverdorben 3) gelang es im Jahre 1829, das Harz der Benzoe in drei verschiedene Harze zu trennen. Durch Kochen mit Sodalösung löste sich ein Harz (« Harz), das durch Ansäuern mit Salzsäure abgeschieden wird (wobei auch die Benzoesäure mit auskrystallisiert) ; nach zwei- maligem Aufkochen mit Sodalösung wird das rückständige Harz ge- 1) Trommsdorff's Journal d. Pharm. Bd. 20 St. 2 p. 73, 2) Berl. Jahrbuch für Pharmacie 251. Abth. p. 55, 75. 3) Poggendoif Annalen 17, 179. ■ii F. Lüdy, Studien über die Benzoe. trocknet,mitAether extrahiert. welcher das^Ha^z aufnimmt und zurückbleibt das y Harz. Um die Harze vollständig von der anhaftenden Benzoesäure zu trennen, behandelte er sie einzeln mit kochendem Wasser. Nach der von Unverdorben angegebenen Methode, trennte auch A. van der Vliet^) im Jahre 1840 das Benzoeharz; er gibt an, wie das ,.5 Harz vollständig rein zu erhalten sei durch Kochen mit Alkohol, Dekantieren der erkalteten Flüssigkeit, Eindampfen und Kochen des zurückbleiben- den Harzes mit salzsäurehaltigem Wasser; dabei machte er folgende bemerkenswerthe Beobachtung: Je öfter das Kochen mit Soda wieder- holt wird, in dem Mafse wird auch das y Harz reichlicher werden, « wird sich vermindern, ß wird zunehmen. Aus diesem Grunde variieren die relativen Mengenverhältnisse der drei Harze. Das so erhaltene a- Harz ist unlöslich in Ammoniak und Soda, löslich in Alkohol und Aetzkali, ß Harz ist unlöslich in Aether, Ammoniak und Sodalösung, es ist bräunlich; ;/ Harz ist löslich in Alkohol, schwer löslich in Aether. (Berzelius^) nennt indessen das in Soda lösliche Harz y Harz, das in Aether lösliche « und das zurückbleidende ß Harz; in die Litteratur gingen jedoch die von Unve r dorben gewählten Namen über.) Van derVliet charakterisierte später die drei isolierten Harze, unterwarf sie der Elementaranalyse und stellte selbst Formeln dafür auf; « Harz = C-^qH^^O^^. ß Harz = ^■U)^Ai^Q'< Y Harz = CgoH^Os- Nach Kopp 3) existiert noch ein viertes Harz, das Deltaharz, welches sich aus der ätherischen Lösung des Alphaharzes allmählig absetzt; er fand in 2 Proben Benzoe: 14 Proz. Benzoesäure, 48 — 52 Proz. Alphaharz, 25- -28 Proz. Betaharz, 3 — 3,5 Proz. Gammaharz, 0,5 — 0,8 Prozent Deltaharz. H. Ludwig"*) veröffentlichte im Jahre 1865 eine Arbeit über die „Formeln der Harze der Benzoe"; dieselben stimmen aber mit den von Vliet aufgestellten nicht überein. Kolbe und Lauteraann°) haben neben Benzoesäure in einigen Sorten, sowohl Slam- als Sumatrabenzoe, auch Zimtsäure nach- gewiesen, Aschoft^j fand sogar in einer Probe Sumatrabenzoe nur Zimtsäure. Auch die Kalischmelze der Benzoe wurde ausgeführt, und zwar erhielten Hlasiwetz und Barth daraus Benzoesäure, Paraoxybenzoe- säure. Protocatechusäure, Brenzcatechin und flüchtige Fettsäuren. Die Preisarbeit für Lehrlinge') im Jahre 1871 „Beschreibung und Prüfung der im Handel voi'kommenden Sorten Benzoeharz, nebst ge- 1) Annalen 34, 177. 2) Berzelius, Lehrbuch der Chemie Bd. VII, p. 50. 3) L'institut p. 517; Compt. rend. de l'acad. 19. 1269. 4) Arch. d. Pharm. 173, 21. 5) Annal. d. Chemie 119, 136. 6) Arch. d. Pharm. 157, 153. 7) Arch. d. Pharm. 150, 205. F. Lud}-, Studien über die Benzoe. 45 nauer quantitativer Bestimmung der darin vorkommenden Benzoesäure und Zimtsilure" , hat erneute Untersuchungen hervorgerufen, aus welchen hervorging, dafs auch in einigen Siambenzoesorten Zimt- säure vorkommt, ebenso wurde in einer Penangsorte „ätherisches Storaxöl" und Styraciu gefunden, jedoch letzteres weder näher charak- terisiert noch der Elementaranalyso unterworfen. Theeg arten 1) untersuchte sowohl Siam- als Sumatrabenzoe, in- dem er sich die Autgabe stellte, zu entscheiden, aus welchen Bestand- teilen alle darin vorkommenden Harze bestehen ; in 4 untersuchton Proben fand er: Siam. Sumatra. Säuren 10,9—12,7 5,3 — 8,08 a Harz 46,8—50,1 28.01—40,7 ß ., 24,9—27,4 20,2 —29,9 V „ 3.8— 4,6 5,0 —10,8 Wasser 1,7— 1,8 3,0 — .3,2 Mechanische Beimengungen . 3,1— 6,2 10,2 — 25,8 Verlust 2,0— 3,4 2,9 — 3,56 Aufserdem gelangte er durch Destillation der Sumatrasorte mit Wasser oder Sodalösung zu einem ätherischen Oel, dafs sich als Styrol erwies. Siambenzoe lieferte bei der Destillation keine flüchtigen Be- standteile. Ciamician^) erhielt durch Destillation von Benzoe mit Zinkstaub Toluol, Xylol, Xaphtalin und Methylnaphtalin und Berthelot bei der trockenen Destillation neben Benzoesäure auch bis 5 Proz. Styrol. Im Jahre 1878 gelang es P. Jannasch und C. Rump^j in der Siambenzoe Vanillin nachzuweisen, indem sie Benzoe mit Kalkmilch kochten, um die Benzoesäure wegzubringen, und dann die sauren Laugen mit Aether ausschüttelten. Anläfslich einer Untersuchung der Beimengungen von aus Siam- benzoe sublimierter Benzoesäure findet Jacobsen'*) neben einer ganzen Reihe von Verbindungen auch Benzoesäurebenzylester und kommt zu der Folgerung, dafs dieser Ester zweifellos, da er in dieser sublimierten Benzoesäure vorkomme, in der Benzoe schon fertig vor- gebildet sein müfste. Im Jahre 1887 brachte die „Pharmaceutische Centralhalle" ^) die Mitteilung, dals Apotheker C. Denn er aus Marburg an der Natui*- forscherversammlvmg in Wiesbaden einen Vortrag gehalten habe über Sumatrabenzoe, worin er nachgewiefen haben wiU: Freie Zimtsäure, 1) Just, botan. Jahresbericht 1877 p. 645 und Berl. Berichte 7, 727, 2; Berl. Berichte 11, 274 3) „ „ 11, 1634. ^) Arch, d. Pharm. 1884. 366. 5) Pharm. Centralhalle 1887, 527. 46 F. Lttdy, Studien über die BeBzoe. freie Benzoesäure, Zimtsäurebenzylester, Styracin, Styrol, Vanillin und dieses begleitend, geringe Mengen Benzaldchyd, ferner drei den Store- siuen des Storax ähnlicbe „Benzoresine" genannte Körper. Leider waren aber diese Angaben ohne irgend welche Belege und ohne irgend welche Beschreibung der Untersuchung; meine Bemühungen dieselben aufzufinden, blieben erfolglos. Die von Denner gemachten Angaben finden sich weder in der Litteratur, noch sind sie in die Lehr- bücher übergegangen; einzig E. Schmidt hat dieselben in seine „pharmaceutische Chemie" aufgenommen. In den neueren Lehr- und Xachschlagebüchern finden sich die ver- schiedensten Angaben in Betreff der Zusammensetzung der Benzoe. Beilstein in seiner organischen Chemie führt au, dafs die Siam- benzoe nur Benzoesäure, die Sumatrabenzoe aber Zimtsäure neben Benzoesäure enthalte und ebenso noch ein flüchtiges Gel, das bei längerem Erhitzen fest werde. Der Kommentar zur neuen deutschen Pharmacopoea III. Aufl. gibt als Bestandteile an ein Gemenge von 3 oder 4 Harzen neben Benzoe- säui'e, in einigen Sorten in loser Verbindung mit Zimtsäure, ebenso noch Vanillin; dieselben Angaben werden von Husemann undHilger in ihren „Pflanzenstoffen", w^ie auch von dem soeben erschienenen Kom- mentar zur 7. Ausgabe der österreichischen Pharmacopoea gemacht. Die Eeal-Encyclopädie der gesamten Pharmacie (Dr. Geifsler und Mo eller) führt als Bestandteile auf 70 — 80 Proz. amorphes Harz, 14 — 24 Proz. Benzoesäure, welche zuüi Teü oder gänzlich durch Zimt- säure ersetzt sein kann, ferner Spuren eines ätherischen Oeles, Vanillin und Benzoesäurebenzylester. Fehling's „Neues Handwörterbuch der Chemie" sagt, dals die Benzoe neben Benzoesäure auch Zimtsäure enthalte, nebst einem Ge- misch von drei Harzen und Audouard in seinen „Nouveaux Clements de Pharmacie" (1892) führt als Bestandteile auf: 5 Proz. ätherisches Gel. 15 Proz. Benzoesäiire und aufserdem drei Harze. Flückiger endlich führt in seiner III. Auflage (1891) der Phar- macognosie als Bestandteile auf: amorphe Harze nebst Benzoesäure und Vanillin, in einigen Sorten auch Zimtsäure; gleichzeitig bemerkt er, dafs Siambenzoe zweifellos einen andern Ursprung haben müsse als Sumatrabenzoe. Bis jetzt wurde angenommen, dafs die beiden Sorten Slam- und Sumatrabenzoe von dem gleichen Baume gewonnen werden, indessen ist niu" der Sumatrabenzoe liefernde Baum sicher bekannt, von dem andern ist noch so viel wie gar nichts bekannt. Gbschon die beiden Sorten Siam- und Sumatrabenzoe dem Aus- sehen nach ganz verschieden und auch, soviel bis jetzt bekannt, die Bestandteile nicht dieselben sind, wurden dieselben meistens dennoch unter dem Kollektivnamen „Benzoe" ohne nähere Bezeichnuno- F. Lüdy, Studien über die Benzoe. 47 untersucht und besclnieben. Es existieren eine ganza Anzahl von Handelssorten wie Penang, Padang. Palembang, Storax-Benzoe etc., welche jedoch nichts anderes wie Sumatraben zoe sind, stammen sie ja doch alle von dieser Insel, welche ihr den Namen gegeben hat und den benachbarten (Java) her. Die Gesamtproduktion von Sumatra- benzoe gelangt nach dem Hauptstapelplatz Singapore, wo dieselbe sor- tiert und versandt wird. Ein von der Sumatrabenzoe ganz verschiedenes Aussehen hat die Benzoe von Siam, welche erst seit dem Jahre 1853 nach Europa ge- langt und deren Stammpflanze noch nicht sicher bekannt ist. Prof. Tschirchi) machte auf Java, wo eine grofse Plantage von 'Benzo'^hä.ura.en y^Sti/rax Benzo'in Dryand.) angelegt ist, die Lochst intei-es- sante Beobachtung, dafs dieselben weder Sekretbehälter, noch irgend ein Sekret enthalten und dafs sowohl Blätter, Blüten, llinde als Holz des gesamten Baumes vollständig geruchlos sind ; erst bei Verwundung desselben flielst nach einiger Zeit das wohlriechende Benzoeharz aus, das also als ein pathologisches Produkt der Verletzung anzusehen ist. Big jetzt war wohl eine pathologische Vermehrung der Harzsekretion bei Verwundungen sekretreicher Bäume bekannt, aber es war bisher kein Fall bekannt, wo die Verwundung das Harzsekret erzeugt. Nach der Verwundung bilden sich alsdann auch an der Rinde lysigene Höhlen unregelmäfsiger Gestalt.^) Da die ßinde des noch nicht verwundeten Baumes vollständig ge- ruch- und geschmacklos ist und ihr jegliche Sekretbehälter fehlen, so mufs folgerichtig in derselben ein Körper enthalten sein, aus welchem bei der Verwundung des Baumes das austretende Benzoeharz entsteht; diese Frage zu studieren bildet den einen Teil meiner Aufgabe. Herr Prof. Tschirch brachte aus Java ca. 600 g ßinde von jungen Stämmen sicher bestimmter Styrax Benzoin Dryand. mit, welche noch nicht angeritzt und in Folge dessen noch nicht geharzt hatten; in zuvorkommendster Weise überliefs mir Herr Prof. Tschirch dieses wertvolle Material, welches wohl zum ersten Mal nach Europa gelangt sein dürfte, behufs näherer Untersuchung. Eine Untersuchung dieser Rinde setzte aber eine genaue Kenntnis der in der Sumatrabenzoe ent- haltenen Körper voraus. Die Angaben über die Zusammensetzung der Sumatrabenzoe, die von der Litteratur sowohl, als von den Lehr- büchern angegeben werden, sind so verschieden und unzuverlässig, da Siam- und Sumatrabenzoe verwechselt und nicht namentlich unter- schieden werden, dafs eine genaue Untersuchung von Sumatrabenzoe unbedingt notwendig war ; dieses bildet den anderen Teil meiner Aufgabe. 1) Sitz. -Bericht der Gesellschaft naturforsch. Freunde in Berlin 1889 No. 9. 2) Abbildung in Tschirch's Pflanzenanatomie 515. 48 F. Lücly, Studien über die Benzoe. Bis jetzt kann als sicher nachgewiesen betrachtet werden in Siambenzoe: Benzoesäure; Ivolbe und Lautemann^) wollen in einigen Sorten auch Zimtsäure gefunden haben, ferner Vanilhn^) und Harze; in Sumatrabenzoe : 14 — 18 Proz. Benzoesäure neben variirenden Mengen Zimtsäure, wenig Styrol'^) und drei Harzen, «, ß, ti. Y Benzoresine genannt. I. Chemischer Teil. Beuzoe von Sumatra. Als Untersuchungsmaterial benutzte ich neben indischem Material eine von Gehe & Co. in Dresden bezogene Handels-Sumatrabenzoe ; sie hatte normales Aussehen und zeigte in einer graurötlichen Grund- masse zahlreiche grölsere und kleinere weifsKchgelbe Mandeln. Den Schmelzpunkt der Mandeln fand ich bei 80^ C. liegend; dieselben gaben mit Kaliumpermanganatlösung erwärmt starken Bittermandel- ülgeruch, was auf einen Gehalt an Zimtsäure schliefsen läfst. Um festzustellen, ob die Benzoesäure in der Benzoe vielleicht an irgend eine unorganische Base gebunden sei, führte ich eine quan- titative Aschenanalyse aus. Die Benzoe wurde zu diesem Zwecke zunächst in Alkohol gelöst, von den holzigen Beimengungen abfiltriert, der Alkohol abdestilliert und der Rückstand gut getrocknet. 10 g genau gewogener, auf diese Art gereinigter Benzoe hinter- liefsen bei langsamem Glühen 0,001 g einer rot gefärbten Asche, die zum gröfsten Teil aus Eisen bestand (Berlinerblau-Reaktion), d. h. die Benzoe enthielt 0,01 Proz. Asche; somit ist jede Bindung der Benzoesäure an eine unorganische Base ausgeschlossen. a. Untersuchung der Ester. Aldehyde und Kohlenwasser- stoffe. Da die Harze, die schon zu verschiedenen Malen aus der Benzoe dargestellt worden waren, sich als geruchlos erwiesen, da ferner die darin vorkommende Benzoesäure und Zimtsäure in reinem Zustande ebenfalls vollständig geruchlos sind, so müssen daher in der Benzoe Substanzen vorkommen, die derselben den höchst angenehmen und 1) Annal. d. Chemie 119. 136 und 115, 113. 2) Eump. Berl. Berichte 1878, 1634. 3) Theegarten. Berl. Berichte 7, 727. F. Lütly, Studien übur die Benzoe. 49 charakteristischen Gerucli verleihen. Um diese flüchtigen Substanzen zu isolieren, stellte ich den Versuch in der Weise an, dafs ich Benzoe in Alkohol löste, von den holzigen Verunreinigungen abfiltrierte, bei sehr gelinder Wärme den Alkohol verjagte und die so gereinigte vollständig trockene Benzoe in einer Retorte mit eingesenktem Ther- mometer zuerst auf dem Wasserbad und alsdann im Ölbad langsam erwärmte; ich erhielt hierbei verschiedene Fraktionen: 1. Fraktion bis 105*^ C. bestand meistens aus Alkohol, der sich beim Trocknen noch nicht vollständig verflüchtigt hatte; 2. Fraktion 105 — 150^ C. war eine aromatisch riechende, gelbe Flüssigkeit; es waren nur einige wenige Tropfen; 3. Fraktion 150 — 200*^ war teils fest, teils flüssig, braungefärbt und enthielt schon viele brenzlich riechende Körper. Ich sah bald ein, dafs ich auf diese Weise nicht zum gewünschten Ziel gelangen konnte, indem die brenzlichen Stoffe bewiesen, dafs schon bei verhältnismäfsig niederer Temperatur tiefgreifende Zer- setzungen vor sich gehen. Um die in der Benzoe vorhandeni-n flüchtigen Körper zu isolieren, versuchte ich daher dieselben mit Wasserdämpfen zu destülieren. 100 g gröblich gepulverte Benzoe brachte ich in einen mit Liebig'scbem Kühler versehenen Kolben, durchweichen ich Dampf durchleitete. Die gepulverte Benzoe schmolz bald zu einem Harz- klumpen zusammen. Nach 4 stündigem Destillieren schüttelte ich das aromatisch riechende, müchig trübe Destillat mit Äther aus. Ob- schon das Destillat deutlich und unverkennbar nach Styi'ol roch, er- hielt ich beim Verdunsten des Äthers doch keine Öltropfen, wohl aber einen krystallinischen Rückstand, der in heifsem Wasser ge- löst, beim Erkalten in schönen, weifsen Nadeln auskiystallisierte und nach dem Trocknen bei 95 — 109*^ C. schmolz. Mit einer Lösung von Kaliumpermanganat erwärmt, gab eine Probe dieser Krystalle intensiven Benzaldehydgeruch, was auf Zimtsäure hindeutet. Die Krystalle sind ohne Zweifel ein Gemisch von Zimtsäure und Benzoe- säure. Um diese beiden Säuren von einander zu trennen, löste ich sie in Alkohol und leitete Salzsäuregas ein bis zur Sättigung. Das Reaktionsprodukt wiu'de erwärmt bis die Salzsäure verjagt war, mii"". Wasser gewaschen und über Chlorcalcium getrocknet. Die so er- haltenen äufserst angenehm riechenden Athylester wurden fraktioniert; Ärch. d. Pliarm. CCXXXI. Bds. 1. Heft. 4 50 F. Lüdy, Studien über die Benzoe. der eine ging bei 212^ C. und der andere bei 27 1° C. über, was auf Benzoesäureaetliylester und Zimtsäureaethj'-lester hinweist. Die so von einander getrennten Ester Avurden mit Kalilauge verseift, die daraus resultierenden Säuren erwiesen sich, als Zimtsäure vom Schmelzpunkt 1330C. und als Benzoesäure vom Schmelzpunkt 121^0. Die bei der Destillation der Benzoe mit Wasserdämpfen über- gegangenen Körper erwiesen sich demnach als Styrol (Spuren) und ein Gemisch von Zimtsäure und Benzoesäure. Leider war die Aus- beute an Styrol viel zu gering, um es näher zu identifizieren, jedoch ist sein Geruch so charakteristisch, dafs es nicht leicht verwechselt werden kann. Wenn schon dieses Styi'ol unzweifelhaft im Destillat sich vorfand, so ist damit doch noch nicht bewiesen, dafs dasselbe in der Benzoe präexistiere , denn durch Destillieren von Zimtsäure mit Wasser- dämpfen wh-d Styrol gebildet. Da diese Benzoe Zimantsäure enthält, so kann auf diese Weise das Vorkommen von Styrol in Benzoe nicht sicher bewiesen werden, und mufste ich daher ein anderes Verfahren anwenden. Ich verfukr nun nach der Methode, wie sie Kraut bei seiner Untersuchung des Perubalsams ^) und später Busse bei der Unter- suchung des Tolubalsams") angewandt hatte, durch welche jede Zer- setzung ausgeschlossen ist. Da nach jener Methode die betreffende Droge in Aether gelöst werden mufs, so stellte ich vor allem Versuche über die Löslichkeit der Benzoe in Aether an. Nach den Angaben der Litteratur ist die- sielbe nur teilweise löslich in Aether; um zu ersehen, in wiefern dieses „teilweise löslich" aufzufassen sei, übergofs ich gröblich ge- pulverte Benzoe mit Aether und stellte es einen Tag bei Seite; zu meinem nicht geringen Erstaunen löste dieselbe sich aber vollständig in Aether auf, selbstredend mit Ausnahme der holzigen Verunreini- gungen, mit welchen die Droge, bedingt dui'ch die Art der Gewin- nung, inmier diu'chsetzt ist. Die weifsen Mandeln %viederstanden dem Aether am längsten, lösten sich jedoch nach 24 Stunden ebenfalls vollständig. Merkwürdigerweise ist die unrichtige Behauptung, dafs Benzoe in Aether nur teilweise löslich sein soll, in die meisten 1) Berl. Bericlite 2, 180. 2) Berl. Berichte 9. 830. F. Lüdy, Studien über die Benzoe. 51 Lehrbücher übergegangen, auf welchen Irrtum ich daher speziell aufmerksam machen möchte. 250 g Benzoe, gröblich gepulvert, übergofs ich mit der -vderfachen i\Ienge Aether. liefs einen Tag stehen und schüttelte von Zeit zu Zeit um; die Lösung wurde von den Rindenstücken abfiltriert, letz- tere noch einmal mit Aether einen Tag stehen gelassen und filtriert. Die Holzrückstände wurden nach dem Trocknen gewogen, aus ver- schiedenen Proben erhielt ich 14 bis 17 Proz. Rückstände. Die ätherische, gelb gefärbte Lösung, welche stark sauer rea- gierte, wurde mit circa 3 Liter 4 proz. Natronlauge anhaltend ge- schüttelt, wodurch das in dem Aether gelöste Harz in die Natronlauge überging; es wurde eine nur 4proc. Lauge angewendet, um jeder etwa eintretenden Yerseifung von vorhandenen Estern möglichst vor- zubeugen, ebenso wurde das Schütteln thunlichst schnell beendigt. Dieses Behandeln mit verdünnter Natronlauge wurde so lange wieder- holt, bis der Aether nicht mehr sauer reagierte ; dann wurde er noch mit destilliertem Wasser einige Male durchgeschüttelt, um jede Spur von Alkali zu entfernen und auf dem Wasserbade bei möglichst nie- derer Temperatur abgedampft. Zurück blieben 8 g einer hellgelb- gefärbten, höchst angenehm, aromatisch riechenden, dicken Flüssig- keit, welche sich in Wasser nicht löste und darin untersank. Die so erhaltene, ölige Flüssigkeit wurde über Cblorcalcium ge- trocknet und sorgfältig fraktioniert: 1. Fraktion bis 1450 q gingen nur 1 — 2 Tropfen über. 2. „ von 145— 2400 C. 3. „ „ 240—2830 C, längere Zeit bei 2830 konstaut. 4. „ „ 283—8000 C. 5. „ über 3000 c. Der Rückstand war verkohlt. Aus den Fraktionen 2. 3, 4 und 5 krystallisierten nach längerem Stehen schöne, weifse Nadeln in Büscheln aus, die sich als Zimt- säure erwiesen, und da auch nur die 1. Fraktion nicht mit empyreu- matischen Stoffen verum-einigt war, alle andern aber unangenehm brenzlich rochen, so war also das vorher angenehm riechende, gelb- liche Oel durch das DestüHeren zersetzt worden. Nach demselben Verfahren stellte ich mir eine neue Portion dieser gelben, öligen Flüfsigkeit dar, indem ich 500 g Benzoe in Ar- beit nahm, woraus 17 g Oel resultierten. Um einer Zersetzung vor- 4* 52 F. Lüdy, Studien über die Benzoe. zubeugen, destillierte ich das Oel im Kohlensäurestrom und im Vacuum. Die übergehende Flüssigkeit, die noch unzersetzt war, wurde nun im trockenen Kohlensäurestrom fraktioniert. Leider er- hielt ich aber auch nach diesem Verfahren brenzliche Zersetzungs- produkte. Ich mufste mich daher nach einer anderen Methode um- sehen, um diese ölige Flüssigkeit zu trennen, was mir denn auch nach vielen vergeblichen Versuchen endlich gelang. Von Neuem verarbeitete ich 1100 g Benzoe nach oben angege- benem Verfahren und erhielt 50 g jener öligen Flüssigkeit. Um auf in den Aether übergegangene Aldehyde zu prüfen, löste ich das 50 g wiegende Oel wieder in x\ether und schüttelte ilm % Stunde lang ununterbrochen mit circa 100 g einer gesättigten Lösung von saurem schwefligsaurem Natron in Wasser; nachdem sich die Flüssigkeiten geschieden hatten, wurde die wässerige Lauge abge- lassen und der zui'ückbleibende Aether noch einmal anhaltend mit einer neuen Menge Suliitlauge geschüttelt. Die vereinigten, wässe- rigen Laugen brachte ich in ein Becherglas und versetzte sie behufs Zersetzung der sich eventuell gebildeten Aldehydverbindung mit kalter, verdünnter Schwefelsäure, hergestellt aus 3 Volumtoilen con- centrierter Schwefelsäure und 5 Volumteilen Wasser, und zwar mit soviel, dafs auf 100 ccm der angewandten Natriumsulfitlauge 150 ccm der nach obigem Verhältnis hergestellten Schwefelsäure kam. Nach- dem die Entwicklung von schwefliger Säure nachgelassen hatte, wurde auf dem Wasserbade erwärmt , um letztere möglichst auszu- treiben. Die vollständig erkaltete saure Lauge wurde dann in einem Scheidetrichter 2 bis 3 Mal mit nicht zu wenig Aether ausgeschüttelt und der Aether auf dem Wasserbade bei möglichst niederer Tempe- ratur abgedampft. Ich erhielt einen geringen Rückstand, bestehend aus einigen gelben Tröpfchen, die sehr aromatisch nach bitteren Mandeln rochen. Die erhaltenen gelben Tröpfchen kennzeichneten sich als Benzaldehyd; es war aber so wenig, dals es sich leider durch nichts anderes als den allerdings sehr charakteristischen Geruch er- kennen liefs, der aber sehr intensiv und nicht zu verkennen war. Das auf diese Weise von Benzaldebyd befreite Öl, roch immer noch sehr angenehm aromatisch; dasselbe wurde nun einige Wochen der strengsten Winterkälte ausgesetzt. Nach "S'erlauf von etwa einem F. Lücly, Studien über die Benzoe. 53 ]\ronat hatte sich aus der öligen Flüssigkeit eine krystallinische Masse ausgeschieden, welche mit Filtrierpapier so lange abgeprefst wurde, bis die Krystalle trocken waren. Das Filtrierpapier wurde mit Äther ausgezogen, der Äther verdunstet und die rückständige ölige Masse, wie vorhin einige Wochen der Kälte ausgesetzt; von Neuem schieden sich Krystalle aus, die wieder abgeprefst wurden. Auf diese Weise wurde so lange fortgefahren, bis aus dem aroma- tischen Ol keine Krystalle mehr ausschieden. Die so erhaltene gelb- lich- weifs gefärbte krystallinische Masse, die ungefähr 23 g wog, wurde in Äther gelöst. Nach dem Verdunsten desselben hinterblieb ein in Nadeln krystallisierender Rückstand, dieser wurde von Neuem mit Filtrierpapier abgeprefst, wieder in Äther gelöst, und dieses so oft wiederholt, bis rein weifse Krystallbüschel aus dem Äther hinter- blieben. Die so erhaltenen Nadeln waren vollständig geruchlos und zeigten einen Schmelzpunkt von 44 ^ C. Mit Kalilauge verseift und mit Salz- säui'e neutralisiert, resultierte einerseits Zimtsäure vom Schmelz- punkt 133°, andererseits Zimtalkohol, welcher den Siedepunkt 250*^ C. zeigte. Die Verbrennung der über Schwefelsäure getrockneten Substanz ergab : 0,2328 g Substanz lieferten 0,701 gCOg u. 0,1326 g HgO. Berechnet für C^g H^g ^2 gefunden C 81,81 o/o 82,1 H 6,06 o/o 6,3 Vorliegende Krystalle erwiesen sich also als Styracin (Zimt- säurezimtester). Das von den Styracinnadeln abgeprefste, zirka 15 g wiegende gelbe Ol, wurde noch längere Zeit grofser Kälte ausgesetzt, da aus demselben sich jedoch keine Krystalle mehr abschieden, so wurde es weiter verarbeitet. Da ich vermutete, dafs in ihm Benzoesäure- benzylester und Zimtsäurebenzylester sich vorfänden, versuchte ich dasselbe, da es nun von Zimtsäurezimtester befreit war, der mög- licherweise die Ursache der Zersetzung beim Fraktionieren gewesen sein konnte, im trockenen Kohlensäurestrom, analog den von Kraut im Perubalsam gefundenen Estern, zu fraktionieren. ^) : 1) Berl. Berichte 2, 181. 54 F. Lüdy, Studien über die Beuzoe. 1. Fraktion bis 80 o C, konstant bei 78—800 siedend zirka 2 g 2. „ 80- -1500 C, farblos, spurenweise. 3. „ 150—2850 C, gelb gefärbt; nur einige Tropfen. 4. „ 285-3000 C, 1 — 1 Vg g; braun gefärbt. 5. „ 300—3600 C, 4—5 g, tiefbraun gefärbt. 1. Fraktion wurde in wenig Wasser, worin sie unlöslich war ge- gossen, gewaschen, im Scheidetrichter getrennt und nach dem Trocknen über Chlorcalcium fraktioniert; ich erhielt zirka 1 g einer bei 780 C siedenden hellen Flüssigkeit, die sich als Benzol erwies. Ein Teil davon wurde nitriert, das resultierende Nitrobenzol dem Geruch nach identifiziert, dann reduziert und mit dem resultierenden Anilin die Farbenreaktion mit Kaliumbichromat und Schwefelsäure ausgeführt. Zu einer Verbrennung reichte leider die Substanz nicht aus, doch genügen diese Reaktionen um Benzol mit aller Sicherheit zu iden- tifizieren. Die 2. Fraktion, die nur aus zirka 5 Tropfen bestand, roch styrol- ähnlich; es war aber zu wenig zur näheren Identifizierung. Die 3. und namentlich die 4. und 5. Fraktion hatten nicht im Entferntesten mehr den angenehmen Geruch des rohen gelben Öles, sondern zeigten wieder den peneti'anten brenzlichen Theergeruch. Es war also auch in diesem Fall eine Zersetzung eingetreten; jedenfalls waren aber die beiden vermuteten Zimtsäurebenzylester und Benzoe- säurebenzylester nicht zugegen. So blieb mir nichts anderes übrig, als dieses gelbe Ol, welches in der Benzoe nur in so geringer Menge vorhanden ist noch einmal darzustellen; ich verwendete dazu wieder 1 Ko. Benzoe, welche ich nach dem oben angegebenen, langwierigen Verfahren behandelte und das resultierende Öl von Styracin und Benzaldehyd reinigte. Ich versuchte nun dasselbe mit Wasserdämpfen zu destillieren. Es gingen jedoch nur Spuren über, der weitaus gröfste Teil blieb in der Retorte als schwere zu Boden sinkende Tropfen zurück. Diese ölige, angenehm riechende gelbliche Flüssigkeit wurde über Schwefelsäure getrocknet und analysiert; sie wog zirka 10 g. 0,3836 g Substanz gaben 1,1441 g COg u. 0,2275 g HgO. Berechnet für Cjs H^g Og Gefunden C 81.20 o/o 81,3 o/jj H 6,76 % 6,6 o/o F. Lüdj', Studien über die Benzoe. 55 Diese Zahlen stimmen auf auf den Zimtsäurephenylpro- pylester. Dafs die fragliche Flüssigkeit wirklich aus diesem Ester bestand, wurde durch die Verseifung mit alkoholischem Kali bestätigt; ich erliielt hierbei den bei 235*' C siedenden Phenylpropylalkohol und die bei 133'' C schmelzende Zimtsäure, die aufserdem durch Erwärmen mit Kaliumpermanganat an dem auftretenden Benzaldehydgeruch zu erkennen war. Da Zimtsäurephenylpropyiester (nach Beilstein org. Chemie II. 900) nicht unzersetzt flüchtig ist, so ist dies ein ferneres Argument, welches für das Vorkommen dieses Esters iu der Benzoe spricht. Ein von Herrn K. Dieterich im hiesigen Laboratorium aus Storax nach dem von Miller^) angegebenen Verfahi-en dargestellter Zimt- säurephenylpropyiester stimmte in allen Eigenschaften mit dem von mir aus Benzoe erhaltenen völlig überein. Vanillinnachweis. Ist in der Suraatrabenzoe, ähnlich wie in der Siam^) Vanillin vorhanden, so mufste es sich in der vom Äther abgelassenen alkalischen Lauge befinden, wie sie oben bei der Darstellung der Ester resultierte. Die vereinigten Laugen wurden erwärmt und dann mit Salzsäure so lange versetzt, bis die Flüssigkeit schwach saaer reagierte. Das Harz schied sich hierdurch in Klumpen ab, die leicht abgehoben werden konnten; aus der heifsfiltrierten Flüssigkeit schied sich beim Erkalten ein Gemenge von viel Benzoesäure mit wenig Zimtsäure aus. Ich liefs diese Flüssigkeit einige Tage an einem kühlen Ort stehen, um möglichst vollständig die beiden Säuren aus- krystaUisieren zu lassen, um alsdann die von den KJrystaUen abfiltrierte Flüssigkeit mit Äther wiederholt auszuschütteln und den abgehobenen Äther im Scheidetrichter mit einer gesättigten wässerigen Lösung von saurem schwefligsaurem Natron, analog wie p. 52 unter Benzal- dehyd angegeben, zu behandeln. Der Äther hinterliefs, nach vor- sichtigem Verdunsten, gelbgefärbte Oeltropfen, die bald zu büschel- förmig vereinigten Xadeln krystallinisch erstarrten. Trotz wieder- holtem Lösen in Wasser und Behandeln mit Tierkohle konnten die 1) Annalen 188, 184. ^) Berl. Berichte U. I6::;4. 56 F. Lüdy, Studien über die Benzoe. EJrystalle nie scliön weifä erhalten werden, ebensowenig wie durch nochmaliges Lösen in Äther und Ausschütteln mit saurer Natrium- sulfitlauge. Aus 1 Ko. Benzoe erhielt ich circa 1 g. dieses büschelig krystalHsierenden KörjDers, der intensiv nach Vanillin roch und bei 78° C. schmolz. Sowohl mit Pyrogallol und Salzsäure, als auch mit Phloroglucin und Salzsäure erhielt ich intensive Farben- reaktionen. Der über Schwefelsäure getrocknete Körper, der Analyse unterworfen, gab folgende Zahlen : 0,1036 g. Substanz gaben 0,2422 g COo u. 0.052 g HgO berechnet für C8H8O3 gefunden C 63,15 Proz. 63,7 Proz. H 5,26 Proz. 5,5 Proz. Vorliegender Körper ermes sich somit als Vanillin. Da die mit Salzsäui'e aus der alkalischen Lauge erhaltenen Harzkuchen noch sehr aromatisch rochen , Avui'den dieselben in Alkohol gelöst, mit Kalkmilch gekocht, Salzsäure bis zur schwach sauren Reaktion zugefügt und filtriert. Mit Natriumsulfitlauge Hefs sich dieser Flüssigkeit keine Spur von Vanillin mehr entziehen. b) Untersuchung der Harze (Benzoresine). Wird Benzoe in Kalilauge gelöst und mit Salzsäure zersetzt, so fallen die Harze aus und schmelzen beim Erwärmen zu Kuchen zu- sammen. Zu der nachfolgenden Untersuchung wurde das Harz ver- wendet, wie es resultierte, nachdem der Benzoe Zimtsäure und Benzoesäure, sowie sämtliche Ester, Kohlenwasserstoffe und Aldehyde entzogen worden waren. Da ich vermutete, dafs noch Spiu-en von flüchtigen Estern etc. beigemengt seien, so leitete ich wochenlang durch das Harz Wasser- dampf. Das Harz wurde immer dunkler gefärbt und ballte sich zu kleinen Klümpchen zusammen, die in heifsem Wasser nicht mehi- erweichten, sondern spröde waren. Darch dieses anhaltende Be- handeln mit Wasserdämpfen vvnirde das Harz nach und nach völlig geruchlos, aber auch verseift (v. unten). Um die di-ei Harze von Unverdorben zu erhalten, kochte ich das Rohharz 2 Mal mit Sodalösung aus, filtrierte und fällte aus dem Filtrat das y Harz mit Salzsäure aus, wusch mit Wasser gut nach und trocknete bei gelinder Wärme. Das von der Sodalauge nicht gelöfste Hai-z wurde mit Wasser gewaschen, getrocknet und F. Lüdy, Studien über die Benzoe. 57 'ann ^^-iederholt mit Aether am Rückflufsktihler behandelt. In Aether lüfste sich das « Harz, welches nach dem AbdestilHeren defselben zurückblieb und durch Lösen in Alkohol und Eingiefsen in mit Salz- siiai-e angesäuertes Wasser fein verteilt ausfällt; es wurde hierauf gut ausgewaschen und getrocknet. Das in Aether nicht Gelöste stellt das /?Harz dar, welches man ebenfalls durch Lösen in Spiritus und Eingiefsen in mit Salzsäure angesäuertes Wasser als pulverförmigen Niederschlag erhält, der nach dem Auswaschen bei gelinder Wärme getrocknet wird. Das « Harz stellt ein weifsliches, amorphes Pulver dar, das geruch- und geschmacklos ist; beim Zerreiben im Porzellanmörser zeigt es stark elektrische Eigenschaften. Auf Platinblech erhitzt ist es völlig flüchtig. Es ist lösHch in Aether, Alkohol und Kali- lauge, spui'enweise löslich in Ammoniak, völlig unlöslich in Soda- lösung. Aus keinem der Lösungsmittel konnte es krystallisiert er- halten werden. Li konzentrierter Schw^efelsäure löst sich das «-Harz mit braun- roter Earbe, die bald blutrot wird. Löst man das Harz ia Alkohol und giefst tropfenweise konzentrierte Schwefelsäure zu, so färbt sich die Lösung tief smaragdgrün; die grüne Farbe geht auf Zusatz von mehr konzentrierter Schwefelsäure durch blau in karmoisinrot über. Giefst man zu einer Lösung des Harzes in konzentrierter Schwefel- säure viel Wasser, so scheidet sich ein rötlich gefärbter Niederschlag aus. Die rote Lösung des Harzes in konzentrierter Schwefelsäure Üuoresciert iatensiv grüngelb. Löst man das Harz in wenig Alkohol, so färbt sich die Lösimg auf Zusatz von konzentrierter Salzsäure grün. Das ,/5 Harz stellt ein hellgelbes amorphes Pulver dar, das geruch- und geschmacklos ist. Es löst sich in Eisessig, Alkohol, Kalilauge, heifser Sodalösung, es ist unlöslich dagegen in Ammoniak, Aether und kalter Sodalösung. Aus keinem der erwähnten Lösungsmittel konnte es krystallisiert erhalten werden. Es zeigt beim Zerreiben ebenfalls stark elektrische Eigenschaften; beim Glühen verflüchtigt es sich rückstandlos. Mit konzentrierter Schwefelsäure und Salzsäure zeigt es dieselben Farbenreaktionen wie das « Harz. Das -' Harz ist ein rötlich weifses, amorphes Pul ver, vollständig ge - schmack- und geruchlos, beim Zerreiben ebenfalls elektrisch werdend, löst sich in Alkohol, Sodalösung, Kalilauge, Ammoniak, Eisessig und Aceton, 58 F. Lud 3% Studien über die Benzoe. teilweise in Aether, Chloroform und Benzol; es ist unlöslich in Petrol- äther. Aus keinem der erwähnten Lösungsmittel gelang es dasselbe krystallisiert zu erhalten. Alle drei Harze gaben mit Kaliumpermanganatlösung erhitzt Bittermandelölreaktion, enthielten also Zimtsäure. Nachdem sie wieder- holt in heifser Kalilauge gelöst und mit Salzsäure gefällt worden waren, zeigten sie diese Reaktion nicht mehr. Es schien mir von Wichtigkeit die von Vliet^) angegebene Be- obachtung zu prüfen, dafs je öfter man das Kochen mit Soda wieder- holt, in dem Mafse auch das y Harz reichlicher wird, das « Harz sich vermindert und das /^ Harz zunimmt. Ich löste deshalb 1000 g Roh- harz in Alkohol auf. kochte mit Soda so lange, bis der Alkohol ver- jagt war, filtrierte heifs und kochte den Rückstand, nachdem er abermals in Alkohol aufgelöst worden war von neuem mit Soda. Es gelang mir hierdurch das «- und ß Harz, nachdem ich das Kochen mit Soda wochenlang fortgesetzt hatte, vollständig in y Harz über- zuführen. Da ich dieses ;' Harz als Endprodukt erhalten hatte, so versuchte ich mit demselben die gebräuchlichen Reaktionen aus- zuführen; aber alle Versuche, irgend welche Derivate zu erhalten, blieben erfolglos. Entweder reagierte das Harz überhaupt nicht, oder es gab nur schmierige Produkte. Zufällig bemerkte ich hierbei, dafs dieses ;/ Harz mit Kalilauge anhaltend gekocht, beim Erkalten neben einem amorphen, braunen, schmierigen Körper, weiTse Nadeln absetzte; ich verfolgte daher diese Reaktion weiter. Es gelang mir durch Kochen mit Kali dieses y Harz in zwei neue Körper zu trennen, einen weifsen, krystallisierten und einen braunen amorphen, die sich, wie die nachstehende Untersuchung ergiebt als zwei Alkohole er- wiesen; dem weifsen, krystallisierten Alkohol gebe ich den Namen Benzoresinol, der braune, amorphe soU Resinotannol genannt werden. Da das y Harz, das ich durch Kochen mit Sodalösung aus dem Benzoeharze dargestellt hatte, in Benzoresinol und Resinotannol dmxli Behandeln mit Kali zerlegbar war, so versuchte ich, ob es nichc möglich sei, direkt aus dem Benzoeharz, mit Umgehung des als Zwischenprodukt anzusehenden ;- Harzes, zu dem Benzoresinol und 1) Annalen 34, 177. F. Lud}', Studien über die Benzoe. 59 Resinotannol zu gelangen. In der That gelang dies durch Kochen mit Kalilauge so Yollständig, dafs ich die beiden Alkohole in der Folge nur noch aus Benzoe direkt darstellte. Trennung von Beuzoresiuol und Resinotannol. Das Benzoeharz, wie es resultierte, nachdem es von Säuren, Estern, Kohlenwasserstofien und Aldehyden befreit war und nachdem wochenlang heiTse Wasserdämpfe durch dasselbe geleitet waren, er- wies sich als völlig geruch- und geschmacklos. Ich löste dasselbe in verd. Kalilauge. Setzt man zu der klar filtrierten tiefbraun- getärbten Lösung konz. Kalilauge, so fällt ein amorpher Niederschlag aus, der nach längerem Kochen beim Erkalten krystaUinisch wird; je länger man kocht, um so gröfser werden die Krystallnädelchen. Die klare alkalische Lösung, die tief dunltelbraun gefärbt war, wurde deshalb in einer Porzellanschale über freiem Feuer eingedampft, dann noch etwas festes Kali zugegeben, um möglichst bald eine konz. Lauge zu erhalten, und hierauf soweit eingedampft, bis in der heilsen Lauge einige Xädelchen sich auszuscheiden anfingen. Nach dem völligen Erkalten war die ganze braune Lauge mit einem Hauf- werk kleiner ca. 2 mm langer Nädelchen durchzogen. Da dieselben in Alkohol und in heilsem Wasser leicht löslich waren, in kaltem Wasser dagegen sich etwas schwieriger lösten, so versetzte ich die vollständig erkaltete Lauge mit so viel kaltem Wasser, dafs dieselbe durch Filtrierpapier leicht filtriert werden konnte. Die durch Lauge noch stark braungefärbten Nädelchen, wurden rasch mit kaltem Wasser einige Male übergössen, zur weiteren Reinigung in ver- dünntem Kali gelöst, die Lösung in ähnlicher Weise wie oben an- gegeben, eingedampft, filtriert und das Ausgeschiedene gewaschen. Nach drei- bis viermaL'gem Lösen und wieder Auskrystallisieren waren die Krystalle völlig weiTs erhalten worden. Da von dieser krystaUisierten Kaliumverbindung , die auch in kaltem Wasser ziemlich lösHch war, beträchtliche Mengen durch das Waschwasser gelöst worden waren, so behandelte ich sämtliche braune Laugen noch einjnal auf die beschi'iebene Art mit konz. Kali, und erhielt so eine zweite Portion dieser schön krystalhsierten Verbindung (v. unten). Aus dieser KaKverbindung des Benzoresinols ist das reine Benzoresinol leicht darzustellen. Man löst die weilsen Krvstalle ein- 60 F. Lüdy, Studien über die Benzoe. i'ach in heifrff^m Wasser, fügt nach dem Filtrieren so viel Salzsäure zu, bis dasselbe schwach sauer reagiert, filtriert hierauf den sich namentlich in der Wärme rasch ausscheidenden weifsen, flockigen Niederschlag ab und wäscht ihn so lange mit warmem Wasser aus. bis das Abfliefsende Silbernitratlösung nicht mehr trübt. Getrocknet stellt das so dargestellte Benzoresinol ein amorphes, schön weifses Pulver dar, das jedoch auch krystalJisiert erhalten werden kann. Um aus der tief braungefärbten Lauge das Resinotannol abzu- sclieiden, fäUte ich sie zuerst mit Salzsäure, filtrierte den erhaltenen, braunen, flockigen Niederschlag ab und gofs so lange warmes Wasser auf, bis Silbernitratlösung nicht mehr getrübt wurde. Das bei ge- linder Wärme getrocknete Pulver, welches aus einem Gemisch von viel Hesinotannol mit wenig Benzoresinol besteht, -WTirde in konz. Alkohol gelöst. Zur Abscheidung der reinen Resinotannolkaliumver- bindung, benutzte ich die Eigenschaft des Resinotannols aus konz. alkoholischer Lösung mit alkoholischem Kali gefällt zu werden, während Benzoresinol nicht gefällt wird. Ich versetzte daher die konz. alkoholische Lösung des Gemisches von Benzoresinol und Resinotannol mit einer frisch bereiteten Lösung von KaHhydrat in Alkohol von Ol*^, wodurch sich ein brauner, körniger Niederschlag ausschied. Nach 24 stündigem Stehenlassen in der Kälte, filtrierte ich die noch braun gefärbte Lauge von dem sich zu Boden setzenden Niederschlag ab und v^isch solange mit konz. Alkohol nach, bis der- selbe farblos abflofs. Da das Kesinotannol durch alkoholisches Kali nur aus konz. Lösung gefällt wird, enthielt die braune abfliefsende Lauge noch bedeutende Mengen in Lösung. Ich fällte daher aus der alkoholischen Lösung das Resinotannol mit viel , mit Salzsäure angesäuertem Wasser aus, filtrierte, wusch gut aus und trocknete bei gelinder Temperatur. Dieser Niederschlag wurde in konz. Alkohol gelöst, diese Lösung von Neuem mit frisch bereiteter alkoholischer Kalilauge in der Kälte gefällt und der Niederschlag mit Alkohol gewaschen, wobei noch eine bedeutende Menge Resino- tannolkalium ausfiel. Die vereinigten Niederschläge von Resinotannol- kalium löste ich in Wasser, in welchem es leicht löslich ist, auf und fällte daraus das Resinotanuol in der Wärme mit verdünnter Salz- säure aus. Der braune, flockige Niederschlag wurde abfiltriert, ge- waschen und getrocknet, dann in konz. Alkohol gelöst, filtriert, mit F. Lüdy, Studien über die Benzoe. 61 salzsänrehaltigem Wasser gefällt . und dieses nöch einige Male wiederholt. Es gelang mir auf diese Weise das Rohliarz der Benzoe quanti- tativ in seine beiden Komponenten das Resinotannol und Benzoresinol zu trennen, und zwar erhielt ich daraus nur wenige Prozente von dem weifsen Benzoresinol, der weitaus gröfste Teü bestand aus dem braunen Resinotannol. Um Resinotannol und Benzoresinol zu trennen, versuchte ich noch eine andere Methode, und zwar stellte ich sowolil mit ;- Harz, als mit Rohbenzoeharz Versuche an. Das in Alkohol gelöste Harz gofs ich in die 10 fache Menge frisch bereiteter Kalkmilch und dampfte auf dem Wasserbad unter Umrühren zur staubigen Trockne ein. Der fein pulverisierte Rückstand wurde hierauf am Rücklluii- kühler mit Alkohol gekocht, filtriert und in mit Salzsäiu-e an- gesäuertes Wasser gegossen, wobei sich ein weifser flockiger Nieder- schlag von Benzoresinol ausscheidet. Das Kochen mit Alkohol am RückfluTskühler wurde so oft wiederholt, bis der Alkohol nichts mehr aufnahm. Die Resinotarmol-Kalkverbindung ist^in Alkohol unlösHch und bleibt daher zui'ück. Der in Alkohol unlösliche Rückstand wird durch Erwärmen vom anhaftenden Alkohol befreit luid mit ver- dünnter Salzsäure zersetzt, wobei das Resinotannol frei wird, und nach dem Abfiltrieren und Auswaschen als braunes Pulver zurückbleibt. Ich benützte dieses Verfahren, um zuerst das Rohhai'z in die beiden Körper Benzoresinol und Resinotannol zu trennen. Die auf diese Weise schon einigermafsen reinen Körper wurden nun nach dem oben angegebenen Verfahren mit KaH weiter gereinigt. 1. Benzoresinol. Um das Benzoresinol analysenrein zu erhalten, führte ich es, ■wie früher beschrieben, in die krystallisierte Kaliumverbindung über, aus welcher es mit Salzsäui'e wieder gefällt wurde. Nach dem Auswaschen imd Trocknen stellt dasselbe ein schneeweifses Harz- pulver dar, das beim Reiben elektrisch wii'd. Es ist vollständig un- löslich in Wasser, dagegen leicht löslich in Alkohol, Chloroform, Äther, Aceton, Toluol. Essigsäiu-e und Ammoniak, unlöslich in Petroläther. Die farblose Lösung des Benzoresinols in Alkohol reagiert vollständig neutral. Beim Verdunsten einer Lösung des 64 F. Lüd}^, Studien über die Benzoe. Avis der 1. Bestimmung resultierte ein Molekulargewicht von 24:4. V „ 2. „ „ „ „ „ 219. Die oben aufgestellte Formel Cg Hjo hat ein Molekulargewicht = 125; da die Raoult' sehe Molekularbestimmuug genau das Doppelte ergab, so kann man ftir Benzoresinol mit ziemlicher Sicherheit die Formel aufstellen C^g Hog 0^. Gefunden: Berechnet für I. II. III. IV. V. CigHsgOo C 76,59Proz. 76,6Proz. 76,49Proz. 76,1 Proz. 76,78Proz. 76,8 H 11,01 „ 10,9 „ 10,3 , 10,69 „ 10,3 „ 10,6 Benzoresinol-Kaliumverbindung. Bei der Darstellung der Benzoresinolkahumverbindung wurde dasselbe Verfahren angewendet, wie bei der Trennung von Benzoresinol und Resinotannol angegeben ist. Es wurde Benzoresinol in verdünnter Kalilauge gelöst, die vorher filtrierte Lösung heifs mit konz. Kalilauge gefällt und einige Minuten gekocht. Beim Erkalten scheidet sich das Benzoresinol- kaHum in feinen Nädelchen ab. Damit die Flüssigkeit durch Filtiier- papier filtriert werden konnte, versetzte ich sie mit ca. dem doppelten Gewicht eiskalten Wassers und filtrierte rasch. Die weifsen Nadeln wurden mit kaltem Wasser nachgewaschen, wobei aber nicht imbe- deutende Mengen in Lösung gingen. Es war mithin anzunehmen, dafs der Filterrückstand kein freies Alkali mehr enthielt; dagegen scheint das Benzoresinolkalium sich beim Trocknen zu zersetzen und freies Benzolresinol abzuspalten. Sehr lange verfilzte Nadeln erhält man dadurch, dafs man Benzoresinol in verdünnter Kalilauge auf- löst und die filtrierte Lösung soweit eindampft, dafs eben das Kalimu- salz anlangt beim Erkalten auszukrystallisieren. Setzt man dann der noch heifsen Lauge konz. Alkohol zu, so scheiden sich beim Er- kalten sehr lange, feine, verfilzte Nadeln von Benzoresinolkalium aus. Das Benzoresinolkalium ist in heifsem Wasser löslich, schv.deriger lösHch dagegen in kaltem Wasser. Alkohol löst es leicht, Äther und Petroläther lösen gar nichts davon auf. Diese Kaliumverbindung ist sehr leicht zersetzlich^ namentlich beim Trocknen, und ist dann in Wasser nicht mehr klar löslich. Auch eine frisch bereitete Lösung trübt sich schon an der Luft; beim Durchleiten von Kohlen- säure sclieidet sich Benzoresinol als weifser flocldger Niederschlag ab, ebenso beim Zusatz von verd. Mineralsäuren. Diese leichte Zer- setzKchkeit ist auch der Grund, weshalb die Kaliurabestimmungen F. Lüdy, Studien über die Benzoe. 65 nicht stimmten, indem sciion durch das längere Auswaschen mit Wasser die Kaüumverbiadung teilweise zersetzt wird, andererseits aber bei nicht genügendem Aitswaschen immer noch freies Kali beigemengt bleibt. Trotz der vielen Kahumbestimraungen, die ich ausführte, konnte ich keine übereinstimmenden Resultate erhalten; wohl stimmten die Kaliumbestimmungen der einzelnen Darstellungen unter sich, jedoch nicht verglichen mit den Bestimmimgen, welche von andern Darstellungen ausgefühi-t wurden. Eine Kaliumverbiadung nach der Formel C16H25O2K würde 13,5 Proz. Kalium enthalten; ich erhielt aber immer nur Zahlen, welche von 9 — 10,5 Proz. variierten. Immerhin nähern sich diese Zahlen mehr einer Monokalium Verbindung, als einer Dikaliumverbindung CieH2402.K2, welche 23,9 Proz. Kalium enthalten würde. Bromierungsversuche mit Benzoresinol. Um zu einem Bromderivat zu gelangen, löste ich 3 g Benzoresinol in Chloroform und leitete 24 Stunden lang gasförmige Bromwasserstoffsäiire ein; die Lösung färbte sich dabei braun. Auf dem Wasserbad zur Trockne eingedampft, löste ich den Rückstand in Alkohol, worin er nui' sehr schwer löslich war und gois in mit Salzsäiu^e angesäuertes Wasser, wobei gelbhch-weiTse Flocken ausfielen, die abfiltriert, aus- gewaschen und bei gelinder Wärme getrocknet wurden. Ich erhielt so ein gelblich-weüses Pulver, das löslich ist in Alkohol, Äther, Benzol und Chloroform, das aber aus keinem dieser Lösungsmittel krystallisiert erhalten werden konnte. ]Mit reinem gebrannten Kalk geglüht, liefs sich mit Sübernitrat leicht Brom nachweisen. Ich änderte den Versuch nun dahin ab, dafs ich Benzoresmol in Chloroform löste und tropfenweise Brom zusetzte, bis die Flüssig- keit röthch gefärbt erschien. Erwärmt, entwickelten sich Ströme von Bromwasserstoff. Beim Verdunsten der Lösung blieb eine amorphe Masse zui-ück. ISIit Alkohol behandelt, löste sich der gröfsere Teil darin auf und fiel, in Wasser gegossen, gelbiich-weifs aus. Dieses Bromprodukt ist löslich in Chloroform, Äther und Benzol, aber krystallisiert aus keinem dieser Lösungsmittel. Der in Alkohol uniösHche, rotbraun gefärbte Rückstand löste sich leicht in Chloroform oder Äther , war aber ebenfalls nicht krystallisiert zu erhalten. Grlüht man die Verbindung mit Kalk, so ist Brom leicht darin riach- zuweisen, und zwar in beträchtlicher Menge. Aich. d. Pharm. CCXXil. Bds., 1. Heft. ^ 66 V. Lüd\^ Studien über die Benzoe. Acetylieruugs- und ßenzoylierungsversuclie des Ben- zoresinols. Da ich vermutete, dafs das Beuzoresinol ein alkohol- artiger Körper sei, so versuchte ich zunächst Acetylderivate zu er- halten. Zunächst koclito ich Benzoresinol oinige Minuten mit Eis- essig im E,eagensrohr und gofs die Lösung in Wasser, wobei sich ein weiTser, vokiminöser Niederschlag ausschied, der sich jedoch nach vollständigem Auswaschen bis zur neutralen Reaktion nur als unver- ändertes Benzoresinol erwies. Hierauf kochte ich Benzoresinol am Rückfluiskühler mit Essigsäui'eanhydrid und geschmolzenem., essig- saurem Natr., zuerst nur V2 Stunde und später tagelang, jedoch ohne Erfolg; anstatt essigsaurem Natr. wurde auch Chlorzink verwendet. Dann wiederholte ich diesen Versuch im Rohr, zuerst bei niederer Temperatur und zuletzt bei 180° C; trotz tagelangem Erhitzen konnte ich zu keinem Acetylderivat gelangen. Diese Versuche wiederholte ich mit Acetylchlorid mit dem nämlichen MiTserfolg. Eine andere Methode, welche ich Herrn Prof. Drechsel ver- danke, beruht auf der Verwendung von Essigsäureanhydrid und Äther. Benzoresinol wurde in Äther, dem man nur einige Tropfen Essigsäureanhydi^id zugiebt, gelöst und eüiige Minuten vorsichtig am Rückflufskühler auf dem Wasserbad erwärmt; es schieden sich am Rand drusige krystaUinische Massen ab, die sich aber bei weiterem Erwärmen wieder lösten und sich dann nicht mehr krystallinisch ausschieden. In dem Moment, wo sich die Krystalle am Rande zeigten, gofs ich die ganze Flüssigkeil in Wasser, filtrierte den weifsen Niederschlag ab, wusch aus und trocknete, aber auch dieser erwies sich nur als unverändertes Benzoresinol. Da es oft vorkommt, dafs Körper, die sich nicht acetylieren liefsen, sich mit Leichtigkeit benzoylieren lassen, so stellte ich auch die verschiedensten Versuche mit Benzojdchlorid an. Ich behandelte Benzoresinol direkt mit Benzoylchlorid, sowohl am Rückflufskühler, als auch im Rohr bei verschiedenen Temperaturen, dann in mit Äther verdünnter Lösung, ferner nach der von Baumann ^) angegebenen Methode, jedoch waren alle diese Versuche ohne den gewünschten Erfolg. Ich versuchte daher Äther aus dem Benzoresinol darzu- stellen. 1) Berl. Berichte 19, 3218. F. Lüdy, Studien über die Benzoe. 67 Benzoresinol -Methyläther. Zur Gewinnung dieses Äthers, löste ich Benzoresinolkalium in Methylalkohol, setzte Jodmethyl zu und kochte einige Stunden am Rückflufskühler. Nach einiger Zeit stellte sich aber so heftiges Stofsen ein, dafs der Versuch unter- brochen werden mufste. Besser kam ich zum Ziel nach folgender Methode: Eine konz. Lösung von Benzoresinol in Methylalkohol wurde mit Meth^-lalkohol-Kali und einem Überschufs von Jodmethyl 3 Tage lang am RückfluTskühler gekocht. Das Reaktionsprodukt, das durch ausgeschiedenes Jod braun gefärbt war, wurde verdunstet, der Rückstand in wenig Alkohol gelöst und in Wasser gegossen. Die trübe Flüssigkeit schied aber erst nach einigen Tagen Flocken aus: setzte man jedoch zu dem Wasser eine Spur Salzsäure, so schieden sich sofort gelbe Flocken ab, die auf einem Filter gesammelt und zur Entfernung des Jods und Jodkalium mit Wasser gewaschen wurden. Ich löste hierauf den Niederschlag in Alkohol und gofs die Lösung in salzsäurehaltiges Wasser, was so oft wiederholt wurde, bis der Niederschlag nicht mehr gelb getärbt war. Obschon in Alkohol, Äther und Chloroform leicht löslich, ist dieser Äther daraus doch nicht krystallisiert zu erhalten. Doch gelang es auf folgende Weise die Verbindung krystaUinisch zu erhalten: Ich löste den Äther in Alkohol, filtrierte, setzte zu der kalten Lösung so viel Wasser zu, bis dieselbe anfing sich zu trüben und setzte die so vorbereitete Lösung bei Seite; nach einigen Tagen hatten sich prächtige zu Büscheln vereinigte Krvstallnadeln bis 1 cm Länge ausgeschieden. Dieselben \vurden noch einige Male in ähnlicher Weise aus verdünntem wässerigen Alkohol umkrystaUisiert, bis sie vollständig weifs waren. Diese Krystalle fangen bei löO*^ C (unkorr.) an zu erweichen, schmelzen aber erst bei 174" C (unkorr.): geglüht hinterlassen sie keine Asche. Die Elementar analy 8 e der über Schwefelsäure getrockneten Substanz ergab aus 0,0894 g Substanz 0,2541 g COg u. 0,088 gHaO. Gefunden: Berechnet für Cig K25 Og . CH3. C. 77,5 772 H. 10,9 10,6. Benzoresinol-Äthyläther. Um das tagelange Kochen am Rückflufskühler zu umgehen, versuchte ich diesen Äther im geschlosse- nen Rohr darzustellen. Beuzore&inolkalium wurde zu diesem Zwecke 68 F. Lttdy, Studien über die Benzoe. mit Jodmethyl 12 Stunden im Eohr auf 120*^ C erhitzt. Der Röhren- inlialt hatte sich stark gebräunt ; er wurde in Wasser gegossen, aus- gewaschen, getrocknet und versucht denselben aus verschiedenen Lösungsmitteln krystallinisch zu erhalten, was jedoch nicht gelang. Ich verfuhr deshalb nach der bei Methyläther angegebenen Methode, indem ich eine Lösung von Benzoresinol in Aethylalkohol mit alkoho- lischer Kalilauge und Jodäthyl einige Tage lang am E,ückflurskühler kochte imd die Reinigung vornahm, wie sie beim Methyläther ange- geben ist. Merkwüi-digerweise krystallisierte dieser Äther nicht aus wässerigem Alkohol, wie der Methyläther. Auch aus konz. Alkohol konnte er trotz wochenlangem Stehenlassen nicht krystallisiert er- halten werden: erst nachdem die alkoholische Lösung sehr stark ein- gedampft war, krystallisierte beim Erkalten aus der Lösung fast momentan der Äther iu schönen zu Büscheln vereinigten Nadeln aus. Die noch gelb gefärbten Nadeln wurden mit kaltem Alkohol aus- gewaschen und wiederholt aus konz. Alkohol umkrystallisiert, bis sie vollständig weifs waren. Den Schmelzpunkt dieses Benzoresinol- Äthyläthers fand ich bei 157 — 158° C (unkorr.). Die Elementaranalyse, der über Schwefelsäui-e getrockneten Substanz ergab: L 0,1206 g Svibstanz gaben 0,3436 g CO2 u. 0,1171 gHgO IL 0,0919 g „ „ 0,2626 g CO3 u. 0,0886 g HgO. Gefunden : I. 11. Berechnet für C^q H25 O.jo • Cg H5 77,7 0/^ 77,90/0 77,7 0/^ 10,78 0/^ 10,70/^ 10,79% Benzoresinol-Isobutyläther. Benzoresinol wurde in Isobu- tylalkohol gelöst, mit alkoholischem Kali und überschüssigem Isobu- tylbromid einige Tage am RückfluTskühler gekocht und dann zur Trockne eingedampft. Der Rückstand war in Alkohol nur teilweise löslich, dagegen leicht löslich in einem Gemisch von Alkohol und Chloroform. Nach dem Filtrieren wm-de diese Alkohol - Chloroform- lösung auf dem Wasserbade zum Kochen erhitzt und allmälig Wasser zugesetzt bis zui' starken Trübimg; beim Erkalten fiel plötzlich ein Haufwerk prachtvoll glänzender, weiTser Nädelchen aus, die sich leicht zu Boden setzten und abfiltriert werden konnten. Von Neuem wurden sie in einem Gemisch von Alkohol und Chloroform gelöst und in gleicher Weise mit Wasser ausgefällt, was noch einige Male wiederholt wurde. F. Lüdy, Studien über die Benzoe. 69 Der so erhaltene Isobutyläther krystallisiert in weÜsen, glänzen- den Nädelchen, ist unlöslich in Wasser, schwer löslich in Alkohol und Aether, leicht dagegen in Chloroform, sowie in einem Gemisch von Alkohol und Chloroform, Den Schmelzpunkt fand ich bei 210'' C. (unkorr.). Die Elementaranalyse des über Schwefelsäure getrockneten Aethers ergab: 0,1058 g Substanz gaben 0,3058 g COg und 0,1058 g HgO. Gefunden Berechnet für C^g H25 O2 . C4 Hg C. 78,8 Proz. 78,4 Proz. H. 11,1 „ 11,1 , Dadurch, dafs es gelungen war, gut krystallisierte Aether zu erhalten, geht mit Sicherheit hervor, dafs das Benzoresinol eine OHgruppe enthält; dafs es, trotzdem es mir bis jetzt noch nicht ge- lungen ist, weder einen Acetyl- noch einen Benzoylester darzustellen, unbedingt als ein Alkohol anzusprechen ist, werde ich später durch Verseiftmg seines Zimtsäureesters beweisen. Verhalten von Benzoresinol gegen Hydroxylamin. Da es mir gelungen ist, die Methyl-, Äthyl- und Isobutyläther des Ben- zoresinols zu erhalten, so geht hervor, dafs der eine Sauerstoff in CieH26 02 als Hydroxylsauerstoff vorhanden sein mufs. Da die neu- trale Reaktion des Benzoresinols eine Carboxylgruppe auszuschliefsen scheint, versuchte ich zu ermitteln, ob das andere Sauerstofiatom aldehydischer oder ketonartiger Xatur und infolge dessen mit Hy- droxylamin ein Oxim zu bilden im Stande sei. Benzoresinol wurde zu diesem Zwecke in einer genügenden Menge Alkohol gelöst und mit salzsaurem Hydroxylamin einige Stun- den am Rückflufskühler gekocht. Nach dem Erkalten wurde der Kolbeninhalt in Wasser gegossen, der ausfallende weifse, flockige Niederschlag gut ausgewaschen und bei sehr gelinder Wärme ge- trocknet. Um zu untersuchen, ob ein Oxim gebildet worden sei, glühte ich eine Probe davon mit metallischem Natrium, doch konnte in der Schmelze kein Stickstoff nachgewiesen werden. Auch wenn ich 8 Tage lang eine alkoholische Lösung von Benzoresinol mit Hydroxylaminchlorhydrat am Rückflufskühler kochte, war es nicht möglich, N im Reaktionsprodukt nachzuweisen, ein Oxim war also auch in diesem Falle nicht gebildet worden. 70 F. Lüdy, Studien über die Benzoe. Verhalten von Benzoresinol gegen konz. Salpetersäure. Benzoresinol in konzentrierte Salpetersäure eingetragen, löste sicli beim Erwärmen imter Entwicklimg von Untersalpetersäure. Wurde die so bereitete gelbliche Lösung in kaltes Wasser gegossen, so schieden sich gelbe Flocken aus, die abfiltriert und so lange ge- waschen wiu'den, bis das abfliefsende Wasser mit Diphenylamin nicht mehr reagierte. Der getrocknete Niederschlag war löslich in Alkohol, Äther und Chlorofonn, konnte jedoch aus keinem dieser Lösungsmittel krystallisiert erhalten werden, sondern blieb immer amorph zui"ück. Nach der gewöhnlichen Methode mit metallischem Natrium geglüht, konnte kein Stickstoff nachgewiesen werden. Der Rückstand schmeckte nicht bitter und gab keine Pikrinsäui-ereaktion. 2. Resiuotanuol. Um das Eesinotannol analysenrein zu erhalten, führte ich es, wie früher angegeben, in die Kaliumverbindung über und lallte es daraus öfters aus, was so oft wiederholt wurde, bis eine Probe ge- glüht, keinen Rückstand mehr hinterKers. Bei gelinder Wärme ge- trocknet, stellt dasselbe ein geruch- und geschmackloses, neuiral reagierendes, hellbraunes Pulver dar. Es löst sich in Alkohol mit brauner Farbe auf, ist aber bedeutend schwerer löslich als das Benzoresinol; etwas leichter löst es sich in mit wenig Wasser ver- dünntem Alkohol, ebenso löst es sich mit brauner Farbe in verdünnter Kalilauge, scheidet sich jedoch auf Zusatz von konz. Kali nicht aus, auf welcher Eigenschaft seine Trennung von Benzoresinol beruht. Ferner löst es sich in Aceton und Ammoniak. Eisessig löst es nicht vollständig auf, leicht dagegen mit tiefrotbrauner Farbe auf Zusatz von wenig Wasser. Ton Chloroform. Benzol, Äther und Toluol werden nur Spuren aufgenommen. Wird eine alkohoKsche Lösung in der Kälte mit alkoholischem Kali versetzt, so läUt aus der konzen- trierten Lösung ein amorpher Niederschlag von Resinotannolkalium aus. Li konz. Schwefelsäure löst sich Resinotannol mit tiefrotbraimer Farbe auf; durch konz. Salpetersäure wird es zu einer gelben Flüssigkeit gelöst. Die rotbraune Lösung von Resinotannol La konz. Schwefelsäure ■v^nu-de spektralanalytisch untersucht; eine verdünnte Lösung absorbiert das Blau und Violett. Bei fortschreitender Kon- zentration erscheint ein sehi' mattes Band, dessen Grenzen sich F. Lud}', Studien über die Benzoe. 71 nicht genau bestimmen lassen, dessen Mitte aber ungefähr bei der Wellenlänge 500 liegt; dieses Band wird bei weiterer Steigerung der Konzentration von der gegen Rot fortschreitenden Endabsorption des Blau verschlungen, welche Endabsorption mit steigender Kon- zentration der Lösung immer weiter gegen Rot vorrückt. Löst man gei- einigte Benzoe d. h. solche, welche man durch Lösen von Benzoe in Äther, Filtrieren und Eindampfen der von Holzätückchen befreiten Flüssigkeit erhält, in konz. Schwefelsäure auf, so resultiert ebenfalls eine tiefrote Lösung. Verdünnte Lösungen zeigen das Benzoresinolband zwischen Wellenlänge 530 und 550 sehr matt, ebenso auch das Resinotannolband zwischen den Fraunhofer'- schen Linien F und b. Beide Bänder fliefsen bei Steigerung der Schichtendicke der Lösung zu einem breiten und duulden Absorptions- band zwischen Wellenlänge A = 550 und ^ = 490 zusammen, welches Band mit der Endabsorption des Blau durch einen Schatten ver- bunden ist, dessen Grenzen sich nicht scharf angeben lassen. In noch dickerer Schicht wii'd Blau und Grün bis ^. = 570 absorbiert; zwischen Ä = 590 und /. = 610 tritt ein auTserordentlich schwaches neues AbsoqDtionsband auf, welches die gleiche Lage hat, wie das oben bei Benzoresinol erwähnte Band. Die Endabsorption verschlingt also beide oben erwähnte Bänder. Steigert man die Schichtendicke weiter, so tritt das eben erwähnte Band bei l = 600 etwas kräftiger hervor, um aber bei weiter gesteigerter Schichtendicke nun ebenfalls von der gegen Rot vorrückenden Endabsorption ver.'^chlungen zu werden. Dicke Schichten lassen nur Rot durch. Dieses spektralanalytische Verhalten der Benzoe in konz. Schwefelsäure, welches auf einem Gehalt von Benzoresinol und Resinotarmol beruht, dürfte als eine Identitätsreaktion der Benzoe zu benützen sein. Die mit Wasser verdünnte alkoholische Lösung von Resinotannol wii'd dui'ch Eisenchlorid braunschwarz, durch Bleiacetat hellbraun und durch Kaliumbichromat rotbraun gefällt. Löst man Resinotannol in verd. Alkohol und setzt verdünnte Leimlösung zu, so wird es ge- lallt; allerdings wird Leim durch Alkohol allein auch gefällt. Ich führte vergleichende Proben aus, indem ich Alkohol mit Wasser versetzte i^nd zwar mit gleich viel wie die alkoholische Lösung von Resinotannol; der durch die Leimlösung dabei entstehende Nieder- 72 F. Lüdy, Studien über die Benzoe. schlag war bei weitem voluminöser, als der nur mit verdünntem Alkohol allein erhaltene. Die Reaktionen mit Ferrichlorid, Bleiacetat, Kaliumbichromat und Leimlösung deuten auf eine gerbstoffartige Natur des Resinotannol hin. Ubergiefst man Resinotannol mit konz. Salzsäure, so färbt es sich glänzend schwarz, eine Eigenschaft, die es mit dem Eichen- phlobaphcn^) teilt. Wü-d es zum Zwecke der Schmelzpunktbestimmung erhitzt, so färbt es sich von 195 — 200° C. dunkler und sintert zu- sammen, weiter erhitzt, zersetzt es sich vollständig, ein eigentliches Schmelzen konnte nicht beobachtet werden. Auch diese Eigenschaft hat das Resinotannol mit den Gerbstoffen gemeinsam. Trotz \del- facher Versuche konnte es aus keinem seiner Lösungsmittel krys- tallisiert erhalten werden. Die Elementaranalysen im Sauerstoffstrom ausgeführt, ergaben folgende Resultate: I. 0,1724 g Substanz, über Schwefelsäure getrocknet, gaben 0,456 g COj und 0,1134 g HgO. IL 0,1864 g derselben Substanz gaben 0,4915 g CO2 und 0,12 g H2O. III. 0,1688 g Substanz, bei 1100 C. getrocknet, ergaben 0,433 g CO2 und 0,1033 g E.ß. IV. 0,1830g Substanz, bei 105° C. getrocknet, ergaben 0,3538 g 00^ und 0,0818 g HgO V. 0,1740 g Substanz, bei 115« C. getrocknet, ergaben 0,4620 g CO2 und 0,1085 g HoO. VI. 0,1956 g Substanz, bei 110^ C. getrocknet, ergaben 0,5213 g CO2 und 0,1216 g HgO. VII. 0,1130 g Subslanz, bei 1200 C. getrocknet, ergaben 0.2989 g CO.3 und 0,0712 g HgO. Gefunden : I. II. III. IV. C = 72,1 o/^j 71,9 0/^ 72,09 0/^^ 72,5 oj^ H = 7,4 „ 7,6 „ 7,0 „ 6,8 „ Berechnet für CigHogO^ C. 72,0 H. 6,66 Aus diesen Prozentzahlen wurde für das Resinotannol die Formel C18H20O4 berechnet. Auch mit dem Resinotannol sind Molekulargewichtsbestimmungen nach der Raoult'schen Methode ausgeführt worden; da sich jedoch 1) Böttinger, Annal. d. Chemie 202, 278. V. VI. VII. 72.4 0/, 72,6 0/, 72,1 % 6,9 „ 6,9 „ 7,0 „ F. Lüdy, Studien über die Banzoe. 73 flas Resinotaiinol mit tief braunroter Farbe in dem geschmolzenen Phenol löste, konnte der Erstarrungspunkt nicht genau beobachtet werden. Resinotannol-Kaliumverbindung. Um die Kaliumverbin- dung aus Resinotannol rein darzustellen, löste ich dasselbe in mög- lichst wenig konzentriertem Alkohol und fällte die filtrierte Lösung mit frisch bereiteter alkoholischer Kalilauge. Der braune, amorphe Niedei'schlag wurde nach einiger Zeit abfiltrievt und so lange mit konzentriertem Alkohol gewaschen, bis derselbe nicht mehr braun abflofs. Der braune Niederschlag ^v^^rde dann bei sehr gelinder Wärme getrocknet, wobei er sich schwarzbraun färbte. In Alkohol und Äther ist diese Kaliumverbindung unlösHch; frisch bereitet ist sie in Wasser sehr leicht löslich, zersetzt sich aber schon beim Trocknen und nach längerem Aufbewahren in freies Eesinotannol. Aus der wässerigen Lösung wird durch verdünnte Säuren das Resinotannol leicht wieder abgeschieden. Erhitzt bläht es sich auf iind verkohlt. Um das Kalium zu bestimmen, wurde die Substanz in der Platin- sc'' ale verbrannt, mit verdünnter Schwefelsäure in Kaliiunsulfat um- gewandelt und als solches gewogen. I. 0,5284 g Substanz, bei 130*^ C. bis zum konstanten GeA%'icht ge' trocknet, ergaben 0,1274 g £3 SO4 II. 0,8226 g Substanz, bei 120 bis 130 C. getrocknet, ergaben 0,2026 g K2 SO4. III. 1,0366 g Substanz, bei 120 bis 1300 C. getrocknet, ergaben 0,2536g Ko SO4. Gefanden Berechnet für CisH^^gO^K. I II III K= 10,8% 11,040/0 10,90/^ 11,530/0 Dafs das gefundene Kalium nicht besser mit der theoretisch berechneten Menge übereinstimmt, kommt daher, dafs diese Kalium- verbindimg sich nach und nach zersetzt und Resinotannol abspaltet. Lnmerhin stiramen die Analysen doch so, dafs danach unzweiielhaft eine Monokalium-Verbindung nachgewiesen ist. Um das Wasser zu bestimmen, erhitzte ich das ßesinotannolkalium im Trockenschrank auf 1100 C. bis zum konstanten Gewichte. I. 0,7644 g Substanz verloren 0,0408 g Wasser. IL 0,7790 „ „ „ 0,0399 „ oder in Prozenten I 11 Berechnet für Cjg H^g O4 K + H,0. 5,30/oHoO 5,l0/^,H2O 5,05 o/q HgO. 74 F. Lüdy, Studien über die Benzoe. Dem Resinotannolkalium kommt somit die Pormel C^g Hig O4K + H2O zu. Bromierungsversuch des Resinotannols. Resinotannol wurde in Essigsäure, der einige Tropfen Wasser zugefügt waren, gelöst, dann tropfenweise Brom zugegeben, wodurch sich das Gemisch stark erwärmte und Ströme von Bromwasserstoff entwickelte. Nach- dem man so lange erwärmt, bis die Bromwasserstoffentwicklung aufgehört hatte, wird auf dem Wasserbade zur Trockne eingedampft, der Rückstand mit heilsem Alkohol aufgenommen und in Wasser gegossen. Nach dem Abfiltrieren und Auswaschen erhält man einen rotbraunen, amorphen Rückstand, der in Alkohol leicht löslich, in Chloroform, Essigsäure und Äther nur teilweise löslich ist. Krystalli- siert konnte er nicht erhalten werden. Mit Kalk geglüht, liefs sich mit Silbernitrat ein starker Grehalt von Brom nachweisen. Resinotannol-Aethyläther. Zur Darstellung dieses Aethers wurde Resinotannol in Alkohol gelöst und mit Jodäthyl und etwas Kali drei Tage lang am Rückflufskühler gekocht. Aus dem Reaktions- gemenge krystallisierte beim Erkalten Jodkalium aus. Zur Trockne verdampft, versuchte ich den Rückstand in Alkohol zu lösen; er war jedoch nur noch teilweise löslich, leicht dagegen in einem Gremisch von Alkohol und Chloroform. In Wasser gegossen, schieden sich braune Flocken aus, die abfiltriert, gewaschen und noch einige Male in ähnlicher Weise aus einer Alkohol-Chioroformlösung gefällt wurden. Getrocknet stellt der Resinotannoläther ein leichtes, hellbraunes Pulver dar, das sich in Alkohol, Aether, Ammoniak und Kalilauge nur in geringer Menge löst, leicht dagegen in Chloroform und Essig- säure löslich ist. Krystallisiert konnte es nicht erhalten werden Erhitzt, verhält es sich ähnlich wie das Resinotannol. Im Sauerstoffstrom verbrannt, ergab die Elementaranalyse, der boi 100° getrockneten Substanz folgende Zahlen: 0.0397 g Substanz gaben 0,2413 g COg und 0,ÜG03 g IlgO Gefunden : Berechnet für Cjg H19 O4 . C2 H5. C. 73, 3 0/0 73,17 % H. 7.46 0/0 7,31 0/0 Sowohl obige Analyse, als auch diejenige des ResinotannolkaHum, beweist das Vorhandensein einer H3'droxylgruppe. Dafs das Resino- F. Lüdy, Studien über dio Benzoe. 75 taniiol uuzweiielhaft ein Alkohol ist, soll später durch die Verseifung seines Zimtsäureesters nachgewiesen werden. Verhalten von Resinotannol gegen konz. Salpetersäure. Circa 10 g Rosinotaunol wurden mit konz. Salpetersäure in einem Kolben übergössen und schwach erwärmt; unter Entwicldung von Stickstoff Oxyden löste es sich bald zu einer hellgelb gefärbten Flüssigkeit, die in Wasser gegossen in hellgelben Flocken ausfielen, sich aber beim Erwärmen vollständig lösten. Die filtrierte intensiv gelb gefärbte Flüssigkeit wurde auf dem Wasserbad zur Trockne eingedampft, von Neuem der Rückstand mit Wasser versetzt imd eingedampft, bis alle Salpetersäure sich verflüchtigt hatte. Der Rückstand löst sich in heifsem Wasser mit intensiv gelber Farbe. Die Lösung färbt Wolle gelb, reagiert sauer und schmeckt stark bitter. Wird die heifse Lösung mit einer heifsen Lösung von Cyankalium versetzt, so färbt sie sich zunächst dunkelrot und scheidet beim Erkalten braunrote Schuppen aus. Wird die konzentrierte gelbe Lösung mit Kali neutralisiert, so fallen glänzende Blättchen aus, die mit Alkohol gewaschen wurden und sich als pikrinsaures Kalium erwiesen. Aus sämtlichen angeführten Reaktionen geht mit Sicherheit heiwor, dafs Resinotannol durch konz. Salpetersäure glatt in Pikrinsäure übergetührt wird. Oxydationsversuch des Resinotannols. Da die Phlobaphene Oxydationsprodukte der Gerbstoffe sind, das Resinotannol aber Gerbstoffcharakter zeigt, so war vorauszusehen, dafs bei der Oxydation desselben ein Phlobaphen resultieren würde. Zuerst ver- suchte ich, Resinotannol in alkalischer Lösung mit Kaliumpermanganat zu oxydieren. Ich löste es in verdünntem Kali und setzte von Zeit zu Zeit Kaliumpermanganatlösung zu, bis keine Entfärbung mehr eintrat. Die Flüssigkeit erwärmte sich, sie wurde filtriert, und der Rückstand ausgewaschen und getrocknet. Doch konnte weder durch Alkohol noch durch Chloroform demselben irgend etwas entzogen werden. Ich versuchte nun die Oxydation in saurer Lösung mit verd. Salpetersäure vorzunehmen. Resinotannol wurde zu diesem Zwecke in Essigsäure gelöst ; der filtrierten Flüssigkeit setzte ich einige 76 F. LüdJ^ Studien über die Benzoe. Tropfen verdünnte Salpetersäure zu. Die vorher klare Lösung trübte sich sofort und schied einen rötlich gelben Niederschlag ab. Nachdem noch circa 1 Stunde auf dem Wasserbad erwärmt worden war, gofs ich die Flüssigkeit in kaltes Wasser und filtrierte den sich ausscheidenden Niederschlag ab. Der noch feuchte Niederschlag wurde nun mit Wasser ausgekocht; beim Erkalten setzte sich der Niederschlag gut ab, wurde filtriert und so lange mit Wasser aus- gewaschen, bis das Waschwasser die Diphenylaminreaktion nicht mehr gab. Getrocknet stellte dieses Produkt ein braunschwarzes Pulver dar, welches erhitzt verpuffte und mit Natrium geglüht, starke Stick- stoffreaktion gab. Da dieses Pulver niu' noch zum Teü in Alkohol löslich war, so versuchte ich die Bestandteile desselben von ein- ander zu trennen. Durch tagelanges Kochen am Rückliufskühler mit Alkohol gelang es mir, diesen Körper in einen stark Stickstoff haltigen und einen nur Spuren von Stickstoff haltenden zu zerlegen, von denen der erstere in Alkohol löslich war, der letztere nicht. Es hatte also die stark verdünnte Salpetersäure genügt, um neben einer Oxydation noch eine Niti'ierung zu bewirken. Trotz tagelangem Kochen mit Alkohol wollte es mir jedoch nicht gelingen, den Spuren von Stickstoff haltenden Körper völlig von der andern Verbindung zu befreien. Dieser Spuren von Stickstoff haltende Körper, der als Oxyda- tionsprodukt des Resinotannols anzusehen ist, hat eine dunkelrote Farbe und verhält sich gegen Lösungsmittel anders, als das Resino- tannol; er ist nur noch spurenweise löslich in Alkohol, Äther, Chlo- roform und Eisessig, leicht dagegen löslich in fixen Alkalien und Ammoniak, in welchen er sich mit dunkelrotbrauner Farbe löst imd durch Säuren sich in rötlichen Flocken wieder abscheidet. Da das Oxydationsprodukt in Alkohol und Chloroform nicht löslich ist, so war leicht begreiflich, wefshalb ich dem mit Kaliumpermanganat be- handelten Resinotannol mit diesen Lösungsmitteln nichts entziehen konnte; es wäre daher bei einer Wiederholung des Versuches mit Permanganat das Reaktionsprodukt mit Alkalien auszuziehen. Dem äufsern Aussehen, sowie den Löslichkeitsverhältnissen nach zu schlie- fsen, verhält sich dieses Oxydationsprodukt vollständig wie ein Phlo- F. Lüd3% Studien über die Benzoe. 77 baphen. ^) Sobald es mir gelungen sein wird, dasselbe vollständig Stickstoff frei zu erhalten, werde ich es behufs weiterer Vergleichung mit den Pblobapheneu der Elementaranalyse unterwerfen, Roduktionsversuch des Resinotannols. Diese Versuche •wurden zuerst in alkalischer Lösung ausgeführt; ich löste Resino- tannol in Alkohol und setzte metallisches Na. ia kleinen Stücken zu, wobei sich sofort ein dicker Niederschlag- von Resiaotannolnatrium ausschied. Ich versuchte daher in saurer Lösung eine Reduktion vorzunehmen. Resinotannol wurde ia Essigsäure gelöst, auf dem Wasserbade erwärmt und von Zeit zu Zeit etwas Zinkstaub zugege- ben; 8 Tage lang wurde diese Behandlung fortgesetzt. Die anfangs tief rotbraune Lösun«? färbte sich allmälilie; heller. Auf Zusatz von 1) Über „die Bildung von Pblobaplienen" äufsert sich Tschirch in der Schweiz. Woclienschrift für Pliarmacie (No. 7, 1891) wie folgt: „Die Gerbstoöe kommen mit wenigen, noch üäher zu unter- suchenden Ausnahmen in der lebenden Pflanze stets im Zellsafte gelöst vor. Beim Absterben der Pflanze, z. B. beim Trocknen der Drogen , imbibirt sich stets die Zellmembran mit der Gerbstoff- lösuno-, indem der Plasmaschlauch für die Lösung permeabel wird. Die im Zellsafte gelösten Gerbstoffe oxydieren sich direkt, oder, wenn sie Glykosidcharakter tragen, nach erfolgter Spal- tung, an der Luft bald rasch, bald langsam, bald gar nicht zu rotbraunen Phlobaphenen. Wo die Bildung von Phlobaphenen stattfindet, vmd das geschieht in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle, imbibirt also das Phlobaphen die Zellmembranen des ab- gestorbenen Pflanzenteils, und dieselben erscheinen rotbraun ge- färbt. Diesem Verhaften verdanken z. B. die Chinarinden, die Zimtrinden, die Sassafraswurzel, altes Filixrhizom und viele andere ihre braune Farbe Der Farbstoff des abgestorbenen Pflanzen- teils hat hier seinen Sitz stets in der Membran. Zu den Phlobaphenen gehören Chinarot, das Oxydationspro- dukt der Chinagerbsäure, das Tormentillrot (im Rbizom von Po- tentilla Tormentilla), das Filixrot (in alter Ehizoma Filicis), das Ratanhiarot (in Rad. Ratanhiae), das Eichenrot (in Cort. Quere), das Illiciumrot (in den Fruchtschalen von Illicium anisatum), das Nelkenrot (in den Caryophylli), das Zimtrot (in Cort. cinnamomi), das lünorot, Catechurot u. a. Die Phlobaphene sind also nicht auf die Rinden beschränkt. Die Gerbstoffe der Eichen und Rhusgallen , wie überhaupt alle oder doch die Mehrzahl der sog. „pathologischen" Gerbstoffe oxydieren sich an der Luft gar nicht oder nur sehr langsam , es tritt also eine Phlobaphenbildung nicht ein, der Gerbstoff des Rhizomes von Aspidium Filix Mas geht langsam in das Filixrot, der Gerbstnii' der Chinarinden dagegen sehr rasch in Chinarot über. Ich habe bei Cinchoua succirubra in Java mit der Uhr in der Hand den Übergang verfolgt. Schon nach 15 Sekunden be- ginnt die unmittelbar nach dem Loslösen farblose Rinde sich zu röten." 78 F. Lüdy, Studien über die Benzoe. Wasser fielen fast weifse Flocken aus, die möglichst rasch abfiltriert und all sge waschen wurden. Da der Niederschlag sich aber nicht vollständig aschefrei erwies, so löste ich ilm in Alkohol auf tmd lallte ihn mit salzsäurehaltigem Wasser. Der Niederschlag fiel aber schon etwas gelblich gefärbt aus; er wurde rasch abfiltriert, ge- waschen und ein Teil bei gelinder Wärme, der andere über Schwe- felsäure getrocknet. Leider färbten sich aber beim Trocloien beide wieder braungolb. Es war offenbar hierbei eine Reduktion einge- treten, was aus der Entfärbung der Resinotannollösung hervorgeht. Das Reduktionsprodukt wurde jedoch, trotz aller Vorsicht, durch den Luftsauerstoff wieder zu Resinotannol oxydiert. Einwirkung von schmelzendem Kali auf Resinotannol. Circa 30 g Resinotannol wurden in einer Nickelschale mit der vier- fachen Menge Kalihydi-at verschmolzen ; es blähte sich anfangs in dem schmelzenden Kali sehr stark auf, die Schmelze fing bald an sich gelb zu färben. Ich erhitzte so lange weiter, bis Alles gleich- mäfsig verteilt war und liefs circa 15 Itlinuten im ruhigen Flusse. Nach dem Erkalten wurde die Schmelze in Wasser gelöst und mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert; es schied sich eine schwarze schmierige Masse ab, von welcher abfiltriert wurde. Die klare, hell- gelb gefärbte Flüssigkeit hatte einen penetranten, fäkalartigen (Ska- tol, Indol) Geruch. Die Hälfte der Lösung wurde behufs Gewinnung etwa vorhandener Fettsäuren auf dem Sandbade destilliert. Ein schwach sauer reagierendes, stinkendes Destillat ging über, welches mit Soda neutralisiert und eingedampft wurde. Die zurückleibende Lauge wurde mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert und mit Äther ausgeschüttelt. Der Äther hinterliefs nach dem Verdunsten wenig ölige Fettsäure, die dem Geruch nach zu schliefsen Buttersäure war, leider sich aber als zu wenig erwies, um die Säure näher zu identifizieren. Die andere Hälfte der Lösung, sowie das bei der Destillation in der Retorte Zurückbleibende \vurden vereinigt, verschiedene Male mit Äther ausgeschüttelt, der Äther abdestilliert, der Rückstand in Wasser aufgenommen und versucht, Krystalle daraus zu erhalten. Da nach einigen Wochen sich aus der stark eingeengten Lauge keine Krystalle ausschieden, versetzte ich die vorher etwas mit Wasser F. Lüdy, Studien über die Benzoe. 79 verdünnte Flüssigkeit mit einer Lösung von essigsaurem Blei und filtrierte. Das Filtrat wurde mit Scliwefelwasserstoff entbleit und mit Atlier ausgeschüttelt. Der Äther hinterliefs nach dem Verdunsten einen gelben, öligen Rückstand, der sich als Phenol erwies, was leicht am charakteristischen Geruch, an der Bildung von Tribromphenol durch Bronnvasser und an der Farbenreaktion mit Eisenchlorid und Kaliumbichromat nachgewiesen werden konnte. Phloroglucin und Resorcin dagegen konnten nicht nachgewiesen werden. Der oben durch Fällen mit essigsaurem Blei erhaltene Nieder- schlag wurde gut ausgewaschen, noch feucht in Wasser suspendiert und . durch Einleiten von Schwefelwasserstoff zersetzt. Die klare, vom schwarzen Schwefelblei abfliefsende Flüssigkeit hinterliefs nach vorsichtigem Eindampfen auf dem Wasserbad eine braune amorphe Masse, die behufs weiterer Reinigung in Wasser gelöst und tropfen- weise so lange mit Bleiacetat versetzt wurde, bis die in die Flüssig- keit hineinfallenden Tropfen nicht mehr einen braunen, sondern einen weiTsen Niederschlag hei'vorriefen. Die so durch fraktionierte Fäl- lung gereinigte Flüssigkeit wurde mit Schwefelwasserstoff entbleit, filtriert und eingedampft. Der zurückbleibende, bedeutend heller gefärbte Rückstand krystallisierte aus der wässerigen Lösung in Nadeln aus. die durch Behandeln mit Tierkohle weiter gereinigt woirden. Die so durch wiederholtes Umkrystallisieren erhaltenen weilsen Nadeln, zeigten einen Schmelzpunkt von 198^ C (unkorr.). Die Lösung derselben in Wasser wnrde durch Eisenchlorid blaugrün getärbt; auf Zusatz von wenig Sodalösung ging die Färbung in Blau auf weiteren Zusatz in Rot über. Die Elementaranalyse des bei 105 ^C getrockneten Körpers ergab: 0,1192 g Substanz gaben 0,2396 g COg u. 0,0-172 gHgO. Gefunden : Berechnet für C7 Hg O4 54,8 0/0 C 54.5% C 4,30/0 H 3,90/0 H Vorliegende Substanz war also Protocatechusäure. Zimtsäureresinotannol- und Zimtsäurebenzoresinol- ester. Ich hatte die Beobachtung gemacht, dafs, wenn ich das Roh- harz der Benzoe mit gespannten Wasserdämpfen behandelte, das anfangs in der Wärme seidenglänzende, weiche Harz nach und nach 80 F. Lüdy, Studien über die Boiizoe spröder uiirde, und die weifse Farbe mehr und mehr in braun über- ging. Jeden Morgen waren aus dem erkalteten Wasser, in welchem tags vorher das Benzoeharz gekocht worden war, weifse Nadeln aus- kryötallisiert, die sich als Zimtsäure erwiesen. Aus diesem Verhalten schlofs ich, dafs in dem Harze irgend ein Ester vorhanden sein müfste, der durch die Wasserdämpfe verseift, Zimtsäure lieferte. Um diesen eventuell vorhandenen Ester aus der Benzoe zu isolieren, ver- fuhr ich wie folgt: Da der Ester möglicherweise sehr leicht verseifbar war, mufste ich vor Allem auf Anwendung ätzender Alkalien bei der Darstellung verzichten. Benzoe wurde in Äther gelöst und filtriert; die Lösung reagierte stark sauer von den darin vorhandenen freien Säuren. Die ätherische Benzoelösung wurde nun mit Petroläther versetzt; in diesem ist Styracin und Benzoesäure löslich; au.f den Boden setzte sich ein gelbliches Harz ab. Die Flüssigkeit wurde einige Zeit stehen ge- lassen und das abgeschiedene Harz noch einmal in Äther gelöst imd mit Petroläther gefallt. Um die letzten Spuren freier Säure diesem harzartigen Körper zu entziehen, löste ich denselben in Äther und schüttelte ihn in der Kälte 5 Minuten lang mit 1 Proz. Sodalösimg. Die so resultierende ätherische Lösung reagierte vollständig neutral und wurde bei sehr gelinder Wärme vom Äther befreit. Es hinterblieb ein hellgelb gefärbtes colophoniumartiges Harz, das vollständig geschmack- und geruchlos war, und wie nachstehende Untersuchung lehrt, aus einem Gemisch von Zimtsäureresino- tannolester und Zimts äurebenzoresinolester bestand. In kaltem Wasser ist es unlöslich, in heil'sem erweicht es da- gegen zu einer seidenartigen, weilsen, weichen, lange Faden ziehenden Masse. Getrocknet ist es bei gewöhnlicher Temperatur äufserst spröde und läfst sich leicht zu einem weifsen Pulver verreiben. In Alkohol und Äther löst es sich sehr leicht zu einer farblosen Flüssigkeit, ferner ist es löslich in Eisessig. Li heifsem Benzol und Chlorofoi'm ist es ebenfalls löslich, scheidet sich jedoch beim Er- kalten teilweise wieder aus. Unlöslich ist es in Petroläther, auf welcher Eigenschaft auch die Darstellung beruht. Kalilauge löst es mit gelber Farbe auf. Aus keinem seiner Lösungsmittel konnte es krystallisiert erhalten werden. Es schmilzt unter starkem Schäumen bei 76 ° C. (unkorr.). Frisch bereitet iind gepulvert ist es fast weils, (Fortsetzung in Heft 2.) Einwickelpapiere, eleg. Farben, 5 Ko. frei Jl 5. Oberwesel a. Rh. Fr. Reusch RfaLein- u. Miosel-weine, eigenes Wachstum. hemcM Keuchliusten? Ein erprobtes Mittel für ganz geaetzmässigen Handverkanf liefert Dr. Schmidt- Achert, Apotheker in Edenkoben* UL Extr. Filicis Pli. a. II. Frisch bereitet. Dr. Wappen &. Lüders, Blankenburg a. Harz. [3] Ich biete an in gut erhaltenen Exemplaren: Vicrteljahrsschrift f. prakt. Pliar- macie. Herau,sgegeb. v. Wittsteiii. 22 Jahrg. (alles was erschienen. 1852—73, glKl. (statt JC 194) Jl 40. Archiv für Parmacie. Bd. 135—221. (Bd. 135—209 gbd., ßest brosch) 1856—83 JilO. Zeitschrift des allgem. Oesterreich. Apotheker - Vereins. Red. von Kling'er, Jahrgang 9 — 17, Wien 1871—79, gbd .y^^20. Industrie-Blätter, Woclienschr. f. Fortschritt n. AiifkUlrung auf d. Gebieten der Gewerbe, Haus- wirthschaft etc. Jahrg. 1—20 gbd, 1868—83, gbd JC m. Josepli.ToIowicz, Buchhaudlu ig Posen. 161 von Poncet Glashütten-Werke BERLIN SO., Köpnickerstr. 54, Fabrik und Lager sämmtlicher Gefässe u. Utensilien für ehem., pharmac. Gebrauch. Atelier für Emailie-Sehriftmalerei auf Glas- und Porzellang-efässe. [4] Specialität: Einrichtung von Apotheken, ehem. Laboratorien etc. Preisverzeichnisse gratis und franco. Einband-Decken zum Archiv der Pharmacie für 189;^ ganz m der bistiengen Ausführung, Kaliko-Decken mit vor- gedruckr«^m Tite and Rückentitel in Goldschrift, können gegen Eiusendur^g von 70 Pf. in Briefmarken franko bezogen werden von dem Central-Bureau des Deutschen Apotheker-Vereins, BERLIN SW. 12, Zimmerstr. 3/4. Warmbrunii, Qnilitz & Co., ^^v)HN,Quu,, 40Rosenthaler-Strasse40 .^j,^^NN,ou/i, *^^^ ^ BerUn, €. ""^ " ^^ -^ ^- efRLirc. Fabrik und Lager von Apparaten, Gefässen und Geräthen liefern Torschriftsmässigre 31 orphium-Standgefässe nach von uns gelieferten und vom höh. Ministerio genehmigten Modellen, sec]isec]£igres Arzneiglas, wie aUe Neuheiten. [5] m Die Apotheker-Zeitung mit Beiblatt Repertorium der Pharmaeie (Organ des Deutschen Apotheker-Vereins) erscheint wöchentlich zweimal in der Stärke von 16 — 24 Seiten. Die Apotheker - Zeitung bietet ihren Lesern, vmterstützt von einer grossen Anzahl hervorragender Fachgenossen, nicht nur stets die neuesten und zuverlässigsten Nachrichten, sowie orientirende Aufsätze aus dem Gebiete der Standes- interessen, sondern auch neben reichhaltigslen wissenschaft- lichen Mittheilungen WW gediegenen Originalarbeiten "Wi aus den ersten Kreisen der pharmaceutisclien Wissenschaft. Abonnementspreis für das Halbjahr Mk. 1,— bei allen Postanstalten (Zeitungspreisliste No. 600). Den Mitgliedern des Deutschen Apotheker- Vereins wird der Abonnementsbetrag bei der Zahlung des Jahres- beitrags in Anrechnung gebracht, sonach erhalten die Vereins- mitglieder die Vereinszeitung kostenlos. Postabonnenients auf das erste Halbjahr 1893 werden noch angenommen und die bereits erschienenen Nummern auf Wunsch nachgeliefert. Probenummern stehen kostenfrei zu Diensten. Centralbureau des Deutschen Apotheker-Vereins Berlin SW. 12, Zimmerstr. 3/4. Gcsta- Schenck, Königlicher Honrachhändler, Berlin SW.l». ARCHIV ' • DEK PHARMACIE. Zeitschrift des Deutsehen Apotheker -Vereins, unter ßeclaction von E. Schmidt und H. Beckurts, herausgegeben von dem Geschäftsführer des Deutschen Apotheker-Vereins J. GREISS in Berlin. Band 231, Heft 2. BERLIN. Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins 1893. Beiträge für das Archiv sind an die Herren Professor Dr. JE. Schmidt in Marbttrg (Hessen) oder Professor Zh". H. Jieckurta in Jtraunsehtveig sit senden. Ausgegeben den 13. März 1893. INHALT. Seite Fritz Lüdy, Untersuchungen über die Sumatrabenzoe und deren Entstehung (Forsetzung aus Heft 1) Arbeiten aus dem phavniaceutischen Institute der Universität Bern. Ernst Schmidt, Notiz über die Bestandtieile des Sumatrabenzoe W. Autenrieth, Zur Kenntnis des gelben Blutlaugensalzes und über den Nachweis von Blausäure neben Ferrocyaniden . . E. Merck, Mitteilungen aus dem wissenschaftlichen Laboratorium der chemischen Fabrik zu Darmstadt Ilit Ernst Schmidt, über Papaveraceen-Alkaloide 136 (G. Koenig luid W. Tietz, Über die Alkaloide der Sanguinaria- wurzeli 82 95 99 Emgegangene Beiträge. W. Goehlich, Über das Codein. J. Klein, Über das Santonin. J. Trapp, Über das ätherische <)1 der Samen von Cicuta virosa. (Geschlossen den 3. März 1893.) Anzeigen. 18] MEYERS über 950 Bildertafeln und Kartenbeilagen. = Soeben erscheint = [ in 5.J neubearbeiteter und uermehrter Auflage: 272 Hefte äu ie ftll T'f. 17 Bände KONVERSATIONS- // B'hide inlialhfrati- gehundtii zu je 8 Mk. \zujelUMl: Probehefte und Prospekte gratis durch jede Buchhandlung. Verlag des Bibliographischen Instituts, LeipzigA LEXIKON 10,000 Abbildungen, Karten und Pläne. Einwickelpapiere, eleg. Farben, b Xo. frei J( 5. Oberwesel a. Rh. Fr. Reusch Rbein- u. IMLoselAveiiie, 1.^1 eigenes Wachstum. Extr. Filicis Pli. Gl. H. Frisch bereitet. Dr. Weppen & Lüders, Blankenburg a. Harz. |3j F. Lüdy, Studien über die Benzoe. 81 wird aber am Licht nacli und nach bräunlich get'ärbt. Beim Zer- reiben ist es elektrisch. Eine alkoholische Auflösung färbt sich mit. Eisenchlorid grün, mit Bleiacetat giebt sie einen weifslichen, dicken Niederschlag. War vorliegender Körper ein Ester, so mülsten bei dei' Ver- seifung desselben ein Alkohol und eine Säure als Spaltungsprodukte resultieren. Einige Gramme dieses Körpers wurden mit Kalilauge daher einige Stunden auf dem Wasserbad am Rückfiufskühler erwärmt und die gelb gewordene Flüssigkeit alsdann mit verdünnter Salz- säure schwach angesäuert; es schieden sich beim Erkalten gelb- gefärbte Kr3^stallnadeln ab, die sich in kochendem Wasser auflösten und so von dem ebenfalls ausgeschiedenen braunen Harz, das in heifsem Wasser unlöslich ist, leicht durch Filtrieren getrennt werden konnten. Durch wederholtes Umkrystallisieren aus heifsem Wasser und unter Zuhülfenahme von Thierkohle gelang es, diese Krystalle ganz weifs zu erhalten. Sie zeigten einen Schmelzpunkt von ISS^ C. und gaben, mit Kaliumpermanganat erwärmt, intensiven Bittermandel- ölgeruch. Die Elementaranalyse ei-gab : 0,1862 g Substanz gaben 0,4936 g COg u. 0,0968 g HgO. Getuudeu: Berechnet für C9Hg02 73,02 0/^ c 72,9 o/q C Die durch Spaltung des Esters erhaltene Säure erwies sich so- mit als Zimtsäure. Um den braunen, harzartigen Körper, der sich nach dem An- säuern mit Salzsäure aus der alkalischen Lauge ausgeschieden hatte, zu untersuchen, wurde er in verdünnter Kalilauge gelöst und unter Kochen mit konz. Kalilauge versetzt; nach dem Erkalten schieden sich aus der Lauge Krystallnadeln ab, die mit kaltem Wasser ge- waschen wurden. Zur Reinigung wurden dieselben in heifsem Wasser gelöst und heifs von Neuem mit konz. Kali ausgefällt, was 80 oft wiederholt wurde, bis die sich ausscheidenden Nadeln völlig weifs waren. Diese Krystalle erwiesen sich als ßenzoresinolkalium. In Wasser gelöst und mit Salzsäure angesäuert, fällt das reine ßenzoresinol aus, das ausgewaschen und getrocknet sämtliche Arch. d. Pkann. CCXXXI. Bdt., 2. Heft. 6 82 F. Lüdy, Studien über die Benzoe. früher augegebeneu Reaktionen des Benzoresinols giebt. Der Schmele- punkt wurde bei 273^0. gefunden. Die Elementaranalyse des bei 110'^ getrockneten Körpers ergab : 0.1009 g Substanz gaben 0,283 g CO« u. 0,0962 g H2O Gefunden : Berechnet für Cje Hag 0^ 76,49 o,(j C 76,8 % C 10,59 % H 10,6 0/0 H Die vom Benzoresinolkalimn abfiltrierte, alkalische, bz'aune Lauge wurde mit Salzsäure angesäuert, worauf sich ein braunes Harz aus- schied, das abfiltriert und so lange gewaschen wurde, bis das ab- iliefsende Wasser nicht mehi- sauer reagierte. Das bei gelinder Wärme getrocknete Pulver löste sich in konzentriertem Alkohol; mit alkoholischem Kah versetzt, fiel ein kömiger, amorpher Niederschlag aus, der nach 24 stündigem Stehenlassen an der Kälte abfiltriert und mit Alkohol nachgewaschen wurde. Aus dei- abfliefsenden Lauge konnte, durch Versetzen mit salzsäurehaltigem Wasser imd Lösen des ausgeschiedenen Harzes in Alliohol, dui^ch Fällen mit alkoholischem Kali eine neue Menge von dem sich als Resinotannolkalium erwei- senden Körper erhalten werden. Durch Lösen dieser Kaliverbindung in Wasser und Fällen mit Salzsäure fiel das Resinotannol als amorpher, brauner Niederschlag aus, der abfiltriert, gewaschen und getrocknet ^\'urde, und in seineu Eigenschaften vollständig mit dem früher beschriebenen Resinotannol übereinstimmte. Die Elementaranalyse des bei 120 •^ C getrockneten Körpers ergab: 0,1327 g Substanz gaben 0,3502 g COaimd 0,087 g HoO. Gefunden : Berechnet für Cjg HgQ O4 71,9 0/, C. 72, o/j, C. 7,2 0/^ H. 6,66 0/0 H. Aus obigen Thatsachen geht also klar hervor, dafs jener in der Benzoe vorhandene Ester aus einem Cxemisch von Zimtsäure - resinotannolester vmd Zimtsäurebenzoresinolester besteht; der erstere ist in weitaus vorherrschender Menge darin vorhanden. Früher schon habe ich durch die Darstellung von Aethern be- wiesen, dafs die beiden Körper Resinotannol und Benzoresinol eine Hydroxylgruppe enthalten; dadurch, dafs es mir gelungen ist. durch Spaltung des in der Benzoe vorgebildeten Esters zu Zimtsäure einer- seits, und Resinotannol imd Benzoresinol andererseits, zu gelangen, geht mit Sicherheit hervor, dafs sowohl Resinotamiol, als auch Benzo- F. Lüdy, Studien über die Benzoü. 83 resinol zwei Alkohole sein müssen, die mit Zimtsäure gepaart, jenen in grolser Menge in der Benzoe vorhandenen Ester bilden. Durch eine quantitative Verseifung und Bestimmung des, in der Benzoe in ziemlich bedeutender Menge vorkommenden Resinotannol- undBenzoresinolzimtsäureesters erhielt ich vollständigübereinstimmende Zahlen; doch behalte ich mir vor, nähere Untersuchungen darüber anzustellen, deren Resultate ich mir erlauben werde in einer dem- nächst erscheinenden Publikation zu veröffentlichen. Aus Obigem geht hervor, dafs die drei Harze der früheren Autoren, «, ß und ;- genannt, nichts anderes waren, als Gemische von mehr oder weniger stark verseiften Zimtsäureresinotannol- und Zimt- säurebenzoresinolester, und zwar ist das weifse « Harz, als in Äther leicht lösHch, der weniger stark verseifte Ester, während das ;' Harz, durch Behandeln mit Soda erhalten, am meisten gespalten ist. Es i.st daher auch leicht erklärlich, dafs man durch anhaltendes Kochen mit Sodalösung die drei Harze «. ß und ;/ vollständig in y Harz über- fühi-en konnte, ebenso verständlich ist es auch, warum die drei Harze mit Kalilauge und Kaliumpermanganat erhitzt, alle Bittermandelöl- reaktion gaben. Um einen weiteren Beleg für vorstehende Anschauung beizu- bi-ingen, habe ich versucht, die Zimtsäiireester des Resinotannols iind Benzoresinols künstlich darzustellen. Um vorerst den Zimtsäurebenzoresinolester zu erhalten, löste ich Benzoresinol in reinem Äther, setzte Zimtsäure, ebenfalls in Äther gelöst, zu. leitete trockenes Salzsäiu'egas bis zur vollständigen^ Sättigung ein, verjagte dann durch gelindes Erwärmen den gröfsteu Teil des Salzsäuregases und schüttelte die etwas gelb gefärbte äthe-i rische Lösung mit ganz verdünnter Sodalösung, um den Zimtsäure- überschufs und die Salzsäure wegzuschaffen. Die ätherische Flüssig- keit wurde nun wiederholt, aber möglichst rasch, so lange mit ganz verdünnter Sodalauge geschüttelt, bis sie völKg neutral reagieret, ^lann ^\^ederholt mit Wasser durchgeschüttelt und die sorgfältig Javon befreite ätherische Flüssigkeit bei gelinder Wanne verdunstet. Es blieb eine weifse. schwach gelblich gefärbte, amorphe Masse zurück, die sehr angenehm fruchtartig roch, was sehr wahrscheinlich von Spuren von Zimtsäureäthylester herrührt, bedingt durch den ge- ringen Alkoholgehalt des angewandten Äthers. 6* 84 F. Lüdy, Studien über die Benzoe. Bei 100*^ getrocknet ist der gebildete Ester vollständig geruch- los, löst sich leicht in Alkohol, Äther, Chloroform, Essigsäure und Benzol, ist dagegen unlöslich in Petroläther und Wasser. Erhitzt, schmilzt er bei 20(5'^ C, nachdem er schon bei 192" C anfängt zu erweichen. Die Elementaranalj'se des bei lOQO getrockneten Esters ergab: 0,1186 g Substanz gaben 0,3402 gCOj u. 0,094 gHoO. Gefunden : Bereclmet für Cg H^ Oo . Cjg H25 Og 78,2 0/0 C 78,8% C " 8.8O/0 H 8,40/, H Als Verseifungsprodukte dieses Esters erhielt ich Zimtsünre und Benzoresinol. Um auch den Zimtsänxeresinotannolester darzustellen, versuchte ich, da Resitannol in Äther nicht löslich ist. dasselbe einfach darin zu suspendieren und trockenes Salzsäuregas einzuleiten. Ich erhielt eine braunschwarz gefärbte, schmierige Masse, die ebenfalls aroma- tisch roch, aus der es mir aber nicht gelang einen reinen Ester za solieren. Von verschiedenen Autoren ist das Vorkommen der freien Benzoe- säure in der Sumatrabenzoe beobachtet worden; es schien mir von Interesse zu sein, zu konstatieren, ob auch die Zimtsäure frei darin vorkomme, oder ob sie nur als Estei- darin gebunden sei. Ich stellte darüber 2 Versuche an. Zuerst schüttelte ich in Äther gelöste Benzoe eine Minute lang mit 1 Proz. Sodalösung. Die daraus mit Salzsäure abgeschiedene Säure zeigte nach dem UmkrystaHisieren einen Schmelzpunkt von 1250 C, gab, mit Kaliumpermanganat erhitzt, starken Benzaldehyd- geruch und erwies sich auch ihren übrigen Eigenschaften nach als ein Gemisch von Benzoesäure und Zimtsäui'e. Da man einwerfen könnte, die verdünnte Sodalösung hätte schon genügt, um die Zimt- säoreester zu verseifen, so stellte ich noch einen zweiten Versuch an, indem ich in Äther gelöste Benzoe in zirka 20 Liter Wasser von 50" gofs und sofort die Flüssigkeit von dem sich ausscheidenden Harz abfiltrierte. Beim Erkalten der Lösung krystaUisierten keine Säuren aus, obgleich das Wasser sauer reagierte. Ich neutralisierta mit Soda und dampfte auf dem Wasserbade auf ein kleines Volumen ein, worauf Salzsäure einen weifsen Niederschlag fällte, der aus^ F. Lüdy, Studien über die Benzoe. 85' lieilsem Wasser \xmkrystallisiert sich ebenfalls als ein (.remisch von Zimtsäure und Benzoesäure erwies und einen Schmelzpunkt von 1250 C zeigte. Durch diese beiden Versuche glaube ich zur genüge bewiesen zu haben, dafs in der Benzoe neben freier Benzoesäure auch freie Zimtsäure vorkommt, dafs letztere aber zum weitaus gröfsten Teil als Ester an Resinotannol und Benzoresinol gebunden ist, in geringer Menge aber auch, wie schon oben angeführt, als Zinitsiuirezimtester und Zimtsäurephenylpropylester darin vorkommt. B. Cliemisihe üiitersiicliimg der Rinde von Styrax Benzoin Dryauder» Durch die vorangegangene Untersuchung der Sumatrabenzoe war es von höchstem Interesse, die Inhaltsbestandteile der vollständig geruch- und geschmacklosen Rinde des Benzoebaumes kennen zu lernen. Die mir von Herrn Prof. Tschirch zur Verfügung gestellte Rinde stammte von jungen Stämmchen, die, wie schon in der Ein- leitung hervorgehoben worden war, noch nie angeschnitten w^aren und infolgedessen auch noch nicht geharzt hatten; aufsen war sie weifs-längsrissig, innen rotbraun. Die gröblich gepulverte Rinde wog 570 g, wurde bei gelinder Wärme getrocknet, um möglichst jede Feuchtigkeit fern zu halten, und dann zweimal mit Äther ausgezogen. Ist Benzoe in der Rinde vorgebildet, so mufs dieselbe als in Äther löslich sich darin vor- finden. Ein weiterer Vorteil der Atherextx-aktion besteht darin, dafs die Phlobaphene, an denen, dem Aussehen nach zu schliefsen, die Rinde reich zu sein scheint, in Äther unlöslicq sind. Nach dem Ab- destülieren des Äthers hinterblieb ein gelbes, dickes Extrakt, das ca. 5 g wog. Ein Teil davon wiu'de mit Kali und Kaliumpermanganat erwärmt, wobei aber keine Spur von Benzaldehyd entwickelt wurde, wodurch die Abw^esenheit von Zimtsäure bewiesen ist. Ein anderer Teil des Extraktes wurde mit Wasser erwärmt und filtriert; das Filtrat reagierte schwach sauer und gab mit Eisenchlorid sehr schwache Gerbstoffreaktion, mit Kaliumbichromat dagegen reagierte es nicht, ebenso verlief ein Phloroglucinnachweis negativ. Um event. Spuren von Benzoesäure nachzuweisen, neutralisierte ich die Lösung 86 F. Lüdy, Studien über die Benzoö. mit Soda, dampfte auf dem Wasserbad auf ein kleines Volumen ein und versetzte mit verdünnter Salzsäm-e. Wohl schieden sich einige amorphe, braunschwai'ze Flocken aus. aber keine Spvir von Benzoe- säure. Um event. ia dem mit Äther aus der Rinde ei'haltenen Extrakt esteraitige Körper nachzuweisen, erwärmte ich einen Teü desselben am Rückilufskühler einige Stundenlang mit Kalilauge; nach dem Er- kalten wurde mit Salzsäure angesäuert, wodurch aus der vorher klaren, braunen Lauge eine schwarze, amorphe, klebrige Masse aus- gefällt ■\\airde: im Filtrat konnte jedoch weder Benzoesäure noch Zimtsäiu'e nachgewiesen werden. Der klebrige Rückstand löste sich in lieiisem Alkohol und in Chloroform, setzte sich beim Erkalten jedoch in Flocken wieder ab. Obschon dieser wachsartige Körper die Gerbstolfreaktion nur sehr schwach gab. roch er doch merk%vürdig intensiv und charakteristisch „loheai'tig". Durch Aviederholtes Ausfällen mit Wasser konnte dieses sehr wahrscheinlich aus dem Kork der Rinde stammende Wachs ziemlich weifs erhalten werden, bräunte sich aber an der Luft bald. Den Schmelzpunkt fand ich bei 76*^ C, in Wasser war es unlöslich, schwer löslich in Alkohol, leicht löslich dagegen in Chloroform. Aus der Untersuchung des ätherischen Auszuges geht somit hervor, dafs kein in derBenzoe vorhandener Körper in der unverletzten Rinde des Benzoe liefernden Baumes ent- halten ist. Die von Äther befreite Rinde wui'de behufs weiterer Unter- suchung mit 95'^ Alkohol ausgezogen. Der Alkohol färbte sich bald tiefrot, wurde abfiltriert, bei gehnder Wärme abdestiUiert und die Rinde wiederholt mit frischem Alkohol übergössen. Trotzdem die Rinde wochenlang mit Alkohol behandelt Aviu'de, gelang es dennoch nicht, dieselbe völHg zu erschöpfen. Sämtliche weingeistige Auszüge wurden nach dem Abziehen des Alkoholes vereinigt imd zur Trockene eingedampft: es resultierten ca. 200 g eines prachtvoll rotgefärbten Extraktes. Dieses Extrakt wurde vorläufig auf seinen Gehalt an Zucker geprült, indem ein Teil davon mit Wasser angerühi't wnirde. Das Filtrat reduzierte Fehling'sche Lösung intensiv; mit einem andern Teü des Fütrats wurde die Gähnmgsprobe mit Hefe ausgeführt. F. Lüdy. Studien iiber die Benzoe. 87 welche ebenfalls gährungsfähigeu Zucker, und zwar in erheblicher Menge, anzeigte. Ebenso konnte im Filtrat leicht Phloroglucin nachgewiesen werden, sowohl durch die intensive Rotfärbung beim Behandehi mit konz. Salzsäure iind Vanillin, als auch an der violetten Ligninreaktion. ^j Um die in der Rinde in grofser Menge vorhandene Gerbsäure darzustellen, behandelte ich das aus den alkoholischen Auszügen zu- rückbleibende Extrakt mit warmem Wasser, filtrierte von dem sich ausscheidenden Phlobaphen ab und dampfte ein: die konzentrierte Flüfsigkeit scheidet nach einigen Tagen wieder neue Mengen von Phlobaphen aus, die nach Zusatz von kaltem Wasser durch Piltrieren getrennt A^nirden. Nachdem die Gerbsäiu'elösung noch einige Male in ähnlicher Weise behandelt worden war, wurde die Lösung mit Bleiessig gefällt und filtriert. Im Filtrat konnte durch Fehling- sche Lösung leicht wieder die reduzierende Ziickerart nachge^^äesen ■werden: der Xiederschlag wurde, nach vollständigem Auswaschen. in Wasser aufgeschlemmt, mit Schwefelwasserstoff zersetzt und vom Schwefelblei abfiltriert. Die nunmelii- klare, eisengrünende Gerb- säm-elösung Avurde vorsichtig eingedampft: sie schied aber fortwäh- rend neue Mengen von Phlobaphen aus, gehörte also zu denjenigen Gerbstoffen, die leicht oxydiert werden. Diese leichte ZersetzUchkeit der Gerbsäure bewog mich, das Oxydationsprodukt und Endprodukt derselben, das Phlobaphen, darzu- stellen und näher zu studieren. Ziu" Darstellung desselben ei'wännte ich die Gerbsäurelösung rnit verdünnter Schwefelsäure, ebenso behandelte ich den Rest des aus der Rinde mit Alkohol erhaltenen Extraktes. Das Phlobaphen setzte sich als rotes Piüver zu Boden, das leicht abfil- triert imd gewaschen werden konnte. Aus dem sauren Filtrat geläng es durch Ausschütteln mit Äther und Verdunsten desselben, einen rötlich gefärbten Sja-up zu erhalten, welcher sämtliche Reaktionen auf Phloroglucin gab, leider aber zu gering war zur näheren Charak- terisierung. Um das Phlobaphen zu reinigen, wurde dasselbe in verdünnter Kalilauge gelöst, filtriert und mit verdünnter Salzsäure gefäUt, und awar mederholte ich dieses Lösen und Ausfällen so oft, bis das 1) Phloroglucin ist nach Tschirch (Pringsch. Jahrb. 1885) in den -Rinden sehr verbreitet. 88 F. Lüd\f, Studien über die Benzoe. Phlobapheu ausgew^aschen, nach dem Glühen kernen Rückstand hin- terliefs. Das so erhaltene Phlobaphen ans dem Benzoe])aum Ijelege ich mit dem Namen Benzophlobaphen. Getrocknet stellt es ein glänzendes, rütli(ih schwarzes Pulver dar: es ist unlöslich in Wasser, Alkohol, Äther, Chloroform, Essig- säure, Petroläther nnd Benzol; es löst sich dagegen leicht in ver- düamten Alkalien mit tief roter Farbe auf und wird durch Säuren daraus wieder gefällt. Mit metallischem Natrium geglüht, erweist es sich als Stickstoff frei. Die Elementaranalyse des bei 100*^ C. getrock- neten Phlobaphens ergab folgende Zahlen: I. 0,2110 g Substanz gaben 0,4782 g CO., und 0,0931 g HgO. II. 0,1587 g Substanz gaben 0,.3564 g COg und 0,073:^ g HgO. Aus diesen Werten lälst sich für das Benzophlobaphen die For- mel aufstellen: G^iH^qOoi. Gefunden Berechnet I. II. für C^iHr^O.^ C. 61,3 Proz. 61,2 Proz. 61,3 Proz. H. 4,9 „ 5,1 „ 5,01 „ Das erhaltene Benzophlobaphen suchte ich zu i-eduzieren; da dasselbe aber in Essigsäure nicht löslich war. so blieb mir nichts anderes übrig, als in alkalischer Lösung die Reduktion vorzunehmen. Benzophlobaphen wurde daher in alkoholischer Kalilauge gelöst, auf dem Wasserbad erwärmt und von Zeit zu Zeit Zinkstaub, der mit ganz wenig Eisenfeile vermischt war, zugesetzt. Die früher tiefrote Lösung war nach circa Stägigem Einwirken zwar heller, aber nicht arbl o s geworden. Durch Salzsäure fiel ein hellgelber, amorpher Niederschlag aus, statt wie früher dunkelrot. Es scheint also eine teilweise Reduktion stattgefunden zu haben; ich behalte mir vor, nähere Versuche besonders darüber anzustellen, ob das Reduktions- produkt mit dem Resinotannol identisch ist. Aus vorstehender Untersuchung geht hervor, dals in der unver- letzten Rinde des Benzoebaumes kein in der Benzoe vorhandener Bestandteil enthalten ist und dafs dieselbe aufser Spiiren von Wachs, das aus dem Kork stammt, wenig Phloroglucin und Zucker, die in den meisten Rinden vorkommen, keinen Körper in gröfserer Menge enthält, als einen Gerbstoff", der beim Trocknen sehi' leicht in das F. Liidy, Studien über die Benzoö. S9 r»euzoplilobaphen übergeht, denn wie ich erfuhr, ist die frische Rindo nicht braun gefärbt, sondern (ebenso wie Chinarinde) farblos. ^j Da nun. wie aus dem nachfolgenden botanischen Teil der Arbeit hervorgeht, der Baum ursprünglich weder Sekretbehälter, noch ein Sekret enthält, in der Rinde chemisch aber nur Gerbstoff in gröfserer Menge vorkommt, aus dem beim Trocknen das Benzophlobaphen ent- steht, in der Benzoe aber als Hauptbestandteil das gerbstolfartige Resinotannol sich findet, so glaube ich mit ziemlicher Sicherheit an- nehmen zu dürfen, dafs die Benzoe. sobald der Baum verletzt wird, aus dem Gerbstoff derselben gebildet wird, und dafs durch rück- schreiteude Metamorphose nach und nach die den Gerbstoff" fühi-endei: Zellen zunächst liegenden Partien aufgelöst und in Benzoe über- geführt werden. Für die Wahrscheinlichkeit, dafs die Benzoe aus dem Gerbstoff 1,'ebildet wird, spricht, dafs das Resinotannol, das in der Benzoe in vorwiegender Menge enthalten ist, gerbstoffartige Eigenschaften hat ; ferner gelang es mir durch Oxydation des Resinotannols zu einem phlobaphenartigen Köi-per zu gelangen, der sich nicht nur gegen Lösungsmittel vollständig wie ein solches verhält, sondern auch in seinen übrigen Eigenschaften einem solchen ähnlich ist; als ein fer- neres Moment, das für die von mir ausgesprochene Vermutung spricht, t'ühre ich an, dafs die tysigenen Räume, in welchen das Harz zuerst auftritt, in den Rindenstrahlen üiren Anfang nehmen, also dem Sitze, wo der Gerbstoff hauptsächlich abgelagert ist, und von hier aus v/eiter fortschreiten. (Vergl. die Fig.). Li einer schönen mir zur Verfügung stehenden Siambenzoe ge- lang es mir nicht, Zimtsäure nachzuweisen: auch nachdem ich die Benzoe verseift hatte, erwies sich die daraus resultierende Säure als reine Benzoesäure. Da es von Interesse ist, auch über die Zusammen - Setzung der Siambenzoe, die von der Sumatra vollständig verschieden zu sein scheint, ins Klare zu kommen, so habe ich eine Unter- suchung derselben vorgenommen und hoffe bald näheres darüber be- richten zu können. 1) Tschirch, Ind. Heil- und Nutzpflanzen p. 20. 90 F. Ltidy, Studien über die Benzoü. II. Botanischer Teil. Durch die cliemische Untersuchung der Rinde des Benzoe- baumes habe ich den Beweis geliefert, dafs kein in der Sumatra- benzoe nachgewiesener Körper in der Rinde von noch nicht ver- wundeten und in Folge dessen auch noch nicht harzenden Bäumen von Styrax Benzom Dryand. vorhanden ist. Der botanische Teil dieser Arbeit beschränkt sich deishalb hauptsächlich auf eine Be- schreibung der anatomischen Verhältnisse der Rinde, sowie aixf die Aufsuchung der hauptsächlich Gerbstoff enthaltenden Zellen. An der Hand von Rindenstücken, die er aus Siambenzoe hatte auslesen lassen, beschreibt Prof. Tschirch in seiner Pflanzen- anatomie den Bau der Rinde, einer Rinde, die sicher einem Baum entstammt, der schon geharzt hatte. Füi' die anatomische Untersuchung stellte mir Herr Prof. Tschirch in liebenswürdigster Weise sein auf Java gesammeltes und sicher bestimmtes, von noch nicht harzenden Bäumen von Styrax Benzoin Dryaiider stammendes, Material zur Verfügung, bestehend aus einem Stammstück, herrührend von einem circa 10 jährigen Baume, ferner Rinde von älteren, ebenfalls unverletzten Stämmen in wässeriger Sublimatlösung aufbewahrt, und endlich vollständig- trockenes, ebenfalls von älteren Bäumen stammendes Rindenmaterial mit welchem übrigens auch die chemische Untersuchung der Rinde vorgenommen worden war. Das Stammstück hatte einen Durchmesser von 4Y2 cm iind war mit einer sehr dünnen, rötlich braunen, ziemlich glatten, mit weifsen Flecken versehenen Rinde bekleidet. Die in Sublimat liegenden Rindenstücke, von älteren Bäumen stammend, haben eine rötlich braune Farbe und zeigen gegen Aufsen starke Borkenbüdung, gegen Innen aber ein glattes Aussehen. Die von mir untersuchte Rinde entspricht in ihrem anatomischen Bau vollständig den von Prof. Tschirch beschriebenen, avis Siam- benzoe ausgelesenen Rindenstücken, ebenso fand ich in den aus Sumatrabenzoe ausgelesenen Rindenstücken, die folglich von Bäumen stammen, die schon geharzt haben, die erste Bildung der lysigenen Harzkanäle ganz analog der von Tschirch in Siamrinde beobachteten und lasse ich seine Beschreibung i) folgen : ^) Berichte d. deutsch, botanischen Gesellschaft Bd, VI. I. F. Lüdy, Studien über die Benzo».'. 91 „Die Anatomie der Kinde ist einfach. Auf eine schmale Korkzone folgt die ebenfalls schmale primäre Kinde ; dann folgt die breite, von Markstrahlen durchzogene sekundäre Rinde. Dieselbe besteht hier der Hauptsache nacli ausRindenparenchj'm (Pliloemparenchym), dessen Zellen im Querschnitte viereckig-rundlich sind und die in der Achse nicht eben stark gestreckt erscheinen. Ihre Querwände sind entweder horizontal oder mehr oder weniger geneigt — nicht selten sind sie aufserordenl- lich stark schief gestellt. Sie sind ebenso wie die übrige Wandung der 2Sellen grob getüpfelt. Das Phloemparenchym bildet radiale Reihen. Mit diesem Phoemparenchymbändern wechseln in der sekvmdären Rinde in unregelmäfsiger Alternanz, Gruppen von mechanischen Elementen ab, die die von mir als „Nesterbildung"* charakterisierte Erscheinung dar- bieten, d. h. rundliche oder längliche , sich leicht aus dem Gewebe- yerbande lösende, in scharfer Kontur sich gegen Markstrahlen und Phoemparenchj^m absetzende Gruppen bilden. Diese Nester bestehen aus Brachysclereiden und Bastzellen. Brachysclereiden fehlen der pri- mären Rinde ganz. Dort finden sich nun Bastzellen einzeln oder in anastomosierenden Gruppen, oft zu „federnden" Verbänden vereinigt. Die Sclereiden der sekundären Rinde sind sehr verschieden, meist 40 bis 70 fi dick, stets aber aufserordentlich stark, oft bis fast zum Ver- schwinden des Lumens verdickt. Die sehr stark lichtbrechende Membran zeigt Ligninreaktion. Zarte Tüpfel konnte ich nur in der primären Membran linden, dagegen zeigen die sekundären Verdickungsschichten eine sehr zarte, dichte, radiale Streifung. Die Schichten sind bisweilen undeutlich, nur gegen das Lumen zu sieht man sie stets gut. Nach Behandlung mit sehr verdünntem Kali und Alkohol treten die Schichten sehr deutlich hervor, wenn man den Schnitt in Glycerin betrachtet. Neben den kurzen Sclereiden mit abgestutzten Enden finden sich auch in grofser Zahl lange bastzellartig gestreckte und lang zugespitzte Elemente (Stereiden). Begleitet werden diese Nester oder Streifen von Krystallfasern, die zahlreiche, vortrefflich ausgebildete Kalkoxalat- Krystalle enthalten. Sekretbehälter fehlen. Die Markstrahlen sind ein- oder mehreihig. In ihnen nimmt die Harzbildung ihren Anlang. Verfolgt man dieselbe nämlich entwicklungs- geschichtlich, d. h. untersucht man zunächst jugendliche Rindenstücke, so sieht man. wie in den Markstrahlen zunächst im Inhalt der Zellen ein bräunlicher Körper auftritt und erst dann die Zellmembranen der Verharzung anheimfallen. Nach und nach schreitet dieselbe weiter fort, erfasst das umgebende Phloemparenchym und endlich sogar Bastzellen und Sclereiden. Be- sonders an letzteren kann man, wenn der Schnitt zuvor mit Alkohol \ind verd. Kali behandelt wurde, sehr schön alle Stadien der Auflösung erkennen. Zuerst tritt die Schichtung deutlich hervor, dann sondern eich die Schichten schalenartig, und von aufsen nach innen her erfolgt 92 F. Lüdy, Studien über die Benzot--. die Auflösung. Da die Auflösung immer nur an der dem lysigenen Harzkanal zugekehrten Seite erfolgt, so geht daraus hervor, dafs auch hier die Auflösung der Membranen in Harz keine Erscheinung ist, die der Membran selbst eigen ist, sondern eine Erscheinung, die unter dem Einflüsse von in dem lysigenen Kanal enthaltenen und wohl zunächst in den Markstrahlzellen gebildeten lösenden Agentien erfolgt, That- sächlich schreitet die Auflösung von dem lysigenen Kanäle aus in zentrifugaler Richtung fort. So entstehen im Innern der Hinde grofse lysigene Kanäle etc — Wenn in der Rinde die Verharzung stark ist, wird auch der Holzkörper in Mitleidenschaft gezogen. Die Verharzung beginnt auch hier in den Markstrahlzellen. Auch hier tritt zuerst ein bräunlicher Körper im Inhalte auf, dann verharzen die Membranen, und ist erst der lysigene Kanal gebildet, so fallen der Verharzung auch die umgebenden Elemente, Gefäfse, Libriform und Holzparenchym anheim." (Vgl. Fig.). Harzgalle der Benzoe (nach Tschirch) F. Lüdy, Studien über die Benzoö. 93 Wie.sner^), der ebenfalls die Anatomie dei" Benzoerinde stu- dierte, sagte, dafs die Entstehung des Benzoeharzes durchaus nicht an ein bestimmtes Gewebe des Stammes gebunden sei und sich so- wohl Rinde als Holz an der Bildung der Benzoe Ijeteüige. Die Gerbstotfklumpen enthaltenden Zellen sind hauptsächlich in den Rindenstrahlen zu beobachten, und dort nimmt auch die Bildung des Harzes ihren Anfang. Diese Beobachtung ist von der gröfsten Wichtigkeit und spricht für die von mii- im chemischen Teil ausge- sprochene Ansicht, dafs dieBenzoe durchUmwandlung des Gerb- stoffes gebildet werde. Dafs das Harz wirklich in lysigenen Kanälen entsteht, sah ich prachtvoll an einigen aus Siambenzoe ausgelesenen Rinden- und Holzstücken, an denen es mir gelang, mit dem Skalpel glatte Schliffe zu erhalten, welche die mit Harz ausgefüllten lysigenen Gänge, sogenannte Harzgallen, sehr schön veranschaulichen.^) Ziun Schlüsse fasse ich die Ergebnisse der vorliegenden Arbei^ kurz zusammen: Die Sumatrabenzoe ist in Äther löslich und giebt. damit gereinigt, einen Aschengehalt von 0,01 Proz. ; wie bereits früher nachge^^desen Avorden ist, enthält sie freie Benzoesäure und Stj'^rol. Ferner enthält s«e laut vorstehenden Untersuchungen: 1) Spuren von Benzaldehyd CgHrj.COH. 2) „ „ Benzol CgHg. 3) Circa 1 Proz. Vanillin CaHgOa- 4) „ 1 „ Zimtsäurephenylpropylester Ci8His;02. 5) „ 2-3 „ Styrazin (Zimtsäurezimtester). 6) Ein Gemisch von wenig Zimtsäurebenzoresinolester mit viel Zimtsäureresinotannolester; dieses Gemisch bildet den Haupt- bestandteil der Benzoe. Die von mir untersuchte Handelsbenzoe enthält 1-i — 17 Proz. hol- zige Verunreinigungen. Neben freier Benzoesänre kommt in der Sumatrabenzoe auch freie Zimtsäure vor, jedoch in geringer Menge ; weitaus der gröfsere Teil ist als Ester gebunden. Durch Verseifen des Gemisches von Zimtsäurebenzoresinolester und Zimtsäureresinotannolester resultieren neben Zimtsäure die beiden Alkohole: ^) Mikroskopische Untersuchungen, p. 90. ^J Tschirch, Anatomie S. 219. 94 F. Lüdy, Studien über die Benzoe. das weisse, krystallisirende Benzoresinol Cig Hgg O2. und das amorphe, braune Resinotannol C^g H20 O4. Von diesen \\n.irden nachstehende Derivate dargestellt und luitersuclit : I. B e n z o r e s i n 1 d e r i V a t e. a) die in weissen Nadeln kiystallisirende Benzoresinolkalium- Verbindung. b) der .. .. .. „ Monomethyläther ^16 ^23 ^2 CH3. c) „ .. .. .. „ Monoaethylaether d) „ „ „ ,, ,. Isobutylaether C'ie H25 0.3 C4 Hg. Durch Behandeln von Benzoresinol mit konzentrii-ter Salpetersäure resultirte ein stickstoftfreies amoi^phes Oxydationsprodukt. Acetylirungs- und Benzoylirungsversuche verliefen negativ, ebenso die Einwirkung von Hydroxylamin ; Brom lieferte amorphe bromierte Derivate. II. R e s i n t a n n 1 d e r i V a t e. a) die amorphe braune ResinotannolkaHumverb. CigHigO^K-j-HgO b) der .. ,, Monoaethylaether Cjg H^g O4 C2 H5. Durch Behandlung des Resinotannol mit konzentrirter Salpetar- säure resultirte glatt Pikrinsäure. Mit verdünnter Salpetersäure tritt sowohl Oxydation, als Nitririing ein : das erhaltene Oxj-dationsprodukt ist phlobaphenähnlich. Brom liefert amorphe , stark bromhaltige Derivate. Redi;ktionsversuche führten das Resinotannol in einen weissen Körper über, der aber wegen seiner leichten Oxydirbarkeit nicht näher untersucht werden konnte. Schmelzendes Kali zerlegt das Resinotannol in Buttersäure, Phenol und Protocatechusäure. Die von den früheren Autoren angefülirten Harze der Benzoe, welche in «, ß und ;■ Benzoresine getrennt wurden, ei-wiesen sich als ein Gemisch von wenig verseiftem mit stärker verseiftem Zimmt- säurebenzoresinol- und Zimmtsäureresinotannolester. P^rnst Schmidt, Bestandteile des Sumatva-Benzoü. O'y Die Rinde von noch nicht angeschnittenen Bäumen von Styrax Benzoin Drvaiid. enthält neben Spuren von Waclis, wenig Phloroglucin und Zucker in grosser Menge eine Grerbsäure , die sehr leicht durch Oxydation in ihr Phlobaphen, das Benzophlobaphen übergeht, welches auf die Formel C51 H50 O21 stimmt. Da in der unverletzten Rinde sich keine Sekret- behälter und keine Sekrete vorfinden, dagegen Gerbstoff in grosser Menge besonders in den Rindenstrahlen vor- kommt, da ferner in der Benzoe in grosser Menge ein Alkohol, das Resinotannol. welches sich wie ein Gerbstoff verhält, enthalten ist, da endlich die Harzlnldung ihren Anfang in den Rindenstrahlen nimmt, so ist es höchst wahr- scheinlich, dass die Benzoe aus dem Gerbstoffe der Rinde entsteht, sich unter rückschreitender Metamorphose der Zellmembranen vermehrt, und sich dann in lysigenen Räumen befindet; wachsen diese Räume stark an, so bilden sie Harzsallen. 45. Notiz über die Bestandteile der Sumatra-Beiizoe. Von Ernst Schmidt. In der vorstehenden lehrreichen Arbeit von F. Lüdy: Studien über die Sumatra-Ben zoe und deren Entstehung, ist aiTch eine Unter- suchung dieses Harzes erwähnt, welche vor einigen Jahren von Herrn C. Denn er im Laboratorium des hiesigen phannaceutisch- chemischen Instituts ausgeführt A\Tirde. Über einen Teil der hierbei erzielten Resultate hat Herr Denn er auf der Naturforscher -Ver- sammlung zu Wiesbaden (1887) Mitteilungen gemacht, und sind hier- über kurze Notizen in die Pharmaceut. Centralhalle und in einige andere Zeitsckriften gelangt. Detaillierte Angaben über diese um- fangreiche Untersuchung, welche Herrn Denn er sechs Jahre lang beschäftigte, sind leider nicht in die Öffentlichkeit gedrungen, da Herr Denner im Jahre 1888 die Assist ent ensteUe , welche er fast 14 Jahre lang am hiesigen pharmac.-chem. Institute bekleidete, mit einer Stellung in der chemischen Technik vertauschte. Dieser Wechsel in der Thätigkeit verzögerte zunächst die stiHstische Abrundung des 96 Ernst Schmidt, Bestandteile des Sumatra-Benzoe. fast druckfertigen, von niir wiederholt eingesehenen Manuskripts, welches Herr Denner über seine zahlreichen Beobachtungen über die Sumatra-Benzoe ausgearbeitet hatte. Ja, als im Jahre 1889 ein tragisches Geschick dem rastlosen Leben dieses überaus bescheidenen, kenntnisreichen und talentvollen Fachgenossen ein Ziel setzte, konnte an eine Publikation dieser wertvollen Aufzeichnungen überhaupt nicht mehr gedacht werden, da dieselben bei dem nochmaligen Domizil- wechsel, welcher kurz vor dem Tode Denners stattfand, verloren gegangen waren. Ich halte es für meine Ptiicht. auf diese Verkettung von Um- ständen an dieser Stelle hinzuweisen, da durch die sehr kurzen Notizen in der Pharmac. Centralhalle etc., sowie durch das erwähnte Zitat in der Lüdy 'sehen Arbeit ein Zweifel darüber entstehen könnte, ob Denner die von ihm namhaft gemachten Bestandteile der Sumatra-Benzoe auch wirklich eingehend experimentell untersucht hat. Es dürfte daher auch die Bemerkung nicht überflüssig erscheine! ! dafs der gröfste Teil der Denner "sehen Untersuchungen über die Sumatra-Benzoe unter meinen Augen zur Ausführung gelangte, und daher die hierbei isolierten Körper nicht allein häufig durcn meihe Hand gingen, sondern zum Teil auch in die Sammlung des hiesigen Instituts gelangten, in welcher sie sich auch heute noch befinden. Es bedarf hierbei wohl kaum noch einer besonderen Erwähnung, dafs hierdurch der Wert der schönen Untersuchungen von Lüdy in keiner Weise beeinträchtigt wird, umsomehr als dieser Forscher Ver- bindungen aus der Sumatra-Benzoe isolierte, welche von Denner, wenigstens soweit es aus den vorliegenden Notizen hervorgeht, hierin micht beobachtet wurden. Immerhin ist es vielleicht nicht ohne Inter- esse, einiges zur Ergänzung und Bestätigung der Lüdy'schen An- gaben, auch an dieser Stelle, aus den kurzen Notizen mitzuteilen, welche ich mir im Jahre 1888 vor der Abfassung der zweiten Auf- lage meines Lehrbuches, an der Hand der Denner'schen Beobach- tungen, über die Bestandteile der Sumatra-Benzoe, gemacht habe. Denner verarbeitete etwa 20 Ko. notorisch ächter Sumatra- Benzoe, und zwar zum Teil nach dem Verfahren von Busse (Ber d. Deutsch, ehem. Ges. 9, 830), zum Teil nach besonderen, von ihm ausgearbeiteten Methoden. Mit Hülfe dieser Verfahren wies Denner in der von ihm verarbeiteten Benzoe nach: freie Benzoesäure. Ernst Schmidt, Bestandteile des Sumatra-Benzoe. 97 Ireie Zimmtsäure, Styrol, Vanil li n. ßenzaldchy J, Styracin, Zimmtsäure-Benzyläther und drei, den Storesinen des Storax ähn- liche, als Benzoresine bezeichnete Köi-per. Diese Verbindungeir sind sämtlich, mit Ausnahme der Benzoresine, in die Sammlung des liiesigen phannac. ehem. Instituts übergegangen. Lüdy isolierte aus der Sumatra-Benzoe freie Benzoesäure, freie Zimmtsäiire, Styrol (?), Vanillin, Spuren von Benzalde- hyd und von Benzol, Styracin, Zimmtsäure-Phenylpropyl- äther, sowie die Zimmtsäureäther des Benzoresins und des Benzo- resinotannols. Unter den verschiedeneu Verbindungen, welche Denn er als Bestandteile der Sumatrabenzoe erkannte, interessierte mich damals besonders der Benzaldehyd, dessen natürliches Vorkommen im freien Zustande bis dahin noch nicht beobachtet worden war. Während Lüdy diesen interessanten Körper nur in so geringer Menge isolierte, dais derselbe nur durch den Geruch identifiziert werden konnte, hatte Denner davon etwa lg in Händen. Es war daher möglich, diesenBen- zaldehyd einesteils in Benzoesäure, anderenteils in das Phenylhydrazicl überzufahren und diese Verbindungen durch Bestimmung des Schmelz- punktes, sowie durch, die Elementaranalyse weiter zu charakterisieren. Denner vermutete zunächst, dafs das Auftreten des Benzaldehyds auf eine Spaltung von Amygdalin oder einer amygdalinartigen, in der Sumatrabenzoe praeexistierend vorkommenden Verbindung zurück- zufökren sei, jedoch konnten damals hierfür keine direkten Anhalts- punkte gewonnen werden. Die Isolierung des Benzaldchyds aus der Sumatraljenzoe geschah in einer ähnlichen Weise, wie dieselbe durch Lüdy zur Ausführung gelangte. Die ätherische Lösung der Benzoe wurde zu diesem Zwecke mit einer konzentrierten Xatriumbisulfitlösung wiederholt geschüttelt, letztere Lösung alsdann mit Natronlauge schwach al- kalisch gemacht und dann von neuem mit Aether ausgeschüttelt. 5eim Verdunsten des Aethers resultierte der Benzaldehyd als ein wenig gefärbtes, stark bittermandelartig riechendes Liquidum. Die von Benzaldchyd befreite Xatriumsulfitlösung diente weiter zur Gewinnung des Vanülins. Sie wurde zu diesem Zwecke mit Schwefelsäure übersättigt, die hierdurch abgespaltene schweflige Arch. d. Pharm. CCXXXI. Bds. 2. Hft. 7 98 Ernst Schmidt. Bestandteile des Sumati-a-Benzoe. Sänre bei mäfsiger Wärme durch Einleiten von Kohlensänreanh)'drid verjagt und schliefslicli das Vanillin mit Aether ausgeschüttelt. Auch von dem Styrol hat Dennnerso beträchtliche Mengen isoliert, dafs dasselbe durch Bestimnmng des Siedepunktes, durch Ueberführung in das charakteristische Dibromid mit Styrolen anderer Provenienz identificiert werden konnte. Die 5 g dieses Styrols. welche seiner Zeit der hiesigen Sammlung einverleibt wurden, sind inzwischen durch Poljanerisation in festes Metast^rrol vollständig übergegangen. Der Z i m m t s äu r e - B e n z y 1 ä t h e r , welchen D e n n e r aus Sumatra benzoe gewonnen hat, bildet eine weifse, krystallinische, aus fernen Nadeln bestehende, aromatisch riechende Masse, welche bei 38 — 39° C. schmilzt. Abgesehen von dem Zimmtsäure-Zimmtäther (Styracin) welcher in beträchtlicher Menge aus Sumatrabenzoe mir vorliegt, hat Denn er nach meinen Notizen auch noch andere Zimmtsäureäther aus Sumatrabenzoe isoliert, jedoch kann ich über deren Zusammensetzung keinerlei Angaben machen. Die von Denn er dargestellten Benzoresine sind leider nicht in meinen Besitz gelangt, ich kann somit, da mir hierüber Notizen nicht vorliegen, aiich keine Angaben über die Beziehungen machen, in denen dieselben zu dem von Lüdy gewonnenen Benzoresin und Pesinotannol stehen. Die Denn er 'sehen Benzoresine deren Unter- suchung die meiste Zeit in Anspruch nahm, zeichneten sich durch eine Reihe prächtiger Parbenreaktionen aus, die eine ge- wisse Aehnlichkeit mit den Verbindungen der Cholesteringruppe zeigten. Auf dieses charakteristische Verhalten basierte Denn er einen Nachweis von Storax und von Benzoe im Perubalsam (E. Schmidt, pharraac. Chemie IL Aufl. 1036). Das interessante Vorkommen von Benzol, welches Lüdy in der Sumatrabenzoe konstatierte, ist von Denner nicht beobachtet worden. Sehr reich scheint dagegen die von Denner imtersuchte Sumatra- benzoe an Zimmtsäure und Zimmtsäureäthern gewesen zu sein, da ich mehr als 1 Ko. dieser Säure, welche von den damaligen Versuchen herrührte, auf Zimmtsäurederivate habe allmälie verarbeiten lassen. Dr. W. Autenrieth, Ueber gelbes Blutlaugensalz etc. 99 Zur Koiiiitiiis des gelben Bliitlau2;eiisalzes und über den Naclnveis von Blausänre neben Ferro- eyaniden. Von Dr. Willielm Aiitenrietli. (Eingegangen den 29. XII. 1892 ) I. t'ber gelbes Bliitlaiigeiisalz. Die zusammengesetzten Metallcyanide, welche durch Auf- lösen der in Wasser unlöslichen Cyanide der Schwermetalle in Cyan- kaKumlösung entstehen, werden gewöhnlich in 2 Gruppen eingeteilt i\nd wie folgt beschrieben: Die einen, welche als wirkliche Doppelcyanide, bezw. als mole- kulare Additionen aufgefafst werden, lassen sich schon durch verdünnte Säuren leicht spalten unter Abscheidung des unlö.slichen Cyanids des Schwermetalls und Bildung von Cyanwasserstoff; so ver- halten sich neben anderen das Kaliumnickelcyanid und Kalium* silbercyanid: KCN, Ag CX -t- HCl = Ag CN + KCl + HCX Die andern zusammengesetzten Cyanide spalten hingegen mit verdünnten Säuren keine Blausäure ab und werden allgemein als die Salze komplizierter Metallcyanwasserstoffsäuren auf- gefafst: wie das Kaliumfeiro- und Ferri Cyanid als die Kaliumsalze der Ferro-, bezw. Ferricyan wasserstoffsäure, das Kalinmcobalticyanid als das Salz des Cobalticyanwasserstoffs. Diese Salze zeichnen sich, im Gegensatze zu den Doppel Cyaniden der Gruppe I., durch grosse Beständigkeit gegen die Einwirkung von Säuren aus; z. B. ver- schiedene Ferrocyanide . wie Berlinerblau und Kupferferrocyanid werden selbst durch konz. Salzsäure nicht zersetzt: aber auch das gelbe Blutlaugensalz galt wohl bisher allgemein für eine gegen verdünnte, zumal schwache Säuren recht beständige Verbindung. — Im Hinblick auf diese Verhältnisse war es für mich überraschend, bei Versuchen. Blausäure und einfache Cyanide neben Blutlaugen- salz nachzuweisen, die Beobachtung zu machen, dafs das gelbe Blutlaugensalz keineswegs gegen verdünnte und schwache Säuren beständig ist. sondern leicht, sogar durch die schwächsten Säuren, unter Bildung von Blausäure eine partielle Zersetzung erfähit. Ver- 100 Dr. W. Autenrieth, Ueber gelbes Blutlaugensalz etc. .schiedene Yersuclie haben ergeben, dafs sehr stark verdünnte Mineralsänren (von 0,1 Proz. und weniger), ferner Ameisen- säure, Essigsäure, Buttersäure, Milchsäure, Weinsäure, Benzoesäure etc. aus dem gelben Blutlaugensalze, bei längerem Stehen schon bei mittlerer Temperatur, Blausäure frei machen, welche sich alsdann bei der Destillation in reichlicher Menge im Destil- late vorfindet. Auch die schwächsten Säuren, z. B. Kohlensäure und Schwefelwass er Stoff säure, ferner eine ganze ßeihe von organischen, negative Gruppen enthaltenden Verbindungen, wie Acet- essigester, Phenole, saure Sulfone, z. B. das von E. Baumann und Camps^) zuerst beschriebone Trimethjdentrisulfon CH^-SOo ^2 CHg— SO2 SOaC )CH3 wirken auf das gelbe Blutlaugensalz zersetzend ein, und zwar bei Temperaturen, welche unterhalb der Siedetemperatur des Wassers liegen. — In allen diesen Fällen wird nur ein Theil der Blausäure aus dem Blutlaugensalze frei unter gleichzeitiger Ab- scheidung eines weifsen Niederschlags, der als Kaliumferro- ferrocyanid Ivg Pe [Fe (CN)6] erkannt worden ist: der Eintritt der Einwirkung der Säure auf das Blutlaugensalz ist auch daran zu er- kennen, dafs die anfangs klare Flüssigkeit durch die Ausscheidung des Kaliumferro-Ferrocyanids sich milchig trübt. In sämtlichen Versuchen wurde eine 1 Proz. Lösung eines öfters umlo-ystallisierten. cyankaliumfreien Blutlaugensalzes verwendet. Bei der Einwirkung der Kohlensäure auf das Ferrocyankalium wurde die Zersetzungs- temperatur genau bestimmt. Zu dem Zwecke wurden 200 com einer filtrierten, völlig klaren Blutlaugensalzlösung sehr allrnählich er- hitzt und gleichzeitig ein massiger Strom gut gewaschener Kohlensäure eingeleitet. Mit dem Destillationskolben, in dessen Inhalt ein Thermometer eintauchte, stand ein Kühler in Verbindung^ Die Flüssigkeit begann zwischen 72" — 74" C. milchig trübe zu werden, und das bei diesen Temperaturen aufgesammelte Destillat, gal) starke Berlinerblaureaktion. 1) E.'' Baumann und E. Camps, Berichte d. d. ehem. Ges. XXIII. 69. Dr. "W. Autenrieth, Ueber gelbes Blutlaugensalz etc. 101 Das Verhalten des gelben Blutlaugensalzes . durch schwach saure organische Verbindungen unter Freiwerden von Blausäure zersetzt zu werden, scheint mir geeignet zu sein, neben andern Re- aktionen den negativen Charakter einer Verbindung zu erkennen. Um genau festzustellen, ob derweifse Niederschlag, welcher bei der genannten Zersetzung des Blutlaugensalzes sich immer bildet, aus Kaliumferro - Ferrocyanid , wie von vornherein zu vermuthen war, besteht, wurde eine Kalium- und Eisenbestimmung von dem- selben ausgeführt. Da der höchst fein verteilte Niederschlag trotz Absitzenlassens bis zur Klärung, selbst von einem doppelten Filter nicht zurück- gehalten wird, sondern vollständig hindurchgeht, so wurde der Niederschlag durch öfteres Dekantieren ausgewaschen und schliefs- lich im Schälchen bis zur Gewichtskonstanz ausgetrocknet. Der ge- trocknete Niederschlag stellt dann ein bläulich- bis grünlichweifses Pulver dar. welches im trocknen Zustande eine ziemlich beständige Substanz ist. Das rasche Blauwerden des Niederschlags an der Luft, durch Übergang in Kaliumferri-ferrocyanid K Fe [Fe(CN)6], wie in verschiedenen Werken angegeben ist^), konnte ich, wenigstens bei der Bildung des Niederschlags aus Blutlaugensalz und Kohlen- säure oder andern sehr schwachen Säuren, nicht beobachten. Trotzdem der Niederschlag zu wiederholten Malen mit viel lufthal- tigem Wasser ausgewaschen worden ist, stellte er nach dem Trocknen ein nahezu weiTses Pulver dar, mit einem nur geringen Stiche ins Blaue, bis Blaugrüne. Das Blauwerden des Destülationsrtickstandes z. B. von der Blausäuredarstellung, aus Ferrocyankalium und Schwefel- säure, beim Stehen an der Luft, düi-fte seine Erklärung darin finden, dafs die starke 15 bis 20 Proz. Schwefelsäure zum Teil aus dem Kaliumferro-ferrocyanid Eisen herausnimmt unter Bildung von Ferro- sulfat. und dafs dieses, an der Luft oxydiert, die Bildung von Ber- linerblau verursacht. — Oder aber es wird aus dem Blutlaugensalz mit den starken Mineralsäuren, Salz- und Schwefelsäure, Ferro Cyan- wasserstoff frei, der sich rasch, wie Eoscoe und Schorlemmer-) 1) Vergleiche z. B. A. Bernthsen. Kurzes Lehrbuch der organischen Chemie. II. Auflage. Seite 255. 2) H. Eoscoe und C. Schorlemmer. Ausführliches Lehrbuch der Chemie, Seite 51L 102 Dr. W. Autenrieth, Ueber gelbes Blutlaugensalz etc. angeben , an der Luft , besonders schnell beim Erhitzen , unter Bildung von Blausäure iind Berlinerblavi oxydiert: 7 Hg (Cg Ng)^ Feg + 2 Oo = -18 HCN -f 2 Fe^ (CN)i8 + 4 H^ Analyse des bläulichwe ifsen Niederschlags: Eisenbestimmung. 0,1661 g Substanz wurden in einer Platin- schale mit konz. Schwefelsäure abgeraucht; der Rückstand wurde in Salzsäure aufgenommen und in dieser Lösung das Eisen als Ferrioxyd bestimmt. Es wurden 0,0783 g Fe^ O3 gewogen = 0,0548 g Fe = 33,05 Proz. Eisen. Kaliumbestimmung. Das Filtratvoin Ferrihj'droxyd wurde ein- gedampft, der Rückstand mit wenig Schwefelsäure befeuchtet und in einer Platinschale bis zur Gewichtskonstanz geglüht. Es wurden 0,071 g Ko SO^ gewogen = 0,0318 g K = 19,96 Proz. Kalium. Berechnet für Ko Fe [Fe (CN)g] : Gefunden: Fe = 32,4 Proz. 33,05 K = 22,54 „ 19,96. Die gefundenen Analysenwerte lassen somit keinen Zweifel da- rübei-, dafs der untersuchte Niederschlag im wesentlichen aus K a 1 i u m f e r r - f e r r c y a n i d b e steht. Die Einwirkung der Kohlen- säure auf das gelbe Blutlaugensalz läfst sich demnach durch folgende Gleichung veranschaulichen: 2 K4 Fe (CN)6 -r 3 COo + 3 Hg =- 6 HCN + K, Fe [Fe iCNjg] + 3 Kg CO3 Nachdem \ie\e Versuche bestimmt ergeben haben, dafs das gelbe Blutlau gensalz durch verdünnte Säuren unter Abspaltung von Blausäure zersetzt wird, schien es von Interesse zu sein, fest- zustellen, wie sich das Salz gegen Magensaft verhalten würde; es war zu vermuten, dafs auch hierbei die im Magensaft enthaltenen freien Säuren, Salzsäure, zum Teil auch Milchsäure, aus dem Blut- laugensalze bei Körpertemperatur Blausäure frei machen wüi'den. Diese Ansicht ist schon früher von verschiedenen Autoren ausge- sprochen worden:^) „Almen, w^ie Dragendorff anführt, behauptet, dafs Blutlaugensalz im Magen durch Zersetzung, Spuren von Blau- säuren liefere, ebenso van der Biirg." Diese Annahme ist durch den Versuch von mir bestätigt worden. Um den Bedingungen im lebenden Organismus möglichst nahe zu kommen, wurde eine Blut- 1) G. Dragendorff. Die gerichtlich-chemische Ermittelung von Giften. III. Auflage, Seite 63. Dr. W. Aiitenrieth, Ueber gell)es Blutlaugensalz etc. 103 laugensalzlösung (1 Proz.) mit künstlichem Magensaft 3 Stunden lang im Kolben mit angesetztem RückHufskühler bei 37^ bis 40*^ C. dige- riert. Schon nach kux'zer Zeit trübte sich hierbei die Flüssigkeit, woraus zu ersehen war, dals das Blutlaugensalz Zersetzung erleidet. Zum Nachweise der freigewordenen Blausäure wurde die erkaltete Flüssigkeit einige Male mit ziemlich viel Aether tüchtig ausgeschüttelt, wobei die Blausäure in den Aether übergeht, alsdann der Aether- iösung mit verdünnter Natronlauge wiederum die Blausäure entzogen ; diese alkalische Flüssigkeit gab deutlich die Berlinerblaureaktion. Durch den Versuch ist somit nachgewiesen, dafs künstlicher Magensaft bei etwa 40*^ aus Blutlaugensalz Blausäure frei macht. Da bei diesem Versuch Eiweii'skürper, zumal die durch die Pepsin-Chlorwasserstoffsäure entstandenen Produkte der Eiweifsver- dauung, Acidalbumin (Syntonin), Albumosen (Propeptone) und Peptone ausgeschlossen waren, so schien es von Bedeutung zu sein, das Verhalten dieser Stoffe gegen Blutlaugensalz kennen zu lernen. — Durch zahlreiche Untersuchungen verschiedener Autoren ist bekanntlich nachgewiesen, dafs bei der Magenverdauung ein Verbrauch d. i. eine Bindung von Chlorwasserstoff statt- tindet. Besonders hat F. Blum^) neuerdings durch umfassende Ver- suche den Salzsäurebedarf der intermediären und Endprodukte der EiweifsverdavTung quantitativ festgestellt. Ferner konnten Lubavin und KosseP) die Fähigkeit der Peptone, dem Chlorcalcium und Cliloibaryum Chlor zu entziehen, analytisch belegen; hierdurch ist aber der stark basische Charakter der Peptone nachgewiesen. Im Hinblick auf diese Verhältnisse wäre es also denkbar, dafs im Magen bei Gegenwart von Eiweifskörpern aus dem Blutlaugen- salze keine Blausäure frei werden würde. Es wurden deshalb einige Versuche mit dem chlorfreien Witteschen Pepton, das ein Gemenge von Albumosen und Endpepton in modernem Sinne nach Kühne ist, und mit Casei'n ausgeführt. Eine 1 proz. Blut- iaugensalzlösung wurde zunächst mit 0,5 Proz. Pepton der Destüla- 1) F. Blum, Zeitschr. f. klin. Medizin Bd. XXI. H. 5 und 6: „Über «lie Salzsäurebindung bei künstlicher Verdauung. (Aus dem Univ. Labor., Abtli. d. med. Fak. in Freiburg.) -) Kos sei. Ein Beitrag zur Kenntnis der Peptone. Archiv für 'die ges. Phvsiologie. Bd. XIII. 104 Dr. VC. Autenrieth, Ueber gelbes Blutlaugen salz etc. tion unterworfen; es trat hierbei, ehe die Flüssigkeit zum Kochen kam , eine reichliche Abscheidung von Ferro-Kaliumferro-cyanid. ein, das Destillat zeigte starken Greruch nach Blausäure und gab sofort einen reichlichen Niederschlag von Berlinerblau. Bei einem 2. Versuche wurde die Blutlaugensalz-Peptonlösung von der- selben Stärke bei 37 bis 38^ C. 3 Stunden lang digeriert. Die Temperatur konnte mit Hülfe eines Thermoregulators genau auf dieser Höhe erhalten werden. Das Digestionsprodukt wurde hierauf mit ziemlich viel Aether ausgeschüttelt und diesem wieder mit Na- tronlauge die Blausäure entzogen. Diese alkalische Flüssigkeit gab schwache Berlinerblau- reaktion: erst nach längerem Stehen schieden sich blaue Flocken aus. Die Peptone machen somit bei Körpertemperatur Spuren von Blausäure aus dem Blutlaugen salz frei und verhalten sich demnach wie Säuren. Die Peptone haben also einen Doppelcharakter, vereinigen in sich die Eigenschaften von Basen und Säuren, wie die Amido- säuren. zu denen sie ja auch in naher Beziehung stehen. Das Casei'n ist eine ziemlich starke Säure, ist in Sodalösung leicht löslich unter Freiwerden von Kohlensäure. Zu den Versuchen mit Blutlaugensalz wurde ein Milchsäure- und Milchzucker freies Prä- parat verwendet. Es hat sich hierbei ergeben, dafs Casein bei der Destillation aus Blutlaugensalz reichlich Blausäure austreibt, so dals das Destillat stark nach Blausäure riecht und sofort Berliner- blau liefert, während bei der Digestionstemperatur von 37 *^ nur Spuren von Blausäure frei werden. An dieses experimentelle Ergebnis schliefst sich als naheliegend die Frage, wie kommt es. dafs trotzdem Blutlaugensalz, wie bekannt ist, nicht giftig wirkt? Um zu sehen, ob nach Eingabe von ver- hältnismäfsig grofsen Mengen von Blutlaugensalz Vergiftung ein- treten würde, wurden einem mittelgrolsen Hunde im Laufe von einigen Stunden 40 g Blutlaugensalz verfüttert. IrgendAvelche In- toxikationserscheinungen oder sonstige Störungen im Wohlbefinden des Hundes waren hiernach aber nicht zu beobachten; der Harn des Hundes gab sehr stark die Berlinerblaureaktion und passiert somit das Blutlaugensalz zum grossen Teil unverändert den tierischen Organismus. - Es wäre nämlich hierbei denkbar, dafs bei Ver- Dr. "W. Autenrief h, Ueber gelbes Blutlaugeiisalz etc. 105 l'ütterung von viel Blutlaugensalz, inuerhalt) einiger Stunden, mit der Zeit Blausäure in toxischer Menge frei werden würde, so dafs dann Vergiftung eintreten könnte. Dies wäre freilich nur dann möglich, wenn der Organismus im Stande wäre, die immer nur in kleiner Menge gebildete Blausäure zurückzuhalten und gewissermafsen auf- zusammeln. Eine solch" cumulative Wirkung ist von vielen Stoffen. wie von Digitalis. Strj'chnin etc. schon längst bekannt und ist in neuerer Zeit auch vom SulfonaP) nachgewiesen worden. Der Blausäure kommt diese cumulierende Wirkung nicht zu; im Gegen- teil wird sie vom Körper sehr rasch resorbiert und im Organismus weiter verändert, so dafs man innerhalb weniger Stunden, in kleinen Intervallen, gröfsere Blausäuremengen in nicht letalen Do.sen ein- geben kann, ohne dafs Vergiftungssymptome hierbei auftreten. Die rasche Aufnahme der Blausäure durch den tierischen Organismus er- sehen wir übrigens auch daraus, dafs sie in tödlicher Dosis, auf die Zunge eines Tieres gebracht, fast momentan zur Wirkung kommt und beinahe sofortigen Tod herbeiführt. — Das gelbe Blut- laugensalz dürfte somit defshalb nicht giftig sein, weil die im Magen auf einmal frei werdende Blausäuremenge zu gering ist, um toxisch wirken zu können und weil der Blausäure keine cumulative Wirkung zukommt. GieVjt man aber Blutlaugensalz gleich- zeitig mit irgend einer Säure ein, so wirkt es giftig vmd kann der Tod alsbald nach dem Einnehmen eintreten. Sonnenschein und'Classen-) bei-ichten über einen Vergiftungsfall, der in Folge gleichzeitiger Einnahme von gelbem Blutlau gensalz und Wein- säure eingetreten ist. wie folgt: „Ein Colorist nahm Blutlaugensalz in Wasser gelöst und darauf eine Weinsäiu'elösung. Der Tod er- folgte gleich hinterher iinter den Erscheinungen einer Vergiftung mit konzentrierter Blausäure."' Bei den verschiedenen Versuchen mit Blutlaugensalz und Säuren wiirde stets die Bildung des Kaliumferro-ferrocyanids beob- achtet. Es ist demnach dieses Salz auf jeden Fall gegen verdünnte Säuren bei weitem beständiger, als das Kaliumferrocyanid. Dieses 1) F. Goldstein, ein Beitrag zur Kenntnis der Sulfonalwirkung. Deutsche med. Wochenschrift 1892, No. iS. -) Sonnen schein-Clas s en, Handbuch der gerichtlichen Chemie, pag. 162. 106 Dr. W. Autenrieth, Ueber gelbes Blutlaugensalz etc. verscliiedene Verhalten der sonst so analog zusau.mengesetzten Salze lindet vielleicht seine Erkläiiing in der verschiedenen Consti- tution der beiden Moleküle. Ueber die Konstitution der Ferro - cyanverbindungen kann man sich bekanntlicli in einfacher Weise eine Vorstellung bilden durch die Annahme, dafs in ihnen das drei- wertige Radikal „Tricyan" (Cg N3) enthalten sei. Bei dieser Vor- aussetzung kommen dann dem Kaliumferrocyanid. Kaliumlerro-feri'O- cyanid und Kaliumferri-ferroc3-anid folgende Ausdrücke zu: K K ' K I 1 (CgNai-K iCsNs) n ^CgNs) m 1. Fe< 2. Fe< >Fe .S. Fe< \ j^e (C3N3)-K (C3N3) (CaXg)— i 1 K K Kaliumferrocj^anid Kalium ferro-ferrocyanid Kaliumferri-ferrocyanid. Hiernach dürfte die gröfsere Beständigkeit der Verbindungen 2. und 3. mit der ringförmigen Anordnung der Atome zusammen- hängen. Auf \äelleicht dieselbe Ursache ist die grofse Beständigkeit des Berlinerblaus gegen Säuren zurückzuführen. Es ist hierbei aber auch die Annahme in Betracht zu ziehen, dafs das verschiedene Verhalten der genannten Verbindungen gegen Säui'en vielleicht auf der verschiedenen Bindung der Metall- atome an Kohlenstoff, bez. Stickstoff beruht. Diese Salze stehen vielleicht hinsichtlich der Bindung in einem ähnlichen Verhältnisse zu einander, wie das gegen Salzsäure und verdümite Salpetersäure so beständige Cyansilber zu dem durch diese Agentien so leicht zersetzbaren Cyankalium. Da Cyansilber mit Jodalkylen Isonitrile liefert, so giebt man demselben die Kon- stitution Ag — NC, wäkrend dem Cj-ankalium wegen der Bildung von Nitrilen mit Jodalkjden der Ausdi'uck K — CN zukommt. Die Zersetzbarkeit des gelben Blutlaugensalzes durch verdünnte Essigsäure ist für den Ei w e i fs n a c h w e i s mit Fero cyankalium und Essig- säure von einiger Bedeutung, zumal man bei dieser Reaktion die Essigsäure in reichlicher Menge anwendet. (Vergleiche Huppe rt- Thomas, Anatyse des Harns, Seite 265.) Sollte hierbei erst nach längerem Stehen eine Trübung eintreten, so kann diese von ausgeschiedenem Kaliumferro-ferrocyanid herrühren. Dr. W. Autenrieth. Uel)er gelbes Bluilaugensalz etc. 107 II. Nachweis von lUaiisäure und eiut'aclien (yaniden neben gelbem Blutlan^ensalz. Ueber den Nachweis der freien Blausäure bez. der einfachen Cyaniden neben Ferro-Cyaniden findet man in den Anleitungen zur chemischen Analyse verschiedene Angaben, die aber im wesent- lichen alle darauf benahen, dafs man die Blausäure aus den ein- fachen Cyanmetallen im Kohlensäurestrom abdestiUiert. R. Fre- senius läfst in seiner „Anleitung zur qualitativen chemischen Ana- lyse" Cyanalkalimetall neben Ferrocj-an- und Ferricyanalkalimetall entdecken, „indem man die wässerige Lösung mit Kohlensäiare be- handelt und die Flüssigkeit dann der Destillation unterwirft. Das Cyan des Cj^analkahmetalls findet sich dann als Blausäure im Destillate." An einer anderen Stelle bemerkt Fresenius: „..., dals Ferrocyanalkaümetalle in wässeriger Lösung dui'ch Kohlensäure nicht zerlegt werden (Unterschied von Cyanalkalimetall)." In An- betracht der gegebenen Versuche dürfte nach diesen Angaben nur mit ganz besonderer Berücksichtigung der Temperatur gearbeitet werden. Der unzweideutige, scharfe Nachweis von freier Blausäure, so- wie einfacher Cyanide neben gelbem Blutlaugen salz kann nach meinen Erfahrungen nur nach dem von Jaquemin angegebenen Verfahi'en^) geführt werden: es ist dies eine Methode, welche allein sichern Aufschluls giebt und die zumal bei gerichtlich- chemischen Untersuchungen in fraglichen Fällen ausschliefslich Anwendung linden sollte. Nach Jaquemin wird das Untersuchungsobjekt mit ziemlich viel Natriumbicarbonat der Destillation unterworfen. Findet sich hierbei Blausäure im Destillate vor, so ist entweder freie Blau- säure oder ein einfaches Metallcj'anid, ausgenommen Quecksübercyanid, im Untersuchungsobjekte vorhanden. Dieses Verfahren beruht also darauf, dafs Natriumbicarbonat einerseits freie Blausäure nicht bindet, andererseits nur aus den einfachen Cyaniden, nicht aber aus Ferrocj'aniden Blausäure frei macht. Es lassen sich nach dieser Methode noch Spuren von Cyankalium neben ^del Blutlaugensalz 1) Vergleiche E. Schmidt, Ausführliches Lehrbuch der pharm. Chemie, Seite 620: und ß. Otto, Anleitung z. Ausmittelung der Gifte, VI. Aufl., S. 3-1. 108 Dr. AV. Autenrieth. Ueber gellies Blutlaugensalz etc. sicher durch die Berlinerblaureaktion erkennen . z. B. giebt das Destillat aus 200 ccm einer öproz. Blutlaugensalzlösung, die 0,01 g Liebig'sches Cyankalium enthält, deutliche Berlinerblaureaktion. III. Über Qiiecksilbercyaiiid. Das Quecksilbercyanid zeigt bekanntlich in mancher Hinsicht ein verschiedenes Verhalten von anderen einiachen Cj^anideu. Es ist z. B. gegen Ammoniak, Alkalien iind Alkalicarbo. nate äufsert beständig und wird selbst beim Kochen durch diese Agentien nicht zersetzt. Von verdünnten Sauerstoff säuren wird es in der Kälte gar nicht, in der Wärme nur langsam unter Ent- wicklung von Blausäure angegriften. Durch Schwefelammonium und Schwefelwasserstoff wird es hingegen leicht und voll- ständig unter Abscheidung von Quecksilbersulfid zerlegt. Bei der Destillation aus wein säur er Lösung erhält man nur bei Vorhanden- sein gröfserer Mengen von Quecksilbercyanid ein blausäurehal- tiges Destillat; z. B. das Destillat aus einer weinsauren, Iprozen- tigen Quecksilbercyanidlösung enthält reichlich Blausäure. Liegt jedoch sehr wenig des Cj^anids, zumal in starker Verdünnung vor, z. B. 100 ccm einer O.Olprozentigen Lösung, so ist das Destillat blau säure frei! Fügt man aber hierauf zu der Destillationsflüssig- keit Schwefelwasserstoffwasser und destilliert von Neuem, so tritt eine vollständige Zersetzung des Quecksilbercyanids ein und das Destillat giebt deutlich die Berlinerblaureaktion. Will man daher bei gerichtlich - chemischen Untersuchungen die Blausäure aus Spuren von Quecksilbercyanid nachweisen, so destilliert man das Untersuchungsobjekt mit Weinsäure und einigen ccm starkem Schwefelwasser Stoff Wasser. Der Zusatz von Weinsäure ist in neutraler oder schon saurer Flüssigkeit natürlich nicht notwendig. Um die Blausäure aus dem Quecksilbercyanid neben Blutlaugensalz nachzuweisen, läfst sich die Jaquemin'sche Methode nicht anwenden, da, selbst bei Vorhandensein von viel Natriumbi- carbonat aus dem Quecksilbercyanid keine Spur Blausäure frei wird. Es ist in einem solchen Falle notwendig, die zu untersuchende Flüssigkeit, welche Quecksilbercyanid und Blutlaugen salz enthält, mit ziemlich viel Natriumbicarbonat und einigen ccm Schwefel- wasserstoffwasser der Destillation zu unterwerfen. Hierbei wird Dr. W. Aiiteiirieth, Ueber gelbes Blutlaugensal;^ etc. 100 nur aus dein Quecksill)ercjmnid, nicht aber aus dem Blutlaugen- salz Blausäure freil Nach dieser Methode lassen sich minimale Mengen von Quecksilbercyanid neben viel Blutlaugensalz sicher nachweisen; z. B. noch 0,01 g Hg(CN)o in 200 ccm lOprozentiger Blutlaugensalzlüsung. Bemerkenswert ist hierbei, dafs, wie oben bereits erwähnt, Schwefelwasserstoff bei der Destillation ohne Zusatz von N a tri- am bicarbonat, aus dem Butlaugensalz unter Abscheidung von Kaliumferro-ferrocyanid reichlich Blausäure austreibt. Destilliert man z. B. 200 ccm einer O.lproz. Blutlaugensalzlösung mit 20 ccm Seh wefel Wasserstoff w asser, so giebt das Destillat sofort einen starken Niederschlag von Berlinerblau. — Nimmt man andererseits die- selbe Flüssigkeitsmenge unter Zusatz von 1 Proz. Natriumbicar- bonat, so erhält man ein vollkommen blausäurefreies Destillat! Das Quecksilbercyanid ist in Aether ziemlich löslich und geht aus wässeriger Lösung in Aether über. Bei der forensisch- chemischen Untersuchung auf in saurer Lösung nicht flüchtige or- ganische Gifte nach dem „Stas- Otto "sehen Verfahren" findet sich daher das Quecksilbercyanid eventuell in dem Aetherauszuge aus der weinsauren Flüssigkeit. Um zu ennitteln, ob sich das Cyanid auch vollständig mit Aether ausschütteln läfst, wurden einige Ver- suche ausgeführt, die folgendes ergeben haben: Aus 100 ccm einer 0,1 proz., mit Weinsäure angesäuerten Quecksilbercyanidlösung extra- hiert Aether deutlich nachweisbare Mengen des Cyanids: die Ex- Traktion ist hierbei aber keine vollständige, indem die wässerige Flüssigkeit trotz 5 maligem Ausschütteln mit ziemlich viel Aether noch starke Quecksilberreaktion zeigte. Aus 100 ccm einer 0,01 proz. Quecksilbercyanidlösung nimmt Aether keine Spur des Cyanids auf. Diese Extraktionsmethode mit Aether eignet sich somit nicht, kleine Mengen Quecksilber- cyanid aufzufinden. Bei der Ausführung von einigen der beschriebenen Versuche bin ich von Herrn Apotheker E. Junius auf's Beste unterstüzt worden, dem ich dafür, auch an dieser Stelle, verbindlichst danke. Freiburg i. Brg. Chem. Univ.-Laboratorium (med. Fak.j. 110 E. Merck, Ueher die Beziehungen zwischen Atropin etc. Mitteilungen aus dem wissenschaftlichen Laboratorium der chemischen Fabrik von E. Merck in Darmstadt. (Eingegangen den 22. 1. 1893.) 1. Über die Bezieliimgen zwischen Atropin, Apoatropiu und Belladonnin. Im vorigen Jahre (dieses Archiv 1891, 134) habe ich den Nach- Aveis zu führen gesucht, dafs die von Hesse ^) aus einer Belladonna- wurzel isolierte und Atropamin benannte Base nichts anderes ist. als Apoatropin. Für die Identität wurden damals die im Gi'olsen und Ganzen übereinstimmenden Eigenschaften dieser Alkaloide ange- führt, welche ich zum besseren Verständnis nochmals in Form einer Tabelle nebeneinander stellen will: Namen des Alkaloids. Base. Chlor- hydrat. Brom- hydrat. Platinsalz. Goldsalz. Atropamin amorph, Blättchen, Blättchen, Schüpp- Blättchen, schmilzt Schmelz- Schmelz- chen, Schmelz- unter punkt : punkt: Schmelz- punkt : 600 C. 2360 C. 2300 C. punkt : 203—2040 C. 1120 C. Apoatropin Nadeln, Blättchen, Blättchen, Schüpp- Nadeln, Schmelz- Schmelz- Schmelz- chen, Schmelz- punkt : punkt: punkt: Schmelz- punkt : 60-6;i0 c. 237-2390 2300 C. punkt : 110—1110 C. 212—2140 C. C. Bei der Spaltung seines Alkaloids wollte Hesse freilich Ps endo - tropin erhalten haben, während ich, wie nicht anders zu erwarten stand, nurTropin als basisches Zersetzungsprodukt des Apoatropins nachzuweisen vermochte. Als später der genannte Forscher-) die 1) Hesse, Ann. Chem. 261, pag. 87. 2) Hesse, Ann. Chem. 271, pag. 121. E. ^Merck, L'eber die Beziehungen zwischen Atropin etc. 111 nlentität seiner Spaltungshase mit dem Pseudotropin nicht mehr auf- leclit erhalten konnte, erklärte er diesel1:)e auf Grund des Platinsalz- schmelzpunktes für verschieden von den bis jetzt aus den Solanumalka- loiden erhaltenen Spaltungsbasen und nannte sie ,5-Tropin. In der zuletzt erwähnten Arbeit stellt Hesse die Eigenschaften des Atropa- mins und des Apoatropins in ähnlicher Weise, wie es oben geschehen ist, nebeneinander mit den begleitenden Worten: „Im Übrigen be- sitzt es rApoatropiu) nach Merck anscheinend diesell^en Eigenschaften wie das Atropamin, jedoch mit folgenden Ausnahmen." Es folgt vrie oben die vergleichende Üebersicht, in der nur das Brom- hvdrat fehlt. Nach meiner Meinung herrscht gerade in diesen Punkten eine möglichst weitgehende Übereinstimmung. Als weiteren Unterschied zwischen diesen Alkaloiden führt Hesse an, dafs das Apoatropin nach Pesci beim Kochen mit Barytwasser rasch in Atropasäure und Tropin gespaltet wird, während Atropamin und BeUadonnin unverändert bleiben; ich habe in meiner Ai-beit besonders hervorgehoben, dafs das Apoatropin von konzentrierter Natronlauge bei Wasserbadtemperatur so gut wie gar nicht ange- griifen wird; es fällt daher auch dieser vermeintliche Unterschied fort. Hesse schliefst seinen Vergleich zwischen den genannten Alka- loiden mit den Worten: „Als weiterer Unterschied von Apoatropin und Atropamin läfst sich noch anfülu'en, dafs das Apoatropin unter dem Einflüsse von verdünnter Salzsäure entsteht, das Atropamin da- gegen vergeht, indem es in BeUadonnin verwandelt wird." Zunächst möchte ich hierzu bemerken, dafs sich Hesse mit seiner Annahme, dafs ich das Apoatropin aus dem Atropin durch Einwu'kung von Säuren erhalten habe, im Irrtume befindet. Ich werde jetzt den Nachweis führen, dafs auch das Apoatropin sich gegen Salzsäure genau so verhält, wie das Atropamin, und damit die im vorigen Jahresberichte in Aussicht gestellte Erklärung über die Beziehung des Apoatropins zum BeUadonnin geben. Zu dem Zwecke \vurde Apoatropin nach der Angabe von Hesse mit mälsig konzentrierter Salzsäure wiederholt bei etwa 80 o C eia- gedunstet; sobald die salzsaure Lösung auf Zusatz von Chlornatrium keine Krystalle mein-, sondern Oltropfen abschied, wurde mit Natrium- carbonat übersättigt und die freigewordene Base mit Chloroform aus- 112 E. Merck. Ueber die Beziehungen zwischen Atropin etc. geschüttelt: nachdem dieses mit Wasser gewaschen war, wurde das gelöste Alkaloid wieder au Salzsäure gebunden. Das Platinsalz scheidet sich als weifsgelber, amoqiher Nieder- schlag ab, wenn die sehr verdünnte wässrige Lösung des Clilor- hydrats mit überschüssigem Platinchlorid versetzt wird. Der so erhaltene Niederschlag ist in kaltem Wasser so gut wie unlöslich und schmilzt bei 236 — 237 •^ C unter Zersetzung : im Übrigen besitzt er die Eigenschaften, welche dem Belladonninplatin nach Hesse zu- kommen. Die Wasserbestimmungen wurden durch Trocknen des Salzes, bei 105 — 110^ C ausgeführt und ergaben die folgenden Resultate: I. 0,4264: g verloren 0,0235 g Wasser. II. 0,5073 g „ 0,0283 g III. 0,6089 g „ 0,0342 g IV. 0,5389 g „ 0,0317 g Berecluiet für: Gefunden: tCi7H2iXOo.HCl)oPtCl4 + 3HoO I. II. III. IV. Mittel. 3 Hg = 5,36 5,51 5,57 5.61 5,88 5,64 Prozent. Die Platinbestimmungen des lufttrocknen Salzes ergaben Werte. welche der genannten Pormel entsprechen: I. 0,2236 g hinterliefsen nach dem Glühen 0,0433 g Platin. II. 0,1501 g „ „ „ „ 0.0284 g Bei'Bchnet für: Gefunden: (C^^ H21 NOo . H Cl).^ Pt C14 + 3 K, I. IL Mittel Pt = 19,35" Proz. ' 19,36 18,92 19.14 Proz. Die Elementaranalysen sowie eine Platinbestimmung des bei 10r> bis 110° C. getrockneten Platinsalzes aus verschiedenen Darstellungen ergaben die folgenden Resultate: I. 0,1215 g lieferten 0,1882 g Kohlensäure u. 0,0529 g Wasser. 0,2226 g „ „ 0,0643 g 0,1684 g „ „ 0,0539 g 0.2,0U g „ „ 0.0632 g 0,2145 g „ „ 0,0677 g 0,2816 g „ „ 0,0812 g (1,2778 g „ „ 0,0820 g 0,1305 g hinterliefsen nach dem Glühen 0,0261 Platin. Gefunden : I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. Mittel C = 42,23 42.33 42,13 42,42 42.92 43,02 43,27 — 42,62 Proz. H= 4,82 4,98 5,50 5,42 5,51 5,04 5,20 — 5,21 Pt = 20,00 „ II. 0,1434 g III. 0,1090 g IV. 0,1312 g V. 0,1363 g VI. 0,1785 g VII. 0,1751 g VIII. 0,1.305 g E. Merck, Ueber die Beziehungen zwischen Atropin etc. 113 Berechnet für: (Ci7 H21 NO. HCl)o Pt CI4 c ="42,94 H= 4,63 Pt = 20,46. Die Elementaranalysan zeigen unter sich Schwankungen im Kohlenstoffgehalt bis zu 1 Prozent, im Wasserstoffgehalt bis zu 0.7 Prozent: es ist dies jedoch erklärlich, da an eine Reinigung durch Umkrystallisieren nicht zu denken ist. Die Mittelwerte stimmen ge- nügend auf die von Hesse für das Belladonnin angenommene Zu- sammensetzung Cn H21 NO2. Dasselbe Salz mit denselben Eigenschaften habe ich schon früher nach Entfernung des Atropins bezw. des Hyoscyamins aus den Mutterlaugen von der Atropindarstellung erhalten, wie aus folgenden Daten hervorgeht. (Analysen vom Jahre 1884.) I. 0,2233 g lieferten 0,3455 g COo imd 0,0960 g HgO II. 0,2900 „ hinterliefsen nach dem Glühen 0,0575 g Platin. m. 0,1927 „ „ „ „ „ 0,0378 „ Die Analysen beziehen sich auf das bei 105° getrocknete Salz. Berechnet für: Gefunden (Ci7H2iN02.HCl)2PtCl4 I. II. III. C 42,94 42,20 Proz — — H 4,63 4,78 , — — Pt 20,46 — „ 19,83 19,61 Proz, (Analysen vom Jahre 1888.) I. 0,1337 g Heferten 0,2104 g COo und 0,0632 g HgO. n. 0,1582 „ hinterliefsen beim Glühen 0,0311 g Platin. Berechnet für: Gefunden : (Cj7H2iN02HCl)2PtCl4 I. n. C " 42,94 43,00 Proz. — H 4,63 5,25 „ — Pt 20,46 — 19,65 Proz. Die Analysen beziehen sich auf das bei 105° C. getrocknete Salz. Diese Salze, welche bei 289 — 241° C. unter Zersetzung schmelzen, sind von der entsprechenden Verbindung des Belladonnins (aus Apoa- tropia durch Salzsäure erhalten) nicht zu unterscheiden. "Wie aus den vorhandenen Aufzeichnungen hervorgeht, enthalten auch diese Salze im lufttrocknen Zustande Krystallwasser ; die Be- Aich. d. Pharm. CCXXXI. Bds. 2. Heft 8 114 E. Merck, Ueber die Beziehungen zwischen Atrop in etc. Stimmungen gestatten jedoch, nicht die Berechnung des Prozent- gehaltes. Das Goldsalz des Belladonnins (aus Apoatropin durch Erhitzen mit Salzsäure erhalten) ist ein amorphes ^ hellgelbes Pulver, das in kaltem Wasser so gut wie nicht löslich ist und keinen bestimmten Schmelzpunkt erkennen läfst; es löst sich etwas beim Kochen mit Wasser, wobei sich jedoch der gröfste Teü zersetzt. Grenau ebenso verhält sich das aus den Mutterlaugen von der Atropinfabrikation dargestellte Goldsalz. 0,2256 g des lufttrocknen Salzes hinterliefsen nach dem Glühen 0,0685 g Gold! Berechnet für: C17H21NO2.HCI.AUCI3 Gefunden: Au 32,24 30,36 Proz. Diese Zahl, welche auf BeUadonningold so gut wie gar nicht pafst, wurde aber auch früher beim Glühen des entsprechenden Salzes (aus Atropinmutterlaugen) erhalten , wie aus den folgenden Analysen hervorgeht : (Analyse vom Jahre 1884.) 0,3011 g hinterliefsen nach dem Glühen 0.0912 g Gold: Au = 30.26 Proz (Analysen vom Jahre 1888.) 0,1735 g hinterliefsen 0,0531 g Gold; Au = 30,60 Proz. 0,2505 „ „ 0,0762 „ „ Au = 30,41 „ Auch Hesse, welcher von seinem Goldsalz keine zu der obigen Formel gut stimmenden Analysenresultate aufzuweisen hat, glaubt, dafs dem Goldsalz noch ein basisches Salz beigemengt ist. Das freie Belladonnin (aus den Atropinmutterlaugen) büdet, durch das Platinsalz gereinigt, eine firnisartige, nicht krystallisierende Masse, w^elche beim Kochen mit wässrigem, alkoholischen Barythy- drat in Tropiu imd Atropasäure bezw. in eine kiystaUisierte , bei 206^0. schmelzende Säure von der Zusammensetzung C9Hiq02 zer- fällt. Dieser Befund stimmt auch mit den Angaben von Merling^) überein, welcher als basisches Zersetzungsprodukt des Belladonnins nur Tropin erhalten hat ixnd den Identitätsbeweis durch die krystallo- graphischen Messungen seines Platinsalzes führen konnte. Durch die Ueberführung des Apoatropins in Belladonnin und durch don Vergleich des aus diesem hergestellten Platin- bezw. Gold- 1) Merling. Ber. )884, pag. 381. K. Merck, lieber das Hyoscyamin. 115 Salzes mit den entsprechenden Verbindungen der Base aus den Atro- pinmutterlaugen glaube ich die letzten Zweifel beseitigt zu haben, welche gegen eine Identität von Apoatropin und Atropamin anzu- führen waren. Gleichzeitig wurden durch diese Arbeit die Bezie- hungen zwischen Atropin, Apoatropin (Atropamin) und Belladonnin aufgeklärt. Das Atropin geht durch Wasserabspaltung in Apoatropin über, welches sich seinerseits unter dem Einflüsse von Säuren (z. B. verdünnter Salzsäure) in Belladonnin verwandelt. 2. Beiträg:e zur Keiiiitiiis des Hyoscyamiiis. Durch die Arbeiten von Ladenburg und Hundt ^) ist der Nachweis erbracht, dafs sich die Tropasäure vermittelst des Chinin- salzes in ihre beiden optisch aktiven Modifikationen zerlegen läfst; l^eide Isomere zeigen in ihrem physikalischen Verhalten grofse Unter- shiede von der inaktiven Säui-e. Die rechtsdrehende Modifikation bildet grofse, glashelle Prismen, welche bei 127 — 128'^ C. schmelzen und ein spezifisches Drehungsvennögen («)d = + 72, 89^ besitzen. Die linksdrehende Tropasäure ist ein amorphes, gelbes Pulver, welches bei 123'^ C. schmilzt und ein spezifisches Drehungsvermögen („)d = — 65, 15° besitzt. Den genannten Chemikern war es ferner gelungen, durch v/ie- derholtes Eindampfen von Tropin und Rechts- bezw. Linkstropasäure mit Salzsäure z^^-ei optisch aktive Atropine herzustellen; das Alka- loid aus Rechtstropasäure hatte das spezifische Drehungsvermögen («)£) = -j- 10,020, dasjenige aus der Linkssäure ein solches von — 9,220. Dals das ebenfalls linksdrehende Hyoscyamin nicht mit der zuletzt erwähnten Verbindung identisch ist, erklärt sich nach Ladenburg und Hundt dadurch, dafs jenes Alkaloid eine Kombination aus Linkstropasäure und Linkstropin ist, — denn auch dieses basische Spaltungsprodukt mufs sich, da es ein asymmetrisches Kohlenstoff- atom enthält, in zwei optisch aktive Isomere zerlegen lassen. Ich habe nun versucht, das Hyoscyamin, dessen spezifisches Drehungsvermögen («)d = — 20,250 festgestellt wurde, in seine optisch aktiven Komponenten zu zerlegen. 1) Ladenburg uiul Hundt. Bar. 18«9, pag. 2590, vergl. Hundt, Diss. Kiel 1890. 8* 116 E. Merck, Ueber das Hyoscyamin. Die Spaltung wird gewöhnlicli in der Weise ausgeführt, dafs man das Alkaloid in wässriger oder alkoholischer Lösung mit Alka- lien oder alkalischen Erden erwärmt. Nun weifs man aber aus den Arbeiten von WilP), dafs das Hyoscyamin selbst in schwach alkalischen Lösungen quantitativ in Atropin übergeführt wird; diese Art der Spaltung war defshalb von vornherein ausgeschlossen. Nach mehreren vergeblichen Versuchen fand ich, dafs Wasser zum Teü wenigstens in der gewünschten Weise einwirkt. Erhitzt man nämlich Hyoscyamin im offenen Gefäfse mit Wasser einige Stunden lang auf 100^ C , so geht das Alkaloid nach und nach in Lösimg. Nachdem das unveränderte Hyoscyamin bezw. Atropin ent- fernt war, wxirde das Tropin nach Zusatz von Natronlauge isoliert und auf seine optischen Eigenschaften untersucht; es zeigte sich, dafs es inaktiv war. Aus der alkalischen Lösung "wo^irde nach dem Uebersättigen mit Salzsäui'6 die Tropasäure mit Äther ausgezogen und aus Wasser um- krystaUisiert. Eine wässrige Lösung, welche in 14,66 g Wasser 1,2877 g Tro- pasäure enthielt, bewirkte im Decimeterrohr eine Ablenkung von 0,6^ nach Hnks, daraus berechnet sich (rt)D = — 7,50, Bei einem zweiten Versuche ■wnirde ähnlich verfahren, nur daf^ in diesem Falle zuerst die Tropasäiire isoliert wui'de. Eine wässrige Lösung, welche in 14,51 g Wasser 0,7925 g Tro- pasäure enthielt, lenkte im Decimeterrolir das polarisierte Licht 0,77° nach links ab; daraus berechnet sich («)d = — 15°. Das Tropin wui'de in derselben Weise wie vorher isoHert und zeigte sich auch diesmal inaktiv. Aus diesen Versuchen geht hervor, dafs die so erhaltene Links- tropasäure bei weitem nicht das Drehungsvermögen der durch Spal- tung aus der inaktiven Säure vermittelst des Chininsalzes darge- stellten Liakstropasäure besitzt, dafs sie dagegen aber von ihrer Kry- stallisationsfähigkeit wenig oder gar nichts eingebüfst hat. Im Anschlufs hieran möchte ich noch über die LösHchkeitsver- hältnisse der Bromhydrate des Hyoscyamins und Hyoscias berichten. 1) Will, Ber. 1888, pag. 1725. E. Merck, Ueber Pseudohyosc\^aniin. 117 1 Teil Hyoscyaminbromhydrat vom Schmelzpunkt: 149— 150'' C, löst sich in 0,34 Teilen Wasser von 15'^ C. und in 2,2 Teilen Alko- hol vom spezifischen Gewicht 0,820. 1 Theil Hyoscinbromhydrat löst sich in 4 Teüen Wasser von 15° C. und in 21,5 Teilen Alkohol vom spezifischen Grewicht 0,820. 3. Leber Pseudohyoscyainm. Ein neues Alkaloid aus Duboisia myoporoides. Bisher wuIste man nui-, dafs in der Duboisia myoporoides zwei Alkaloide, das Hyoscyamin und das Hyoscin vorkommen. Mir ist es nun gelungen, in dieser Pflanze noch ein drittes Alkaloid aufzufinden, das mit keiner der gegenwärtig bekannten Solanumbasen identisch ist. Das durch wiederholte Krystallisation von Hyoscyamin und Hyos- cin möglichst befreite Alkaloid scheidet sich aus Chloroform auf Zu- satz von viel Äther in kleinen, etwas gelb gefärbten Nadeln ab, welche in Wasser und Äther schwer, in Alkohol und Chloroform leicht löslich sind; es schmilzt ohne Zersetzung bei 13.3 — 134'' C. und dreht die Ebene des polarisierten Lichtes nach links. Die Elementaranalj^sen ergaben die folgenden Werte: I. 0,1578 g lieferten 0,4081 g COg und 0,1134 g HgO. IL 0,1169 g „ 0,3015 g „ „ 0,0882 g „ Berechnet für: Gefunden: CißHaiNOg C17H23NO3 I. IL C 69,81 70,58 Proz. 70,53 70,34 Proz. H 7,64 7.99 „ 8,00 8,33 „ Da aber mit der Fonnel C17H23NO3 die weiter unten angeführ- ten Goldbestimmungen nicht gerade gut übereinstimmten, so woirde die ganze Menge des mir zur Verfügung stehenden Alkaloids (etwa 6 — 7 g) in das Goldsalz verwandelt und dieses so oft aus Wasser umkrystallisiert, bis sich der Schmelzpunkt nicht mehr änderte. Die daraus in der üblichen Weise wieder abgeschiedene Base stimmte in allen ihren Eigenschaften mit dem Ausgangsmaterial vollständig überein. Die Elementaranalyse ergab die folgenden Werte: 0,1264 g lieferten 0.3244 g COg und 0,0939 g HoO. Berechnet für: Cjg 11.21 ^03 ^17^23^^.3 C 69,81 70,58 Proz. 70,01 Proz. H 7,64 7,99 „ 8,22 „ 118 E. Merck, Ueber Pseudohj'osc^^amin. 0.4714 g Base, in 8,5 g absolutem Alkohol gelöst, bewirkten im Decimeterrolir eine Ablenkimg von 0,8970 nach links; daraus berech- net sich das spezifische Drehungsvermögen («)d = — 21,15^. Bis jetzt ist es mir nicht gelungen, einfache Salze von diesem Alkaloid zu erhalten. Das Goldsalz bildet gelbe, glänzende, dünne Blättchen, welche in heifsem Wasser verhältnifsmäfsig leicht löslich sind und Ijei 1760C. schmelzen. I. 0,1263 g lieferten 0,1468 g CO2 und 0,0447 g HgO II. 0,1638 g „ 0,1921 g COo „ 0,0571 g HgO III. 0,1324 g „ 0,1575 g COg „ 0,0506 g HgO IV. 0,1190 g „ 0,1406 g CO.2 „ 0,0436 g HgO V. 0,1496 g hinterlielsen 0,0479 g Gold: Au 32,02 Proz. VI. 0,1676 g „ 0,0536 g „ „ 31,98 „ TU. 0,2021 g „ 0,0647 g „ „ 32,01 „ VIII. 0,1315 g „ 0,0415 g „ „ 31,55 „ IX. 0,1517 g „ 0,0483 g „ , 31.83 „ X. 0,2448 g „ 0,0782 g „ „ 31,94 „ Berechnet für : C16 H21 NO3 . H Cl . Au CI3 Ci7 H23 NO3 . H CI . Au CI3 C 31,26 32,43 Proz. H 3,58 3,81 „ Au 32,02 31,32 „ Gefunden : I. IL III. IV. im Mittel V.— X. C 31,75 32,00 32,48 32,22 32,11 — Proz. H 3,92 3,84 4,23 4,07 4,00 — „ Au - — — — 31,89 — „ Während die Elementar- Analysen für die Formel C^^ H23 NO3 . H Cl . Au CI3 im Ganzen gut stimmende Werte ergeben haben, ist bei den Goldbestimmimgen im Durchschnitt ein Plus von 0,57 Proz. zu verzeichnen, welches seinen Grund darin haben kann, dafs das Salz durch metallisches Gold verunreinigt ist oder noch ein Salz einer anderen Base mit niedrigerem Molekulargewicht enthält. Wie unten bei der Spaltung des Alkaloids noch eingehender gezeigt werden soll, ist die letzte Annahme die wahrscheinlichere. Das Platinsalz bildet lederartig vereinigte Nadeln, welche in heifsem Wasser mäfsig, in kaltem Wasser sehr schwer löslich sind; es beginnt bei 11 6 '^ C. zu sintern und ist bei 150° C. zersetzt. K. Merck, Ueber Pseudohj'oscyamin. 119 I. 0,1710 g lieferten 0,24ö4- g CO^ und 0,080J» g H.,0 II. 0,1411 g „ 0,2070 g CO, „ 0,0711 g H^O III. 0,1125 g „ 0,1654 g COÖ „ O,0o47 g H^O IV. 0,1778 g hinterHersen nach dem Glühen 0,0348 g Pt V. 0,5960 g verloren beim Trocknen 0,0220 g HoO VI. 0,3189 g , r, . 0,0177 g H2O Berechnet für: l) (Ci6H2iN03.HCl)oPtCl4 2) (Ci7Ho3N03.HCl)2PtCl4 C 40,00 Proz. 41,-38 Proz. " H 4,59 „ 4,87 , Pt 20,30 „ 19,72 „ 3) (Ci7 H23 NO3 . H Cl)2 Pt Cl, + 2 H O2 C 39,98 Proz. H 5,10 „ Pt 19,02 „ 2H2O 3,52 „ Gefunden: III. IV. V. VI. im Mittel 40,01 — — — 39,77 Proz. .'S.41 _ _ _ 5^41 - 19,40 — — 19,40 „ — — 3,70 3,66 3,68 „ Obgleich das Platinsalz -während des Trocknens bei llC C. zu- sammensinteite, trat trotzdem aufser dem Wasserverlust keine Zer- setzung ein: wairde nämlich das wasserfreie Salz wieder aus Wasser umkrystallisiert, so bildete sich die wasserhaltige Verbindung zurück. Die zweite Krystallwasserbestimmung ist mit einem Salze gemacht, das schon vorher für denselben Zweck benutzt worden war. Das wasserfreie Salz besitzt den Platingehalt, welchen die Formel (C17 H23 NO3 . H Cl)2 Pt Cl^ verlangt. Berechnet: Gefunden: Pt = 19,72 Proz. 10,70 Proz. Das Pikrat scheidet sich nach Zusatz von wässeriger Pikrin- säure zu einer alkoholischen Alkaloidlösiuig in langen , gelben Nadeln ab. welche in Wasser schwer löslich sind und bei 220° C. schmelzen. In der folgenden Tabelle sind die charakteristischen Merkmale tler hier in Betracht kommenden Solanumalkaloide neben einander gestellt. I. II. c 39,30 40,00 H .%24 5,59 Pt — 2HoO — 120 E. Merck, Ueber Pseudohvoscvamin. Namen der Alkaloide. Atropin. Hyos- cyamin. Pseudo- hyos- cyamin. Apo- atropin. Hyoacin. Schmelzpunkte der Basen 1150 C. 1060 C. 132—1340 C. 60—620 C. öHge Flüssig- keit Schmelzpunkte der Goldsalze 1360 C. 160—1620 C. 1760 C. 110—1110 C. 196—1980 C. Schmelzpunkte der Platinsalze 197—2000 C. 2060 C. keinen 1 konstant. ; 212-2U0 Schmelz- j q_ punkt 1 — Schmelzpunkte der Pikrate 175—1760 C. 161—1630 C. 2200 C. 166—1680 C. 160—1620 C. Aus dieser Uebersicht ergiebt sieh, dafs das Pseudohyoscyamin, — so möchte ich das Alkaloid seines spezifischen Drehungsvermögens wegen nennen — . selbst kleine Verunreinigungen mit in Betracht gezogen, nicht mit einem der genannten Pflanzenbasen identisch sein kann. Im AnschluTs daran will ich noch die Eigenschaften von Atropin- Hyoscyamin-, Apoatropin- und Hyoscinpikrat. welche ich mir ver- gleichshalber dargestellt habe, mitteilen. Das Atropinpiki-at bildet gelbe, in kaltem Wasser sehr schwer lösliche Blättchen vom Schmelzpunkt 175 — 1760 Q Das Hyoscyaminpiki-at scheidet sich in Nadeln ab, die zu Drusen vereinigt sind; beim Verbleiben in der Mutterlauge verwandeln sie sich in \'ierseitige Tafeln, welche in kaltem Wasser sehr schwer löslich sind und bei 161 — 163 C. schmelzen. Das Apoatropinpikrat vergl. Merck, dieses Ai-chiv 1891. Das Hyoscinpiki-at bildet lange, feine, verfilzte Nadeln, welche in kaltem Wasser schwer löslich sind und bei 160 — 1620 C. schmelzen. Das Piki-at des Atropins und Hyoscyamins sind wie das ent- sprechende Salz des Pseudohyoscyamins dargestellt: das Piki-at des E. Merck, lieber Pseudoliyoscyamm. 121 Hyoscins erhielt ich durch Versetzen einer Lösung des Jodhydrats mit wässriger Pikrinsäure. Spaltung des Pseudohyoscyamins. Nachdem durch einen Versuch festgestellt war, dafs sich nach wiederholtem Eindampfen des Alkaloids mit alkoholischer Natronlauge Tropasäure als Zersetzungsprodukt nachweisen liefs, wurden ca. 2 g Pseudohyoscyamin mit 5 g Barythydrat in wässrig - alkoholischer Lösung 6 Stunden am Rückflufskühler gekocht. Das zur Entfernung des Alkohols zur Trockne eingedampfte Reaktionsprodukt wurde in. wenig Wasser aufgenommen und nach Zusatz von ganz konzentrierter Natronlauge wiederholt mit Chloroform ausgeschüttelt. Diesem Lösungsmittel wurde die Base mit Salzsäure entzogen und zu dem so erhaltenen Chlorhydrat Platinchlorid im Ueberschufs hinzugefügt. Es entstand sofort eine amorphe, weifsgelbliche Fällung, welche ab- filtriert wurde; Zersetzuagsschmelzpunkt bei 220 o C. 0,1894 g verloren beim. Trocknen zwischen 105 — 110^ C. 0,0092 g Wasser = 4,85 Proz. 0,1715 g hinterliefsen nach dem GJ-lühen 0,0376 g Platin: Pt = 21,92 Proz. Aus dem Filtrate von diesem Niederschlage schied sich beim Eindampfen ein feiner, gelber Niederschlag ab, der aus mikroskopisch kleinen Nädelchen bestand und auch in heilsem Wasser so gut wie nicht lösKch war; er enthielt kein KaystaUwasser und schmolz unter Zersetzung bei 2.360 C. 0,1260 g hinterliefsen nach dem Glühen 0,0296 g Platin; Pt = 23,5 Proz. La diesem Salz glaube ich das Alkaloid isoliert zu haben, welches noch dem Pseudohyoscyamin beigemengt ist. Das Filtrat von diesem Salz wurde bis zur Sinipdicke einge- dampft und darauf mit Äther-Alkohol versetzt; es entstand sofort ein weiTslichgelber Niederschlag, der abfiltriert und solange mit Ather-Alkohol gewaschen wurde, bis das Filtrat farblos war. Der so erhaltene Körper krystaUisiert aus salzsäui-ehaltigem Wasser in rotgelben, wulstartigen, krystaUinischen Gebüden, welche ein ähnliches Löslichkeitsverhältnis wie Tropinplatin besitzen, sich bei 210^ C. zu färben beginnen und bei höherem Erhitzen (bis 250 ^ C.) 122 E. Merck, Ueber Pseudoliyoscyamin. sich mehr und mehr schwärzen, ohne einen Zersetziingsschmelzpunkt erkennen zu lassen. I. 0,4587 g verloren beim. Trocknen zwischen 105 — llOO C. 0,0121 g IL 0,1932 g „ „ „ „ 105 — 1100 C. 0,0049 g. Berechnet für : Gefunden : (Cg Hi5 . NO . H Cl)2 Pt CI4 + H, O I. IL H2 = 2,54 ' 2,63 2,53 Proz. Die Elementaranalyse und Platinbestimmung von dem so ge- trockneten Salz führten zu der Pormel (Cg H15 NO . li 01)2 Pt OI4. 0,1145 g lieferten 0,1150 COo und 0,0529 g Hg 0. 0,1463 g hinterliefsen nach dem Glühen 0,0417 g. Platin. Berechnet für: Gefunden: (Cg Hj5 NO . H Cl)2 Pt CI4 I IL C = 27,75 " 27,42 Proz. — H== 4,62 4,97 „ — Pt = 28,14 28,50 Proz. Aus dem vorliegenden, wenn auch spärlichen Material geht mit voller Sicherheit hervor, dals die erhaltene Spaltungsbase weder mit dem Tropin noch mit dem Pseudotropin identisch ist. Untersuchung der Spaltungssäure. Die alkalische Lauge, aus der die Spaltungsbase durch wieder- holtes Ausschütteln mit Chloroform nach Möglichkeit entfernt war, wurde mit überschüssiger Salzsäure versetzt und fünfmal mit Äther ausgeschüttelt. Dieser wurde zweimal mit verdünnter Salzsäure zur Entfernung von etwa in Lösung gegangenem Ohlornatrium bezw. -Baryum behandelt. Nach dem Verdunsten des Lösungsmittels hinter- blieb eine krystallisierte Masse, welche in ihrem ganzen Verhalten mit der Tropasäure übereinstimmte; sie schmolz bei 114 — 115° 0. und besafs den für diese Säure äufserst charakteristischen, honig- ähnlichen Geruch; bei der Oxydation mit Kaliumpermanganat ent- stand Benzaldehyd. Die Elementaranalyse ergab Werte, welche den von der Eormel C9 Hjo O3 verlangten nahe genug kamen. 0,1263 g lieferten 0,2991 g CO., und 0,0750 g Hg 0. Berechnet : Gefunden : C == 65,00 64,60 Proz. H = 6,02 6,57 „ Aus der vorliegenden Abhandlung geht zur Genüge hervor, dafs dem Pseudoliyoscyamin die Formel C17 H03 NO3 zukommt ; es unter- E. Merck, Ueber Champacol. 123 scheidet sicli von Atroi)in bezvv. Hyoscyamiu dadurch, dafs es bei der Spaltung nicht Tropin sondern eine diesem isomere Base liefert. 4. Ueber Champacol. (Ein neuer Campher aus Champacaholz.) Das Oharai)acaholz enthält eine wohlriechende Substanz, welche sich daraus durch Destillation mit Wasserdampf gewinnen läfst. Da diese nach längerem Stehen Neigung zum Krystallisieren zeigte, wurde sie zur weiteren Reinigung noch einmal der Destillation mit Wassei'dampf unterworfen. Das ül^ergehende Ol erstarrte bald zu Kry- stallen, welche in einer schmierigen Masse eingebettet waren und von dieser durch Abpressen auf Tliontellern befreit wurden. Es hinterblieb eine zähe, krystallinische Substanz, welche in viel Alkohol gelöst und darauf mit viel "Wasser versetzt wurde ; es entstand sofort eine milchige Trübung, aus der sich allmählich Krystalle abschieden, welche bei 76 — 80 o C. schmelzen; werden diese nochmals ai\f die- selbe Weise umkrystallisiert , so erhöht sich der Schmelzpunkt auf 86—880 C. Die Elementaranalysen führten zu der Formel C^ ü^q 0. I. 0,1389 g lieferten 0,4147 g COg und 0,1530 g HgO. II. 0,1349 g „ 0.4U15 g COg „ 0,1499 g Ho O. Berechnet für: Gefunden: C17H30O I. II. Mittel. C == 81,60 81,35 81,17 81,26 Proz. H = 12,00 12,24 12,32 12,28 „ Diese Campherart, für welche ich den Namen Champacol vor- schlage, bildet lange, weifse, verfilzte Nadeln, die in reinem Zustande keinen Geruch besitzen und in Alkohol bezw. in Äther leicht, in Wasser schwer löslich sind; sie schmilzt, wie bereits erwähnt, bei 86 — 88 C. und läfst sich sublimieren. Das Champacol hält sich nur in reinem Zustande unverändert, im entgegengesetzten Falle tritt Verflüssigung ein und der angenehme Geruch des Champacaholzes tritt wieder auf. Weitere Untersuchungen über diese neue Campherart behalte ich mir vor. 5. ErmittliiDg der chemisclieu Zusaiumensetziiiig des Hydrargyriiin thymolo-aceticum. Als ich im Jahre 1888 das Hydrargyrttin thymolo-accticiun das erste Mal analysierte, fand ich den Hg-gehalt zu 56,94 Proz. Dax'aus 124- E. Merck, lieber Hydrargyrum thyniolo-aceticum. liefs sich im Zusammenhange mit den übrigen Analysenresultaten keine Formel berechnen, welshalb ich die Trage nach der Konstitu- tion der Verbindung offen lassen mufste. Ich habe jetzt die Sache wieder aufgenommen und die Analyse nach einer andern, wie sich herausgestellt hat, besseren Methode durchgeführt, wobei sich Resul- tate ergaben, die die erwünschte Aufklärung über dieses Doppelsalz brachten und im Folgenden niedergelegt sind. Abgewogene Mengen des Präparates wurden zur Zersetzung mit konz. Salpetersäure in Röhren eingeschmolzen und zunächst 3 Stunden auf 150*^ C. ei'hitzt. Die Röhren wurden hierauf geöffnet, um den sehr starken Druck zu vermindern; nach abermaligem Zu- schmelzen wurden dieselben jetzt auf 270*^ C erhitzt. — Nach dem Öffnen wurde der Röhreninhalt in Bechergläser gespült und auf dem Wasserbade wiederholt mit Wasser bezw. konz. Salzsäure zur Ver- jagung der überschüssigen Salpetersäure abgedampft. Darauf wurde mit Wasser verdünnt und das Quecksilber in der üblichen Weise durch Schwefelwasserstoff abgeschieden. Der Niederschlag wurde auf einem gewogenen Filter gesammelt und nach dem Trocknen, zur Entfernung von etwa ausgeschiedenem Schwefel, mit Schwefelkohlen- stoff behandelt und nach abermaligem Trocknen gewogen. I. 1,0170 g lieferten 0,6572 g HgS; Hg = 55,67 Proz II. 0,9022 g „ 0,5831 g HgS; Hg = 55,70 „ Der Kohlenstoff- und der Wasserstoffgehalt wurde in der üb- lichen Weise vermittelst der Elementaranalyse festgestellt. I. 0,3341 g lieferten 0,3213 g COg imd 0,0893 g Hg II. 0,3713 g „ 0,3548 g COo und 0,1016 g Ho Aus diesen analytischen Daten berechnet sich die empirische Formel ; Cig Hgo O7 Hgg. berechnet für • gefunden : CieHogO^Hga I. IL Hg 55,10 Proz. 55.67 Proz. 55,70 Proz. C 26,44 „ 26.25 „ 26,06 „ H 3,03 „ 2.97 „ 3,04 „ Der zu hoch gefundene Quecksübergehalt wird durch das Prä- parat selbst bedingt sein; das Thymolacetquecksilber wird beim Fällen Quecksilberacetat mit niederreifsen, eine Erscheinung, welche bei allen schwer löslichen Niederschlägen sich Aviederholt. E. Merck, Ueber Berberin. 125 Diese empirische Formel läikt sich nun so zerlegen, dafs die Konstitution des Thymolacetquecksilbers vollständig klar wird. Das- selbe besteht aus 2 Molekülen Quecksilberacetat, worin eine Acetyl- gruppe durch Thymyl C^q H13 (das Radikal des Thymols) ersetzt ist. Deimiach kommt dem Thymol- (wohl besser Thymyl-) acetqueck- silber die folgendende Konstitutionsformel zu: CH3COO. ^ CH3COO CHg C00>^° + C\o Hi3 0>-^S- 6. Berberil!, carboiiic. cryst. Das schon seit Jahren von mir in den Handel gebi^achte Ber- berin. puriss. cryst. war in der Weise dargestellt worden, dafs Berberin. sulfuric. mit Baryumkarbonat und Wasser bei 70*^ C. so lange digeriert wurden, bis die Lösung keine Reaktion mehr auf Schwefelsäure gab. Die Flüssigkeit wurde dann filtriert, im Vacuum eingedampft und die sich abscheidenden Krystalle aus absolutem Alkohol umkrystallisiert. Diese Methode hatte von vorn herein das Missliche an sich, dafs während des Eindampfens ein grofser Teil der Substanz verharzte, die Ausbeute daher nur gering war. Durch Schmidt und seine Schüler^) wurde alsdann die Thatsache konstatiert, dafs das freie Berberin mit Begierde Kohlensäure anzieht und dafs die Handelspräparate kohlensäurehaltig waren. Daraufhin habe ich mein Berberin. puriss. einer erneuten Unter- suchung unterzogen, welche eine Bestätigung der obigen Beob- achtung ergab. Mein Präparat konnte demnach keinen Anspruch mehr auf die Bezeichnung puriss. erheben, ich mufste mich daher nach einem anderen Wege der Darstellung umsehen. Schmidt beschi-eibt zwei verschiedene Modifikationen von Ber- berin, 1. Berberin. pur. aus Acetonberberin, 2. Berberin. pur. aus Berberinsidfat. Das aus Acetonberberin dargestellte Berberin. pur. weist nach Schmidt nur einen Teil des Verhaltens des Berberins aus Berberin- sulf at auf, so besitzt es vor allem nicht die äufserst charakteristische Eigenschaft, aus der Luft Kohlensäure anzuziehen. Da ich im Laufe meiner weiter unten beschriebenen Versuche gefunden habe, dafs 1) cf. Archiv, d. Pharm. 1890, S. 596, sowie H. Schreiber, Dissertation, Marburg 1888. 126 E. Merck. Ueber Berberin. Berberin. pvir. aus Berberinsulfat äüfserst empfindlich gegen Alkohol ist, Avodurch es sich des Weiteren von dem BerlDerin^) aus Aceton- berberin wesentlich unterscheidet, so habe ich auf die Darstellung dieses modificierten , stabileren Berberins als über den Rahmen meiner Intentionen hinausgehend verzichtet. Auch die Methode der Darstellung von Berberin. pur. aus Berberinsulfat durch Ei'hitzen des Zwischengliedes (des Berberin- karbonates) auf 100'' C. im Wasserstoff ström konnte ich von vom herein, weil im gröfseren Mafsstabe wenig praktikabel, nicht auf- nehmen. Ich habe daher weitere Versuche, diesen Gegenstand betreffend, angestellt. Dabei wurden einige interessante Thatsachen beobachtet, welche als Ergänzung zu den Schmidt'schen Arbeiten^) A^oUkommen sein dürften. Ausschüttelungsvex'suche, in den verschiedentlichsten Modifi- kationen ausgeführt, ergaben kein günstiges Resultat, desgleichen erreicht man nichts durch Operieren mit Ammoniak, Natronlauge, Soda in Lösung und Substanz, Bikarbonat, angesehlemmter Blei- glätte etc. in der Kälte oder Wärme mit wässerigen Salzlösungen oder bei Gegenwart von Weingeist. Behandlung des salzsauren Salzes mit frisch gefälltem Silberoxyd erwies sich ebenfalls als nicht zum Ziele führend, es bHeb demnach nur ein Weg übrig, nämlich die Behandlung des Sulfates mit Barytverbindimgen. Zunächst wurde mit weingeistigen Lösungen operiert und zwar habe ich zu diesen Versuchen mein Berberin. sulfuric. cryst. solub. benutzt, da dieses im Gegensatz zu dem gewöhnlichen Berberinsulfat die ange- nehme Eigenschaft besitzt, in Alkohol, namentlich beim Erwäimen, leicht löslich zu sein (1. Geschäftsbericht 1892.) Die weingeistige Lösung des Sulfates wurde zunächst mit Ba- ryumkarbonat und (weil letzteres unwirksam; hierauf mit Barythy- dratpulver in der Wärme geschüttelt. Es gelingt jedoch nicht, auf diese Weise alle Schwefelsäure an den Barji; zu binden, man mufs vielmehr Barythj-dratlösung zusetzen, um die Schwefelsäure völlig niederzuschlagen. Arbeitet man aber mit einer etwas gröfseren Quantität (etwa 100 g Sulfat), trägt jedoch hierbei Sorge, dafs die 1) Archiv. 1890, S. 610 u. a. m. 2) Stubbe. Archiv. 1890, S. 617. E. -Merck. IJeber Berlierin. 127 Lösung keine Spur von Aetzbaiyt, sondern eine ganz minimale Spur von Schwefelsäure enthält, so nehmen die Operationen des Prttl'eus, Filtrierens u. s. ^v. so ^^el Zeit in Anspruch, dafs sich trotz aller Vorsicht inzwischen das Berbei'in durch die Einwirkung des warmen Weingeistes unter Abscheidimg von Hai'z und Kryställchen (welche mit Säuren keine schwer löslichen Ber- berinsalze mehi' geben) vollkommen zersetzt. Ich habe daher weitere Versuche mit alkoholischen Lösungen aufgegeben. Wässerige BerberinsulfaÜösung , mit kohlensaurem Baryt be- handelt, giebt. wie schon erwähnt Berberinkarbonat. doch gelingt es auch da nur in der Wärme die Schwefelsäure völlig herauszunehmen. Das einzige Mittel, das schon in der Kälte wirkt, ist Barythydrat. Setzt man zu Berberinsulfat, welches mit Wasser angeschlemmt ist, Bai'j'tlösung, so verschwinden die gelben Berberinkryställchen in dem Maafse, als der Baryt sich mit der Schwefelsäure verbindet. Man trägt schliefslich einen geringen Ueberschxifs von Baryt ein, so dafs eine abfiltrierte Probe mit Barytlösvmg keine Schwefelsäure, dagegen mit Schwefelsäure eine geringe Barytreaktion giebt. Es wird sofort Kohlensäure eingeleitet, bis aller Baryt niedergeschlagen ist und hierauf abfiltriert. Es zeigt sich nun die höchst überraschende Thatsache, dafs die Lösung. aVjgesehen von einem geringen Kohlensäuregehalt. wieder erhebKche Mengen Schwefelsäure enthält, dafs also das frisch gefällte Baryumsulfat in der Kälte rückwärts Schwefelsänre an das in Lösung befindliche Berbeiin abgegeben hat, resp. dafs aus frisch gefälltem schwefelsaurem Baryt bei Gegenwart von Berberiu durch Kolilen- säure, Schwefelsäure abgespalten worden ist. Nimmt man dieselbe Operation analog den Angaben von Stubbe (Archiv 90, S. 617) in der Wärme vor, so ist die Lösung hernach allerdings schwefelsäurefrei, enthält aber ebenfalls etwas Kohlen- säure, und es hat starke Zersetzung stattgefunden. Will man daher mit einer einzigen Operation zum reinen Ber- berin gelangen, so giebt es nur einen Weg, d. i. man fällt die Schwefelsäm-e genau mit Barytlösung aus. Auf diese Weise erhält man eine hellgelbe, wässerige Lösung, welche frei ist von Säuren und Baryt, und daher nichts als reines Berberin enthält. 128 E. Merck, Ueber Berberin. Diese Lösung ist in der Kälte bei grofser Verdünnung leidlich beständig, in der Wärme zersetzt sich das Berberin, man kann es daher durch Eindampfen nicht gewinnen. Sowie man übrigens eine gröfsere Menge konzentrierter Lösung (stärker als 1 : 10) darstellt, zersetzt sich das Berberin allmälich auch schon in der Kälte. Die Flüssigkeit wird nämlich mit der Zeit immer dunkler und zieht eine harzige Haut. Versetzt man abgemessene, gleiche Teile hinter einander nach gewissen Zeiträumen mit Schwefelsäure, so wird die Ausbeute an sich abscheidendem Sulfat immer geringer. Dunstet man die Lösung von reinem Berberin durch Aufstreichen auf Glasplatten bei gewöhnlicher Temperatur rasch ein, so erhält man Berberin. pur., das in kaltem Wasser und Weingeist leicht lös- lich ist. Die alkoholische Lösung zersetzt sich in der Wärme sofort, in der Kälte langsamer, aber schliefslich vollständig, ein Umstand, der abermals lehrt, dafs man bei der Darstellung von Berberin mit Weingeist nicht operieren darf. Während des Eintrocknens zieht Berberin übrigens sofort energisch Kohlensäure an, man kann daher die völlig säurefreie Base direkt nur in geringen Mengen in einer kohlensäureireien Atmosphäre darstellen. Wie aus dem oben Ge- sagten hei'vorgeht, ist es selbstverständlich, dafs das auf die ange- gebene Weise erhaltene trockne Berberiu. pur. stets schon etwas zersetzte Base (allerdings nur in ganz geringen Mengen) enthält; es gelingt nämlich nicht, selbst wenn man noch so rasch verfährt, aus dem trocknen Berberia genau die zur Darstellung angewandte Menge Sulfat zurückzuerhalten. Hierbei möchte ich nochmals ausdrücklich hervorheben, dafs das Berberin nicht einen Augenblick mit über- schüssigem Barythydrat in Berührung war und dafs ein Versuch mit Berberin. sulfuric. solub., bei dem aUes Salz von vorn herein in Lösung war, genau dasselbe Resultat ergab. Das in der oben beschriebenen Weise auf Glasplatten einge- trocknete Berberin stellte sich durchgeheuds als eine amorphe Masse dar; die Lösung zeigte während des Eintrocknens keine Neigung zur Krystallisation. Aus allen diesen Versuchen geht hervor, dafs die im Berberia- sulfat enthaltene Base im freien Zustand äufserst unbeständig ist und direkt durch einfache Methoden im krystallisierten Zustand nicht erhalten werden kann. Ich habe es daher aufgegeben, daa E. Merck, Teber Adonit. 129 Berberin. jmrum in Sul)stanz darzustellen \md hal)e als Ersatz für dasselbe Berberin. carbonic. crj'st. eingeführt. Mittelst Säuren kann man aus demselben beinahe jedes l)eliebige Salz ohne wesentliche Zersetzung darstellen. Das Salz ist frei von fremden Säuren und läfst sich aus Wasser und Weingeist umkrystallisieren ; für wissen- schaftliche Zwecke kann daher Jedermann nach seinem Gutdünken beliebige Reinigungen vornehmen, sowie durch Erhitzen im Wasser- stoffstrom auf 100^ C. das Stubbe'sche Berberin. pur. darstellen. In dieser Hinsicht glaube ich denn auch das Berberin durch die Einführung dieser Verbindung weiteren Untersuchungen zugäng- licher gemacht zu haben, da die Darstellung des Berberincarbonates im Kleinen, namentlich mit Rücksicht auf die Ausbeute, manche Schwierigkeit und Enttäuschung bieten dürfte. 7. Adonit. ein krystallisiereuder Körper aus Adonis vernalis. In jüngster Zeit habe ich zwei verschiedene Posten Adonis vernalis, deutschen Ursprungs, verarbeitet, welche, abgesehen von den übrigen Bestandteilen, in grosser Menge einen schön krystalli- sierenden Körper enthielten, den ich Adonit genannt habe. Der reine Adonit ist in Wasser ungemein leicht löslich, die Lösung schmeckt anfänglich süfs, doch verschwindet der Eindruck des Süfsen rasch und hinterläist auf der Zunge ein gewisses, stumpfes Gefühl. Aus konzentrierten wässerigen Lösungen erhält man derbe, centimetergrofse, wasserklare Prismen; aus Alkohol, worin Adonit nur in der Wärme leicht löslich ist, kurze, weifse Nadeln, die sich nicht in Aether und Petroläther lösen. Sowohl die aus Wasser wie aus Alkohol erhaltene Substanz schmilzt bei 102 ^ C, beginnt jedoch schon bei 99 o C., zusammenzubacken. Durch stundenlanges Erhitzen im Luftbad zunächst bei 95"^ C, dann bei 105'^ C. und schHefslich IIS*^ C. findet keine Gewichtsabnahme, sondern eine etwa ^/^ Proz. betragende, konstant bleibende Gewichtszunahme statt, die vielleicht auf eine geringe Sauerstoffaufnahme im Augenblick des Schmelzens zurückzuführen ist. Trotz dieser Gewichtszunahme bleibt die ge- schmolzene Substanz völlig wasserhell und krystallisiert nach dem Erkalten zu einem Kuchen, der, gepulvert, genau wie die ursprüng- lichen Krystalle bei 102*^ C. schmilzt. Der Adonit enthält demnach kein Krystallwasser, er besitzt neutrale Reaktion, reduziei't nicht Arch. d. Pharm. CCXXXI. Bds., 2. Heft. 9 130 E. Merck. Ueber Adonit. Fehlingsche Lösvmg. bräimt nicht wässerige Alkalien nnd löst sich in konzentrierter Schwefelsäure unter Erwärmung zu einer wasser- hellen Flüssigkeit auf. Beim Erhitzen auf dem Platinblech schmilzt Adonit und entwickelt bei stärkerer Hitze schwach an Caramel er- innernde Dämpfe, welche mit blauer Flamme, ohne Hinterlassung irgendwie erheblicher Mengen von Kohle, verbrennen. Im Kölbchen erhitzt, beginnt die geschmolzene Masse bei ca. 140*^ C. in's Sieden zu kommen, das Thermometer steigt dann rasch bis gegen 280 bis 2900 c. Wälirend der Destillation spaltet sich Wasser ab. dabei geht ein gelbliches Oel über, welches in Wasser und Weingeist lös- lich ist und stark sauer reagiert, der Körper läfst sich daher bei gewöhnlichem Druck nicht unzersetzt destillieren. Der Adonit ist optisch inaktiv und enthält keinen Stickstofl. Die Analj'Se lieferte Zahlen, die gut auf einen Körper Aon der Formel C5 H12 O5 stimmen. 1) 0,1903 g Substanz gaben 0,2743 g COg und 0,1385 g R.ß 2) 0,2196 g „ „ 0,3183 g COo „ 0,1639 g H^O Berechnet für : Gefunden : C5H10O5 I. IL C 39,47 39,30 39,53 H 7,90 8,08 8,28 O 52,63 — — Demnach dürfte ein bis jetzt unV)ekannter. fünfatomiger Alkohol vorliegen. Hieran anknüpfend sei erwähnt, dafs Podwyssotzi angiebt. er habe aus Adonis veriialis eine in prachtvollen Prismen kiystalli- sierende Zuckerart „Adonidodulcit" erhalten. Eine ausführ- liclie Publikation stellte der Verfasser (der. wie bekannt, vor einigen Monaten gestorben ist) in Aussicht, dieselbe ist aber meines Wissens nicht erschienen. Die erwähnte vorläufige Mitteilung scheint im Original in einer russischen Zeitschrift (vielleicht Med. Obosr.) publiziert worden zu sein, mir sind nur Referate hierüber zugänglich, welche die verschiedentlichsten Zeitschriften gebracht ha])en.^) In keinem dieser Referate befinden sich jedoch nähere Angaben über Formel. Schmelzpunkt, chemisches Verhalten etc., es scheint mir Z. B. Archiv d. Pharmacia 1889, S. 141. Pharmac. Zeitung 1888. S. 856, Pharmac. Zeitschrift f. Rufsland 1838. S. 617. Pharm. Journ. et Transact. III, Nr. 953 etc. E. Merck, Ueber Corydalisalcaloide. 131 demnach, als ob der Adonidodulcit nur oberflächlich beschrieben und seiner Natur nach wenig erkannt wurde. Ich bin demnach auch nicht in der Lage, entscheiden zu können, ob derselbe mit Adonit identisch ist oder nicht. Beide Posten der von mir verarbeiteten Adonis vernalis waren annähernd im gleichen Stadium des Wachstums gesammelt worden, sie wiesen beide Blüten und grüne Samen auf und enthielten ca. 4 Proz. Adonit. In Bezug auf das physiologische Verhalten des Adonits hatte Herr Prof. Kobert die Güte, mir briefüche Mitteilungen zu machen. Darnach ist Adonit ohne spezifische Wirkung auf den tierischen Lebensprozefs. 8. Alkaloide aus Corydalis cava. Im Frühjahr 1S92 habe ich mich speziell mit der Untersuchung' der Alkaloide aus Corydalis cava beschäftigt. Die dabei sich erge- benden Resultate wurden zurückgestellt, um in dem vorliegenden Jahresbericht veröffentlicht zu werden. Inzwischen haben sich mehrere Forscher, Dobbie und Lauder^). sowie Freund und Josephy^) mit dem gleichen Gegenstand beschäftigt, so dafs manche interessante Resultate bereits von dieser Seite bekannt geworden sind^). Da sich jedoch Dobbie und Lauder im Wesentlichen nur mit dem Cory- dalin (Smp. 135^ C.) beschäftigt haben. Freund und Josephy da- gegen nicht die Droge selbst, sondern ein aus derselben von Tromms- dorf dargestelltes „krystallisiertes" Basengemisch analysiert haben, so mag die vorliegende Untersuchung der Droge insofern Interesse bieten, als sie einen Beitrag zur Kenntnis aller in derselben vor- kommenden Alkaloide (also auch der amorphen) darstellt. Die zerkleinerten Wurzelknollen wurden mit mäfsig starkem Weingeist ausgezogen und der Weingeist abdestilliert. Einige Versuche, welche mit dem hierbei verbleibenden wässerigen Rück- 1) Joum. Chem. See. 1892. S. 244 u. 605—611. 2) Berl. Berichte, 25. S. 2411. '') Während des Druckes dieser Abhandlung ist in No. 51 der Phar- maceutischen Post das Referat einer Arbeit E. Birsmanns: „Studien über die Alkaloide der Corydalis nobilis Pers." erschienen. Leider genügen die in der Phann. Post enthaltenen Notizen nicht, um zu erkennen, in wie weit die Resultate Birsmanns von den meinen ab- weichen. 9- 132 E. Merck. Ueber Corydalisalcaloide. stand augestellt Avurden, ergaben, dafs derselbe schwächere und stärkere Basen enthielt. Auf Grund dieser Erkenntnis gelang es die vorhandenen Alkaloide fast quantitativ in zwei Gruppen zu zerlegen. a. Schwächere Basen. I. Corydalin. cryst. (Smp. 135*^ C). Die Hauptmenge der schwächeren Basen bestand aus einem Alkaloid, das in Alkohol und Äther ziemlich leicht löslich ist und welches gereinigt in grofsen Prismen la-ystaUisiert, die bei 135'' C schmelzen. In Säuren gelöst und mit Natronlauge versetzt, fällt ein voluminöser Niederschlag aus, der sich im Uberschufs des Fällungs- mittels nicht A^deder auflöst. Diese Eigenschaften stimmen daher genau mit jenen überein, welche von den obengenannten Forschern füi- Corydalin angegeben werden. 2. Base vom Smp. 218" C. (Corycavin?). Bei der Reinigung des Corydalins ergaben sich geringe Mengen eines in allen Lösungsmitteln schwer löslichen Körpers, der im reinen Zustand äufserst kleine verfilzte Nädelchen darstellt, die bei 218^0. imter Zersetzung schmelzen. Der Körper ist eine schwache Base, welche sich in salzsaurem Wasser leicht, in essigsaurem nur bei grofsem Ueberschufs von Säure auflöst; die Lösung ist fällbar durch Ammoniak und Natronlauge, der Niederschlag ist im Uberschufs des Fällungsmittels unlöslich ; er ist weiter in Äther imd Alkohol schwer, in Chloroform etwas leichter löslich. Nach dem Bekanntwerden der Freund vmd Josephy"schen Ai'beit war ich anfänglich versucht, diesen Körper als Corycavin anzusprechen, wenn letzteres nicht als „in prachtvollen rhombischen Tafeln krystallisierend" beschrieben worden wäre. Diese Angabe stimmt mit dem äufseren Ansehen des von mir gefundenen Alkaloids nicht überein, denn, wie schon angegeben^ erhielt ich dasselbe in äufserst kleinen Nädelchen. Eine nähere Untersuchung mufste seinerzeit leider aufgegeben werden, da nur geringe Mengen Substanz zur Verfügung standen und nach Beendi- gung der Arbeit keine Droge mehr aufzutreiben war. Im nächsten Frühjahr jedoch, wenn wieder frische Knollen zu haben sind, werde ich die Untersuchung aufs neue aufnehmen und hoffe dann, Defini- tives berichten zu können. E. Merck, Ueber Coryclalisalcaloide. 133 b. Starke Basen. Als starke Basen ergaben sich gröfsere Mengen eines krystalli- sierenden und eines amorplien Alkaloides. 3. Bulbocapnin. cryst. (8mp. 199° C). Die krj-stallisierende Base liefs sich mit Hülfe ihres in kaltem Wasser schwer löslichen salzsanren Salzes leicht reinigen. Sie schmilzt bei 199'' C, ist löslich in überschüssigem Atzkali nnd ent- spricht daher genau den Eigenschaften, welche Freund und Josephy füi' Bulbocapnin angeben. Dieses Alkaloid ist in den relativ gröfsten Mengen in der Droge enthalten, es ist dasselbe, das ich bei kleinen Arbeiten schon früher erhielt und unter dem Namen Corydalin in den Handel brachte, xlls starke Base, welche die übrigen quanti- tativ überragt, dürfte dieses Alkaloid das Hauptinteresse beanspruchen und verdiente daher den Namen Corydalin beizubehalten. Um jedoch keine Verwirrung zu schaffen, will ich die von Freund und Josephy vorgeschlagenen Namen acceptieren, bezeichne daher von nun ab unter Corydalin die bei 135'^ C, unter Bulbocapnin die bei 199^ C. schmelzende Base. In meiner Preisliste habe ich bei Bulbocapnin den Zusatz „Hauptalkaloid aus Corydalis cava" gemacht, um die Auf- merksamkeit der Forscher auf diesen dem Namen nach mit der üb- lichen Bezeichnung der Droge wenig verwandten Körper zix lenken Hieran anknüpfend will ich erwähnen, dafs die vorgefundenen Men- gen von Corydalin zu Bidbocapnin sich wie 1:2Y., verhalten. 4. Corydin (amorphes Alkaloid). Die Mutterlauge von der ersten krj^stallinischen Abscheidung des Bulbocapnins enthält eine starke Base, welche, unlöslich in Wasser, in Alkohol und Äther sehr leicht löslich ist, die aber niclit in kiystallisierte Form gebracht werden konnte. Desgleichen zeigt ihr salzsaures Salz keine Fähigkeit zu krystallisieren. Diese Base ist in etwas geringerer Menge als das Bulbokapnin, in gröfserer je- doch als das Corydalin vorhanden: ich habe dieselbe Corydin ge- nannt. Das völlig neutrale salzsaure Salz ist in Wasser sehr leicht löslich, durch Natronlauge fällt ein voluminöser Niederschlag, der im Ueberschufs des Fällungsmittels unlöslich ist. Nach brieflichen 134 E. Merck, Ueber Hydrastinum bitartaricum. Mitteilungen des Herrn Professor Kobert erzeugt das Corydinhy- drochlorat bei Katzen, in Dosen von 35—37 mg pro Kilogramm Tier intravenös eingespritzt, fast augenblicklich die furchtbarste Epilepsie, die nach ^j^ stündiger Dauer zum Tode führt. Dies "vvar der Stand meiner Untersuchung im Frühjalu- 1892. Dieselbe hat also ergeben, dafs die WurzelknoUen von Coiydalis Cava vier Alkaloide enthalten, und zwar geordnet nach den vor- gefundenen Mengen : 1. Bvdbocapnin. cryst. (Smp. 199'-^ C.) 2. Corydin. (amorph.) 3. Corj^dalin. cryst. (Smp. ISö» C.) 4. Base vom Smp. 218^ C. Schon oben habe ich nach dem Eiatreifen von frischem Material weitere Untersuchimgen in. Aussicht gestellt. Ich hoffe, dafs die- selben über alle in der Droge vorkommenden Körper (vor allem also auch über Base No. 4, Smp. 218'^) Licht verbreiten werden, so dafs ich den Fachgenossen ein definitives Resultat zur Verfügung stellen kann. 9. Hydrastinum bitartaricum crystallisatum. Von den Hydrastinsalzen sind bisher nur das Picrat und das Doppelsalz mit Zinnchlorür als kiystaUisierend beschrieben worden. Im Ai'chiv der Pharmacie 1890, p. 53 ist ferner angeführt, dafs das Hydrochlorat, -bromat und -jodat als miki'olay^staUinische Pulver er- halten werden können, welche aber weder aus Wasser noch aus AVeingeist zur Ki-ystaUisation zu bringen sind. Weitere Versuche mit organischen oder imorganischen Säm'en, krystallinische Hydrastin- salze zu erhalten, haben zu keinem Resultate gefühi-t (Ai'ch. d. Pharm. 1888, p. 337). Unter solchen Umständen dürfte es von Interesse sein, dafs es mir vor Kurzem gelungen ist, das in weifsen Nadeln krystallisierende Hydrastinbitartrat, somit das erste, auch für die medizinische An- wendvmg wichtige, einfache, krystallisierende Salz des Hydi-astins darzustellen. Dasselbe löst sich leicht in heifsem, schwerer in kaltem Wasser und eignet sich in hervorragender Weise zur absoluten E. Merck, Ueber Veratrin. 135 Reinigmig des Hydrastiiis. Die Analyse ergab füi' das Hydrastin- bitartrat die Formel: C21H21NO6.C4H6O6 + 4H2O. Berechnet : Gefunden : I. II. C2iH2iN06 = 383 63.3 Proz. — C^HgOß = 150 24.8 „ — 24,5 Proz. 4HoO ^ 72 11,9 „ 12,ÜProz. — 605 I. 1 g verlor bei 105 C. bis zum konstanten Gewicht getrocknet 0,120 g, also 12 Proz. Dabei sinterte die Masse zusammen und war schliefslich zu einer zähen gelblichen Masse geschmolzen II. 5 g wurden in heifsem Wasser gelöst, etwas Alkohol zugesetzt \md langsam unter Rühren mit 20 ccm Normal-Natronlauge versetzt. Das Hvdrastin krystallisierte aus und wurde nach dem Erkalten abfil- trier L, völlig ausgewaschen, getrocknet und gewogen. Das gefundene Gewicht betrug 3.1 g = 62 Proz. (also ein Manko von 1,3 Proz., was nicht Wunder nehmen darf, da ein gewisser Teil Hydrastin durch die Gegenwart des Alkohols in der Mutterlauge gelöst bleibt. Die Mutter- lauge Avurde mit Normal-Salzsäure zurücktitriert, Verbrauch: 3,7 ccm. Also wurden zur Abstumpfung der Weinsäure 16,3 ccm. Normal-Natron- lauge verbraucht, 0,075 mal 16,3 = 1,2225 g Weinsäure = 24.5 Proz. 10. Veratrinum er} stallisatum. Mein Veratrin. crj'st. ist identisch mit dem von andern Autoren Cevadin genannten Körper. Es bildet weifse Kiystalle, die die Formel C32 £[49 NO9 besitzen und aufserdem noch Krystallwasser ent- halten. Letzteres verlieren sie teilweise schon beim Liegen an der Luft und werden dadurch undurchsichtig. Die durch Trocknen bei lOC^ C. völlig vom Wasser befreiten Krystalle schmelzen bei 202*^ C. (uncorrig.) Das Veratrin. cryst. löst sich leicht in Äther, ferner in 10 — 12 Teilen kaltem Weingeist und leicht in heifsem Weingeist. Die Salze sind fast sämtlich amorph. KrystaUisiert konnten bis jetzt nur er- halten werden das Gold- und Qiiecksilberdoppelsalz, sowie das Pikrat. 136 Ernst Schmidt. Feber Papaveraceen-Alkaloide. Mitteilungen aus dem pharmaceutiscli-cliemisclien Institut der Universität Marburg. 46. Über Papaveraceen-Alkaloide. Fünfte Mitteilung. Ton Ernst Schmidt. ("Eingegangen, den 1. VII. 1S92) Die naciistelienden Abhandlungen der Herren Georg Koenig and William Tietz schliersen sich an die Versuche an, welche ich in den letzten Jahren durch die Herren A. Hens chice, F. Seile und W. Danckwortt über Papaveraceen-Alkaloide habe ausführen lassen.^) Wie ich früher bereits andeutete, bezwecken diese Unter- suchungen, einesteils die lückenhaften Kenntnisse dieser, durch be- sondere Mannigfaltigkeit ausgezeichnete x\lkaloidgruppe nach Mög- lichkeit zu ei'gänzen, anderenteils zu konstatieren, ob zwischen den Alkaloiden der verschiedenen Papavei'aceen chemisch und physiologisch ähnliche Beziehungen ol^walten, wie dies bei einigen Opiumbasen der Fall ist. Soweit die bezüglichen Untersuchungen l)is jetzt gediehen sind, haben dieselben den bekannten Satz, dafs morphologisch nahe ver- wandte Pflanzenarten häufig auch chemisch in gewisser Beziehung zu einander stehen, nur in gewissem Sinne bestätigt. Die bisher von mir und von meinen Schülern untersuchten Papaveraceen ent- hielten folgende Alkaloide: /. ChcUdoniiiui Diajiis. (Wurzel.) Chelidonin : C^,, Hjö NO5, «-Homoclielidonin : C^j Hg^ NOr,. /?-Homochelidonin : Cot Hoi NO5, Chelerytlirin : Co^ H17 NO4, Ch. Protopin: aoHi^NGj, (Sanguinarin : Coq H15 NO4') ? 1) Diese Zeitschrift 1S88, G23; 1890. 96 und U\\ Inaugural-Disser- tation Erlangen 1890. Ernst Schmidt, Ueber Papaveriiceoii-Alkaloide. i:^ //. Slylophoroii diaphylluni. (Wurzel.) Chelidonhi : C^,, Hig NOr, Protopin ; (CgoHn NO5) ? ///. Saiiguinaria canadcusis. (Wurzel.) Cheler3-thrin: C^^ H^^ IS'O^, Sangninarin : C^ H^- NOj. /f?-Homoclielidonin : 621 ^^.x. ^^:y ^'-Homochelidonin : C^i H21 NO5, S.-Protopin : Cgo ^yj ^05. IV. Eschscholtzia californica. (Wurzel und Kraut.) E.-Protopin : Cgo H^^ NO5. Alis dieser Zusammenstellung soll jedoch nicht hervorgehen, dals die vorstehenden, von uns bisher isolierten Alkaloide die einzigen sind, welche überhaupt in jenen Papaveraceen vorkommen. Es kann dies umsoweniger der Fall sein, als ich bei der Untersuchung dieser Drogen die Ueberzeugung gewonnen habe, dafs die genannten Basen nur den wesentlichen Teil der in diesen Materialien vorkommenden Alkaloide bilden. Bei der Untersuchung sehr grofser Mengen von Rohmaterial dürften sich daher aus den einzelnen Drogen noch weitere Alkaloide gewinnen lassen. Ob jedoch die Zalil dieser noch zu isolierenden Basen eine ebenso grofse ist wie die, welche neben den Hauptalkaloiden in dem Opium enthalten ist, glaube ich nach den vorliegenden Beobachtungen bezweifeln zu sollen. Vergleicht man die vorstehenden Alkaloide unter einander, so ist eine ge"v\'isse Uebereinstimmung in dem Vorkommen dei'selbeu nicht zu verkennen. Auffallend ist es jedoch, dafs von den zahl- reichen Opiumbasen bisher nur eine, das Protopin. in den übrigen Papaveraceen beobachtet werden konnte. Ob das von Bandet und Adrian^) behauptete Vorkommen von Morphin in Eschscholtzia californica sich bestätigen wird, mag zunächst dahingestellt bleiben. Jedenfalls enthielt die in hiesigem botanischen Garten kultivierte Eschscholtzia californica, von welcher Wurzel und Kraut durch W. Dankwortt-) auf meine Veranlassung 1) Pharmac. Zeitung 34. 3. 2) Inaugural-Dissertation, Erlangen 189U. 138 Ernst Schmidt, Ueber Papaveraceen-Alkaloide. untersucht wurden, kein Morphin. Von den verschiedenen Alka- loiden, welche diese, hier gerade nicht leicht zugängliche Pflanze enthält, konnte allerdings bisher nur eine Base isoliert werden, welche in der KrjT^stallform, in dem Schmelzpunkte, in den Löslichkeitsver- hältnissen und in den Reaktionen mit Protop in übereinstimmt. Sobald mir jedoch diese Droge in genügender Menge zur Verfügung steht, werde ich nicht verfehlen auch die übrigen, darin vorkom- menden, anscheinend zu den Chelidoniumalkaloiden in naher Be- ziehung stehenden Basen, die nach ihren Reaktionen zu urteilen, zum Teil sogar identisch mit anderen Papaveraceen-Alkaloiden sind. einer weiteren Untersuchung zu unterziehen. Mit dem Namen Protopin ist zunächst ein Alkaloid von 0. Hesse') belegt woi-den, welches sich in geringer Menge in dem Opium vorfindet. Mit dieser Base ist anscheinend ein Körper iden- tisch, welchen Eykman^) als Macleyin aus der Wurzel von Macleya cor data isolierte. Die Analysen beider Forscher führten zu der Formel C20 H^g NO5. Hiemach würde das Protopin als ein Iso- meres des Chelidonins anzusehen sein, da die Zusammensetzung- letzterer Base nach den Untersuchungen von A. Henschke und F. Seile durch die gleiche Formel zum Ausdruck gelangt. "Wie aus nachstehenden Untersuchungen hervorgeht, gelang es F. Seile und Ct. Koenig aus der Chelidoniumwurzel, und G. Koenig und F. Tietz aus der Sanguinariawurzel ein Alkaloid zu isolieren, welches in seinen Eigenschaften und in seinen Reaktionen durchaus den von 0. Hesse und von Eykman isolierten Basen gleicht. Dieses Alkaloid, welches seiner Abstammung nach, zunächst als Ch. -Protopin und S. -Pro topin bezeichnet wurde, zeigte die Eigenthümlichkeit, je nach den Versuchsbedingungen, sich in zwei, äufserlich sehr verschiedenen Formen : in durchsichtigen, glänzenden, monoklinen Krystallen und in weifsen, undurchsichtigen, aus feineu Nadeln bestehenden, warzenartigen Gebilden, auszuscheiden. Da diese beiden Krystallarten denselben Schmelzpunkt (207<') und die- selben Reaktionen zeigten, auch in der Zusammensetzung und in der physiologischen Wirkung Verschiedenheiten nicht konstatiert werden komaten, so kann wohl angenommen werden, dafs es sich 1) Annal. d. Chemie Supplem. 8. 2) Tokio Daiguku X. Ernst Schmidt, Ueber Papaveraceen-Alkaloide. 139 dabei nur um eine vei'schiedene Ausscheiduugsform eines und desselben Alkaloids handelt, umsomehr als sich die eine FoiTn in die andere durch Umkiystalliöieren überführen lälst. Die gleiche Eigenthüm- lichkeit wurde auch bei einer kleineren Probe Opium-Protopin be- obachtet, welche von E. Merck in Darmstadt bezogen war. Auch dieses Protopin stimmte nach wiederholtem Umkr\'stallisieren. in der Form, in dem Schmelzpunkte, in den Reaktionen und in der "Wirkung mit dem Ch. -Protopin und S. -Protopin überein. Der Schmelzpunkt des Opium-Protopins ist bereits auch von E. Merck zu 207^ er- mittelt worden (Jahresbericht 189 Ij. Weitere Untersuchungen konnten mit diesem sehr theuren Material (1 g Protopimim praccipit. = 24 M.j vorläufig nicht ausgeführt werden. Alle diese Protopine zeigten das sehr charakteristische Ver- halten, in Irisch gefülltem Zustande von Aether zunächst in reich- licher Menge gelöst, um jedoch schon nach km-zer Zeit aus dieser Lösung wieder in Foi'm von kleinen, aus feinen Xadeln bestehenden Warzen abgeschieden zu werden. Das gleiche Verhalten zeigte nach Eykman auch das Macleyin. Die analytischen Daten, welche Seile. Koenig und Tietz bei der Untersuchung des Ch.-Protopins und des S.-Protopins ermittelten, stehen am besten mit der Fonnel Cgo ^\-, XO5 im Einldang. während Hesse luid Eykman n zu der Formel CooHjgXOs gelangten. Trotz dieser kleinen Differenzen, die in den Beobachtungen der verschie- denen Autoren über die Protopine verschiedener Provenienz obwalten, gewinnt es auch, in Erwägung der vielen, höchst charakteristischen Uebereinstimmungen, welche dieselben in ihren Eigenschaften zeigen, den Anschein, als ob es sich hierbei um identische Körper handelt. Es dürfe dann dieses Alkaloid. obschon die Menge, in welcher das- selbe bisher beobachtet wurde, nur eine geringe ist. als dasjenige bezeichnet werden. Avelches nach dem Stande unsei'er gegenwärtigen Kenntnisse in den Papaveraceen am verbreitetsten vorkommt. Bereits früher habe ich darauf aufmerksam gemacht^), dafs die auf Grund der Versuche von Schiel^) allgemein angenommene Identität von Chelerythrin und Sanguinarin. ohne Weiteres nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. F^nthält auch das 3j Diese Zeitschrift 1888. 622. ^) Journ. f. prakt. Chem. 67, 61. 140 Ernst Schmidt. Ueber Papaveraceen-AlkaloVde. bisher mit dem Namen Sanguinarin bezeichnete Alkaioid. wie die Untersuchnngen von G. Koenig iind W. Tietz lehren, sehr be- trächtUche Mengen von Chelerythrin, PO kann doch von einer Iden- tität beider Basen im Sinne Schiel's nicht die Rede sein, da das Sanguinarin dieses Forschers, sowie der späteren Autoren, überhaupt kein einheitHcher Körper, sondern ein Gemenge verschiedener, nicht gerade leicht trennbarer Alkaloide war, von denen wir bisher nur Chelerj'thrin. Sanguinarin. ;?-Hom ochelidonin --Homo- chelidonin und S.-Protopin isolieren konnten. Das käufliche Sanguinarin enthält sogar, wie aus den Beobachtungen von G. Koenig hervorgeht, aufser den genannten Basen, noch beträchtliche Mengen harzartiger. schA\-ierig zu charakterisierender Steile. Sind auch die als Chelerythrin. Sanguinarin, Protopin und ;9-Horaochelidonin bezeichneten Alkaloide der Sanguinariawurze mit den entsprechenden Basen der Chelidonium->,\iirzel identisch, so ist doch das Mengenverhältnis, in welchem dieselben in beiden Drogen vorkommen, ein sehr verschiedenes. Während die Clieli- doniumwurzel als Hauptalkaloid das Chelidonin enthält, konnte diese durch besondere Krystallisationsfähigkeit ausgezeichnete Base in der Sanguinariawurzel bisher überhaupt nicht aufgefunden werden. Die Sanguinariawurzel enthält dagegen als wesentlichstes Alkaioid das Chelerythrin. eine Base, die sich in der Chelidoniumwurzel nur in sehr geringer Menge findet. Bei Erwägung des pharmako- logischen Charakters des Chelidonins und des Chelerythrins dürfte daher die Wirkung der Chelidonium- und der Sanguinariawurzel a priori eine sehr verschiedene sein. Die als Chelerythrin und Sanguinarin bezeichneten Alka- loide unterscheiden sich von den sämtlichen, bisher isolierten Papa- veraceenbasen dadurch, dafs sie intensiv gefärbte Salze liefern. Die Salze des an sich farblosen Chelerythrins besitzen eine schön eigelbe, die des Sanguinarins. welches als freie Base ebenfalls ungefärbt ist, eine intensiv rote, häufig an sublimierfces Alizarin erinnernde Färbung. Hierin findet auch die auffällige Erscheinung, dafs die intensiv gefärbten wässerigen Lösungen der Chelei'j'thrin- und der Sanguinarinsalze durch Ammoniak, unter Abscheidung eines weifsen. flockigen Niederschlages, vollständig entfärbt werden eine einfache Erklärung. Ernst Schmidt. Ueber Papaveraceen-Alkaloi'de, 141 Auch indem sonstigen chemischen und physikakischen Verhalten zeigen Chelerythrin und Sanguinarin eine grofse Ähnlichkeit, so dals man dieselben auf Grund der Insher vorliegenden analytischen Daten: Sanguinarin Coq H^- ^0^ Chelerythrin Co^ B.^- NO^, sowie der Methoxylbestimmungen, welche für Chelerythiiu z\\ei, für Sanguinarin nur eine Methoxjdgruppe : O.CH3, ergaben, als benachbarte Glieder einer homologen Reihe auffassen möchte. In einem sehr merk- \\nirdigen Gegensatze hierzu steht allerdings die physiologische Wirkung dieser beiden Alkaloide, die in keiner Beziehung eine Überein- stimmung erkennen läfst. Eine eigentümliche Gruppe von Papaveraceenalkaloiden bilden die vorläuhg als Homochelidonine bezeichneten isomeren Basen, welche abweichend von der Chelerythrin-Sanguinaringruppe, die sich durch die intensive Färbung ihrer Salze von allen bisher bekannten Alkaloiden unterscheidet, ungefärbte Salze liefert. Von diesen Homo- chelidoninen hat Seile die als «- und .-^-Homochelidonin bezeich- neten Basen aus Chelidoniumwurzel isoliert, wogegen Koenig und Tietz /S- und --Homochelidonin aus Sanguinarinwurzel darstellten. Diese 3 isomeren Alkaloide sind als Dimethyläther eijier Verbindung der Formel C^g H17 NO5 anzusehen , so dafs ihre Zusammensetzung dmxh die Formel C^g H^j (0 . 0113)2 NO3 zum Ausdruck kommt. Ob- schon diese Homochelidonine sich in ihrer Formel durch einen Mehr- gehalt von CH2 von dem Chelidonin unterscheiden, stehen sie jedoch zu letzterer Base nicht in unmittelbarer Beziehung, da in dem Molecül des Chelidonins Methoxylgruppen : . CH3, nicht enthalten sind. Von diesen Homochelidoninen zeigen die als «- und ,-?-Homoche- lidonin bezeichneten Alkaloide, sowohl in den Schmelzpunkten; «-Ho- mochelidonin 182^; .5-Homochelidonin 159^, als auch in den Reak- tionen wesentliche Verschiedenheiten, wogegen die als ß- und ^-Homochelidonin differenzierten Basen in den Reaktionen eine Ver- schiedenheit nicht erkennen lassen. Wähi'end dagegen das aus alkohol- haltigem Essigäther abgeschiedene /^-Homochelidonin der Chelido- niumwurzel bei 1 00 ö nichts an Gewicht verliert und bei 159*^ schmilzt, verliert das aus Sanguinariawurzel isolierte, unter den gleichen Ver- suchsbedingimgen umkrystallisierte /-Homochelidonin bei 100*^ zirka 142 Ernst Schmidt, Ueber Papaveraceen-Alkaloüle. 11 Proz. an Gewicht (Essigäther)*, imd schmilzt dami eist bei 169*^. Bei der Übereinstimmung, welche das ß- und /-Homochelidonin in den Reaktionen zeigt, lag es zunächst nahe, die beobachteten Ver- schiedenheiten auf Zufälligkeiten zurückzufiüiren , indessen hat ein wiederholtes Umkiystallisieren hieran durchaus nichts geändert. Herr Prof. Dr. Hans M e y e r - Marburg hatte die Güte die ver- schiedenen Papaveraceenalkaloide. welche F. Seile, G. König und W. Tietz aus den Wui'zeln von Chclidoniuni Diajns. Styhphoron diaphylliini und Sangiiinan'a canadciisis isolierten, einei- eingehenden pharmacologischen Prüfung zu unterziehen. Die hierl^ei erzielten interessanten Resultate, die zum Teil durch Privatmitteilung, zum Teil diu'ch Publikationen von Herrn Prof. Hans Meyer^) und HeiTU Dr. R. V. Engel-) zu meiner Kenntnis gelangten, sind kurz folgende: I. Clielidouiii (H. Meyer). an Fröschen: 1. morphiumartige siiccessive Lähtnuag des G-rossgeJiinis, Kleingehinis. der Medulla ohlongata (inkl. Atemcentren), endlich auch des Rückenmarks, ohne vorangehende oder folgende Erregung. 2. Lähmung (in späten Vergiftungsstadien) der Skelet- muskeln, — wohl auch der motorischen Nervenendi- gungen — : bei direkter Applikation rasch eintre- tretende Starre. 3. Lähmung (Betäubung) der motar. Herzganglien. 4. Lähmung der sensibelen Nervenendigungen; an Säugetieren: 1. morphin martige Xarkose. (Analgesie, Sopor. Rausch: ohne Minderung der Reflexe.) 2. schwache Andeutungen von Btizung motorischer Centren und von Beflexsteigeriwg ; schliefslich Läh- mung des Bücken marks. 3. Pulsverlangsamung durch Xarkose (Lähmung) der ■motorischen Herzganglien und durch Erregung der Vagusemligungen . Zunächst keine wesentliche Aende- rung des Blutdrucks, bei grossen Gaben Lähmung der vasomotor. Centren. i. Lähmung der scnsibeln Nervenendigungen. 1) Archiv f. experim. Patologie u. Pharmacologie 1890, 419. 2) Ibidem 1892, 337. Ernst Schmidt, Ueber Papaveraceen-Alkaloide. Hi II. «-Hüiuochelidouiu (H. Meyer). Dasselbe wie Chelidonin, mit Ausnahme der Keizung der Vagud- endigungen im Säugetierherzen. III. jo'-Homüchelidoiiiii (H. Meyer). an Fröschen : wie Chelidonin; an Säugetieren: 1. schwache Andeutung v. Narkose (Unruhe, Rausch). 2. licizuny motorischer Centren: periodische, klonische und tonische Krämpfe ohne Steigerimg der Reflexe (nach Art der Campfervergiftung). 3. Pulsverlangsamimg durch Narkose (Lähmung) der motorischen Herzganglien. Keine wesentliche Aende- rimg des Blutdrucks, nur während der Tetanus- anfälle jedesmal tiefes Absinken; bei grossen Gaben Lähmung der vasomotorischen Centren. 4. Lähmung der sensibeln Nervenendigungen. IV. Saiigiiiiiariii (H. Meyer). an Fröschen: 1. Andeutung von morphiumartiger Narkose (Trägheit. Ertragen der Rückenlage, uncoordinierte Bewe- gungen etc.) 2. heftige Erregung, dann Lähmung des Rückenmarks und des Respirationszentrums wie Strychnin. 3. Lähmung der Skcletmnskeln (sehr spät: sofort bei direkter Application, ohie Starre). 4. Pulsverlangsamung durch Narkose der motorischen Herzganglien. Verhinderung des Muscarinstillstandes ohne Lähmung der Hemmungsapparate. 5. lAhmung der sensibeln Nervenotdigutigen (nach vor- angehender Reizung.'). an Wannblütern : 1. schwache Andeutung von Narkose (Aufregung, Angst etc.). 2. schwache Reizung motorischer Centren (Zwangs- bewegungen, Zuckungen), heftige Erregung und dann Lähmimg des Rückenmarks, des Respirations- und Ge- fässnervencentrums ähnlich dem Styrchnin. 3. Erregung der Darmperistaltik (und Secretion?) und der Speichelsecretion. 4r. Reizung und Lähmung der sensibeln Nervenendigungen. V. Chelerythrin (H. Meyer). an Fröschen und Säugetieren : centrale absteigende : 1. motorische Lähmung. 144 Ernst Schmidt, Ueber Papaveraceen-AlkaloiJe. 2. Lähmung der Bcspiration , der vasomotorischen Ceniren imd des Herzens. 3. Starre der direkt betroffenen Muskeln. 4. Heizung der sensibeln Xervencndigungen. VI. Protopiu (R. Y. Ellgel). 1. Auf den Frosch wirkt das Protopin in kleinen Dosen gleich den meisten Opiumalkaloiden narkotisch. 2. In starken Gaben wirkt es auf die Muskelsubstanz , sowie auf die peripheren ^Nervenendigungen lähmend. 3. Die Reflexerregbarkeit ist bei kleinen und mittleren Gaben wohl erhalten, bei grofsen aufgehoben. 4. Auf das Säugetier hat das Protopin eine der Camphervergiftung ähnliche "Wirkung; doch imterscheidet sie sich von derselben durch die Lähmung der Kreislaufsorgane. In systematischer Hinsicht ergeben nach Professor Hans Meyer (Archiv f. experim. Patholog. u. Pharmacol. 29. 438) die vor- liegenden Untersuchungen, dafs die pharmakologisch jetzt genauer bekannten Papaveraceenalkaloide einschliefslich des nahe verwandten Hydi'astius sich in mindestens drei Gruppen differenzieren: I. Die Morphingruppe: Chelidonin, « -Homochelidonin, Morphin. II. Die Codeingruppe: Papaverin, Codein. Laudanosin, Narcotin, Hydronarcotin, Sauguinarin, Thebain, Laudanin, Hydra stin. III. Die Protopingruppe: Protopin, ,.:?- Homochelidonin, Cryptopin. Die in ihrer Wü'kung hiervon völlig abweichenden Basen, wie das Chelerythrin und das Oxydimorphin , sowie das noch zu wenig imtersuchte Thebenin, Thebaicin etc. sind dabei auTser Betracht gelassen. Ernst Schmidt, Ueber Papaveraceen-Alkaloi'fle. 145 In praktischer Richtung dürfte sich von den neuen Papave- raceeualkaloiden das Cheli donin zu Versuchen am Menschen eignen; es wäre möglich, dafs es sich als brauchbares und relativ ungefähr- liches Analpeticum. insbesondere vielleicht bei Magen- und Darm- schmerzen, erwiese. Nicht ohne Interesse dürfte es ferner sein, auch an dieser Stelle auf eine bemerkenswerte, die „Giftigkeit" der Cheüdoniumpflanze im Allgemeinen betreffende Beobachtiing von Professor Hans Meyer (1. c.) hinzuweisen : Dem Chelerythrin wird gemeinhin — wohl auf Grund der An- gaben von Probst (Annal. d. Pharmac. 29) — die Schuld an der ..Giftigkeit" von Chclithuiiiiti inajits gegeben. Bei der schwachen Wirkung der Base und bei dem minimalen Gehalt davon in dem Kraute imd in der Wurzel von Chelidonium kann jedoch hiervon gar keine Rede sein. Die sogenannte „Giftigkeit" oder „Schärfe" von Chelidonium wird überhaupt nicht durch seine Alkaloide bewirkt, die in viel zu geringen Mengen darin vorkommen, um bei dem Genüsse der Pflanze merkliche Wirkungen hervorzurufen, sondern durch einen, in dem Milchsäfte vorkommenden, vermutlich harzartigen Körper, der sich in Wasser gar nicht, wohl aber in Alkohol löst. Die inten- siv gelbe Farbe dieser scharf schmeckenden, Entzündung erregenden Substanz hat vielleicht den erwähnten Irrthvim veranlafst. Beim Trocknen an der Luft verändert sich dieser scharfe Stoff übrigens sehr rasch unter Braunfärbung und Verlust der Schärfe. Trocknes Chelidoniumkraut ist daher seit langer Zeit als unschädlich, bezüg- lich als unwirksam bekannt. A. Über die Alkaloide der Wurzel von Sangiiinariacanadensis von Dr. Georg Koenig^) und Dr. William Tietz^). Die früheren Untersuchungen der in der W^irzel von Sanguina- i'ia caiiadeiisis, einer in Nord- Amerika w^achsenden Papaveracee, ent- haltenen Alkaloide haben in mehrfacher Beziehung, sowohl was die Gewinnung derselben selbst anbetrifft, als auch was die empirischen Formeln dieser Basen anbelangt, zu sehr verschiedenen Resultaten geführt. Nur insofern stimmen die bezüglichen Angaben überein, als 1) Inaugural -Dissertation Marburg 1890. 2) Inaugural- Dissertation Marburg 1891. Ärch. d. Pharm. CCXXXI. Bds. 2. Heft. IQ 146 Ernst Schmidt, lieber Papaveraceeu-Alkaloide. nach denselben in der Sauguinariawurzel nur ein Alkaloid, das San- guinarin, enthalten ist, welches gewöhnlich mit dem in der Chelido- nium Wurzel vorkommenden Chelerythrin identifiziert wird. Da die nachstehenden Untersuchungen lehren, dafs in der Sau- guinariawurzel nicht ein, sondern mindestens fünf Alkaloide ent- halten sind, so mag die Literatur über das Sanguinarin und das Chele- rythrin erst bei der Beschreibung dieser Basen angeführt werden. Ueber die Gewinnung der Alkaloide. Als Ausgangsmaterial für nachstehende Untersuchungen dienten 40 kg Sanguinariawurzel, welche fast ausschliefslich aus etwa 5 cm langen und etwa 5 mm dicken Rhizomen bestanden, die sich durch kurzen, roten Bruch auszeichneten. Diese Wurzel wurde zu einem groben Pulver gemahlen und hierauf systematisch mit essigsäure- haltigeni Alkohol so lange kalt ausgezogen, bis derselbe nur noch wenig gefärbt abtlofs und nur noch schwache Alkaloidreaktionen gab. Die auf diese Weise gewonnenen Auszüge wurden alsdann durch Destillation vom Alkohol möglichst befreit und das restierende rotbraun gefärbte Extrakt hierauf, unter starkem Umrühren, in heifses Wasser gegossen. Hierdurch erfolgte eine starke, etwa 2.5 kg betragende Aus- scheidung eines harzartigen Körpers, welche nach dem Erkalten und Absetzen leicht von der intensiv rotbraun gefärbten Flüssigkeit ge- trennt werden konnte. Die Verarbeitung dieser harzartigen Ausscheidungen auf Alkaloide erwies sich als wenig lohnend, da die Ausbeute daran durchaus nicht den gehegten Erwartungen entsprach. Auf Zusatz von Ammoniak im geringen Ueberschusse schied sich aus genannnter rotbrauner Flüssigkeit ein sehr voluminöser, dunkel- violett gefärbter Niederschlag (A) aus, welcher nach dem Absetzen auf einem Kolatorium gesammelt und durch Auswaschen und Abpressen von der Mutterlauge ^B) möglichst befreit wurde. Letztere wurde ge- sondert auf Alkaloide verarbeitet. Zur Entfernung harzartiger Beimengungen wurde dieser Nieder- schlag (A) in essigsäurehaltigem Wasser gelöst, die erzielte Lösung filtriert, von Neuem mit Ammoniak gefällt und der entstandene Nieder- schlag abermals abgeprefst. Diese Operationen wurden noch dreimal wiederholt, der Niederschlag alsdann bei mäfsiger Wärme getrocknet und fein gepulvert Derselbe zeigte hierauf eine hellviolette Farbe; sein Gewicht betrug 800 g. Die ammoniakalischen Filtrate wurden mit der Mutterlauge (B) vereinigt. Der Staub dieser Eohalkaloide reizte die Schleimhäute in intensiver Weise ; eine ähnliche, nur un- gleich schwächere Wirkung übte auch der Staub der Sanguinaria- wurzel aus. Ernst Schmidt, LJebei- Papaveraceen-Alkaloide. UT Um die in diesem Rohalkaloidpulver enthaltenen Basen von ein- ander und von beigemengtem Harz etc. zu trennen, wurde dasselbe zunächst in einem Extraktionsapparate längere Zeit mit Aether aus- gezogen Da jedoch liierbei noch ein beträchtlicher Rückstand ver- blieb, wurde letztei-er direkt mit Aether ausgekocht und das nach 20 bis 30 maligem Auskochen Zurückbleibende, welches mit C bezeichnet sein mag, zunächst bei Seite gelegt. Die auf diese Weise erhaltenen äthex'ischen Auszüge wurden als- dann durch Destillation vom Aether befreit und der hierbei verbleibende harzartige, braune Rückstand hierauf, behufs weiterer Reinigung, mit Alkohol erwärmt. Es resultierte hierbei eine intensiv braun gefärbte Lösung (D) und ein fast weifs aussehender, krystallinischer Rückstand. Letzterer wurde schliefslich durch wiederholte Behandlung mit viel heifsem Essigäther vollständig in Lösung gebracht und die hierbei er- haltenen Lösungen gesondert in -ö grofsen Bechergläsern der Krystalli- sation überlassen. Der erste Essigätherauszug zeigte noch eine braune Farbe, wogegen die Färbung der weiteren Auszüge zwischen Dunkel- violett und Blafsgelb schwankte. Die aus den letzteren Essigäther- lösungen beim Erkalten und teilweisen freiwilligen Verdunsten des Lösungsmittels ausgeschiedenen Krystalle wurden gesammelt und durch wiederholte Umkrystallisation aus Essigäther gereinigt. Auf diese Weise gelang es, allerdings nicht ohne grolsen Materialverlust, schliefslich vollständig weifse, einheitliche Krystalle zu erhalten, welche sich bei näherer Untersuchung als C h e 1 e r 5^ t h r i u herausstellten. Die Löslichkeit dieses Alkaloids in Essigäther erfuhr in dem Mafse eine Verminderung, als die Reinheit desselben zunahm. Die krystallinischen Ausscheidungen, welche sich allmählig aus den ersten braunen Essigätherlösungen obiger Alkaloidmasse bildeten, er- wiesen sich nach wiederholtem Umkrystallisieren ebenfalls als Cheier}'- thi'in. So lange letztere Base noch nicht vollkommen rein ist, besitzt dieselbe eine cha' akteris tisch rotvioletteFärbung. wogegen das Sauguinarin, welches das Chelerythrin in obigen Essigätherlösungen begleitet, eine derartige Färbung nicht zeigt. Die Trennung des Chelerytlirins vom Sanguinarin in den Basen- gemischen, welche durch weitere Verdunstung obiger Essigätherlösungen resultierten, war eine sehr mühsame Arbeit. Von den verschiedeneu Lösungsmitteln, welche zur Scheidung dieser Alkaloide von einander zur Anwendung gebracht wurden, hat sich der Essigäther noch am besten bewährt, da in demselben das Chelerythrin wesentlich schwerer löslich ist, als das Sanguinarin. Jedoch auch bei Anwendung dieses Lösungsmittels bedurfte es einer sehr häufigen Umkrystallisation, um eine vollständige Trennung beider Alkaloide zu bewirken. Trotzdem war es auch hierbei nicht zu umgehen, dafs beträchtliche Mengen von Zwischenprodukten resultierten, die immer noch als ein Gemiscli von 10* 148 Ernst Schmidt. Ueber Papaveraceen-Alkaloide. Chelerythrin mit Sanguinarin angesprochen werden mufsten. Auch bei Anwendung von Äthylalkohol und von Methylalkohol, sowie von einem Gemisch aus Chloroform und Äthylalkohol war das Resultat kein besseres, obschon sich hierbei bisweilen teilweise eine mecha- nische Trennung, durch Auslesen der durch die verschiedene Form und Färbung differenzierten Chelerythrin- und Sanguinarin- Kry stalle, ermög- lichen liefs. Aus der rotbraun gefärbten alkoholischen Lösung (D) schied sich bei freiwilliger Verdunstung allmählig ein dicker Krj'stallbrei (F) aus, welcher behufs weiterer Reinigung zunächst auf einem Saugfilter ab- gesogen und mit kleinen Mengen kalten Alkohols nachgewaschen wurde. Da durch Auskochen mit Wasser ein Teil dieses Krystallbreis in Lösung ging, wurde derselbe zunächst wiederholt mit siedendem Wasser behandelt, das Restierende hierauf in Salzsäure gelöst und diese Lösung mit Ammoniak gefällt. Der hierdurch erzielte graue, voluminöse Niederschlag wurde gesammelt, ausgewaschen, getrocknet und in viel Essigäther gelöst. Da die aus diesem Lösungsmittel resultierenden Krj'stalle sich an der Luft infolge eingetretener Salzbildung intensiv rot färbten, lag die Vermutung nahe, dafs dieselben der Hauptmenge nach aus San- guinarin bestanden, einer Base, die durch die blutrote Färbung ihrer Salze gekennzeichnet ist. Diese Vermutung hat sich bei näherer Unter- suchung dieses Alkaloi'ds bestätigt; allerdings war noch ein häutiges Umkrystallisieren aus Essigäther erforderlich, um das Sanguinarin von beigemengtem Chelerythrin etc. vollständig zu befreien. Der wässerige Auszug, welcher durch Auskochen des Krystallbreis F gewonnen war, wurde zur Isolierung der in Lösung gegangenen Basen mit Ammoniak im geringen Überschufs versetzt, der entstandene grau-weifse Niederschlag gesammelt, ausgewaschen, getrocknet und in Aceton gelöst. Aus dieser Lösung resultierten nach einigen Tagen wasserklare, gut ausgebildete Krystalle, die sich bei weiterer Unter- suchung als S-Protopin herausstellten. Eine weitere Menge von Protopinkrj^stallen konnte auch aus den harzartigen Ausscheidungen gewonnen werden, welche sich nach und nach in den verschiedenen Krystallisationsgefäfsen ansammelten. Letztere wurden ebenfalls in Aceton gelöst, die bei freiwilliger Verdunstung dieser Lösung aus- geschiedenen grauweifsen, körnigen Massen gesammelt und nach dem Abwaschen mit wenig Aceton, von Neuem in letzterem Lösungsmittel gelöst. Durch freiwilliges Verdunsten resultierten alsdann auch aus dieser Lösung farblose Protopinkrystalle. Der Rückstand (C), welcher mit Äther bis zur möglichsten Er- schöpfung ausgekocht worden war, wurde in Amylalkohol gelöst, diese Lösung filtriex't und wiederholt mit heifsem, salzsäurehaltigem Wasser ausgeschüttelt. Auf diese Weise gelang es noch Sanguinarin Em st Schmidt, Ueber Papaveracean-Alkaloide. 1-19 und Pro top in zu gewinnen, Basen, welche durch Umkrystallisieren aus Essigäther und aus Aceton getrennt und gereinigt wurden. Nachdem in der angegeljenen Weise aus dem durch Ammoniak abgeschiedenen Basengemisch Chelerythrin, Sanguinarin und Pro - topin isoliert worden war, wurden die ammoniakalischen Mutterlaugen (B) noch auf Alkaloide verarbeitet. Zu diesem Zwecke wurden die- selben zunächst eingedampft und hierauf noch Zusatz von etwas Ammoniak so oft mit Chloroform ausgeschüttelt, bis letzteres nur noch hellgelb gefärbt erschien und eine Alkaloidreaktion nicht mehr zeigte. Nach dem Abdestillieren des Chloroforms resultierte eine braune, dicke, flüssige Masse, welche mit Hilfe von Essigäther wieder in Lö- sung gebracht wurde. Nach Verlauf von einigen Tagen schieden sich aus letzterer Lösung grofse, fast farblose Krystalle, neben einer ge- ringeren Menge kleiner, ebenfalls gut ausgebildeter, büschelförmig an- geordneter Nadeln aus, welche durch Auslesen und durch Umkrystalli- sieren aus alkoholhaltigem Essigäther leicht gereinigt werden konnten. Hierbei stellte sich heraus, dafs die grofsen Krystalle aus y-Homo- cheli donin bestanden, während die. besondei'S aus der Mutterlauge resultierenden nadeiförmigen Krystallisationen sich als /^-Homo- chelidonin erwiesen. Die letzten Mutterlaugen obiger Krystallisationen wurden einge- dampft, der hierbei verbleibende, harzartige Rückstand bis zur voll- ständigen Erschöpfung mit salzsäurehaltigem Wasser ausgekocht, die hierdurch erzielten Lösungen eingedampft, mit Ammoniak alkalisch gemacht und abermals mit Chloroform wiederholt ausgeschüttelt. Auf diese Weise gelang es noch eine kleine Ausbeute an y- und an /3-Ho- mochelidonin zu erzielen. Bei dem Umkrystallisieren des --Homochelidonins schieden sich am Rande der Krystallisationsgefälse warzenförmige Gebilde aus, welche leicht mechanisch von den übrigen Krystallen getrennt werden konnten. Diese Gebilde erwiesen sich als S-Protopin. Die Menge, welche von diesem Alkaloid hierbei noch gewonnen wurde, war im Vergleich mit der aus dem Niederschlage («) dargestellten, jedoch nur gering. Es war somit gelungen folgende Alkaloide aus der Sanguinaria- wurzel zu isolieren: I. Chelerythrin, welches die HauptmeBge der Sanguinaria- basen bildet; charakterisiert durch die eigelbe Farbe seiner Salze. II. Sanguinarin, charakterisiert durch die blutrote Färbung seiner Salze. III. /-Homochelidonin. farblose Salze liefernd. 150 Ernst Schmidt, Ueber Papaveraceen-Alkaloüle, IV. ,^-Hoinochelidonin, farblose Salze liefernd. V. S- Pro topin, farblose Salze liefernd. Die von Weppen\) ausgesprochene Vennutnng. dafs in der Sanguinariawurzel auch Chelidonin vorkomme, konnte nicht bestätigt werden, obschon auf die Isolierung dieser, durch besondere Krystalli- sationsfähigkeit ausgezeichneten Base speziell Rücksicht genommen wurde. Die Anwesenheit von Chelidonin konnten weder in dem Rohalkaloid A, noch in den ammoniakalischen Mutterlaugen B, noch end- lich in den harzartigen Massen konstatiert werden, welche sich beim Eingiefsen der essigsauren Auszüge der Sanguinariawurzel in heifses Wasser ausschieden. I. Chelerythriu: Coi H^ NO4 + C^ H5 . OH. Das Chelerythriu findet sich neben Chelidonin, «.- und /?-Homo- chelidonin. Ch.-Protopin und anderen Basen in dem Kraute und in der Wurzel von Chelidoniiun majiis (s. nachstehende Arbeit von G. Koenig). Aus dieser Pflanze wurde dasselbe zuerst von Probst-) und von Polex)^ in den Jahren 1838 und 1839, und zwar unabhän- gig von einander, isoliert. Später wurde dieses Alkaloid von Probst'*) auch in der Wurzel von Glaucium luteum aufgefunden. Während letzterer Forscher diese Pflanzenbase mit dem bis auf den heutigen Tag gebräuchlichen Namen Chelerythrin bezeichnete, legte Polex derselben den Namen Pyrhopin bei. Bereits im Jahre 1828 hatte Dana^) aus der Wurzel von Sanguinaria canadensis ein Alkaloid abgeschieden und demselben den Namen Sanguinarin gegeben. Letzteres sollte nach den Unter- suchungen von Probst^), Schiel^) und Wayne^) identisch sein mit dem Chelerythrin, eine Annahme, welche sonderbarerweise bis in die jüngste Zeit aufrecht einhalten ist (vgl. S. 139). 1) Dieses Archiv [3], 2, 8. 2) Annal. d. Pharm. 29, 123. 3) Pharm. Centralbl. 1838, 923. 4) Annal. d. Pharm. 31, 2.50. ^') Magazin f. Pharm. 1828. 23, 125. 6j Annal. d. Pharm. 31, 250. ') Journ. f. prakt. Chem. 67, 61. ^) Vierteljahresschr. f. prakt. Chem. (>, 254. Krnst Schmidt, Ueber Pa|iavei-aceen-Alkaloide. 151 In der älteren Literatur liegen über die Zusammensetzung des aus Chelidonium isolierten Chelerythrins nur Angaben von Schiel (1. c.) vor. Nach letzterem kommt dieser Base die Formel CgsHißNOaC^e) zu, ein Ausdruck, für welchen Gorup-Besane/^) die Formel CggHisNO,, Löwig 10) C37H16NO,, Gerhardt 11) C36 H17 NOg und endlich Limprichti^) C^g Hi7 NO4 (C = 12) substituierten. Die Formel C19H17NO4 ist in neuerer Zeit von A. Henschkei) durch die Analyse des Platindoppelsalzes des Chelerythrins bestätigt worden. DaHenschke jedoch nur eine geringe Menge des schwer zu reinigenden Chelerythrins aus Chelidonium wurzel isolieren konnte, so ist es zweifelhaft, ob derselbe es mit einem einheitlichen Präpa- rate zu thian hatte. Es gewinnt diese Vermuthung noch mehr an Wahrscheinlichkeit, da die bei der Untersuchung von reinem Chele- rythrin ennittelten. im Nachstehenden verzeichneten Daten keineswegs mit der Formel Ci9Hi7N04 in Einklang zu bringen sind. Dagegen sind die von uns gefundenen analytischen Werte von Chelerythiinen verschiedener Darstellung und verschiedenen ürsprixngs erhalten worden. Das ^\'iederholt aus Essigäther umkrystallisierte Chelerythrin bildet kleine, farblose, häufig zu Krusten vereinigte, rhomboedrische Krystalle, welche bei 203*' C. schmelzen. Im nicht ganz reinen Zu- stande zeigen die Chelerythrinkrystalle eine charakteristische Rosa- färbung. Das Alkaloid ist löslich in Chloroform, schwer löslich in Alkohol, in Äther, in Aceton, in Äthylalkohol und in Essigäther. Diese Lösungen zeigen eine blaue Fluorescenz, besonders stark, wenn das Alkaloid noch eine rötliche Farbe besitzt. Bei 100 — 105'" C. verliert das Chelerythrin nichts an Ge^wicht, jedoch nimmt dasselbe hierbei allmählig eine gelbliche Farbe an. Die gleiche Färbung macht sich bemerkbar, wenn das zei-riebene Alkaloid längere Zeit an der Luft aufbewahrt wird. Diese Erscheinung ist vermuthlich auf eine Salzbildung zurückzuführen, wenigstens nimmt 3) Handwörterbuch d. Chem. 10) Lehrb. d. erg. Verb. 1846. 1^1 Lehrbuch d. org. Chem. 12) Lehrbuch d. erg. Chem. 1197. 1) Inauguraldissertation Erlangen 1888. 152 Ernst Schmidt. Ueber Papaveraceen-Alkaloi'de. das Cheleiythrin bei Berührung mit Säuren sofort eine intensiv eigelbe Farbe an. Die Chelerythrinsalze sind durch letztere Färbung charak- terisiert. Werden die intensiv gelb gefärbten Lösungen der Chelery- thrinsalze mit Ammoniak im Uberschufs versetzt, so verschwindet die gelbe Farbe vollständig, indem sich ein rein weifser Nieder- schlag der freien Base abscheidet. Die Analysen des bei 150*^ C. und im Exsiccator getrockneten Alka- loids ergaben folgende Werte: a) Koenig (bei 150'^ getrocknet). I. 0,1993 g lieferten 0,-1982 g CO^ und 0,ü976 g HoO. • n. 0,1860 „ „ 0.481 „ „ " „ 0,0976 „ '„ m. 0.1890 , „ 0.4:88 „ „ „ 0,0979 „ „ lY. 0.2070 „ „ 0,5334 _ ,. , 0,1034 „ „ V. 0,2580 „ „ nach Kjeldahl 0,0105 „ X. Gefunden: I. II. III. IV. V. C 70.28 70,52 70,41 70,27 — H 5,61 5,82 5.74 5,55 — N — — — — 4.07. b) Tietz (nur im Exsiccator getrocknet i. I. 0,3331 g lieferten u,8531 g CO^ und 0,1692 g H.,0 II. 0,2011 „ , 0.5147 „ ,. ,. 0.1086 „ „ III. 0.357 „ „ nach Will- Varrentrapp (J.01243 g N IV. 0,3084 „ „ „ „ „ 0,U1064 „ , V. 0,3093 „ „ „ „ „ 0,01148 „ „ Gefunden : I. II. III. IV. V. C 69.84 69.80 _ _ _ H 5.«U 5,99 _ _ _ X — — 3.4S 3.45 3.60. c) Analysen, ■svelche Herr W. Paul mann auf Veranlassung von Herrn Prof. E. Schmidt vom exsiccatortrocknem Chelerythrin ausführte, ergaben Folgendes : I. 0.3455 g lieferten 0,8863 g CO.2 und 0,1793 g HoO 0.1189 „ „ :. 0.2174 , 0.5593 „ „ „ Gefunden: I. IL c 69.89 70,16 H 5,76 6,07. Ernst Schmidt, Ueber Papaveraceeu-Alkaloi'de. 153 Für die Formel C01H17NO4 + CoHj . OH bereclinen sich : c '70,23 H 5,85 N 3,56. Die bei der Analyse des Chelerythrins ermittelten Werte zeigen eine gewisse Ähnlichkeit mit den von Schiel gefundenen: C 70.34. H 5.21. N 5.07. dagegen lassen sich die analytischen Daten, welche bei der Untersuchung der salzartigen Verbindungen erhalten wurden, nicht mit der Schiel'schen Formel C19H17NO4 in Einklang bringen. Dafs die untersuchten Krystalle des Chelerythrins in der That Krj'stallalkohol enthalten, ergiebt sich aus folgendem Ver- halten. Wird die Lösung des Chelerythrins in salzsäurehaltigem Wasser der Destillation unterworfen, so resultiert ein Destillat, welches schwach nach Aethylalkohol riecht und eine starke Jodo- formreaktion liefert. Versucht man ferner, von dem krystallisierten Chelerythrin ausgehend, die Zahl der in demselben enthaltenen Methoxylgrupgen : . CII3, nach dem Verfahren von Zeisel zu be- stimmen, so gelangt man zu sehr schwankenden Werten, während bei Anwendung des Jodwasserstoff sauren Salzes durchaus befriedi- gende Daten ohne Weiteres erhalten werden. Diese auffällige Er- scheinung kann nur in dem Umstände eine Erklärung finden, dafs unter diesen Versuchsbedingungen der KJrystallalkohol ganz oder zum Teil mit in Jodäthyl verwandelt wird und letzteres neben den aus den Methoxylgruppen erzeugten Jodmethyl mit zur Bestimmung gelangt. Die Menge des gefundenen Methoxyls schwankte in Folge dessen zwischen 13,95 und 21,05 Proz. Der Krystallalkohol, welcher das krystallisierte Chelerythrin als 1 Molekül enthält, ist sehr fest gebunden, da bei 150" C. noch keine Ge^^'ichtsabnahme zu konstatieren ist, ferner auch bei den Ele- mentaranalysen erst bei beginnendem Schmelzen der Base eine Bil- dung von W^asser als Verbrennungsprodukt eintritt. Das Verhalten der Base gegen allgemeine Alkaloid-Reagentien war folgendes: Konzentrierte Schwefelsäure: färbt gelb mit einem Stich ins Grüne, später schmutzig gelb. Konz. Salpetersäure : Bei der ersten Berührung hochgelb, schnell in ein dunkles Gelbbraun übergehend. löi Ernst Schmidt, üeber Papaveraceen-AlkaloiJe. Erdmanns Reagens: färbt gelb, ohne dafs Lösung eintx'itt. Frölides Reagens: färbt zunächst gelb, eine Färbung, die bald über dunkelolivengrün in chlorophyllgrün übergeht, um schliefslich schmutzig dunkelgelb zu werden. Vanadinschwefelsäure: färbt violettrot, welches allmälig über dunkelbordeauxrot in braunrot übergeht. Bei diesen Reaktionen, wie auch bei den folgenden, -wurde die Substanz in sehr geringer Menge mit einem Tropfen des betreffenden Reagens" über einem weifsen Untergrunde auf einem Uhrglase ver- rieben. Methoxylbestimmung (Tietz). Zur Ausführung dieser Bestimmungen diente jodwasserstofi- saures Chelerythrin . da die Base selbst, wie bereits erwähnt, in Folge ihres Gehaltes an Krystallalkohol, keine übereinstimmenden Resultate lieferte. Nach Angabe von Zeisel wurden die Gruppen . CH3 durch Kochen mit Jodwasserstoffsäure und amorphem Phosphor in CH3 J übergeführt und letzteres nach Umsetzung mit Silbernitrat als Ag J zur Wägung gebracht. Die Abscheidung des Jodmethyl erfolgte sehr rasch, indem schon eine viertel Stunde nach Beginn des Siedens der Jodwasserstoff- säure sich alkoholische Silbernitratlösung in der ersten Drechsei- schen Waschflasche stark trübte, unter Ausscheidung eines weiTsen krystallinischen Körpers, der Doppelverbindung des Jodsilbers mit salpetersaurem Silber. I. 0,3801 g der fein gepulverten Substanz lieferten auf diese Weise 0,36415 g Ag J, was 12,63 Proz. CH3 entspricht. II. 0,1998 g lieferten 0,20375 g Ag J, was 13,44 Proz. CH3 ent- spricht. III. 0,2078 g lieferten 0,2080 g Ag J, was 13,20 Proz. CH3 ent- spricht. Berechnet auf: Ci9 Hii (0 CH3)2 NOo HJ = 13,05 Proz. CH3. Nach obigem Resultat dürfte das Chelerythrin als der Dime- thyläther der Verbindung Cjg H^g NO4 anzusehen sein. Salz saures Chelerythrin (König). Zur Darstellung dieser prächtig eigelb gefärbten Verbindung wurde zerriebenes Chelerythrin in der Wärme in salzsäurehaltigem Ernst Schmidt. Ueber Papaveraceen-Alkaloide. 155 Wasser gelöst \md die filtrierte Lösung hierauf, nach Zusatz von etwas konzentrierter Salzsäure, der Krystallisation überlassen. Hier- bei erstarrte die gesammte Flüssigkeit alsbald zu einer schwammigen, aus feinen, glänzenden, intensiv eigelb gefärbten Nadeln bestehenden Masse, welche nach dem Absaugen nochmals aus heifsem Wasser umkrystalhsiert Avurde. Das salzsaure Chelerythrin ist ziemlich leicht in säurefreiem Wasser und Alkohol löslich, schwer löslich dagegen nach Zusatz von etwas Salzsäure. Der Staub des zerriebenen Pulvers wirkt heftig reizend auf die Schleimsäure der Nase und des Rachens. Obschon in dem aus Wasser und aus Alkohol krystallisierten Salzen äufser- lich ein Unterschied nicht zu bemerken ist. besitzen dieselben doch verschiedenen Krystallwassergehalt. Beide Salze geben das KrystaU- wasser über Schwefelsäure nur sehr langsam ab, leicht geschieht dies dagegen bei lOO'l Bei letzterer Temperatur findet jedoch gleich- zeitig eine Abgabe von Salzsäure statt. Diese Zersetzung macht sich einesteils dadurch bemerkbar, dafs die Farbe des Salzes, welche bei dem Verluste des Krystallwassers nur heller und matter ^\'ird, allmählig in ein schmutziges Grau übergeht, anderenteils auch da- durch, dafs die bei 100° getrocknete Verbindung sich nicht mehr in Wasser, auch nicht auf Zusatz von Salzsäure, löst. a. Aus Was ser umkrystallisiertes Hy drochlorid. Bei der Analyse dieses Salzes wurde dasselbe zunächst über Schwefelsäure, dann bei 90° C. bis zum konstanten Gewichte getrocknet. I. 0,3732 g verloren 0,07464 g an Gewicht. II. 0.2168 , „ 0,0488 „ „ III. 0,1402 „ des lufttrocknen Salzes lieferten 0,0416 g AgCl. Gefunden : Berechnet für I. II. III. aiHi7N04,HCl + 5H20 HoO. 20,0 20.2 — ' 19,01 Cl. — — 7,33 7,49 b. Aus Alkohol umkry stallisiertes Hydrochlorid. I. 0,259 g verloren 0,0417 g- an Gewicht. II. 0,4082 g des lufctrocknen Salzes lieferten 0,126 g Ag Cl. Gefunden: Berechnet für I. II. Coj Hi7 NO4, HCl + 4HoO HoO. 16,1 — ' 15,80 Cl. — 7.63 7.79 156 Ernst S'^hmidt, Ueber Papav^eraceen-Alkaloicle. Die Elementaranalyse der getrockneten Verbindung ergab folgende "Werte (1. ans Wasser, 2. aus Alkohol krystallisiert): Gefunden: Berechnet für I. IL CoiHi7N04,HCl. C. 65.83 65.75 65,71 H. 4,79 4.86 4,63 Jodwasserstoffsaures Cheleryt hrin (Tietz). Bei den Versuchen, durch Einwirkung von Jodmethj^ auf Chelerythria ein Additionsprodukt zu erzielen, wurde sonderbarer Weise dieser Zweck, selbst durch r2sttuidiges Erhitzen im Wasser- bade, nicht erreicht. Als dieser Versuch unter Zusatz von etwas Alkohol wiederholt wurde, resultierte als Reaktionsprodukt nicht ChelerytheriQmethyljodid, sondern nur Jodwasserstoff saiu-es Chelery- thrin. Letzteres bildete zunächst braune, glänzende Nadeln: durch Umkrystallisieren aus Alkohol nahmen dieselben jedoch eine rein gelbe Farbe an. Beim Trocknen bei 100° trat keine Gewichtsabnahme ein. 0,2116 g des Salzes lieferten nach Carius 0,1047 g AgJ. Gefunden: Berechnet für J. 26,69 C2iHi7N04,HJ •26.73 Chelerythrinplatinchlorid. Das durch Fällung einer schwach mit Salzsäure angesäuerten wässerigen Lösung des Chelerythrinhydrochlorids durch Platinchlorid erhaltene Doppelsalz bestand nach dem Absaugen. Auswaschen und Trocknen aus feinen, goldgelben Nadeln. Bei 100*^' verlor dasselbe nichts an Grewicht. Die Analysen dieses Doppelsalzes ergaben folgende Daten: a. Koenig:. I. 0.1692 g lieferten 0,030 g Pt II. 0,1456 n » 0,0256,, „ III. 0,1884 » » 0,317 „ CO2 und 0,0458 g HoO. Gefunden: Berechnet für I. II. III. (.C2iHi7N04.HCl)2PtCl4 c. — — 45,88 45.67 H. — — 2,70 3.26 Pt. 17,73 17, .58 b. 17,62 Tietz. I. 0.1054 g lieferten 0,0183 g Pc II. 0.1 S62 n n 0,3138 „ COo und 0,0568 g H.jO. Ernst Schmidt, lieber Papaveraceen-Alkaloide. 157 Gefunden: Berechnet für I. II. (C21 Hi7 NO4 HCl), Pt CI4 C. — 45,96 45,67 H. _ 3.49 3,26 Pt. 17.36 — 17,62 c. Analysen, welche Herr W. Paulm an n auf Veranlassung von Herrn Prof E. Schmidt ausführte: I. 0,2869 g lieferten 0,0512 g Pt. 0,477 g . COo und 0,085 g . H2O II 0,2172 „ „ 0,0381 „ „ III. 0,4473 „ „ 0.0794 „ „ Gefunden: Berechnet für I. II. III. (CaiHi^NOj.HCljaPtClj C. 45,34 — — 45,67 H. 3,29 — — 3,26 Pt. 17,73 17.54 17.75 17,62 Chelerythringold chlor id. Goldchlorid ruft in der wässerigen Lösung des .salzsauren Chele- rythrins einen amorphen, rotbraunen Niederschlag hervor, welcher sich jedoch nach dem Absaugen, Auswaschen mit Wasser und Trock- nen aus siedendem Alkohol umkrystallisieren läfst. Aus letzterem Lösungsmittel, in welchem das Chelerythringoldchlorid nur wenig löslich ist, scheidet sich dasselbe, nach Zusatz einiger Tropfen Gold- chloridlösung, in langen, glänzenden, braunen Nadeln aus. Das luft- trockene Salz verliert bei 100 ^ nichts an Gewicht. Es schmilzt bei 288'^ unter Zei'setzung. Die Analysen des bei 100° getrockneten Doppelsalzes ergaben folgende Zahlen: a. K enig. I. 0, 106 g lieferten 0.0304 g Au. II. 0,1632 „ „ 0,2234 g CO2, 0,035 g HoO und 0,0466 g Au HL 0,1644 „ „ 0, 225 „ „ ' 0,036 „ „" b. Tietz. IV. 0,1116 „ „ 0,0315 ., Au V. 0,2210 „ „ 0,221 „ COo luid 0,0413 g HoO. Gefunden: Berechnet für L II. in. IV. V. C21 Hi7 NO4, HCl + AuCls C. — 37,33 37,32 — 36,97 36,72 H. — 2,38 2,43 — 2,81 2,62 Au. 28,67 28,55 — 28,32 — 28;59 158 Ernst Schmidt. Ueber Papaveraceeu-Alkaioide. Mit den vorstehenden Daten wiü'den annähernd die Werte über- einstimmen, welche seiner Zeit Xaschold (L c.) bei der Analyse des Sanguinaringoldchlorids erzielte: I. II. in. IV. V. C. 36,23 37,26 _ _ _ H. 2,96 2,77 _ _ _ Au. 28,69 28.33 28,62 28,64 28,5-t Xach den Werten, welche bei der Analyse des freien Chelerj'- thrins, seines Hj-drochlorids, Hydi-qjodids. Platin- und Golddoppel- salzes erzielt \\-iirden, kommt diesem Alkaloide die Formel CoiHi-XO^. oder in Erwägung, dafs dasselbe zwei Methoxylgruppen enthält, die Formel Cig H^ (0 . CHa)^ XOo zu. II. Sauguiuariu: C20 H15 X'O^ -f HoO. Wie bereits erwähnt, ist das Sauguinai-in im Jahre 1828 von Dana^) in der Wurzel von Sanguinaria catiadcusis entdeckt worden, jedoch liegen hierüber genauere Angaben erst von Schiel-), Xaschold^) und A. Henschke-*) vor. Schiel, dessen Anah^sen annähernd mit denen übereinstimmten, welche er von dem Chelers-thrin ausführte, gab beiden Alkaloiden die Formel C38 H^g XOß (C = 6), für welche Limpricht dann den Ausdruck C19H17 XO4 (C= 12) in Vorschlag brachte. Xaschold, welcher das Sanguinarin einer eingehenden Unter- suchung unterzog, leitete aus seinen Analysen die Formel C17H15XO4 ab, ein Ausdi'uck, welcher durch die späteren Arbeiten von Henschke eine Bestätigung fand. Da Xaschold jedoch nur- ein Alkaloid aus der Sanguinariawurzel isolierte und Henschke nur mit käuflichem Material operierte, so ist wohl anzimehmen. dais beide Forscher kein einheitliches Material zu ihren Untersuchungen verwendeten. Das Sangidnarin, welches in der Sanguinariawurzel in viel ge- ringerer Menge als das Chelerythrin vorkommt, scheidet sich aus Essigäther in weifsen, meist büschelig gruppierten Xadeln aus, welche bei 213*^0. schmelzen. Aus Chloroform und aus Alkohol resiütierte das Sanguinarin in Form von weilsen 1) Magazin f. Pharm. 1828, 23. 125. 2) Annal. d. Chem. 43, 233. 3) Journ. f. prakt. Chem. 106, 385. ■*) luauguraldiss. Erlangen 1888. Ernst Schmidt, Ueber Papaveraceen-Alkaloide. 159 Warzen. Auch in Aceton und Methylalkohol ist dasselbe löslich. Obschon die Löslichkeit des reinen Sanguinarins in diesen Lösungs- mitteln gröfser ist, als die des reinen Chelerythrins, so ist doch die Trennung dieser beiden Alkaloide, wenn sie mit einander gemischt sind, wie bereits erwähnt, eine sehr mühsame und schwäerige. Das Sanguinarin ist durch die blutrote Farbe seiner Salze aus- gezeichnet, während es selbst ungefärbt erscheint. Bei Zusatz von Ammoniak tritt daher in den wässerigen, blutrot gefärbten Salz- lösungen, unter Abscheidung eines rein weiTsen Niederschlages, voll- ständige Entfärbung ein. Auch die Lösungen des Sanguinaiins zeigen, ebenso wie die des Chelerythrins. namentlich in nicht ganz reinem Zustande, blauviolette Fluorescenz. An der Luft ist das Sanguinarin wenig beständig, indem es sich allmählig mit einer roten Schicht bekleidet. Je nach den Yer- suchsbedingungen krj-stallisiert dasselbe mit Vo und mit 1 Mol. Wasser, obschon es bei 100° keinen Gewichtsverlust erleidet. Die Analysen des Sanguinarin ergaben folgende Daten: a. Koenig. I. 0,2086 g lieferten 0,538 g-COo und 0,0914 g H.O. IL 0,1678 g „ 0,4318 g „ „ 0,0712 g „ ni. 0,5678 g „ nach Kjeldahl U,01456 g K Gefunden : Berechnet für: I. II. IIL 2(CooHi5N04) + HoO C 70,33 70,18 — 70,18 H 4,86 4.71 — 4,68 N — — 3,96 4,09 b . Tietz. L 0,3074 g lieferten 0,769 g COo und 0,1404 g Ho II. 0,2452 g „ 0,6166 g „' „ 0,1122 g '„ ni. 0,3356 g r nach "Will -Y arrentrapp 0.01176 g X. Gefunden : Berechnet für: I. II. III. CooHiöXO^-i-HoO C 68,22 68,58 ~ 68,37 H 5,06 5,08 — 4,84 N — — 3,50 3,98 Das Verhalte!, des Sanguinarins gegen Alkaloidreagentien ist Folgendes : Konz. Schwefelsäure: Löst dunkeh'otgelb. Konz. Salpetersäure: Löst mit braungelber Farbe. 160 Ernst Schmidt, Ueber Papaveraceen-Alkaloide. Erdmanns Reagens: Färbt schön orangerot, eine Farbe, die ziem- lich lange beständig ist, später jedoch unter Trübwerden der Lösung in scharlachrot übergeht. Fröhdes Reagens: Färbt karminrot, dann rotgelb, schliefslich in eine schmutzig braune Färbung übergehend. Vanadinschwefelsäure : Färbt zunächst schön dunkelgrün, welche Farbe über violett schnell in bordeauxrot übergeht und schliefslich braun wird. Methoxylbestimmungen (Tietzj. Die Bestimmung der in dem Sanguinarin enthaltenen Methoxyl- gruppen gelangte ebenfalls nach Angabe von Z ei sei zur Ausführung. Als Untersuchungsmaterial diente hierzu die freie Base, für welche die Analysen die Formel C20 H15 NO4 + H2 ergeben hatten. Da die Methoxylbestimmungen hier, im Gfegensatze zu dem Chelerythrin, ziemlich übereinstimmende Daten lieferten, so ist wohl die Annahme gerechtfertigt, dafs das krystallisierte Sanguinarin keinen Krystall* alkohol, sondern Krystallwasser enthält. I. 0,2507 g lieferten 0,18165 g AgJ IL 0,2888 g „ 0,18655 g „ III. 0,2334 g „ 0,17415 g „ Gefunden: Berechnet für: I. IL IIL C20 Hi5 NO4 + Ho O.CH3 9,55 8,52 9,84 8,83 Das Sanguinai'in dürfte somit wohl als Monomethyläther der Verbindung C19 Hio NO3 : C^g H12 (0 . CHg) NO3, anzusehen sein. (Fortsetzung in Heft 3.) Berichtigung. Seile 1 imd 2 (Koffeinsalze) links Tanret statt Tauret. „ 6, Zeile 2 von unten links 2 Mol. statt 2 Vol. „ 10, Zeile 15 von oben links „zu gleichen" statt „zugleich in". von Poncet Glashütten-Werke BERLIN SO., Köpnickerstr. 54, Fabrik und Lager sämmtlicher Gefässe u. Utensilien für ehem., pliarmac. Ge'jrauch. Atelier für Emaille-Schriftmalerei auf (Jlas' und Porzellangefässe. [4] Specialität: Einrichtung von Apotheken, ehem. Laboratorien etc. ^ Preisverzeichnisse gratis und franco. Joseph Zolowicz in Posen ofterirt Archiv f. Pharmacie. Bd. 135—229 (IS5() — isSJU zum grössten Theil gebd. JC \m.— Vierteljahisscliiift für praktische Pliariuacie Heiansg. von AVitt- stein 22 Jahrgänge 1852 — 1873. gebd. M 50.- herrscM Keuchhusten? 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Wir verweisen auf die in sämmtlichen Fachblättern kürzlich eischienenen 8)V glänienden Besprechnngren. 1816) Göttingen. Vandenhoeck & Kuprecht. Gommentar zum Arzneibuch für das deutsche Reich mit vergl. Bei-ücksichtigung der früheren deutschen u. a. Pharmakopoen. von »r. Bruno Hirsch und »r. Alfred Schneider. Geh. LS Mk. In solidem, schönem Lederband 15 Mk. 50 Pfg. „Ein wahrer Schatz von Wissen, praktischer Erfahrung und wohl- begründetem ürtheil". (Pharmaceut. Zeit. 1391. Mo. 23. Dr. E. Biltz.) [1826 Terlag Ton Vandenhoeck «t Kuprecht in Göttingren. Warmbrunn, Quilitz & Co., ^^i>»NN,Quu„ 40Rosenthaler-Strasse40 ^^^^^n, ♦^ ^CteSa "^ Berlin, C. *^* aS ttnuTe. Fabrik i'nd Lager BEaLi».c. von Apparaten, Gefässen und Geräthen liefern Torschriftsmässigre ]M[orpbiaiii-Stand8;erässe nach von uns gelieferten und vom höh. 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Postabonnements auf das erste Halbjahr 1893 werden noch angenommen und ni die bereits erschienenen Nummern auf Wunsch nachgeliefert. S| Probenummern stehen kostenfrei zu Diensten. Centralbureau des Deutschen Apotheker-Vereins Berlin SW. 12, Zimmerstr. 3/4. Bich-lniekn:! Gcstar Scheuck, Königlicher BoancbbiDdler, Btrlio SW.19. m m ARCHIV DER PHARMACIE Zeitschrift des Deutsehen Apotheker -Vereins, unter Redaction von E. Schmidt und H. Beckurts, von dem Geschäftsführer des Deutschen Apotheker- Vereins J. GREISS in Berlin. Band 231, Heft 3. BERLIN. Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins. 1893. «XgV Jä^^ Tteiträge für das Archiv sind an die Metren Professor J>r. JE. Schmidt in Marburg (Hessen) oder Professor Dr. EC. Seckurts in Sraunschtveitj zu senden. Ausgegeben den 12. April 1893. INHALT. Seit- Ernst Schmidt, Über Papaveraceen-Alkaloide (Fortsetzung) . . . 16' J. J. L. van Ryn, Über das Carpain, das Alkaloid der Blätter von Carica Papaj-a L 184 J. Trapp, Über das ätherische Öl der Samen von Cicuta virosa 212 J. Klein, Über das Santonin III 213 Ernst Schmidt, Über Papaveraceen-Alkaloide: W. Gö blich. Über das Codein 235 Mitteilung aus dem pharmaceutisch- chemischen Institut der Universität Marburg. Eingegangene Beiträge. H. Walliczek, Studien der Menbranschleime der vegetativen Organe ofhziii eller Pflanzen. K. "Wedemeyer, Über Stickstoö'bestimmung in Nitraten. A. Ehrenberg, Über das aetherische Öl von Aspidium filix mas. A. Soldaini, Über die Alkaloide von Lupinus albus. J. Bertram und H. Walbaum, Zur Kenntnis der Fichtennadelöle. A. von Planta und E. Schulze, Über die organischen Basen der WurzelknoUeu von Stachys tubifera. (Geschlossen den 31. März 1893.) Anzeigen. MEYERS 212 Hefte, [8] über 950 Bildertafeln und Kartenbeilagen. := Soeben erscheint = \in 5., neubearbeiteter und vermehrter Auflage: nt je ,50 Pf. n Bände KONYERSATIONS- 17 Bünde inllalhfrnnz ^ gebunden 'x.u je y jMk. \zu je 10 Jf J.- Probehefte und Prospekte gratis durch jede Buchhandlung, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig.' LEXIKON 10,000 Abbildungen. Karten und Pläne. Ernst Schmidt, lieber Papaveraceen-AlkaloiVle. 161 Salzsaures Sanguinarin (KoeT)igj. Das Sanguinariuhydochlorid, durch Neutralisation von gepul- vertem Sanguinai-in mit verdünnter Salzsäure dargestellt, scheidet sich aus der blutrot gefärbten Lösung, namentlich nach Zusatz von etwas konzentrierter Salzsäure, in prächtig rot gefärbten, langen, dünnen Nadeln aus. Nach dem Trocknen zeigt das Salz seiden* artigen Glanz und besitzt die Farbe des sublimierten Alizarins. Dasselbe ist in Wasser und in Alkohol ziemlich leicht löslich; die Gegenwart freier Salzsäure vermindert die Löslichkeit sehr wesentlich. Beim Trocknen bei 100*^ verlor das lufttrockne salzsaure San- guinaiin bis zu 23 Proz. an Ge-wicht, während sich für Coq H^g NO4, HCl + 5H2O nur 15.58 Proc. HgO berechnen. Wenn dieser, der wahrscheinlichen Zusammensetzung des Salzes entsprechende Wert so erheblich bei den ausgeführten Wasserbestim- mungen überschritten wurde, so liegt der Grund in eüiem gleich- zeitigen Verlust an Salzsäure und der dadurch bedingten Zersetzung des Salzes. Letztere machte sich sow^ohl diu'ch den Übergang der leuchtend roten Farbe in eine mattbraune, als auch dadurch bemerk- bar, dafs sich das Salz nach dem Trocknen, gleich dem Chelerythrin hydrochlorid, nicht mehr in Wasser oder Alkohol löste, was vorher mit Leichtigkeit der Fall war. Ferner spricht für die Annahme eines Verlustes an Salzsävu-e bei 100^ der Umstand, daXs die von dem jener Temperatur ausgesetzten Salze ausgeführten Chlorbestim- mungen bedeutend zu niedrig ausfielen. Zur Analyse wvirde daher das aus Alkohol umkrystallisiei'te. sich aus diesem Lösungsmittel mehr derb und ziegelrot ausscheidende Salz, im lufttrockenen Zustande, verwendet. Denn auch das aus Alkohol umkrystallisierte salzsaure Sanguinarin zersetzt sich beim Trocknen (Verlust 9,60, bezüglich 10,33 Proz.; berechnet für 2 Hg =: 8,87 Proz.) unter Veränderung der Farbe und Chlorwasserstoff- verhist. Die Analysen des lufttrockenen Salzes ergaben folgende Daten: I. 0,121 g lieferten nach Carius 0,0422 g AgCl. II. 0,1616 g „ 0,3512 g CO2 u. 0,0696 g HoO. Gefunden: Berechnet für: I. II. C20 Hi5 NO4, HCl + 2 HoO C. — 59,27 59,18 H. — 4,78 4,93 Cl. 8,62 — 8,75. Arcli. d. Phann. CCXXXI. Bds., 3. Heft. H 162 Ernst Schmidt. Ueber Papaveraceen-Alkaloide. Bei der Verbrennung wurde die rote Parbe des Salzes zunächst heller und ging über grau fast in weils über: erst dann trat Schmelzen und schlielsKch Verkohlen der Substanz ein. Es scheint also beim Erhitzen eine vollkommene Regeneration des freien Alkaloides unter Abgabe der Säure stattzufinden. Durch Ammoniak wird die wässrige Lösung des salzsauren Sanguinarins farblos imter Abscheidung weifser Flocken der freien Base. Salpetersaures Sanguinarin (Koenig). Zur Darstellung dieses Salzes wui'de die zerriebene freie Base in heifsem Wasser suspendiert und diese INIischung mit soviel Salpeter- säure versetzt, als zur Neutralisation erforderlich war. Aus der heifs filti-ierlen, bluti'Ot gefärbten Lösung schieden sich, nach Zusatz von etwas freier Salpetersäure, intensiv rot gefäi'bre Nadehi aus, welche durch UmkiTstaUisieren aus Alkohol gereinigt wui'den. In Farbe und Löslichkeitsverhältnissen gleicht das Sanguinarinnitrat im Wesent- lichen dem Hydi'ochlorid dieser Base. Bei 100 "^ verlor das Sanguinarinnitrat etwa 6.5 Proz. an Gewicht, jedoch ging hierbei die leuchtend rote Farbe desselben in ein schmutziges Braun über, eine Veränderung, welche auf eine Zer- setzung des Salzes schliefsen liefs. Die Analj-sen gelangten daher von der lufttrockenen Verbindung zm- Ausführung. 1. 0,151 g lieferten 0,3226 g COo u. 0,0592 g HoO II. 0,1922 g „ 0,41C2 g CO2 u. 0,0748 g hJo Gefunden: Berechnet für: I. II. C20 Hi5 K O4 HNO3 + H2O C. 58,26 58,20 57,97 H. 4,35 4.32 4,34. Sanguinarini^latinchlorid. Das durch Platinchlorid aus der erwärmten Lösung des salz- saiu'en Sanguinarins ausgeschiedene Doppelsalz bildete nach dem Absaugen imd Auswaschen mit wenig kaltem Wasser, im lufttrocknen Zustande, ein schön gelbes, amorphes Pulver. Die Analysen desselben ergaben folgende Daten: a. Koenig. I. 0.1796 g verloren bei 100° 0,0018 g an Gewicht = 1 Proz. IL 0,2116 g „ „ 1000 0,0010 g „ „ = 0,47 „ in. 0,222 g „ r 1000 0,0010 g „ „ = 0,45 „ Ernst Schmidt. Ueber Papaveraceen-AlkaloYtle. 16:5 Eine Farbenveränderung war hierbei nicht zu konstatieren, für (Coo Hi5 NO4 HC1)2 PtCli + H^O würde sich 1,73 Proz. HgO berechnen. I. 0,1778 g des bei lOOO getrockn. Salz, liefert. 0,0327 g Pt. IL 0,2106 g „ 1000 „ ») )i 0,3468g CO..u.0.0504gH2O. III. 0,221 g ,. „ 1000 " » 0,3646g CO!^a. 0,051 gHaO. Gefunden : Berechnet für: I. II. III. (C.,oHi5N04,HCl)2PtCl4 C — 44,91 44,99 44,63 H — 2,65 2,.ö6 2,97 Pt 18,39 — — 18,08. b. Tietz. I. 0.2197 g verloren bei lOOO 0,0031 g an Gewicht = 1,41 Proz. II. 0,1666 „ „ „ „ 0,0019 „ „ „ = 1,14 „ III. 0,1717 „ „ „ „ 0,0021 „ „ „ = 1,22 „ Die bei lOOO getrocknete Verbindung lieferte bei der Analyse fol- gende Werte: I. 0.2166 g ergaben 0,359 g CO., und 0,0544 g H.^O II. 0,1873 , ,, „ 0,.3109 , , „ „ 0,0451 „ „ III. 0.1696 . y> 0,0304 „ , Pt. IV. 0,1647 , Gefunden 0,0299 ,, , « Berechnet für: I. II. III. IV. (C2oHi5N04,HCl)2PtCl4 c 45,19 45,26 — — 44,63 H 2,79 2,67 — — 2,97 Pt — — 17,92 18,15 18,08. Sangu inaring oldchlor id. Dieses Doppelsalz scheidet sich aus der heifsen Lösung des salz- sauren Sanguinarins auf Zusatz von Goldchlorid als ein braunroter, flockiger Niederschlag aus. Nach dem Absaugen, Auswaschen mit ivenig Wasser und Trocknen zwischen FHefspapier besafs dieses Doppelsalz eine rotbraune Färbung. Ein UmkrystaUisieren dieses Doppelsalzes aus Alkohol oder aus Wasser erwies sich als unausführbar , da dasselbe von Wasser über- haupt nicht, von Alkohol nur in sehr geringer Menge gelöst ^\T.u-de. Ans letzterer Lösung schied sich das Doppelsalz wieder im amorphen Zustande ab. Bei 100° verlor das Sanguinaringoldchlorid nur wenig an Ge- wicht (0,4 Proz.). Die Analysen der bei 100° getrockneten Verbin- dung lieferten folgende Werte: 11* 164- Ernst iSclimiclt. lieber Papaveraceeu-Alkaloide. a) Ko eilig. I. 0,167-i g lieferten 0,0494 g Au II. 0,2446 ,. „ 0.072 „ „ III. 0,1482 ., „ 0,1988 „ COo und 0,028 g H.,0 IV. 0,1778 „ „ 0,2368 „ .. " ,. 0.0304 ., „' Gefunden: Berechnet für: I. II. III. IV. C.2oHi5N04,HCl + AuClg C - — 36,53 36,32 35,70 H — — 2,09 1,89 2,38 Au 29,51 29.43 — — 29,22. b) Tietz. I. 0,2019 g lieferten 0,262 g COo und 0,047 1 g H^O II. 0,2404 „ „ 0,3146 „ „ „ 0,050G „ „ III. 0,1796 „ „ 0,0526 „ Au IV. 0,2014 „ „ 0,0591 ., „ Gefunden: Berechnet für: I. IL III. IV. C2oHisN04,HCl + AuC'l^ C 35,39 35,69 — — 35,70 H 2.59 2,33 - — 2.38 Au — — 29,28 29,39 29,22. Nach den Daten, welche bei den Analysen der freien Base, de.s Hj'drochlorids , des Nitrats, des Platin- und Golddoppelsalzes des Sanguinarins erzielt wui-den, dürfte diesem Alkaloid die Formel G20H15NO4, oder in Erwägung, dafs dasselbe nur eine Methoxyl- gruppe enthält, die Formel Ci9Hio(0 . CH3)N03 zu erteilen sein. III. ;'-Homoehelidoiiiii: O21H21NO5. Bei der Verarbeitung der SanguinariaAvurzel fand sich dieses Alkaloid, vAe bereits erwähnt, neben /?-Homochelidonin und Pro- topin in den ammoniakalischen Mutterlaugen, welche bei der FäUung der Rohalkaloide resultierten. Aus diesen Flüssigkeiten konnten diese drei Basen durch Ausschütteln mit Chloroform isoliert werden. Die Trennung derselben geschah durch wieder- holtes Umkrystallisieren aus Essigäther und Auslesen der aus- geschiedenen Krystalle. Diese mechanische Scheidung des y-Homo- cheüdonins von dem Protopin bieten keine besonderen Schwierig- keiten, da sich ersteres in ziemlich grofsen. durchsichtigen Kiystallen, letzteres meist in warzenförmigen, weifsen Gebilden ausscheidet. Ernst Schmidt. Ueber Papaveraceen-Alkaloicle. 16':) Zur Reinigung dieser grossen Krystalle wurden dieselben in wenig salzsäurehaltigera Wasser gelöst und diese Lösung mit starker« Salzsäure versetzt. Da sich hierbei nur durchaus einheitliche, seiden- glänzende Nadeln ausschieden, wurde die Mischung mit Wasser ver- dünnt und die hierdurch erzielte Lösung mit Ammoniak übersättigt Hierdurch entstand vorübergehend eine Fällung, welche sich jedoch im Überschüsse des Fällungsmittels wieder auflöste. Durch Aus- schütteln mit Chloroform konnte dieser Lösung das Allialoid leicht wieder entzogen werden. Der nach dem AbdestiUieren des Chloro- forms verbleibende Rückstand liefeite nach dem Lösen in alkohol- haltigem Essigäther von Neuem grosse, farblose, tafelförmige Krj'stalle. Diese Krystalle schmelzen im lufttrockenen Zustande zum Teil schon bei 159 — 160^. im getrockneten jedoch erst scharf i)ei 109 '^'. Li den Reactionen zeigte diese Base eine vollständige Übereinstimmung mit dem ,iu: C20H1TXO3. Das Protopin ist zuerst von 0. Hesse^) aus dem Opium in geringer Menge isoliert und auf Grund der Analyse der freien Base und ihres Platindoppelsalzes durch die Formel C20 H19 NO5 charakteri- siert worden. Später isolierte Eykman-j aus der Wurzel von 1) Annal. d. Chem. Suppl. 8, 319. ^ Tokio Daigaku X. 170 Ernst Schmidt, Ueber Papaveraceen-Alkaloide. Macleya cordata eine Base, welche er als „Macleyin" l)ezeiclmete. Die Eigenschaften dieses Alkaloi'ds, sowie die von der freien Base und dem Platindoppelsalze ermittelten analytischen Werte stimmen derartig mit den Angaben, welche Hesse über das Protopin macht, überein, dafs wohl die Vermutung gerechtfertigt erscheint, dafs das Macleyin mit dem Protopin identisch ist. Mit dem Protojnu iind namentlich mit dem Macleyin stimmt im Wesentlichen in den Eigen- schaften ein Alkaloid üb er ein , welches F. Selle^j aus Chelidonium- wurzel isolierte. Das Gleiche gilt von einer Base, welche W. Dan ck- wortt in dem Kraut und der Wurzel von Esclischoltzia califormca (s. S. 137) auffand. Seile liefs es dahingestellt, welche Formel der von ihm gewonnenen Chelidoniumbase zu erteilen ist, da die von ihm ermittelten analytischen Daten sowohl mit dem von Hesse accep- tierten Ausdruck C20 H^g NO5 , als auch mit der Formel C20 H^^ NO5 im Einklang standen. Seile fand bei der Analyse der freien Base (ohne Auswahl): VII. 4,U. I. II. III. IV. V. VI. c. 67,79 67,78 68,24 68,61 68,48 68,75 H. 5,36 5,28 5,26 5,10 5.29 5,U7 i\ . Berec •hnet für: CooHioNO^ C„,H,,NO, C. 67,98 68,37 H. 5,38 4,84 N. 3,96 8,99. Die Analyse dea Platindoppelsalzes ergab (ohne Auswalil): I. II. III. IV. C. — — 42,96 42,85 H. — — :^..96 4. 14 Pt. 17,45 17,30 — — Berechnet für : (C20 Hjg NO,;,. HCl)a Pt CI4 (Coo H^^ NO5. HCl). Pt CI4 43,03 " 43,18 3,58 3.23 17,43 17.49. Um das aus der Sanguinariawurzel isolierte, als „S-Protopin'' be- zeichnete Alkaloid in reinem Zustande zu erhalten, kann man in ver- schiedener Weise verfahren. Empfehlenswert ist es, das Rohprotopin 3j Dieses Archiv 189n, 456. Ernst SrliTiiidt, Uelier Papav'ei'accon-AlkiiloYili). 171 zunächst in das gut krystallisiereude , ziemlich schwer lösliche Hy- drochlorid oder Sulfat zu verwandeln, diese aus verdünntem Alkohol umzulcrystallisieren und aus der Lösung der reinen Salze dann die Base durch Ammoniak abzuscheiden. Zur Umkrystallisation des aui diese Weise als ein weifses, krystallinisches Pulver erhaltenen Prö- topins wurde meist ein Gemisch aus viel Chloroform und wenig Alkohol odei- Essigäther verwendet, jedoch wurde auch Alkohol und Essigäther allein, sowie auch Aceton hierzu benutzt. Die Form, in welcher sich das Protopin aus diesen Lösuug,^- mitteln abscheidet, scheint wesentlich von der Konzentration der Auflösung imd anderen Nebenumständen abzuhängen. Meist resul- tierte dasselbe in charakteristischen, weifsen. warzenförmigen Ge- bilden, bisweilen auch in farblosen, glänzenden, durchsichtigen mono- klinen Kiystallen. Unter Umständen wurde das Protopin nur in der einen Form, häufiger jedoch in beiden Formen nebeneinander gewonnen, und zwar gleichgültig, ob das eine oder das andere Lösungsmittel zur Umkrystallisation Verwendung fand. Aus viel Clilorotbrm und wenig Essigäther resultiei'tcn z. B.. namentHch bei freiwilliger Verdunstung, nur glasglänzende Krystalle. wogegen, sobald der Lösung etwas mehr Essigäther zugefügt wurde, häufig nicht ein einziger Krystall, sondern nur warzenartige Gebilde. die aus feinen Nadeln bestanden, zur Abscheidung gelangten. Ahn- liche Erscheinungen wurden auch beobachtet bei Anwendung von Chloroform und Alkohol, sowie von Essigäther und von Aceton. Dafs in diesen beiden, äufserlich sehr verschiedenen Krystallisa- tionen nur verschiedene Formen eines und desselben Alkaloids vor- lagen, ging einesteils daraus hervor, dafs beide bei 207^ schmolzen, beide dieselben Reaktionen zeigten und in der Zusammensetzung nicht differierten, andernteils. dafs es ohne Schwierigkeit gelang die durch- sichtigen Krystalle in die weifsen, undurchsichtigen Warzen und letztere wieder in die durchsichtigen Kiystalle zu verwandeln. Das Sanguinaria-Protopin erwies sich als unlöslich in Wasser, als schwer löslich in Alkohol, Essigäther und Aceton, selbst beim Sieden. Reiclilicher mrd dasselbe von Chloroform gelöst, wogegen Äther nur sehr wenig von dem kiystaUinischen Alkaloide aufnimmt. Im frisch gefällten Zustande zeigte das Sanguinaria-Protopin gegen Äther das Verhalten, welches von Hesse als ganz charakteristisch 172 Ernst Schmidt, Uel>er PApaveraceon-Alkalol'de. für Protopin bezeichnet -wdi-d. AVurcle nämlicli die Lösung des Pro- topinhydrochlorids mit Ammoniak gefällt und diese Älischung sofort mit Äther geschüttelt, so nahm letzterer reichliche Mengen des Alka- loids auf, die jedoch schon nach kurzer Zeit in Form von kleinen, warzenartigen Gebilden wieder zur Abscheidung gelangten. Von Kali- oder Natronlauge wird das Sanguinaria-Protopin nicht gelöst, wohl aber ist es in Ammoniak etwas löslich. Der Schmelz- punkt desselben lag bei 2070 (unkorrig.), und zwar bei beiden Kry- stallformen. Hesse fand den Schmelzpunkt des Opium -Protopins zu 2020, E. Merck zu 207'^, Eykmann giebt als Schmelzpunkt des ,,Macleyins" 20 lo. Seile für Chelidonium-Protopin 2070 an. Das Sanguinaria-Protopin enthält kein Krystallwasser. iSTach der Methode von Zeifel konnten in demselben keine Meihoxylgi-uppen nachgewiesen werden. Die Analyse desselben ergab folgende Daten: I. 0,215 g lieferten 0,5341 g COo und 0,100 g HgOl IL 0,2802,^ „ 0,6978,, „" „ 0,132 „ „ j^oß^ig- III. 0,2083 „ „ 0,5198 „ „ „ 0,0966 „ „ \ IV. 0.2183., „ 0.5490,, „ „ 0,0958,, „ } ^letz. Gefunden: Berechnet für: L IL III. IV. C,,oHi9N05 C20H17NO5 C 67,75 67,92 68,0 68,58 67,98 68,37 H 5,16 ' 5,23 5,15 4,87 5,38 4,84. Das Sanguinaria-Protopin zeigt folgende Reaktionen: Schwei'elsäure (1,84) löst das Alkalo'id allmählig mit schön blau-violetter Farbe auf, die nach einiger Zeit schmutzig-violett und später vom Rande her grün wird. Wendet man hierbei einen Kry- stall des Alkaloi'ds an, so färbt derselbe sich zunächst gelb, bald darauf erscheint derselbe jedoch fast schwarz gefärbt, während die Schwefelsäure von violetten Streifen durchzogen wird. Salpetersäure von 30 Proz. wird gelb gefärbt. Erdmaun's Reagens fär1)t sich zunächst gelb, dann rasch blauviolett, dann blau, grün und schliefsiich wieder gelb. Froehde's Reagens löst das Alkaloid alsbald mit prächtig Illauer Farbe, welche allmählig vom Rande her in grün übergeht. Vanadinschwefelsäui'e färl)t sich rotviolett und alsbald tief l)lau. E r 11 s i S^ c hin i d t , l" i-l)er Papaveraceeii-Alcalo'Hle. S . - P r 1 p i u - P 1 a t i n ( • 1 1 1 ( ) r i d . (W. Tietz.) Zur Darstellung dieses Doppelsalzes wurde eine sclnvacli salz- saure Lösung des Protopins mit Platincliloiid im Uberschuls versetzt und der entstandene gelbe, voluminöse Niederschlag abgesogen, mit wenig Wasser nachgewaschen und zwischen Fiiefspapier getrocknet. Das ursprünglich amorphe Doppelsalz nahm hierbei krj^stallinischp. Beschaffenheit an. Die Analyse desselben ergab bei verschiedenen Darstellungen folgende Daten: I. 0,181.9 g verloren bei 10f)0 O,*» -uV g au Gewicht II. 0.2689 .. „ 0,0093 ,. ., III. 0,2522 „ .|, 0,0071 .. ,, IV. 0,2354,, • 1 ,, 0,0065 „ ., V. 0,2338 „ ,. 0,0056 .. ., VI. 0,2782 ., ., 0,0076 ., YII. 0,2760,, " Gefunden 0,0084 g '■ I. 11. III. IV. V. VI. VII. 3,68 3,45 2,81 2,76 2,39 2,73 3,04 I. 0,2471 g lieferten 0,3776 g COo und 0,0866 gH, II. 0,2289 .. ,, 0,354 „ '1 " o,o; 68 in. 0,2282 „ 1' 0,3488 ., ,, ,, 0,0' '40 1- n IV. 0,2410 „ ,, 0,3668 .. 11 0,0758 )• V. 0,2117 „ ,, 0,3234 ,. •' 11 0,0- ■06 VI. 0,2596 „ 0,0448 „ Pt. VII. 0,2706 „ „ 0,0466 „ ,, Vni. 0,2686 „ ,, 0,0460 „ 1' ,0 Zu den vorstehenden Bestimmungen war das Doppelsalz zuvor bei 1000 getrocknet worden. Gefunden : I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. C 41,67 42,17 41,68 41,50 41.66 — — — H 3.89 3,72 3,60 3,49 3,70 — — — Pt — — — — 17,25 17,22 17,12. Die vors tehenden Daten würden am besten mit der Formel (C20H17NO5 . HCl)2PtCl4 + 4H2O im Einklang stehen, und zwar unter der Annahme, dals von den 4 Mol. H2O bei 100*^ nur 2 Mol. abge- geben werden. Es würden sich dann berechnen: HgO 3,04 C 41,83 H 3,48 Pt 16,94. 174 Ernst S cliiuidt, lieber Papaveracsen-Alkaloide. S.-Protopin-Goldcblorid. Dieses Gfolddoppelsalz, entsprechend dem Platindoppelsalze dar- gestellt, bildete ein rotbraune.s. amorphes Pulver. Die Anatysen des- selben ergaben folgende Daten: I. 0,190.3 g verloren bei lOOO 0,005 g an Gewicht | IL 0,2154., „ „ „ 0,0052,, „ ., i ^ietz. Gefunden: Berechnet für: I. IL CooHi-NO- . HCl + AUCI3 + H2O a,0 2.62 2,41 ' 2,54. Die bei 100^ getrocknete Verbindung ergab folgende Zahlen: I. 0.1853 g lieferten 0,2394 g COo und 0,0486 g HoO IL 0,2102 0,270 ., .. ,. (1,0532 , ,, III. 0,1832 0,2362 ., „ „ 0,1)459 . 1 V Tietz. IV. 0,1756 , ,, 0,0498 „ Au V. 0,18.32 .. ., 0,0519 „ „ VI. 0,1026 0,0292,, „ (K Denig). Gefunden: Berechnet für: I. IL III. IV. V. VI. C20H17NO5.HCI+AUCI3 c 35,22 35,03 35.16 — — — 34,77 H 2,91 2,81 2,78 — — — 2,60 Au — — — 28,35 28.32 28.46 28,42. B. Uel>er das Protopiu aus der Wurzel von Chelidoniiitn tnojns. Von Dr. Georg Koenig. Das Chelidoniuni-Protopin ist bereits von P. Seile (1. c.) unter- sucht worden. Das mir zur Verarbeitung vorliegende Material ver- danke ich ebenso wie Seile der LiberaKtät der Firma E. Merck in Darmstadt, welche dasselbe unter der Bezeichnung Alkaloid V aus Chelidoniumwurzel (Schmelzp. 1950) Herrn Professor E. Schmidt übermittelt hatte. Dasselbe bildete eine grauweifse, bröckliche Masse, welche sich nur sehr schwer in verdünnter Salzsäure oder Schwefel- säure, ebenso in Alkohol und in Essigäther löste. Die Reinigung dieses Rohmaterials, bezüglich die Trennung des darin enthaltenen Protopins vom Chelidonin wiirde zimächst durch Ueberführung dieses Basengemisches in die Hydrochloride versucht. Als weit zweckmäfsiger hat sich jedoch später die von Selle^) an- gewendete Methode, welche auf der Schwerlöslichkeit des Protopin- sulfats beruht, bewährt. Die aus dem wiederholt umkrystallisierten 1) Dieses Archiv 189i», 497. E 1-11 st Schmidt, Ueber Papavcruceen-Alkaloide. 17ö Siillat durch Ammoniak abgeschiedene freie Base wurde schlielslich in Chloroform gelöst und diese Lösung, nach Zusatz von etwas Alkohol, der freiwilligen Verdunstung überlassen. Aus dieser Lösung schied sich das Protopin zum Teil in farblosen Krystallen, zum Teil in warzenförmigen, in der Mitte vertieften, weiTsen Gebilden aus, die beide bei 2040 schmolzen, daher wohl nur als verschiedene Formen des Protopins anzusehen waren, für welches Seile anfänglich den Schmelzpunkt 205^ ermittelte. Durch Umkrystallisieren aus sieden- dem Allvohol, aus Essigäther, mit und ohne Zusatz von Alkohol, oder aus Aceton resultierte das Protopin ebenfalls in den beiden erwähnten Formen. Hierbei zeigte sich ebenfalls die bereits bei dem Sangui- naria-Protopin beobachtete Eigenthümlichkeit, dafs die durchsichtigen, farblosen Krystalle sich häufig in weilse Warzen, letztere dagegen umgekehrt sich in farblose Krystalle vei'wandelten. Der Schmelz- punkt beider Formen erhöhte sich hierbei auf 207^. In den Löslichkeitsverhältnissen und in den Reactionen verhielt sich das Chelidonimu-Protopin ebenso wie das Sanguinaria-Protopin. Bei 100 verlor dasselbe nichts an Gre^-icht. Die Analysen dieses Alkaloids (Krystalle und "Warzen gesondert) ergaben folgende Daten: I. 0,1846 g lieferten 0,4642 g COg und 0,0888 g HoO II. 0,171 „ „ 0,4279,, „" „ 0,0796,, „ III. 0,2152,, ., 0,5394,, „ ,, 0,lu36 „ „ Gefunden: Berechnet für: I. IL III. C00H17NO5 C20H19NO5 C 68,58 68,24 68,36 68,37 67,98 H 5,34 5,16 5,34 4,84 5,38 Ch.-Protopinplatinchlorid. Platinchlorid schied aus der heiisen, salzsäurehaltigen Lösung des Protopins zunächst einen hellgelben, flockigen Niederschlag ab, welcher jedoch nach dem Erkalten und 12 stündigem Stehen krystal- linische Beschaffenheit annahm. Die Analyse des lufttrocknen Salzes ergab folgende Zahlen: HoO I. 0,1718 g verloren Li ei 100- -105' ' 0,0094 g an Gewicht II. 0,2426 ., ,, ,, 0,0131 „ „ III. 0,1717 .. , , 0,0099 „ „ IV. 0,2169 „ ,, 0.0125 „ „ Gefunden : Berechnet für: I. II. III. IV. (C2oHi^N05HCl)2PtC]4 + 4 HoO 5,47 5,.39 5,76 5,76 6,08 176 Ernst Schmidt, Ueber Papaveraceen-Alkaloide. Diese Werte stimraen mit denen ttberein, -welche Seile seiner Zeit bei der Analyse des Protopinplatinchlorids (ans Chelidonium- wxirzel) ermittelte: 6,07: 5,76: 5,87 Proz. HgO. Hesse fand da- gegen in dem Platindoppelsalze des Opinm-Protopins nur 2 Mol. HgO (3,24 Proz.). Den gleichen Wassergehalt ermittelte Eykman in dem Macleyin-Platinchlorid. Tietz fand in dem Platindoppelsalze des Sanguinaria-Protopins zwar ebenfalls 4 Mol. HqO, jedoch konnte er hiervon nur 2 Mol. durch Trocknen bei 100 ^ austreiben. Die Analysen der bei 100*^ getrockneten Verbindung ergaben folgende Werte: I. 0,136:^ g lieferten 0,2158 g CO^ und 0.0416 g H^O IL 0,1618.. 0,2554 .. „ 0,0506 „ „ III. 0,1624 „ 0,0280 .. Pt IV. 0,2285.. 0,0398 .. ,. V. 0,450 ,. 0,0774 ,. „ VI. 0,2044 „ 0,0352 ,. ,. Gefunden Berechnet für: I. IL III. IV V. AI. (CooHi7N05HCl)2PtCl, c 43,17 43,04 — — — 43,18 H 3.39 3,47 — — — 3,23 Pt — — 17,24 1 .7,0 14 17,2(1 17,22 17,49 Ch.-Protopingoidchlorid. Dieses Doppelsalz schied sich als ein rotbrauner, flockiger Nieder- schlag aus beim Zusammenbringen von Goldchlorid- und Protopin- hydrochloridlösung. Nach dem Absaugen und Trocknen bildete das- selbe ein rotbraunes Pulver. Zu den Analysen verwendete ich ein Präparat, welches seiner Zeit von F. Seile dargestellt worden war, und zwar löste ich dasselbe behufs weiterer Reinigung in Alkohol ^ind überliefs diese Lösung, nach Zusatz von etwas Goldchloridlösuug und etwas Salzsäure, der Krystallisation. Nach längerem Stehen schieden sich kleine dunkelbraune Warzen aus, w^elche an den Wandungen und auf dem Boden des Becherglases festsafsen. Diese Ausscheidungen erwiesen sich als wasserfrei ; sie schmolzen bei 19S0. Die Analysen dieses Salzes ergaben Folgendes: I. 0,2584 g lieferten 0,331 g COg, 0,0722 g HgO und 0,0786 g Au n. 0,1986,. „ 0,2522 „ CO2 und 0,0552 g HgO in. 0,1426,, „ 0,0406,, Au. Ernst Schmidt, Ueber Papaveraceeri-Alkaloülo. 177 Gefunden: Berechnet für: T. II. III. C20H1-NO5HCI + AUCI3 C 34,94 34,63 — 34,77 H 3.10 3,09 — 2,60 Au 28,48 — 28,47 28,42 Mit auorganisclien und mit organischen Säuren lieferte das Chelidonium-Protopin gut lo-ystallisierende Salze, welche jedoch vor- läufig aus Mangel an Material nicht näher untersucht werden konnten. Die bei der Analyse des Hydrochlorids von F. Seile und von mir gewonnenen Daten stehen mit der im Vorstehenden acceptierten Formel C20H17NO5 ebenfalls im Einklänge. C. Iclier (las Clielerytliriii der Wurzel von Chelidoniwm majus. Von Dr. Georg König. Das Chelerythrin kommt in dem Schöllkraut nur in so geringer Menge vor, dals eine Rein gewinnung desselben aus dieser leicht- zugänglichen Pflanze, obwohl sie mehrfach, z. B. von Probst und später von Henschke, versucht \\Tirde, bisher nicht gelang. Die von diesen Forschern erhaltenen amorphen Basen entbehrten des einheitlichen, für eine exakte Untersuchung sichere Anhaltspunkte bietenden Charakters. Als ein dankbares Ausgangsmaterial stand mir durch die gütige Vermittelung des Herrn Professor Dr. E. Schmidt ein von E. Merck in Darmstadt stammendes grau-gelbes Pulver zur Ver- fügung, das sich als Nebenprodukt bei der Darstellung von Cheli- donium-Basen angesammelt hatte. Das mit Meinen Stückchen und Krusten, sowie Fütrierpapierresten untermischte Pulver war von bitterem Geschmack; sein Staub er- regte beim Zerreiben Niesen und heftiges Kratzen im Schlünde. Das gleichmäfsig gemischte Rohalkaloid erwies sich als unvoll- ständig löslich in Alkohol, Chloroform, Essigäther, Äther, sowde in mit Schwefelsäure und mit Salzsäure angesäuertem Wasser und ebensolchem Alkohol. Behufs Trennung der Einzelbestandteile kochte ich die zer- riebene Masse zunächst mit 96proz. Alkohol so lange aus, bis sich derselbe nicht mehr gelb färbte. Hierbei bheb ein erdiger, grau gefärbter Rückstand (B). Da beim Verdunsten des alkoholischen Arch. d. Pliarm. CCXXXI. Bds. 3. Heft. ^2 17ö Ernst Schmidt, Ueber Papaveracaen-Alkaloi'de. Auszuges (A) nur krystallinische, graue Ki'usten zurück blieben, versetzte ich denselben mit Salzsäu.re, wodurch ich ein die ganze Flüssigkeit durchsetzendes Haufwerk zarter, glänzendgelber Krystalle, gemischt mit kleinen, dunkelgelben Knötchen und kurzen, rotbraunen Nadeln, erhielt. Den Rückstand (B) löste ich direkt in salzsäurehaltigem Al- kohol, welcher sich hierbei dunkel rotgelb, unter Zurücldassung kleiner Mengen von Verunreinigungen, färbte. Nach dem Erkalten dieser heifs bereiteten Lösung schieden sich ebenfalls gelbe, die ganze Flüssigkeit schwammig erfüllende Krystallmassen aus, die durch Absaugen von der Mutterlauge getrennt wurden und alsdann dasselbe Aussehen, wie die aus Anteil (A) gewonnenen, zeigten. Aus den konzentrierten Mutterlaugen, sowohl von den aus Anteil (A), als auch von den aus Lösung (B) gewonnenen Kiystallen, erhielt ich noch weitere Mengen jener salzsauren Salze. Schliefslich schieden sich aus den rotbraun gefärbten Laugen nur noch dunkle Harz- uiassen aus, die sich wohl in salzsäurehaltigem Alkohol lösten, daraus aber nicht krystallisiert zu erhalten waren. Die Behandlung der aus den beiden Lösungen (A und B) erhaltenen, in ihrem Aussehen gleichen Krystallisationen blieb in der Folge dieselbe. Zunächst versuchte ich durch Lösen in Wasser, unter Anwendung gelinder Wärme, wodurch die, die Hauptmenge ausmachenden, gelben Nadebi leichter gelöst wurden, eine Trennung der drei verschieden aus- sehenden Krystallisationen herbeizuführen. Es gelang dies jedoch nur unvollkommen. Hierbei gewann es zudem den Anschein, als ob jene gelben, knötchenförmigen Abscheidungen nur eiue Modifikation der gelben, meist strahlig angeordneten, gleich den Hyphen eines Pilzgewebes die ganze Flüssigkeit gallertig erfüllenden Nadeln seien. Schliefslich erhielt ich jedoch durch mehrfache Wiederholung dieses Verfahrens einen sehr kleinen Teil der kurzen, braunen Nadeln ziemlich frei von den gelbgefärbten Salzen, während als Haviptmenge die gelben nadeligen Krystalle frei von jenen erhalten wurden. Aus jenen Salzen stellte ich die freien Basen durch Lösen der- selben in wenig salzsäurehaltigem Wasser und Versetzen dieser Lösungen mit Ammoniak dar. Während die aus den gelben Nadeln Ernst Sclnnidt, Ueber Papavei-aceen-Alkaloüle. 17!) erhaltene Fällung weifslicli gi'au gefärbt war, zeigten die aus den beiden anderen Salzen resultierenden geringen Niederschläge in der Färbung eüien violetten Schein. Diese FäLlungeu wurden auf Filtern gesanunelt, mit Wasser ausgewaschen und gut bedeckt bei niedriger Temperatur getrocknet. Ein sorgfältiges Bedecken war nötig, da andernfalls an der Luft durch Salzbildung eine Gelbfärbung eintrat. Die getrockneten Basen warrden alsdann in Chloroform gelöst (was sehr leicht mit dunkelbrauner Farbe von Statten ging), diese Lösung mit etwa der gleichen Menge Alkohol vei'setzt und zur KiystalHsation bei Seite gestellt. Durch den AUfoholzusatz nahmen die Lösungen eine bedeutend hellere, schön rote Färbung an; zu- gleich trat eine lebhafte blaue Fluoreszenz aiif, l^esonders dann, Avenn sich der Alkohol nur erst mit einem kleinen Teile der Chloro- formlösung gemischt hatte und zum gröfsten Teil über letzterer ge- schichtet war. Nachdem die Hauptmenge des Chloroforms durch freiwilliges Verdunsten aus der Flüssigkeit entfernt war, schieden sich diümblättrige, braune Rhomboeder aus, und zwar aus allen di-ei Lösungen von demselben Aussehen und demselben. l)ei ungefähr 192*^ liegenden Schmelzpunkte. Ich vermutete daher, dals in den drei Salzen verschiedenen Aussehens nur verschiedene Fonnen eines und desselben Körpers vorlagen, vereinigte deshalb dielvrystallisationen und versuchte durch häufige Umkiystalüsation aus verschiedenen Lösungsmitteln ihre weitere Reinigung. Auf diesem Wege, der mit grofsen Materialverlusten verbvmden war, gelangte ich jedoch nicht zu dem gewünschten Ziele. Aus diesem Grunde löste ich die nur noch hellbraun gefärbten Ki-ystalle in salzsäurehaltigem W^asser und fällte das Alkaloid von Neuem mit Ammoniak. Der voluminöse Niederschlag wurde nach dem Trocknen wieder in Chloroform ge- löst und räch Zusatz von Alkohol abermals der Krystallisation über- lassen. Bei dieser Krystallisation, welche infolge von etwas zu starker Konzentration, unter Zurücklassung von nur sehr wenig Mutterlauge, durch die ganze Masse stattfand, bemerkte ich neben rosa gefärbten Rhomboedern eine sehr geringe Menge weifser, seidenglänzender, dicht zusammenhängender, feiner Nadeln. Durch Abspülen trennte ich diese Nadeln, so gut es ging, von der Mutterlauge und von den derben Krystallen, welche nach noch- maliger Umkrystallisation gut ausgebildet, schön rosa gefärbt, her- 12* 180 Ernst Schmidt, Ueber Pai^averaceen-AlkaloKle. vorgingen und bei 196 — 200^ schmolzen. Diese Naclehi waren nicht luftbeständig, vielmehr wurden sie, selbst in verschlossenen Gefäfsen, undurchsichtig und bedeckten sich mit einer weifsen, allmählig schwach gelb werdenden Schicht. Leider gelang es mir nicht, jene weifsen Nadeln aus der abge- gossenen Mutterlauge, in der ich sie, nach der Bestimmung des bei etwa 200° liegenden Schmelzpunktes, behufs Umkrystallisation wieder löste, noch einmal zu erhalten. Den gefundenen Schmelzpunkt kann ich nicht als mafsgebend ansehen, da die Krystalle nicht ganz frei von braun- färbender Substanz waren; derselbe liegt für den reinen Körper jeden- fallshöher, so dafs eine Identität diesesinweifsenNadelnkrystallisierenden Alkaloids mit dem aus der Sanguinariawurzel erhaltenen, bei 211^ schmelzenden Sanguinarin nicht ausgeschlossen scheint. Dafs auch in dem Schöllkraut neben dem, gelbe Salze gebenden Chelidonium-Chelerythrin noch ein zweites, dem aus der Sangmnaria- wurzel isolierten Sanguinarin ähnliches Alkaloid vorkommt, geht daraus hervor, dafs ich, wie bereits erwähnt, ein rotbraunes, in kurzen Nadeln krystallisierendes Salz neben den gelben Krystallen des Chelerythrinhydrochlorids zu beobachten Gelegenheit hatte. Allerdings gelang es mir nicht, dieses Salz in genügender Reinheit und in hinreichender Menge zu isolieren, um daraus jene Base ge- winnen und dieselbe charakterisieren zu können. Selle^) erwähnt ebenfalls das Vorkommen eines roten Salzes neben einem gelben in den Salzsäuren Alkaloidlösungen |der Wurzel von Stylophoron diaphvUuiu, vermutet jedoch darin nur verschiedene Modifikationen eines und desselben Salzes. Nach meinen Beobach- tungen erscheint es jedoch als wahrscheinlich, dafs diese Verbin- dungen Salze zweier verschiedener Basen, vielleicht des Chelerv- thrins und des Sanguinarins sind, die nebeneinander auch in der Wurzel von Sanguiiiaria Canadensis vorkommen. Die noch gefärbten Chelerythrin-Krystalle wurden, beliufs weiterer Reinigung, einer Umkrystallisation aus Essigäther unter- worfen, der dieselben mit kirschroter Farbe und stark blauer Muor- escenz löste. Nach mehrmaliger Umkrystallisation war die rai-l:)e der Krystalle nur noch blafs rosa; ihr Schmelzpunkt lag bei 203'^. 1) Inaug.-Dissert., Erlangen, pag. 11. Ernst Schmidt, Ueber Papavevaceen-Alkalo'üle. 181 Die rötliche Farbe ist vermutlich dem Alkaloid nicht eigentümlich, sondern rührt wahrscheinlich von sehr geringen Spuren schwer zu beseitigender Verunreinigungen her; da ich jedoch weiteren Material- verlust thunlichst vermeiden mufste, um zur näheren Charakterisierung der Base hinreichendes Material zu behalten, nahm ich von weiteren Versuchen, das Alkaloid vollständig farl)los zu erhalten, Abstand. Die aus Essigäther erhaltenen rhomboedrischen Krystalle waren luftbeständig und im Aussehen völlig gleich denen des Sanguinaria- Chelerythrins. Mit Säuren gab das Alkaloid eigell^e Salze. Dies Verhalten allein zeigte schon, dafs ich es mit einem andern Körper zu thun hatte, als mit dem bisher für Chelerythrin gehaltenen, der von Säuren mit orangeroter Farbe aufgenommen werden soll. Gleich dem Sanguinaria-Chelerythrin löste sich das fragliche Alka- loid mit blauer Fluorescenz in Äther, Alkohol, Chlorofoi'm, Aceton und Essigäther: ebenso wie jenes Alkaloid wiirde das Chelidonium- Chelerythrin durch Alkalien und Ammoniak aus der intensiv gelben Lösung seiner Salze flockig weifs gefällt. Die Übereinstimmung des Chelidonium-Chelerethiins mit dem Sanguinaria-Chelerythrin geht ferner, aufser aus den durch die Ana- lysen ermittelten Daten, auch aus dem gleichen Verhalten der beiden Basen gegen Alkaloidreagentien hervor. Das Sanguinaria- und das Chelidonium-Chelerythi'in zeigten, neben einander beobachtet, über- einstimmend die unter Sanguinaria-Chelerythrin angegebenen Reak- tionen. Bei 100 '^ verlor das Alkaloid nichts an Gewicht. Die von der freien Base ausgeführten Elementaranalysen er- gaben folgende, mit den Analysenresultaten des Sanguinaria-Chelery- tlixins übereinstimmende Werte. I. 0,2564 g gaben 0.660 g CO., und 0,1354 g HoO. II. 0.1738 g lieferten 0,4483 g COg und 0,0892 g"H.>0. III. 0,2254 g der Base gaben nach der Methode von Kjeldahl 0,009 232 g Stickstoii (6,6 com i/^q Normal Salzsäure, Lacmoid als Indicator). Gefunden: Berechnet für: I. IL III. Coi Hi7 NO4 -J- Co H5 OH. C 70.20 70,33 - C = 70,23 Proz. H 5,86 5,70 — H= 5,85 „ N — — 4.11 N= 3,56 „ 182 Ernst Schmidt. Ueber Papaveraceen-Alkaloide. Chelerythrin Goldchlorid. Cpi Hi- XO4 HCl. Au CI3. Zur Herstellung dieses Golddoppelsalzes versetzte ich die fil- trierte, sch-^ach saure Lösung des Salzsäuren Chelerythrius so lange mit einer Lösung von Goldchlorid. als noch eine Vermehrung des voluminösen gelbbraunen Xiederschlages zu bemerken war. Dieser wurde nach dem Absetzen durch Absaiigen von der Flüssigkeit ge- trennt, nach dem Auswaschen mit "Wasser zwischen Filtrierpapier getrocknet und behufs ümkrystallisation in Alkohol gelöst. Aus der filtrierten Lösung, die sich, gleich der des Sanguinaria-Chelerythriii- goldsalzes. nur schwer bewerkstelligen liefs, schieden sich, nach dem Hinzufügen je einer geringen Menge von Goldchlorid und Salzsäure, bald feine, braune Xadeln aus. Dieses Doppelsalz stellte sich beim Trocknen bei 100"^ als wasserfrei heraus; im Schmelzröhr chen verhielt es sich vöUig gleich dem aus Sangumaria-Chelerythrin dargestellten Goldsalze, mit Avelcher Verbindung es überhaupt in allen Eigenschaften übereinstimmte. Durch die Analvsen des Doppelsalzes erhielt ich folgende Daten: I. O.lß-iS g der bei 100" getrockneten Verbindung lieferten 0.0470 g Gold. II. 0,1542 g gaben 0,0441 g Gold. in. 0,1466 g gaben 0.0418 g Gold. IV. 0.1794 g lieferten bei der Verbrennung 0.2442 g CO, vmd 0,0416 g H2O. Gefunden: Berechnet für: I. IL in. IV. C21 Hi7 XO4 . HCl. Au. CI3. c — — — 37,12 C = 36,72 Proz. H — — — 2,57 H= 2,62 „ Au 28,51 28,60 23.52 — Au = 28,59 „ Chelerythrin Platinchlorid. (C^i H^; XO4 HCl). Pt CI4. Zur Darstellung dieses Salzes löste ich eine entsprechende Menge des zerriebenen Alkaloids in salzsäurehaltigem V^-'asser und versetzte die filtrierte dunlvelgelbe Lösung bis zur gänzlichen Fällung mit Platinchloridlösung. Der sich langsam absetzende, voluminöse Nieder- schlag Avar von schön citronengelber Farbe. Abgesogen, mit v/enig salzsäiu'ehaltigem und darauf mit reinemWasser nachgewaschen, bestand das zwischen Fliefspapier getrocknete Salz aus feinen, gelben, leicht fafiiaftenden Xädelchen. Ln Luftbade war bei 100 ^ keine Gewichts- Ernst Schmidt, Ueber Papaveraceen-Alkalokle. 1S3 abnähme zu konstatieren; das Salz war also wasserfrei. Auch diese Verbindung stimmte in ihrem sonstigen Verhalten mit dem Sangui- naria-Chelerythrin-Platinchlorid vollkommen ttherein. Die Analysen ergaben folgendes: I. 0,1586 g des Salzes lünterlielsen 0,U282 g Platin. II. 0,1236 g liefsen zurück 0,0218 g Platin. III. 0.1572 g mit Bleichromat verbrannt, gaben 0,2650 g CO2 uiid 0,0i.56 g H2O. Das im Schiffclien verbleibende Platin wog 0,0282 g. IV. Das Resultat einer ebenso ausgeführten Verbrennung war folgendes: 0,2402 g gaben 0.4042 g COg: 0,0688 g H2O und 0.0424 g Platin. Gefunden : Berechnet für: I. n. III. IV. (C2iHi7N04HCl)2PtCl4. C — — 45,97 45,89 C = 45,67 Proz. H — — 3.22 3.18 H ^ 3,26 „ Pt 17.78 17,63 17,93 17.65. Pt= 17,62 „ Die im Vorstehenden niedergelegten Analysenresnltate des Chelery- thrins und seiner Verbindungen rechtfertigen die Annahme der Iden- tität des in der Sanguinariawurzel vorkommenden Chelerythrins mit dem aus CheHdonium isolierten. Auch das physikalische Verhalten der freien Basen, die Überein- stimmung der charakteristischen Gold- und Platindoppelverbindungen, soAvie der salzsauren Salze sprechen für die Identität beider Basen. Es liegen die Schmelzpunkte sowohl der freien Basen: 203 ^ C, als auch die ihrer Golddoppelsalze: 2.33*' C, vollkommen bei der gleichen Temperatur; femer zeigen sie völlig gleiches Verhalten gegen Lösungs- mittel. Endlich findet die Identität beider Basen ihren Ausdruck in denselben Veränderungen, welche beide durch die allgemeinen Alka- loidreagentien erleiden (s. S. 153). 184 J. J. L. Vau Eyn, Ueber das Carpaiu etc. 47. lieber das Carpain, das Alkaloid der Blätter TOii Cat'ica Papaya i.*) von Dr. .1. J. L. van Ryn, Apotheker aus Venlo. (Eingegangen den 24. I. 1893.) Xachstehende Arbeit wurde im Oktober 1891 auf Veranlassung des Herrn Prof. Dr. P. C. Plugge im Pharmaceutiscli-chemisclien Laboratorium zu Groningen begonnen und im Sommer 1892 unter Leitung des Herrn Prof. Dr. E. Schmidt imPharmaceutisch-chemischen Institut zu Marburg fortgesetzt und beendet. Der gröfste Teil meiner Zeit in Groningen -wou'de durch die mühsame Darstellimg des Caii^ains beansprucht, wogegen in Marburg die eingehenden chemischen Unter- suchimgen stattfanden. Es ist mir eine angenehme Pflicht, an dieser Stelle HeiTn Prof. Plugge zu Groningen, welcher meiner Ai'beit stets ein reges Liter- esse zu teil werden liefs, sowie Herrn Prof. E. Schmidt zu Marburg, welcher mich mit grofser Liebenswürdigkeit bei der Erreichung meines Zieles unterstützte, meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Das füi- meine Arbeit notwendige Rohmaterial erhielt ich vom Niederländischen Botanischen Garten zu Buitenzorg auf Java. — Ich spreche dalüi- dem Director desselben. Dr. Treub und dem Che mi ker Dr. M. Greshoff für die grofse Bereitwilligkeit, mit der sie meinen Wünschen Rechnung trugen, meinen verbindlichsten Dank aus. Im Besonderen danke ich hier Dr. Greshoff, welcher mii- beim Sammeln der Litteratur-Angaben imd sonstiger Einzelheiten freundlichst zur Seite stand. Da die Litteratur über den Melonenbaum ziemhch zerstreut und teilweise sehr schwer zugänguch ist, so ist es vielleicht nicht über- flüssig, an dieser Stelle zunächst eine kurze Uebersicht über die pharmakogne stischen Daten, welche aut diese Pflanze Bezug haben, zusammen zu fassen. Carica Papaya L. [Papaya vulgaris A. DC; Papaya sativa Tussm, Carica Mamaja, Yellero; Carica hermaphrodita Bianca] ist die am meisten bekannte Spezies des Geschlechtes Carica (Abteilung Eupapaya A, DC.) ■) Auszug aus des Verfassers Inaugural-Dissertation. Marburg 1892. J. J. L. van Ryu, Ueber das CarpaVn etc. 185 aus der Familie der Caricaceae Dümortier [Papa3'aceae martiiis, A. DC] iiad der Reihe der Passiflorinae. Sie ist einheimisch in Südamerika, jedoch ist sie schon seit längerer Zeit nach Indien übergeführt. Der ^^lelonenbaum ist ein schöner, rasch wachsender, meist unverästelter Baum, von palmenartigem Habitus mit bandförmig geteilten Blättern, der bis 20 Fufs hoch wird, und innerhalb von vier Jahren erwachsen ist. Der Stamm ist nur bei den Zwitterbäumen verästelt. Die männlichen Blüthen' bilden mehrere FuTs lange Rispen, die in den Achseln der, eine schöne Laiibkx-one bildenden Blätter entspringen. Der weibliche Blüthenstand ist kurz und meist dreiblumig. Die Blumen- krone der männlichen Blüthen ist verwachsenblättrig, trichter- oder glockig-röhrenförmig, blafsgelb, auch weifs gefärbt, wohlriechend: schwach jasminähnlich. Die Stamina sind in der Zehnzahl vorhanden, abwechselnd mit kürzeren oder längeren Filamenten versehen. Das Fruchtknoten-Rudi- ment ist in der männlichen Blüthe stets vorhanden, in seinem unteren TeilB aber nie weiter differenzirt. Es hat die Gestalt eines conischen, von einigen Gefäfs bündeln durchzogenen Zapfens, der nach obenhin in einen ziemlich langen, gut ausgebildeten Griffel ausläuft. Tsoch sei bemerkt, dafs die Antheren der Stamina ein stark hervortretendes Connec- tiv haben. Bei den weiblichen Blüthen, w'elche ^'iel gröfser sind, als die männ- lichen, ist die Blumenkrone ebenfalls verwachsenblättrig; dieselbe ist aber fast bis an die Basis eingeschnitten. Bei den Zwitterblüthen ist die Form der Krone verschieden, meist ist sie jedoch ebenfalls tief eingeschnitten. Inmitten der weiblichen sowolil, als der Zwitterblüthen steht der la^ng cvlindrige. oberwärts etwas angeschwollene Fruchtknoten, dessen Spitze die Insertion der Stamina ziemlich weit überragt und in fünf beinahe sitzende, narbentragende Griffelscbenkel ausläuft; letztere sind tief gegabelt und erscheinen an den Aesten unregelmäfsig buchtig eingesclmitten. Die Frucht ist zusammengesetzt aus fünf Fruchtblättern, die mit einander zu einer melonenförmigen, fleischigen Frucht ver- wachsen sind. Im Innei'n sind die Früchte mit einer fleischigen, mehl- reichen Pulpa versehen, in der Scheidewände oder sonstige Dififerenzirun- gen nicht mehr nnterschieden Averden können. Dieser Pulpa sind die Samen regellos eingelagert. Anatomisch ist merkv, ürdig, dafs der bis 20 Fufs hohe Papaya- baum fast kein Holz besitzt, Die Rinde ist nach Angabe von Peckolt^) zwar holzig und faserig, jedoch leicht zu schneiden, darunter befindet sich eine fingerdicke, kratitartige Substanz, ähnlich wie ein Kohlstrunk ; alles Übrige ist hohl, hat jedoch an den Ringeln Scheidewände, wie Bambus, die aber sehr porös und leicht zu durchstofsen sind. 1) Dr. Th. Peckolt: Carica Papaya L. und Papayotinum. Zeitschr. d. Allg. Oest. Apoth.-Ver. 1879. S. .361. 186 J. J. L. van Ptvn, Ueber das Carpain etc. Untersucliuugen von Karsten i) und Rüger 2) haben erwiesen, dals allerdings im anatomischen Sinne Holz vorhanden ist, das Parenchym überwiegt aber so sehr und die Verdickung resp. Verholzung der Xylem- Elemente ist eine so geringe, dais von einem eigentlichen Holze nicht die Rede sein kann. Die jüngeren Stämme und die Spitze der älteren bis zum Durchmesser von 8— 10 cm sind noch gänzlich mit Gewebe gefüllt: später wird das parenchymatische Markgewebe entweder gänz- lich resorbiert, oder es bleiben, den Blattknoten entsprechend, einzelne Lamellen dieses parenchymatösen Gewebes mehr oder minder lange stehen. Die verschiedenen Orgaue, sowohl das primäre Eindenparenchym, als auch der Gefäfsbündelkörper, führen anastomosierende Milchröhren, welche gegliedert sind und deren jedes System der verschiedenen Ge- webe mit einander in Verbindung steht. Wie E. Schmidt 3) beschreibt, sind die Milchi'öhren der Carica Papaya entstanden durch Verschmelzung, nach welcher aber noch ein Wachstum bis um das 180 fache der vor- handenen Länge stattfindet. In dem Plasmaschlauch lassen sich die Kerne deutlich wahrnehmen; diese weichen durch ihre Kleinheit, ihr fast homogenes Aussehen und das Fehlen von Kernkörperchen von normalen Kernen ab. Eigentümlich ist, dafs einzelne, eiuem Hauptstamme angrenzende Zellen, anscheinend ganz spät, die Verschmelzung mit dem Milchröhren- systemeingehen. DieseZellen sindkleiner, alsdiebenachbarteiiPareuchym- zellen und verschmelzen meist niu- an der dem Hauptstamme zvigewand- ten Seite. Die Grenzen der einzelnen Glieder gegen den Hauptstamm und unter einander bleiben leicht kenntKch. Ueber das wahre Vaterland des Melonenbaumes ist viel gestritten, bis zuletzt vom Grafen von Solms-Laubach die Meinung ausgesprochen wurde, Carica Papaya sei ein Bastard von anderen Spezies der Carica und sei ursprünglich in Amerika heimisch. Dieser Ausspruch fand eine besondere Stütze, als von Solms'') nachgewiesen hatte, dafs die Formen Correae und Forbesii der Carica Papaya, von welchen die erste nur in Amerika, die zweite nur in Ostindien vorkommt, durch die Kultur ineinander übergeführt werden können. 1) Dr. H. Karsten: Der anatomische Bau des Stammes der Carica Papaya L. Zeitschr. d. Allg. Oest. Apoth.-A'er. 1879. S. 479. -) Rüger: Beiträge zur Kenntnis der Gattung Carica. Inaug.-Diss. 1887. Erlangen. 3) Ueber die Plasmakön3er der gearliederten Milchröhren. Bot. Zeitg. 1882. p. +71. ^) H. Graf zu Solms-Laubach: Die Heimat und der Ursprung des kultivierten Melonenbaumes. Bot. Zeitg. 1889. S. 709. J. J. L. Villi Ryii, Ueber das Carpain etc. IST Im Jalire ISSS jedoch hat J. J. van Oosterseei) in einer Abliand- lung über Carica Papaya zu beweisen versnclit, dafs dieser Baum aucli in Indien einheimisch ist. van Oostersee weist namentlich nach, dafs die Chinesen bei ihrem Besuch auf Java schon vor der Entdeckung Amerikas den Melonenbaum dort gefunden haben. Weil die Abhandlung von van Oostersee, wie es mir scheint, in Europa nicht die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. sei es mir gestattet. Einiges daraus übersetzt hier anz-ugeben : „So liefert z. B. die Geschichte von China während der ersten Sung- „Dynastie 960 — 1279 n. Chr. verschiedene merkwürdige Besonderheiten : ..hieriinter werden z. B. genannt als von chinesischen Reisenden in Java „gefunden : mukwa (Baummelone — papaya) Pfeifer u. s. w. „Es kann also angenommen werden, dafs der Melonenbaum in „Ost-Indien ebenso gut wie in Amerika einheimisch ist. Audi in der „Ansicht, dafs derselbe überall in den Tropen vorkomme, sind wir einen ..bedeutenden Schritt weiter gekommen, nachdem bekannt geworden ist. ..dafs die Papaj'a in Südchina überall vorkommt, ohne dafs irgendwo „ein Anhalt besteht, dafs eine Importation von Aufsen anzunehmen ist. Als Anmerkung zu diesen Zeilen findet man weiter : „Aufmerksamkeit verdient hier avich, dafs die vor einiger Zeit im- portierte südamerikanische Papaya-Yarietät (Eiesenpapaya genannt). ..einen von allen javanischen Varietäten abweichenden Geschmack .,besitzt. Weiter führt van Oostersee noch ein Schreiben an von Herrn Groeneveldt: „Meine Untersuchung über die Frage: Ist die Papaya in China ..einheimisch? hat länger gedauert, als erwartet wurde, weil ich fort- ,. während negative Resultate fand. „Diese negativen Resultate geben ..jedoch einen positiven Erfolg. In der Geschichte der Tang-Dynastie ..613- 906 n. Chr. wird von dem Papaya (chinesisch moekwa d. h. Baum- ,,melone) auf Java gesprochen, ohne jede nähere Erklärung, gleich als „sollte der Melonenbaum bei den Chinesen ganz bekannt sein. „Weiter habe ich ein Buch aus dem fünften Jahrhundert mit ., Namen: Beschreibung von Bäumen und Pflanzen der südlichen Länder, ..womit hier besonders Annam und Cambodja gemeint sind; in diesem ..Buche wird Alles behandelt, was in China nicht vorkommt und somit „Erklärung- bedarf. Von der Papaya wird jedoch darin nichts erwähnt. „Im Übrigen wird in allen Büchern wie auch Wörterbüchern und ..Encyclopädien , in Avelchen ich über die Frucht habe nachschlagen „können, immer davon gesprochen, als von einer ganz bekannten Pflanze, ,.so dafs kein Grund vorliegt, an einen exotischen Ursprung zu denken. 1) J. J. van Oostersee: Bydrage tot de kennis van den Cai-ica Papava. Tvdschrift voor Land en Tuinboun in Xederlandsch Oost-Indie. 1888."^ Xo. 6. IbS J, J. L. van ßyn, Ueber das Carpain etc. „Jedenfalls ergiebt sich aus dem vorher Gesagten genügend, dafs „der Gedanke, die Fmcht des Melonenbanmes sei von den Europäern in „Ostasien eingeführt, ganz unhaltbar erscheint. Weiter weist van Oostersee noch auf die grofsen Verschiedenheiten in den Volksnamen des Papa^-as hin. Nach allem diesem scheint es auch mir sehr -wahrscheinlich , dals C'arica Papaya in Ostindien heimisch ist. Die einzelnen Pflanzenteile der Carica Papaya haben bei den ver- schiedenen Tölkern vielerlei Anwendung gefunden. Letzteres tritt deutlich hervor aus folgendem Fragment aus „Planten- kundig woordenboek voor Nederlandsch Indie door Filet", S. 49, welches ich liier wörtlich fibersetzt wiedergebe: „Der Papayabaum wird überall wegen seines arzneilichen und wirt- ,, schaftlichen Nutzens angepflanzt. Die nach Zitwer riechende Wurzel „wird bei Blasen- und Nierenleiden angewendet; der Saft aus dem „Stamme und den Blattstielen gegen Impetigo. Die Blätter sind sehr „bitter und wirken als Laxans; dieselben werden als Gemüse sehr gern „gegessen und gelten für Pferde als gutes Heilmittel. Die männlichen ..Blüten ifst man in Essig eingelegt, die Früchte unreif als Gemüse ., (letzteres schmeckt nach Möhren), reif zum Nachtisch; sie besitzen „erfrischende, schwach laxierende Eigenschaften. Die Samen schmecken ., kressenartig scharf und wirken als Anthelminticum. Nach den Beschreibungen von anderen Autoren giebt man den Milchsaft in kleinen Dosen gegen Wurmbeschwerden. Die frischen Blätter benutzten schon die Indianer seit undenklichen Zeiten, indem sie das Fleisch damit einhüllten , um es mürbe und schmackhaft zu macheu, ferner als Waschmittel zum Reinigen der AVäsche und den Brei als cataplasma gegen unreine Wunden. Der Melonenbaum wurde jedoch erst seit den letzten 15 Jahren von mehr Interesse für den Europäer, seitdem aus den Arbeiten von Wittmack und von G. C. Roy hervorgegangen ist, dafs der Milchsaft der Carica Papaya eine pepsinartige Substanz enthält, welche sich dar- aus als weifses Pulver abscheiden läfst. Dieses Ferment erhielt den Namen Papayotin oder Papain. Die ersten chemischen Untersuchungen über die Bestandteile des Melonenbaumes wurden von Th. Peckolt (Zeitschrift d. A. Oest. Apoth.-Ver. 20. Aug. 1879) ausgeführt. iUs Material für seine Ar- beiten verwendete dieser Forscher das frische Fruchtfleisch und den Samen, später auch den Milchsaft, die grünen Blätter und die unreifen Früchte. Diese Untersuchungen waren namentlich auf das im Milch- saft des Melonenbaumes vorkommende Papayotin gerichtet. Peckolt besckrieb es als ein amorphes, sclineeweifses, nicht hygroskopisches, J. J. A. van Ryn, lieber das Carpaiu etc. IBU geruchloses Pulver von süislichem, schwach salzigem, etwas zusammen- ziehendem Geschmacke. Weiter wui'den von ihm, neben verscliiedenen Extraktivstotfen gefunden : 1) Caricafettsäure, eine krystallisierte Fettsäure; 2) Papayaöl, ein Ol von dunkelbrauner Farbe; 3) Papayasäure, eine nicht krystallisierbare Säure; 4) Papayaharzsäure, eine Harzsäure. VVittmack \ind Roy stellten später aus dem Milchsaft des Melonen- baumes ein Produkt dar, welches identi.-.ii war mit dem Papayotin: diese Forscher wiesen jedoch zuerst auf die pepsinartige Wirkung desselben hin. Das Papayotin ist seitdem Gegenstand vieler chemi- schen und physiologischen Untersuchungen gewesen und wird jetzt ziemlich viel als Arzneimittel vervv-endet. Im August 1889 wurde alsdann von M. Greslioff^} im chemischen Laboratorium von „s Lands Plantentuin" in Buitenzoi'g, Java, aus den Blättern der Carica Papaya ein Alkaloid dargestellt, dafs ei' Carpain nannte. Den Namen dieser Base leitet Greshoff in der Weise ab, dafs er von den beiden Wörtern des Pflanzennamens die ersten Silben zusammenfügte. Dieses Alkaloid findet sich hauptsäch- lich in den Blättern des Melonenbaumes, nicht oder doch nur sehr wenig dagegen in den Früchten, in den Samen, in der Stammrinde, in dem Holz und in den Wurzeln desselben. Das Carpain wird von Greshoff beschrieben als ein gut krystalli- sierendes und gut zu definierendes Alkaloid von sehr bitterem Ge- schmacke. Der Schmelzpunkt liegt bei 11 5 o. Dasselbe wirkt nicht stark giftig, beeinflufst jedooh namentlich die Herzthätigkeit. Später ist das Carpain von dem Chemiker der chemischen Fabrik von Merck untersucht und für dasselbe die Formel C14 H27 NO2 auf- gestellt worden. Als Schmelzpunkt wird auch hier 115 ^ C. ange- geben, und übrigens das Carpain als Ersatz für Digitalis empfohlen. Weitere Angaben liegen bisher über das Carpain in der Litteratur nicht vor, es schien daher von Interesse zu sein, dieses Alkaloid, soweit es das sehr schwierig zu beschaffende Material ermöglichte, einer eingehenden Untersuchung zu unterziehen. 1) Eerste Verslag van het onderzoek naar de Plantenstoffen van Nederlandsch-Indie. 190 J. .T. L. van Kj'n, lieber das Carpaiii etc. Darstellung des Carpains. Von Gr es hoff wurde zur Darstellung des Carpains das Stas'sclie Verfahren angewendet und zu diesem Z^vecke die fein gepulverten trockenen Papayablätter nach zwei mal 24 stündiger Digestion mit saurem Alkohol, mit reinem Alkohol perkoliert, die Perkolate zur Extraktkonsistenz eingedamjjll und die so gewonnene Masse mit saurem AVasser extrahiert. Die auf diese Weise gewonnenen Flüssigkeiten wurden hierauf zunächst sauer, später alkalisch wiederholt mit Äther ausgeschüttelt. Greshofi erzielte nach diesem Verfahren eine sehr gute Ausbeute an Carpa'in. Bei meinen Versuchen nahm ich jedesmal eine Menge Papayablätter nach folgenden Methoden in Arbeit: 1) 2 Kilo nach dem von Gr es hoff angegebenen Verfahren. Aus- beute sehr befriedigend, 0,08 Proz. 2) 2 Kilo trockener gepulverter Papayablätter wurden mit lU Liter Wasser und 50 g Essigsäure erwärmt und mehrere Stunden stehen ge- lassen, die Masse alsdann ausgeprefst luid die so erhaltene Flüssigkeit bis zur Extraktdicke eingedampft. Dieses Extrakt wurde hierauf öfters mit Alkohol extrahiert, was jedoch nur sehr schwierig ausführbar war, da das Extrakt sich zu einem dicken, harzartigen Klumpen zusammen- ballte, der kaum mehr zu extrahieren war. Als ein weiterer Uebel- stand dieses Verfahrens erwies sich der Umstand, dafs die zu er- schöpfende Extraktmasse eine sehr grofse war. Diese Methode wurde daher als unzuverlässig verlassen, umsomehr als die Ausbeute nur ge- ring, 0,U.3 Proz., war. 3) 2 Kilo gepulverter trockener Papayablätter wurden mit -i Liter Alkohol vnid 3 Liter Wasser während acht Tagen in steinernen Ge- fäfsen nach Zvifügung von 60 g Essigsäure maceriert, die Mischung alsdann koliert, die eingedampfte Flüssigkeit hierauf mit Alkohol extrahiert , der hierbei verbleibende Rückstand wieder mit saurem AVasser aufgenommen. Alsdann wvirde die hierbei erhaltene dunkel- braune Flüssigkeit mit einem Ueberschufs von Bleiessig ausgefällt, um soviel wie möglich die anwesenden Extraktivstoffe zu entfernen. Der entstandene sclmiutziggelbe Niederschlag Avurde durch Filtrieren ent- fernt und durch das klare Filtrat zur Entfernung des überschüssigen Bleis so lange Schwefelwasserstoffgas dvirchgeleitet , als noch ein Niederschlag entstand. Der Niederschlag von Schwefelblei wurde als- dann abfiltriert und das klare, nur noch gelb gefärbte Filtrat zur Ent- fernung des überschüssigen Schwefelwasserstoffs eingedampft. Die so gewonnene und konzentrierte wäfsrige Lösung wurde nun erst sauer, später alkalisch mit Aether ausgeschüttelt. Das Extrahieren dea .T. J. \j. van liyn, Heber das CarpaVn etc. 191 wäsöerig-alkoliolischeu Extrakts war jedocli auch hier sehr müh.saiu. Die Ausbeute betrug 0,04: Proz. 4) Das Gre shoft' sehe Verfahren wurde ohne Anwendung von ir^äure benutzt. Die Ausbeute betrug 0,07 Proz. 5) Die getrockneten und gepulverten Papayablätter wurden mit ammoniakalischem Alkohol übergössen und nach zweitägiger Digestion mit Alkohol perkollert. Die hierbei erhaltenen Flüssigkeiten wurden weiter, wie bei 1, ver- arbeitet. Die Ausbeute betrug 0,03 Proz. Die Methoden 1 und 4 erwiesen sich somit als die zweckent- sprechendsten, da sie die besten Ausbeuten lieferten vind die Bear- beitung sehr bequem war. Da ich jedoch nicht im Stande war, grosse gläserne Perkolatoren (Metall konnte ich bei Anwendung der ersteren Methode nicht gebrauchen), die zur Bearbeitung grofser Mengen von Blättern jedenfalls gute Dienste geleistet hätten, zu er- halten, so zog ich letztere Methode vor. Infolgedessen wurde zur Darstellung des Carpains verfahren, wie folgt: Zwei galvanisierte eiserne Deplakatoren , von denen jeder etwa 121/.2 k fafste, wurden mit grobem, trockenem Pulver der Blätter von Carica Papaya gefüllt und mit so viel ammoniakalischem Alkohol Übergossen, dafs die Flüssigkeit über der Masse stehen blieb. Hieraut wurden die gefüllten Apparate während 8 — 10 Stunden im Wasserbade auf etwa 60^ C. erwärmt und alsdann noch 2 — 3 Tage stehen gelassen. Die hierdurch erzielten dunkelgrün gefärbten Auszüge liefs ich hierauf ablaufen und deplazierte so lange mit Alkohol, bis die ablaufende Flüssigkeit kein Alkaloid mehr enthielt. Die gesamten Flüssigkeiten wurden alsdann bis zur dünnen Extraktdicke abdestilliert und der Rückstand mit saurem AVasser gemischt. Es entstand hierbei ein schmutzig-grüner, fettiger Niederschlag, der gröfstenteils aus Chlo- rophyll bestand, sich aber durch Filtrieren nicht entfernen liefs. Die ti'übe Flüssigkeit wurde daher hiernach so lange bis zum Kochen er- hitzt, als noch Alkohol anwesend war. Nach dem völligen Erkalten schied sich an der Oberfläche eine dicke, fettige, alles Chlorophyll ent- haltende Schicht ab, die leicht mittelst eines Löffels von der darunter befindlichen klaren, dunkelbraunen Flüssigkeit z^^ trennen war. Die chlorophyllhaltige Schicht wurde alsdann nochmals mit saurem Wasser ausgekocht. Beim Verdünnen der so erhaltenen wässerigen Flüssigkeit entstand abermals ein starker Niederschlag, welcher mittelst Filtrieren sich nicht entfernen liefs. Infolgedessen wurden die gesamten wässe- rigen Flüssigkeiten mit soviel Wasser verdünnt, dafs keine weitere Trübiing mehr entstand , und hierauf ohne Weiteres bis zum Kochen erhitzt. 192 J. J. L. van Ryn, Ueber das Carpiün etc. Beim Erkalten klärte sich die Flüssigkeit völlig, es hatte sich je- doch nicht, wie erwartet wurde, eine fettige Schicht an der Oberfläche abgeschieden, dagegen befand sich auf dem Boden des Gefäfses eine feste, harte, zerbrechliche harzartige Schicht, die sich leicht heraus- nehmen und zu einem schwarzbravinen Pulver zerreiben liefs. Dieses wurde zu späterer Untersuchung aufbewahrt. Die obenstehende Flüssig- keit wurde durch Dekantieren von der harzartigen Schicht getrennt. Die auf diese Weise gewonnene dunkelbraune, saure, wässerige, alka- loidhaltige Flüssigkeit wurde hierauf bis zur sehr dünnen syrupartigeu Konsistenz eingedampft und alsdann mit Äther ausgeschüttelt, um Farb- stoffe und sonstige Verunreinigungen zu entfernen. In den hierbei in Lösung gegangenen Substanzen liefs sich kein Carpa'in nachweisen. Hierauf wurde das Extrakt mit Natronlauge alkalisch gemacht und wiederholt mit Äther ausgeschüttelt. Der bei der dritten Ausschütte- lung erhaltene Äther liefs bereits bei der Verdunstung kein Alkaloid mehr zurück. Bei dem angegebenen Verfahren erhielt ich eine nur gelb gefärbte ätherische Carpainlösung. die beim Verdunsten direkt schöne, nur wenig gefäri)te, aber gut ausgebildete Krystalle hinterliefs. Nach mehrmaligem Umkrystallisieren dieses ßohalkaloids aus Äther und später aus absolutem Alkohol erhielt ich ohne Schwierigkeiten schöne, weifse Krystalle des reinen Carpains. Bemerkenswert ist, dai's die wässrigen Flüssigkeiten beim Schütteln sehr stark schäumten, ein Verhalten, welches wohl auf die Anwesenheit eines saponinartigen Körpers hinweist. Hierauf beruht auch wohl der Gebrauch , welchen die Indianer von den frischen Blättern machen, indem sie dieselben als Waschmittel zur Reinigung der Wäsche verwenden. In den Arbeiten über Saponin nennt KruskaP) unter den sapo- ninhaltigen Pflanzen auch Carica Papaya. Leider ging bei dieser Darstellung durch Zufälligkeiten viel Ma- terial verloren, da das Verarbeiten dieser grofsen Mengen an Roh- material in einem nicht dafür eingerichteten Lokal geschehen musste. Abgesehen hiervon war die Ausbeute nicht so grofs, als sie hätte erwartet werden können, eine Thatsache, die wohl dadurch zu er- klären ist, dafs bei den empfangenen Papayablättern sehr viele alte waren. Aus den Untersuchungen von Greshoff geht hervor, dals sehr junge Blätter 0,25 Proz. , alte Blätter jedoch nur 0,07 Proz. Alkaloid enthielten. Im Ganzen erhielt ich daher aus 80 k Papaya- blättern nur 60 g Carpa'in. 1) Arbeiten avis dem Pharmacologischen Institute zu Dorpat. Her- ausgegeben von Kobert. J. J. L. van Ryii, Ueber das Carpain etc. 193 Eigeiischafteu des Carpains. Das Carpain ist ein durch Krystallisationsfäliigkeit ausgezeich- netes Alkaloid von sehr bitterem Geschmacke. Die Krystalle bilden wasserhelle, stark glänzende, farblose Prismen, welche dem mono- klinen System augehören. Es gelang mir nicht, die von Greshoff beschriebenen Nadeln zu erhalten. Nach Greshoff läfst sich der bittere Geschmack noch sehr deutlich wahrnehmen bei einer Ver- dünnung von 1 : 100000. Das Carpain ist in Wasser unlöshch, löst sich aber leicht in Chloroform, in Alkohol und in den meisten ähn- lichen Lösimgsmitteln. Die alkoholische Lösung färbt rotes Lackmus- papier blau, verhält sich aber indifferent gegenüber Phenolphtalein. Schmelzpunkt des Carpains. Als Schmelzpunkt des Carpains wurde der Punkt des beginnenden Schmelzens in einem Kapillar- röhrchen angesehen. Nach mehreren Bestimmungen fand ich als solchen 119,5'^ C. Pur den heraasragenden Teil des Thermometers brachte ich nach den Tabellen von Rimbach (E. Rimbach, Ber. d. d. ehem. Gesellschaft, 22. Jahrg., S. 3072) eine Korrektion an von -f 1,5*^ C. Hiernach ergiebt sich als korrigierter Schmelzpunkt von Carpain 121*^ C. Da dieser Schmelzpunkt wesentKch abweicht von dem von Greshoff und Merck angegebenen (115'^ C.) wurden zur Kontrolle einige Bestimmungen in der Weise ausgeführt, dafs das Thermometer bis über 125 in ein Paraffinbad eintauchte und durch eine ßühi'vorrichtung dafür gesorgt wxurde, dafs die Temperatur im Bade überall die gleiche war, eine Korrektion war also hier über- flüssig. Als Punkt des beginnenden Schmelzens wurde auch hier 1210 c. gefunden. Das geschmolzene Carpain bildet eine klare, farblose Flüssigkeit, welche beim Erkalten bei etwa 90 ^ C. zu einer weiisen krystalHni- schen Masse erstarrt. Beim weiteren Erhitzen im Capillarröhrchen fängt die Flüssigkeit an, sich zu bräunen, gleichzeitig sublimiert jedoch ein Teil des Alkaloids in Gestalt von farblosen Nadeln. Wird eine kleine Menge des Alkaloids in einem trockenen Reagens- rohre erhitzt, so tritt Verkohlung ein, indem sich starke, weiTse, empyreumatisch riechende Nebel bilden. Am oberen Teil des Rohres kondensieren sich braungelbe Tropfen, welche in Äther leicht löslich sind, rotes Lackmuspapier blau färben und in salzsaurer Lösung Niederschläge mit den verschiedenen Alkaloidreagentien geben. Arck. d. Pharm. CCXXXL Bds., 2. Heft. 13 194: J. J. L. van ßyn, Ueber das CarpaJn etc. Löslichkeit des Carpains. Die Löslicbkeit des Carpams bestimmte ich, indem ich einen Überschnfs des Alkaloids längere Zeit (2 — 3 Tage) mit dem Lösungsmittel, unter öfterem Umschütteln, an einem Orte, wo die Temperatur ungelähr gleich blieb, stehen liefs. Alsdann wurde in einem tarierten Gefäls eine Menge abfil- triert und gewogen. Nach dem Verdunsten des Lösungsmittels und Trocknen des Rückstandes bei 100° wurde letzterer schliefslich ge- wogen. In absolutem Alkohol löst sich Carpain schnell und leicht auf. Nach zweitägigem Stehen waren bei einer Temperatur von 12 "^ C. in 5,850 g desselben 0,629 g Carpain gelöst, also 10,77 Proz. In verdünntem Alkohol (0,95 sp. G.) ist Carpain schwer löslich; es eignet sich dieses Lösungsmittel daher sehr gut zum Abwaschen und Reinigen des Alkaloids, weil die Farbstoffe in demselben leicht löslich sind. 6,884 g der konzentrierten Lösung hinterliefsen 0,012 g Alkaloid. Also beträgt die Löslichkeit 0,17 Proz. Wasser. Eine Menge Carpain wurde zunächst während längerer Zeit mit Wasser geschüttelt; es ging jedoch hierbei keine wägbare Menge in Lösung, auch in der Wärme war das Carpain in Wasser unlöslich. In Chloroform ist das Carpain sehr leicht löslich. Als die Lösung schon so konzentriert war, dafs sie syrupartig aussah, wurde eine Bestimmung ausgeführt. 6,100 g der Lösung hinterliefsen 2,915 g Carpain, somit hatte sich im Chloroform nahezu das gleiche Gewicht Alkaloid gelöst. Da diese Lösung zu dick wurde, habe ich dieselbe nicht weiter konzentriert. In Chloroform löst sich Carpain anscheinend in jedem Verhältnis. In Petroleumäther löst sich das Carpain nur sehr langsam. 6,228 g einer konzentrierten Lösung enthielten 0,056 g Alkaloid, also nur 0,985 Proz.; bei einer zweiten Bestimmung hinterliefsen 4,387 g konzentrierter Lösung 0,047 g Alkaloid, also 1,07 Proz. Im Mittel also 1,02 Proz. Frisch gefälltes Carpain löst sich in Aether sehr leicht und rasch auf; krystallisiertes Carpain wird jedoch viel langsamer gelöst. Bemerkenswert ist, dafs sich aus Äther immer sehr greise Krystalle abscheiden, welche meist einzelne gut ausgebildete Individuen bilden. J. J. L. van ßyn. lieber das CarpaVu etc. 19:) 3,344 g der konzentrierten Lösung hinterlielsen 0,10U g Alkaloid. Lüslichkeit also 3 Proz. In Am3-lalkohol löst sich ("ar]iai'n ziemlich rasch auf. 9,066g der konzentrierten Lösung enthielten 0,947 g Alkaloid. Löslichkeit also 10,4 Proz. Carpa'in löst sich in Schwefelkohlenstoff leicht und rasch auf. Die anfangs farblose Lösung wird jedoch bald gell) und geht dann in eine feste gelatinöse Masse über, welche bei höherer Tempe- ratur wieder flüssig wird. Wahrscheinlich bildet sich hierbei ein sulfocarbaminsaures Carpain. In Benzol löst sich das CarpaVn sehr leicht und rasch auf. 8.600 g der konzentrierten Lösung hinterlielsen nach dem Verdunsten 1,560 g Carpain. Löslickeit also 18,14 Proz. In Ligroin ist das Carpain ziemlich schwer löslich, es sei jedoch hier bemerkt, dafs dasselbe sehr geeignet ist zur Reinigung des Carpains, weil bei der Lösung fast alle harzartigen Beimengungen zurückbleiben. Nachstehend gebe ich eine Übersichtstabelle der Löslichkeit des Carpains, und sei nur noch bemerkt, dass die Löslichkeit bei allen Lösungsmitteln mit der Temperatur zunimmt. Lösungsmittel Löslichkeit Tempe- ratur Chloroform . . . Schwefelkohlenötoff Benzol Absol. Alkohol . . Amylalkohol . . . Äther Ligroin Petroleumäther . . Alkohol, 0,95 S. G. "Wasser Jed. Verh. sehr leicht 18,14 Proz. 10,77 10,4 3 schwer 1,02 Proz. 0,17 „ unlöslich 1 : 5,5 1 : 9 1 : 9 1 : 33 1 : 103 1 : 574 160 c. 120 c. 140 C. 120 C. 130 C. HO C. Optische Drehung. Um zu ermitteln, ob das Carpain optisch aktiv oder inaktiv ist, wurde eine alkoholische Lösung des Alkaloids von willküi'licher Konzentration im Polarisations -Apparate untersucht. 13* 196 J. J. L. van Ryn. Ueber das Cai-pain etc. Das Cai'pain erwies sich als optisch aktiv und zwar drehte es die Polarisationsebene nach rechts. Die spezifische Drehung wui'de in alkoholischer Losung (Alkohol von 99,2 Proz.) bestimmt mittelst des Halbschatten-Apparats von Laurent. Es ergab sich: 100X4" 3' ^,„ .. ,, I- Wd = -yf9;23^ = 210 00,5'. 100X20 6' n. Hi>= 2X4,792 =210 54.7'. Aus diesen Resultaten geht hervor, dals Carpain rechtsdrehend ist. weiter dafs der Unterschied zwischen den Bestimmungen in kon- zentrierter und verdünnterer Lösung mir unbedeutend ist. Verhalten des Carpa'ius gegeu Reagentien. Um das Verhalten des Carpains gegen Reagentien zu unter- suchen, wurde eine Lösung des salzsauren Salzes desselben ange- fertigt, welche in jedem Kubikzentimeter Lösung 1 ^lilligramm des salzsauren Carpains enthielt. Von dieser Lösung wurden jedesmal einige Kubikzentimeter auf einem Uhrglas verdunstet und mit diesem Reste die Versuche angestellt. Platinchlorid giebt in der wässrigen Lösung einen ockergelben Niederschlag, der unter dem Mikroskop krystallinisch erscheint, und weder im kalten oder warmem Wasser, noch in Alkohol merklich löslich ist. Goldchlorid giebt in der wässrigen Lösung einen citronengelben Niederschlag, der anfangs amorph, später jedoch krystallinisch erscheint. Dieser Niederschlag löst sich beim Er- wärmen mit Wasser unter teüweiser Zersetzimg, indem sich Gold abscheidet. In Alkohol löst sich das Golddoppelsalz sehr leicht, in- dem es sich beim Verdunsten des Lösungsmittels als schöne, glän- zende Kjy stallnadeln ausscheidet. Kalium-Quecksilberjodid giebt einen weifsen Niederschlag, der nicht krystallinisch ist, sich aber beim Ei-wärmen löst. In Alkohol gelöst, scheidet er sich beim frei\\-illigen Verdunsten in schönen, fächerförmigen KrystaUgruppen aus. welche aus sehr* feinen, ^-iel- fach verästelten Nadeln bestehen. Grenze der Verdünnung, bei welcher noch ein Niederschlag entsteht : 1:200.000. Phosphormolyb- dänsäure giebt einen gelblich- weifsen, nicht krystaUinischen Nieder- J. J. L. van ßyn, Ueber das Carpain etc. 197 schlag. Ammoniak ändert die Farbe nicht. Grenze der Verdün- nung, bei welcher noch ein Niederschlag entsteht: 1:70,000. Phos- phorwolframsäure giebt einen weifsen, nicht krystallinischen Nieder- sclilag. Ferrocyankalium liefert keinen Niederschlag. Ammoniak giebt einen weifsen Niederschlag, der aus sehr schönen Krystall- nadeln besteht und sich im Überschufs des Fällungsmittels nicht löst. Pikrinsäure liefert einen gelben, nicht krystallinischen Nieder- schlag, der sich beim Erwärmen wieder löst, sich jedoch nicht kiystallinisch ausscheidet. Gerbsäure fällt die schwachsaure Lösung nicht, Greshoff giebt dagegen an, dafs sie noch bei einer Verdün- nung von 1 : 5000 ausfällt. Jod-Jodkalium giebt einen braunen, nicht krystallinischen Niederschlag, der bei einer Verdünnung von 1:250,000 noch entsteht. Wird eine wässrige Lösung des salzsauren Carpains mit Salzsäure schwach angesäuert und alsdann mit einer klaren, wässerigen Lösung von salpetrigsaurem Kali versetzt, so entsteht unmittelbar eine weilse Trübung, welche sehr bald imter dem Mikroskop als Krystallnadeln erscheint. Greshoff hat die Empfindlichkeit der verschiedenen Reagentien untersucht, indem er in einem Reagensrohre etwa 10 Kubikzentimeter mit dem Fällungsmittel zusammenbrachte. Als Grenzen der Ver- dünnung, wobei noch ein Niederschlag oder Trübung wahrzunehmen ist, giebt er folgendes an: Bei einer Verdünnung von 1:5000 geben noch deutlich Reaktion: Pikrinsäure, Kalium-Queksilberjodid, Jod- Jodkalium, Gerbsäure, Gold- chlorid und Phosphormolybdänsäure. 1:20.000 geben noch deutliche Reaktion: Pikrinsäure, Kalium- Quecksilberjodid, Jod- Jodkalium, Goldchlorid und Phosphormolyb- dänsäure. 1:40,000 geben noch Reaktion: Kalium-Quecksilberjodid. Jod- Jodkalium und Phosphormolybdänsäure. 1 : 80,000 geben nur noch Kalium-Quecksilberjodid und Jod-Jod- kalium deutliche Reaktionen. Nach demselben Autor liegt die Grenze: für Jod-Jodkalium und Kalium-Quecksüberjodid bei einer Verdünnung von 1 : 300,000 ; für Phosphormolybdänsäure 1:75,000; für Pikrinsäure 1:30,000 und füi' Goldchlorid 1:25,000. Folgende Versuche wurden mit dem trockenen Verdunstungs- rückstande einer alkoholischen Carpainlösung ausgeführt: 198 J. J. L. van ilyn, Ueber das Carpain etc. Schwefelsäure giebt keine Färbung, auch nicht bei längerem Stehen, weder beim gelinden, noch beim starken Erhitzen. Konzentrierte Salpetersäure giebt keine Färbung, auch nicht beim Erwärmen. Konzentrierte Schwefelsäure mit ein wenig Salpetersäure giebt ebenfalls keine Reaktion. Schwefelsäure mit Ceriumoxydul giebt keine Färbung. Vanadinschwefelsäure giebt keine Färbung. Eine Probe mit verdünnter Schwefelsäiu-e eingedampft giebt keine Reaktion. Derselbe Versuch mit Phosphorsäure blieb auch ohne Resultat. Schwefelsäure mit Kaliumchi'oraat giebt Grünfärbung. Eindampfen mit konzentrierter Salpetersäure und späterer Zusatz von alkoholischer Kalilauge giebt keine Färbung. Konzentrierte Schwefelsäure und Bromwasser geben keine Reaktion. Nach diesen Reaktionen erweist sich das Carpain als ein Alkaioid, das mit den meisten und stärksten Reagentien u.nverändert bleibt: nur starke Oxydationsmittel, wie Kaliumbichromat, werden reduciert. Bemerkenswert ist noch, dals eine schwefelsaure Lösung des Carpains mit einem Tropfen verdünnter Kaliumpermanganatlösung mehrere Stunden lang rot gefärbt bleibt. Zusammensetzung des Carpains. Das Cai'pain enthält kein Ki-ystallwasser. Die Elementar- analysen wurden anfänglich ausgeführt mit Carpain. das bei lOU*^ getrocknet war. Es gelang mii- jedoch nicht, hierbei übereinstimmende Resultate zu erhalten. Da nun Carpain kein Krj'stallwasser enthält, somit das Trocknen bei 100 ^ sich als überflüssig erwies und nur den Nachteil hatte, dals das Alkaioid sich gelb färbte, sich also teilweise zersetzte, wurde eine neue Menge Alkaioid erst exsiccatortrocken gemacht und hierauf wähi-end einer halben Stunde noch bis etwa SO*' C. im Lufttrockenschrank getrocknet. Dieses wurde zur Elementar- analyse im Sauerstoffstrome verwendet. I. 0,1826 g lieferten U,4695 g CO^ und U,1748g HoO. II. 0,1975 „ „ 0.5086 „ „ „ 0,1913 „ ," III. 0,2234 „ ,. 0.5745 „ „ „ 0,2150 „ „ IV. '0,2245 „ ., 0,5771 „ „ „ 0,2508 „ „ Gefunden I. II. III IV. c 70,12 70,23 70,13 70,10 H 10,63 10,76 10.64 10,68 N — — — J. .1. L. van ßyn, Ueber das Carpain etc. 199 Der Stickstoff wurde nach dem Dumas'schen Verfahren be- stimmt. V. 0,429 g Carpain lieferten 27,(1 ccm Stickstoff. Luftdruck 753 mm, Temperatur 10 '^ C. VI. 0.835 g Carpain lieferten 21.3 ccm Stickstoff. Luftdruck 755 mm, Temperatur 10 o C. Spannung des Waaserdampfes bei 100 c. ist 9,126 mm. Im Berechnet für V. VI. Durchschnitt C14H25NO2 — — 70,14 70,29 _^ _ 10,68 10,46 6.08 6,00 6,04 5,85 Die Formel, welche sich aus den gefundenen Zahlen für Carpain berechnen läfst und welche am besten damit übereinstimmt, wird somit sein: C14H25NO2. Merck giebt als Formel an: C14H27NO2, nach welcher das Carpain bestehen würde aus: 69.676 Proz. C, 11,226 Proz. H und 5,80 Proz. N. Carpain - Platiiicliloi-id ; [CuH^^NOg HClJaPt Cli- Carpain-Platinchlorid stellte ich dar, indem ich eine schwach saure, wässerige Lösung von salzsaurem Carpain mit einem Über" schufs von Platinchloridlösung ausfällte. Es entstand hierbei ein flockiger, ockergelber Niederschlag, der unter dem I^Iikroskop kry- stallinisch erschien. Dieses Carpain-Platinchlorid löste sich nicht in kaltem vmd in warmem Wasser, ebensowenig in Alkohol. Nachdem sich der Niederschlag völlig abgesetzt hatte, wurde er auf einem Filter gesammelt, mit einer Säugpumpe die Mutterlauge davon so gut als möglich entfernt, mit wenig Wasser ausgewaschen und schliefs- lich zwischen FHefspapier getrocknet. Das so erhaltene Salz wurde hierauf bis zum konstanten Gewicht zunächst im Exsiccator. alsdann im Wassertrockenschrank während einer Stunde bei 100 getrocknet. Das Doppelsalz hatte nach letzterer Operation nichts von Belang an Gewicht verloren, erwies sich somit als kiystaU wasserfrei. I. 0,1855 g lieferten 0,0405 g Platin. IL 0,1891 „ „ 0,0414 „ „ Es wurde also gefunden: Berechnet für ^- ^^- [Ci4H.^5NO.,,HClJ,PtCl4 Pt 21,83 21,89 21,91 Proz. 200 J. J. L. van ßyn, Ueber das Carpain etc. Carpaiu - Goldchlorid : [Ci4Ho5N02HCl,AuCl3]2 + 5H2O. Das Carpain-Goldchlorid erhielt ich, indem ich eine wässerige Lösung von salzsaurem Carpain mit Goldchloridlösung völlig ausfällte. Auf diese Weise resultierte ein citronengelbes Salz, das anfangs amorph, später jedoch krystallinisch erschien. Dieses Doppelsalz ist löslich in warmem Wasser und auch in Alkohol, woraus es sich beim Verdunsten als schöne Nadeln ausscheidet. Beim Lösen in warmem Wasser wird das Carpain-Goldchlorid teilweise zersetzt, indem sich Gold abscheidet. Das gefällte Carpain-Goldchlorid wurde zur Reinigung aus star- kem Alkohol umkrystallisiert. Die so erhaltenen schönen Krystall- nadeln wiu-den im Exsiccator und dann bei 100^ getrocknet. Das wasserfreie Carpain-Goldchlorid schmilzt bei 205 o C. zu einer gelb- braunen Flüssigkeit. I. 0,5609 g verloren 0,0388 g H^O. IL 0,2291 „ „ 0,0161 „ „ III. 0,8034 „ „ 0,0568 „ „ Es wurden somit gefunden an Wasser: I. 6,91 Proz. II. 7.02 Proz. III. 7,07 Proz. Berechnet für die Formel [C14H05NO2HCI, AuClg]. -f 5 HoO: 7,21 Proz. Wasser. 0,2130 g wasserfreien Carpain - Goldchlorids lieferten 0,0727 g Au = 34,13 Proz. Berechnet sind für die Fonnel Cj^ 1125^02 HCl Au CI3: 33,97 Proz. Au Aus den Daten, welche bei der Analyse des Platin- und Gold- doppelsalzes des Carpains ermittelt wurden, ergiebt sich somit, dafs die im Vorstehenden acceptierte Formel C14H25NO2 die richtige ist. Letzterer Ausdruck findet eine weitere Bestätigung durch die Analyse des Hydrochlorids, Nitrats, Sulfats, Hj-drobromids , Hydrojodids, so- wie auch durch die der sonstigen Carjjainabkömmlinge. Salzsaiires Carpam: C^ H25 NO2 HCl. Zur Darstellung dieses Salzes wtu-de eine alkoholische Lösimg des Carpains mit Salzsäure neutralisiert, hierauf bis zum Trocknen eingedampft und das zurückgebliebene in Wasser gelöst. Aus dieser wässerigen Lösung schieden sich schöne, farblose, bis 3 cm lange Ki-ystaUnadehi aus von salzsaurem Carpain. Die hierbei erhaltenen Krystalle wurden von der Mutterlauge befreit, mit sehr wenig kaltem J. J. L. van Ryn, Ueber das Carpain etc. 201 Wasser abgewaschen und schliefslich in den Exiccator gebracht. Carpain-Hydrochlorid enthält somit kein Krystallwasser. n,ö840 g salzsaures Carpain lieferten 0,303 g AgCl =: 13,12 Proz. Cl. Berechnet sind für die Formel C^ H05 NOj H Cl, 12,83 Proz. Cl. Bei 225'' fängt das Carpainhydrochlorid an sich zu bräunen, ohne jedoch zu schmelzen; bei noch höherer Temperatur zersetzt es sich völlig. Die Lösliclikeit des salzsauren Cai-pains in Wasser ist 11,63 Proz. Bromwasserstoffsaures Carpaiii: C14 H^^ XO2 Br H. Dieses Salz ^\^lrde ebenfalls erhalten durch Zuiügen von Brom- wasserstoffsäm-e zu einer alkoholischen Carpainlösung. Das aus Wasser umkrystallisierte Salz enthält kein Krystallwasser. Das Carpain-Hydrobromid ist in Wasser -viel schwerer löslich wie das Hydrochlorid, und scheidet sich daraus als schöne weifse Krystall- nadeln ab. 0,4183 g bromwasserstofisaures Carpain lieferten 0,24:50 g AgBr = 24,92 Prozent Brom. Berechnet sind für die Formel Ci^Kv^NOo BrH, 25,07 Proz. Brom. Jodwasserstoffsaures Carpain : C'u H25 XO2 JH. Das jodwasserstoffsaure Carpain. entsprechend dem Hydrochlorid dargestellt, bildet, aus Wasser umkrystallisiert, blalsgelbhch gefärbte Rosetten von Krystallnadeln. welche schwer löslich in Wasser sind. Aus der Mutterlauge schieden sich neben den Krystallen des jodwasserstoffsauren Carpains noch sehr feine, schwarzgrüne Flocken aus, welche das Salz verunreinigten, da sie sich durch ^\'iederholtes Umkrystallisiereu nicht entfernen liefsen. Es hatte sich hier wahr- scheinlich ein Perjodid gebüdet. Das Jodwasserstoff saure Carpain verlor beim Trocknen bei 100*^ nur unbedeutend an G-ewicht; Krystallwasser war somit nicht vorhanden. 0,2513 g Carpamhydrojodid lieferten 0,1616 g Ag J = 34,75 Proz. .Jod. Berechnet für: C14&J5NO0JH findet man 34,87 Proz. Jod. Schwefelsaures Carpain: C^ H05 XOo H^ SO4 -i- 3 Hg 0. Schwefelsaures Carpain \\-urde dargestellt durch Sättigung einer alkoholischen Carpainlösung mit verdünnter Schwefelsäure. Beim Verdunsten blieb jedoch dieses Salz amorph zurück. Es wurde der 202 J. J. L. van Ryn, üeber das Carpain etc. Rückstand daher in Wasser gelöst und die konzentrierte Lösung in den Exsiccator zur Krystallisation gesetzt. Infolge der grolsen Ijöslichkeit des schwefelsaiiren Carpains in Wasser gelang es aber auch hier nicht, Kiy stalle zu erzielen. Zu einem weiteren Krystalli- sationsversuch wurde daher einer alkoholischen Lösung, des Salzes soviel Aether zugefügt, bis die Flüssigkeit sich zu trüben anüng, das Gefäfs alsdann geschlossen und zur Seite gestellt. Nach einiger Zeit schieden sich schöne, farblose, prismatische Krj-stalle aus, welche gesammelt, zwischen Fliefspapier getrocknet und schliefslich in den Exsiccator gestellt wT.irden. Das so erhaltene schwefelsaure Carpam verlor bei 100^ 10,17 Prozent an Gewicht und enthielt in dem bei 100*^ getrockneten Salze bei zwei Bestimmungen 27,25 Proz. H2 SO4. Der Schwefelsäuregehalt für die Formel |Ci4 H25 N02]2 Ho SO4, berechnet sich zu 17,01 Proz. H2SO4; für die Formel 0141125X02 Ho SO4, zu 29,06 Proz. Ho SO4. Jedenfalls war also die erste Formel aus- geschlossen, da die gefundenen Zahlen annähernd auf die zweite Formel stimmen, obwohl bei beiden Bestimmungen zu wenig Schwefel- säure gefunden wui-de. Es lag jedoch noch die Möglichkeit vor, dafs das verwendete schwefelsaure Carpain bei 100 " nicht alles Krystallwasser verloren hatte. Um dieses zu ermitteln, wurde das bei 100" getrocknete Salz auf 125° erhitzt, wobei das schwefelsaure Carpain in der That noch Wasser verlor. Ln Ganzen verlor das krj-stallisierte Salz nach dem Trocknen bei 125° 13,86 Proz. an Gewicht, während sich für die Formel C14H25 NOj Hg SO4 + SHg 0, 13,80 Proz. HgO berechnen. 0,2938 g des bei 125'^ getrockneten Salzes lieferten 0,2085 g ßaSOi, = 29,13 Proz. Hg SO4. Die Zusammensetzung des ki-ystallisierten schwefelsauren Car- pains entspricht der Formel C14 H25 NO2 Hg SO4 -f 3 Ho 0, das unter- suchte Salz ist somit ein saures schwefelsaures Cai-pain. Die alkoho- lische und die wässerige Lösung dieses Salzes zeigt daher auch stark saure Reaktion. Salpetersaiires Cavpaiii: CiiH.^.^XOo HNO3 + HgO. Das salpetersaure Carpain wurde erhalten durch schwaches An- säuern der alkoholischen Carpainlösung mit verdünnter Salpetersäure. .T. J. L. van Ryii, Ueber das Carpain etc. 20:5 Der Alkohol wurden hierauf verdunstet ud das Zurückgebliebene durch Erwärmen in Wasser gelöst. Beim Erkalten dieser wässerigen Lösung scheiden sich allmählich farblose, blätterformige Kry stalle von salpetersaurem Carpain aus. Das Carpai'nnitrat erwies sich als schwer lö.slich in Wasser: etwa 1 : 50. Wird eine Iprozentige Lösung des salzsauren Carpains mit einigen Tropfen starker Salpetersäure versetzt und ruhig zur Seite gestellt, so entstehen nach einiger Zeit sehr schön ausgebildete Krystallprismen von salpetersaurem L'arpäin. Hieraus ergiebt sich. dais die Löslichkeit des salpetersauren Carpains durch die Anwesen- heit von Salzsäure noch sehr l:)edeutend abnimmt. 0.4934 g Carpainnitrat verloren bei lOÜ^ 0,0271 g an Gewicht = 5,49 Proz. H._,0, wälirend sich für die Formel 0^4 H._,- NO^HNO. + 1 H.^ 0, 5,62 Proz. berechnen. 0,23üO g des bei 100 o getrockneten Carpainnitvats lieferten 0,1784 g H.^O und 0,4784 g CO. = 8,40 Proz. H und 55,28 Proz. C. Berechnet man den C- und H-Gehalt für die Formel C14 H..5 NOo HNO3, so tindet man 8,60 Proz. H und 55,44 Proz. C. Physiologische Wirkung des Caryaius. Gresho ff hat zuerst die Hauptwirkung des Carpains angegeben, indem er durch Tierversuche ermittelte, dafs das Carpain hauptsäch- lich auf das Herz wirkt und für die Intoxication eine grofse Dose erforderlich ist. Als letale Dose giebt Greshoff für eine ostindische Kröte (Bufo melanostictus Schneid) 10 — 15 mg und für ein Huhn von 500 g Körpergewicht 200 mg an. Goldfische (Cyprinus flavi})innis K.) starben, nach demselben Forscher, erst in einer Lösung, welche 1 Proz. Alkaloid enthielt. Auf Veranlassung von Merck unternahm Dr. v. Oefele die thei'a- peutische Prüfung des Cai-pains. Dieselbe ergab, dafs das Carpain mit Ausnahme der Caffeingruppe, das einzige Digitalisersatzmittel ist, das subcutan appliziert an Ort und Stelle weder Reizung noch Abscess verursacht. Intern in der Dosis bis zu 0,025 g pro die ver- abreicht, besitzt das IMittel keinen Vorzug gegenüber den anderen Digitalisstoffen. Dagegen ist die subcutane Applikation einer Dosi.s von 6 mg bis zu 1 cg täglich oder jeden zweiten Tag empfehlens- wert. Die Wirkung ist stets schon wenige Älinuten nach der Injek- tion nachzuweisen. 20-1- J. J. L. van ßyn, Ueber das Carpain etc. Zur Charakterisierung des Carpains habe ich im pharmaceu- tischen Laboratorium in Grroningen unter Leitung des Herrn Prof. Plugge einige Tierversuche angestellt, welche jedoch durch meine unerwartete Abreise nach Marburg auf sehr wenige beschränkt blieben. Ich behalte mir jedoch vor, später noch weitere Versuche anzustellen und deren Resultate zu veröifentlichen. Aus den bisher von mir angestellten Versuchen ergiebt sich, dafs Cai-pain hauptsächlich auf das Herz wirkt, eine Bestätigung der von Greshoff gemachten Beobachtungen. Die Respiration und die W^irkung des Rückenmarkes wird jedoch auch beeinflufst. Das Alkaloid wirkt nicht muscarinähnlich, weil das mit Carpain vergiftete Herz nach Applikation von Atropin in seinem Stillstand beharrt. Die Blutgefäfse werden verengt und die Earbe der roten Blutkörperchen erblafst. Noch sei bemerkt, dafs nach der Einspritzung der Carpain- hydrochloridlösung immer eine starke Ausdehnung des Körpers bei den Fröschen stattfand. Keine Wii'kung übt dagegen das Carpain auf die peripherischen Nerven und Muskeln aus; ebenso werden Er- brechen und Tetanus nicht verursacht. Fibrilare Krämpfe, wie Gres- hoff erwähnt, wnirden nicht wahrgenommen. Die letale Dose des Carpains ist eine ziemlich grofse. Der jetzt noch sehr hohe Preis des Carpams, 28 Mark pro Gramm, wird der Einführung desselben in den Arzneischatz nicht im Wege stehen, da Material genügend zu beschaffen und dieses noch viel reichlicher durch die Kultur hervorzubringen ist, wenn die Blätter des Melonenbaumes einen praktischen Wert erhalten sollten. Greshoff schätzt die Menge des Carpams, die man im Jahre von einem zu diesem Zwecke kultivierten Baume erhalten kann, auf .30 Gramm. Einwirkimg vou Jodiitbyl auf Carpain. Um die Frage zu entscheiden, ob das Carpain als eine tertiäre oder eine sekundäre Base anzusehen ist, wurden 10 Gramm Carpain mit einem Überschufs von Jodäthyl übergössen. Die hierbei ent- standene farblose, klare Lösung wurde alsdann während drei Stunden im kochenden Wasserbade in einer Druckflasche erhitzt. Nach dieser Behandlung hatte sich die Flüssigkeit l:)raungelb gefärbt, indem sich l^eim Erkalten eine feste Masse abschied. Das überschüssige Jod- J. J. L. van Ryn. Ueber das Carpain etc. 20ö äthyl wurde alsdann abdestilliert und der zurückbleibende Teil mi^- Alkohol übergössen. Es entstand hierdurch eine dunkelgelbe Flüssig- keit, während das Jodäthylcarpain als weifses, nur wenig gefärbtes Pulver zurückblieb. Letzteres wurde auf einem Filter gesammelt und durch Erwärmen in Wasser gelöst. Die wässerige Lösung wurde filtriert und zur Kjystallisation hingestellt. Nach einiger Zeit hatte sich jedoch anstatt der erwarteten Rrystalle nm* eine gelblich gefärbte, öli^o Substanz auf dem Boden des Gefäfses abgesetzt, welche sich in der "Wärme zu einer völlig farblosen Flüssigkeit in der Mutterlauge wieder auflöste. Die Lösung wurde daher soweit mit Wasser verdünnt, bis sich in der Kälte keine ölige Substanz mehr abschied, und alsdann in den Exsiccator gestellt. Allmählich entstanden hierbei schöne, blassgelbe Rosetten, welche aus feinen KrystaUn adeln zusammengesetzt waren. Die Mutterlauge wurde jetzt abgegossen und zur weiteren Verdunstung in den Exsiccator gebracht. Nach einiger Zeit schieden sich hieraus abermals schöne Eaystallrosetten ab, die jedoch jetzt völlig farblos waren. Dagegen war es nicht möglich, die anfangs entstandenen, gelblich gefärbten Krystalle durch UmlaystaUisieren farblos zu erhalten. Das Jodäthylcarpain enthält kein KrystaUwasser ; es ist in Wasser schwer löslich. Wird das trockene Produkt in einem Kapillarröhrchen erhitzt, so schmilzt es bei 235 '^ unter teüweiser Zersetzung. 0,2998 g Jodäthylcarpain lieferten 0,177 g AgJ = 31,90 Proz. Jod. Berechnet sind ftir die Formel C^iKjjNOoCoHg J, 32,15 Proz. Jod. Die wässerige Lösung des Jodäthylcarpains gab mit Kalilauge einen weifsen, nicht krystallinischen Xiedersehlag . welcher beim Schütteln mit Chloroform ganz darin überging. In der ausgeschüttel- ten wässerigen Lösimg konnte Jodwasserstoffsäure nachgewiesen werden, wogegen in dem in Chloroform übergegangenen Teil kein Jod aufzufinden war. Aus dem Einwirkungsprodukt des Jodäthyls auf Carpain liefs sich also mittelst Kalilauge Jodwasserstoffsäure entziehen und ist somit das Carpain nicht als eine t;ertiäre, sondern als eine primäre oder sekundäre Base anzusehen. Obige Verbindung ist daher als jodwasserstoffsaures Äthylcarpain zu bezeichnen und ist somit die Formel derselben wie folgt zu schreiben : C14 H24 (Co H5) XOo JH. 206 J. J. L. van llyn. Ueher das Carpai'n etc. Das Jodwasserstoff. saure Athylcarpain wurde zur weiteren Cha- rakterisierung durch gelindes Erwärmen der wässerigen Lösung der- selben mit frisch gefälltem Chlorsilber in salzsaures Athylcarpain umgewandelt und die hierbei erhaltene wässerige Lösung zur einen Hälfte mit Platinchlorid, zur anderen Hälfte mit Goldclilorid aus- gefällt. Äthylcarpaiiiplatioehlorid: (Cu H., (Co H,) XOo HCl)., Pt Cl^ + 3 HgO. Dieses Doppelsalz bildet einen amorphen ockergelben Nieder- schlag, der in kaltem und warmem Wasser, sowie in Alkohol un- löslich ist. 0,2-i23 g des im Exsikkator getrockneten Athylcarpainplatin- chlorids verloren bei 100'^ 0,0134 g an Gewicht = 5,53 Proz. H3O. Berechnet für die Formel : ( Ci^ H04 (Co H5) NOg HCDg Pt CI4 + 3 H5O. sind 5,41 Proz, 0,2289 g des wasserfreien Salzes lieferten 0,0469 g Pt, = 20,49 Proz. Berechnet für die Formel: (CuHo^ (C, H5) N02HCl)2Pt CI4, sind 20.61 Proz. Pt. Athylcarpaingoldchlorid: C^ H.^ (C, H,j XO2 HCl Au CI3. Das frisch gefällte Athylcarpaingoldchlorid bUdet eine zitronen- geli^e. mikrokrystallinische Masse, welche in Alkohol ziemlich leicht löslich ist. Aus der alkoholischen Lösung scheidet es sich allmählich in schön ausgebildeten wasserfreien Krystallnadeln ab. Das trockene Salz schmilzt bei 175 — 176 '^ unter teilweiser Zer- setzung zu einer braungelben Flüssigkeit. 0,2705 g Athylcarpaingoldchlorid lieferten 0,0874 g Gold = 32,35 Proz. Berechnet für : C14 H24 (Ca H5) NOo HCl Au CI3 sind 32,41 Proz. Au, Aethylcarpain : Ci^ H04 ( Cg H5) NO2. Zur weiteren Charakterisierung des Einwirkungsproduktes des Jodäthyls auf Carpain wurde aus demselben die freie Base darge- stellt und analysiert. Zur Crewinnung derselben wurde eine gröfsere Menge des Jodwasserstoff sauren Äthylcarpains in Wasser gelöst, die Lösung mit Kalilauge bis zur alkalischen Reaktion versetzt und als- J. J. L. van Ryn, Ueber das CarpaTn etc. 207 dann mit Clilorotbnn ausgeschüttelt. Nach dem Verdunsten des Chloroforms blieb eine gellje. syrupartige Substanz zurück. Diese wurde hierauf in Äther gelöst und die erzielte Lösung zur frei- willigen Verdunstung hingestellt. Am nächsten Morgen hatte sich jedoch nur an den Wänden des Gefäfses eine krystallinische Masse abge- .setzt. wogegen einzelne Krystalle hierbei nicht erhalten wurden. Auch in Alkohol zeigte sich die Base sehr leicht löslich, nur nicht in sehr verdünntem Alkohol. Die erhaltene Base wurde daher in starkem Alkohol gelöst und zu dieser Lösung so viel Wasser zu- gesetzt, bis die Tlüssigkeit eben anfing, sich zu trüben. Beim frei- willigen Verdunsten dieser trüben Flüssigkeit wurde die Abscheidung allmählich gröfser; die anfangs amorphe Masse wandelte sich dabei sehr bald in eine gröfsere Menge von sehr lockeren, weilsen, seiden- glänzenden Krystallnadeln um. Das getrocknete Athylcarpaüi bildete eine sehr leichte, weifse Masse, welche im Kapillarrohr ei*wärmt bei etwa 91*^ C. zu einer farblosen Flüssigkeit schmilzt. Die geschmolzene Substanz bleibt bis zum völligen Erkalten eine syrupartige Masse, welche erst allmählich krystallinisch erstarrt. Die Analyse des an sich krystallwasserfreien Athylcarpains lieferte folgande Prozentzahlen : L 0,2027 g lieferten 0,5314 g CO, und 0,1892 g K,0 = 71,49 Proz. C. und 10,86 Proz. H. II. 0,2234 g gaben 0,.d854 g COo und 0,2190 g K.ß = 71,46 Proz. C. und 10,89 Proz. H. Berechnet für die Formel Ci^Hoi (CoH5)N0., sind 71.64 Proz. C und 10,82 Proz. H. Konzentrierte Schwefelsäure löst das Aethylcarpam farblos; diese Lösung bleibt sowohl beim längeren Stehen, als auch beim Erwärmen unverändert. Konzentrierte Salpetersäure verhält sich ebenso. Erdmann's Reagens giebt keine Reaktion. Vanadinschwefelsäure, keine Färbung. Fröde's Reagens läfst es unverändert. Einwirkung von Jodäthyl auf Aethylcarpai'n. Nachdem jetzt nachgewiesen war, dafs das Carpain keine tertiäre Base ist, bHeb noch die Frage zu entscheiden, ob dem Aethylcarpain der Charakter einer sekundären oder primären Base zukommt. Zu diesem Zwecke wurde etwas der fein zerriebenen Verbindung in einer Druckflasche mit einem Überschufs von Jodäthyl 6 Stunden 208 J. J. R. van Ryn, Ueber das Carpain etc. lang im kochenden Wasserbade erhitzt. Bei gewöhnlicher Temperatur war keine Einwirkung des Jodäthyls wahrzunehmen. Alsdann wurde das überschüssige Jodäthyl von dem Reaktionsprodukt abdestüliert und letzteres in Alkohol gelöst. Das Aethylcarpainäthyljodid erwies sich als sehr leicht löslich in Alkohol, viel schwerer aber in Wasser. Obwohl aus beiden Lösungen das Aethylcarpainäthyljodid krystallinisch zurückblieb, gelang es mir nicht, einzelne Krystalle zu erhalten. Dasselbe wurde daher in Wasser gelöst und diese Lösung während einigen Stunden mit frisch gefälltem Süberchlorid erwärmt, um üi dieser Weise das Aethylcarpainäthylchlorid zu erhalten. Die wässerige Lösung desselben wurde von dem Jodsüber ab- filtriert und eine Hälfte dieser Lösung mit Goldchlorid, die andere mit Platinchlorid ausgefällt. Die wässerige Lösung des Aethyl- carpainäthyljodids liefs sich mit Natronlauge nicht umsetzen. Das Aethylcarpain ist somit als eine tertiäre und das Carpain selbst als eine sekundäre Base zu bezeichnen. Aethylcarpainätliylchioridplatiuchlorid: \Gu HsiCCaH^) NO^ Cg H5 CIJ2 PtCl^. Das Aethylcarpainäthylchloridplatinchlorid bildet eine ockergelbe, mikrokrystallinische Masse, welche in Alkohol löslich ist. Aus der alkoholischen Lösung scheiden sich allmählich sehr feine Krystall- nadeln aus, welche kein Krystallwasser enthalten. 0,3420 g lieferten 0,0673 g Platin = 19,68 Proz. Pt. Berechnet für [Cj^ H04 (Co H5) NOo Co H5 Cl], Pt CI4 sind 19,46 Proz. Aetliylcarpainäthylchloridgoldclilorid; Gu H24 (C2 H5) NO2 C2 H5 Cl Au CI3. Das frisch gefällte Doppelsalz bildet eine citronengelbe, mikro- krystallinische Masse, welche in Alkohol leicht löslich ist und sich aus demselben in schönen Nadeln ausscheidet. Das exsikkatortrockene .4ethylcarpainäthylchloridgoldchlorid verliert beim Trocknen bei 100*^ kein Krystallwasser. Wird das Salz in einem Kapülarröhrchen er- hitzt, so schmilzt es bei 170 — 171^ zu einer gelbbraunen Flüssigkeit. 0,4124 g lieferten 0,1200 g Gold = 29,09 Proz. Au. Berechnet für die Formel Ci4Ho4 (C2H5)NOo C0H5CI Au CI3, sind 28,88 Proz. Au. J. J. R. van Ryn. Ueber ilas Carpain etc. 209 Einwirkung von Silberoxyd auf Aefliylcarpaiuäthyljodid. Da nach vorstehend erörtertem Verhalten es den Anschein ge- wonnen, als sei das Aethylcarpain als eine tertiäre Base anzu- sprechen, so schien es zur weiteren Bestätigung hiervon angezeigt, das Aethylcarpainäthyl Jodid durch Einwdrkung von feuchtem Silber- oxyd in die Ammoniumbase überzuführen. Ich löste daher eine kleine Menge Aethylcarpainäthyljodid in warmem Wasser und setzte der Lösung gut ausgewaschenes Süberoxyd zu, und zwar so viel als zur Elimirderung des Jods hinreichte. Die Lösung \vurde hierauf von dem suspendierten Jodsilber durch Filtration getrennt, letzteres noch mit kaltem Wasser gut ausgewaschen und die vereinigten Filtrate auf ein kleines Volumen eingeengt. Die so erhaltene wässerige Flüssigkeit reagierte merkwürrdiger- weise nicht alkalisch, sondern neutral und hinterliefs beim Verdunsten nur sehr wenig einer gelben, syrupartigen Masse. Es war hierbei somit keine Ammoniumbase in Lösung gegangen , wie der Regel nach erwartet werden konnte. Es lag daher die Wahr- scheinlichkeit nahe , dafs das Reaktionsprodukt im Wasser schwer löslich sei und somit mit dem Silber] odid auf dem Filter zurückgeblieben war. Der Filterrückstand wurde daher mit Alkohol ausgezogen und die filtrierte Flüssigkeit verdunstet. Es blieb hierbei ein kiystallinischer Rückstand, der alkalisch reagierte. Beim Übergiefsen mit verdünnter Salzsäure löste er sich, ohne dafs Kohlen- säureent-ftdckelung wahrzunehmen war. Diese salzsaure Lösung -wurde mit Platinchlorid ausgefällt , der Niederschlag gesammelt, aus- gewaschen und zwischen FHefspapier getrocknet. Das lufttrockene Platindoppelsalz verlor nach dem Ti'ocknen bei 100 o kein KrystaU- wasser. Eine Platinbestimmung des trockenen Salzes führte zu fol- genden Zahlen: 0,1067 g Substanz lieferten 0,0210 g Platin = 19,68 Proz. Dieser Platingehalt stimmt merkwürdigerweise genau überein mit dem, welcher bei dem Platindoppelsalz des Äthylcarpamäthyl- chlorids gefanden wurde. Anscheinend ist somit bei der Behandlung mit Silberoxyd noch eine C9H5- Gruppe in das Molekül des Äthyl- carpains unter Büdung eines Diäthylcarpains eingetreten. Die Ursache von dieser abweichenden, der Einwirkung von Kalilauge auf gewisse quarternäre Alkaloidammoniumjodide ähnelnden Arci. d. Pharm. CCXXXI. Bds. 3. Hft. ^^ 210 J. ,7. R. van Ryn, Ueber das Cai-])aVn etc. Reaktion ist vielleicht darin zu suchen, dafs ich das Äthylcarpain- äthyljodid mit einem zu grofsen Überschufs von Silberoxyd zu lange (während zwei Stunden auf dem kochenden Wasserbade) und zu stark erwärmt habe. Um dieses zu entscheiden, war leider kein Material mehr vorhanden. Nitrosocarpaiii : Ci4H24(NO)N02. Obwohl es nach den vorstehenden Beoloachtungen keinem Zweifel mehr unterliegen kann, dafs das Carpain als eine sekundäre Base anzusprechen ist, wurde einesteils zur näheren Bestätigung dieser Thatsache. anderseits um hierdurch weitere Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Formel des Carpains zu geAvinnen, die Nitrosoverbin- dung des letzteren dargestellt. Zu diesem Zwecke wurden 1,5 g Cai-pain in salzsäurehaltigem Wasser gelöst und diese Lösung mit einer wässerigen Lösung von salpetrigsaurem Natron versetzt. Unmittelbar entstand hierbei ein weifser, flockiger Niederschlag, der sich nach kurzer Zeit zu festen Klumpen zusammenballte. Nach vollendeter Reaktion wurde derselbe auf einem Filter gesammelt, zwischen Fliefspapier getrocknet und schliefslich in Alkohol gelöst. Nach einiger Zeit waren beim frei- willigen Verdunsten in dieser alkoholischen Lösung kleine, farblose, j^rismatische Kiy stalle angeschossen, deren Schmelzpunkt ich bei 144 bis 1450 fand. Bei 100^ getrocknet, verloren dieselben kein Krystallwasser. I. 0,2436 g der bei lOuO getrockneten Substanz lieferten 0,5598 g COo = 62,67 Proz. C und 0,1978 g H,0 = 9,02 H. II. 0,2670 g lieferten 0.6108 g COo ='62,39 Proz. C und 0,2223 g HoO = 9,20 Proz. H. Berechnet für die Formel Ci4Hoi(N0)N0y sind 62,68 Proz. C und 8,95 Proz. H. Es hatte sich somit hier eine Nitrosoverbindung gebildet. Zur weiteren Bestätigung hiervon wi^rde die Lieb ermann 'sehe Reaktion ausgeführt. Ich erhitzte zu diesem Zwecke einige der Krystalle mit Phenol und ein wenig konzentrierter Schwefelsäure, verdünnte dann mit Wasser ixnd übersättigte die Flüssigkeit mit Kalüauge. Ich er- hielt so eine intensiv blaugefärbte Lösung. Diese Reaktion gab also das Recht, die entstandene Verbindung alsNitrosocarpain zu bezeichnen- J. J. L. van Ryu, Ueber das Carpain etc. 211 Die alkoholische Lösung des Nitrosocarpains reagiert neutral, das Carpaüi hat somit bei dem Eintritt der NO -Gruppe seine alka- lischen Eigenschaften völlig vex'loren. Zur Kennzeichnung der beiden in dem Carpain enthaltenen Sauerstoffatome wurae zunächst auf das Vorhandensein von Methoxyl- gruppen geprüft, jedoch mit negativem Erfolge. Ferner suchte ich festzustellen, ob in dem Carpain Hydroxylgruppen enthalten sind, deren Wasserstoffatome durch Säureradikale ersetzt werden können. Zu diesem Zwecke kochte ich das Carpain sowohl mit Benzoyl- chlorid, als auch mit Acetylchlorid , ohne jedoch hierdurch ein Ben- zoyl- oder Acetylderivat ge\^'innen zu können. DaBenzoyl- und Acetylchlorid anscheinend nicht substituierend auf das Carpain einwirken, so wurde eine Menge des letzteren zwei Stunden lang mit Essigsäureanhydrid und ein wenig wasserfreiem essigsaurem Natron am Rückflufskühler gekocht. Das Reaktions- produkt war unlöslich in verdünnter Salzsäm-e, erwies sich aber lös- lich in ziemlich starker Salzsäure, woraus es sich beim Verdünnen mit Wasser wieder ausschied, sich aber in sehr viel Wasser wieder löste. Weder mit Platinchlorid noch mit Goldchlorid wurde in dieser Lösung ein Niederschlag erhalten. Auch auf Zusatz von Kalilauge entstand keine Trübung; beim Ausschütteln dieser alkalischen Lösung mit Äther und nachher mit Chloroform ging nichts in Lösung. Die chemische Natur der Verbindung, welche durch Einwirkung von Essigsäureanhydrid aus dem Carpain gebildet worden war, konnte ich bisher nicht feststellen. Wird das Carpain in schwefelsaurer Lösung mit Kaliumperman- ganat unter Anwendung von Wärme oxydiert, so resultiert neben Ammoniak eine stickstofffreie Säure. Die weitere Untersuchung dieser, sowie anderer Carpainabkömm- linee behalte ich mir vor. 14* Julius Trapp, Ueber das ätherische Oel der Samen. Ueber das ätlierisclie Oel der Samen von Clcuta virosa. Vou Professor Julius Trapp - Petersburg. Die Mittheilung vou P. L ü d t k e über Ciciita vi rosa (dieses Archiv 1893, S. 34), namentlich über das ätherische Oel der Wurzel dieser Giftpflanze, veranlafst mich auf eine Untersuchung aufmerk- sam zu machen, welche ich im Jahre 1858 über das ätherische Oel des Wasserschierlingsamens ausiührte (Bulletin der Akademie der Wissenschaften). Die Samen der Ciaita virosa, im Herbste gesammelt und getrocknet, gaben bei der Destülation mit Wasser ein fast farb- loses ätherisches Oel, welches dünnflüssig und leichter als Wasser war, sowie den Geruch und Geschmack des römischen Kümmelöls (Oleum Ciimini Cyniiiii) besafs. Aus 10 Pfund Samen wu^rden zu- nächst gegen 2 Unzen ätherisches Oel erhalten. Später liefs ich einige hundert kg der Samen sammeln und schickte ich zu diesem Zwecke grofse Böte nach der Xewamündung, wo bei Beginn des iinnischen Meerbusens die Ciciita virosa in erstaunlichen Mengen wächst. Die reifen Dolden -wiirden getrocknet und mit Wasser, dem etwas Kalilauge zugesetzt war, da ich eigentlich ein flüchtiges Alkaloid isolieren wollte, destilliert. Die grofse Aehnlichkeit des Cicutaöles mit dem Römisch-Kümmel- öle veranlafste mich, dasselbe mit einer frisch bereiteten, sehr kon- zentrierten Lösung von saurem schwefligsaurem Xatron zu schütteln. Nach zweitägigem Stehen wurden die ausgeschiedenen Krystalle ab- filtriert, ausgewaschen, zwischen PHefspapier geprefst und schliefsHch mehrmals aus verdünntem Alkohol umkrystaUisiert. Die Anatyse dieser Verbindung kennzeichnete dieselbe als Cuminaldehydschwefligsaures Xatrium: C10H12O »NaHSOs + H2O. Das von diesen KrystaUen getrennte Oel besafs den Geruch des Cymols. Es destillierte bei 176'^ C. bis auf eine sehr geringe Menge eines braunen Rückstandes über. Zur Identifizierung dieses Cymols mit dem des Römisch-Kümmelöles wurde dasselbe durch rauchende Schwefel- säure in Cymolsulfosäure verwandelt und letztere in Gestalt ihres Blei- lind Baiyumsalzes analysiert. Dr. J. Klein, lieber das Santonin 111. 213 Das ätlierische Oel der Samen von Ciciita virona enthält somit dies^ Iben Bestandteile : C u m i n o 1 und C y m o 1 , wie das ätherische Oel von Cuntinnm Cymüumi. Um den giftigen Bestandteil der fächerigen Cicutawurzel zu isolieren, wurde letztere in verschiedener Weise bearbeitet, ohne dafs es jedoch gelang, denselben zu erhalten. Über (Las Santonin III. Von Privatdozent Dr. Joseph Klein in Darmstadt. (Eingegangen, den 28. II. 1893.) Ehe ich in der am Schlüsse meiner zweiten Abhandlung^) dar- gelegten Richtung die weitere Beschreibung meiner Untersuchungen folgen lasse, habe ich zuerst auf die Reduktion des Santonins mit Zinkstaub in essigsaurer Lösung zurückzukommen, nach welcher Reaktion ich «-Santigendilakton-) erhalten hatte. Denn nach Fertig- stelliang meiner diesbezüglichen Untersuchungen erfolgte von Grassi- Cristaldi die A'^eröffentlichung ähnlicher Versuche.-^) Durch Reduk- tion des Santonins mit Zinkstaub in- wässeriger 50 bezw. TOprozentiger Essigsäure hatte aber Grassi-Cristaldi eine aus der Vereinigung zweier Moleküle Santonin hervorgegangene Verbindung von der empirischen Formel (C15 H^j 03)2 statt (Ci5lli8 02)2. das Santonon. bezw. das Isosantonon, erhalten. Die Entstehung dieser wasserstoff- ärmeren Verbindungen sollte dann unter Vermittelung eines Santo- pinakons gedacht werden, in dem Sinne folgender Gleichungen: a) 2 Ci5 Hi3 O3 + Ho = Ci4 H18 O2 . COH i Santonin C14 H^g Oo . COH Santopinakon. b) Ci4 H18 O2 . COH Cii Hi7 0., : C I = ' I + 2H2O ^14 ^18 ^2 • COH Cj4 Hj7 O2 : C Santopinakon Santonon Aufser in der prozentischen Zusammensetzung soll sich das 1) Arch. d. Pharm. 1892, .508. 2) Arch. d. Pharm. 1892, 499. 3) Gazz. Chim. 22 part. II. Rend. della R. Ac. d. Lincei. Vol. I, 2. Sem. Vergl. auch Berl. Ber. 2.5 Ref. 938. 214 Dr. J. Klein, Ueber das Santonin III. Santonon von dem «-Saiitogendilakton auch durch den Schmelzpunkt 2230 unterscheiden. Darum sah ich mich veranlafst, die von Grrassi- Cristaldi beschriebene Reduktion einmal möglichst genau zu be- folgen, zumal ich von früher wufste, dafs man bei der Reduktion des Santonins in wässeriger Essigsäure, ebenfalls «Santogendilaktou erhält. 5 g Santonin wurden in 150 ccra 50 prozentiger wässeriger Essig- säure gelöst und zu der warmen Lösung 3 g Zinkstaulj und einige Tropfen Platinchlorid gegeben. Unter Erwärmen wurde die Reduk- tion vollendet, während welcher reichlich das Reduktionsprodukt sich ausschied. Nachdem die Mischung noch mehrere Stunden bei Wasser- badtemperatur gestanden hatte und dann erkaltet war, wurde filti-iert, der Rückstand gehörig ausgewaschen und mit Alkohol zu lösen ver- sucht. Es zeigten sich hierbei bis ins kleinste alle Erscheinungen, welche ich an dem «-Santogendilakton beobachtet hatte; zuerst löst t;ich in Folge der Unreinigkeiten mehr des Reduktionsproduktes in Alkohol auf; der reinere Rückstand ist in Alkohol schwerer löslich. Aus alkoholischer Essigsäure, der man nach der Lösung etwas Wasser zugegeben hat, krystallisiert die Verbindung genaii wie rt-Santogendilakton in feinen, weifsen, manchmal noch mit einem Stich ins Gelbe oder Gelbgrüne versehenen Nädelchen (anscheinend) . aus alkoholischer Essigsäure ohne Wasserzusatz dagegen in mehr oder minder deutlichen Blättchen , wie es gleichfalls beim «-Santogen- düakton geschieht. In genau derselben Art liefert das Reduktions- produkt das dem /S-Santogendüakton entsprechende Isomere von genau demselben Verhalten, so dafs es aufser Zweifel ist, dafs ich bei Befolgung der obigen Methode «-Santogendilakton erhalten habe. Bezüglich des letztern möchte ich aber noch erwähnen, dafs sich leichter der Erweichungspunkt als der von mir angegebene Schmelz- punkt (200 — 201 Oj fixieren läfst. Bei zirka 189 « fängt das «-San- togendilakton , gleichgültig nach welcher Vorschrift bereitet, zu er- weichen an. Wie nun Grassi-Cristaldi unter mir unbekannten Umständen eine Verbindung der Formel (C^g H17 03)0 t^nd dem Schmelzpunkte 2230 erhalten hat, kann ich nicht beurteilen; jedenfalls fand sich bei meiner Ausführung keine auffallende Menge eines Körpers von dem Schmelzpunkt 223'^ vor und jedenfalls geht aus der von Grassi- Dr. J. Kleiu, Ueber das Santoniu III. 215 Cristaldi angegebenen Zusammensetzung des santononsauren Silbers C30 H36 Aga Og eher hei-vor, dafs dem Santonon die Formel (C15 Hjg 02)2 zukommt als die Formel (Ci^ H17 02)2. ^) Aus diesen Gründen glaubte ich Versuche mit TOprozentiger Essigsäure unterlassen zu dürfen. Die folgenden Untersuchungen dienen nun dem Nachweis der Stellung der Ketongruppe im Santonin. Einwirkung von P h s p h r p e n t a c h 1 r i d auf Santonin. T rieh lor -SU bdih yd rosantogenenlakton C15H15CI3O2. Das Phosphorpentachlorid wurde bis jetzt nur von Pawlewski-) zixr chemischen Untersuchung des Santonins benutzt. Unter offenbar ungünstigsten Bedingungen wurde bei Pawlewski's Versuchen aus der Einwirkung von 1 Mol. Pentachlorid auf 1 Mol. Santonin ein Chlorid von der Formel C15H17CIO2 und aus der Einwirkung von 2 Mol. PClg auf 1 Mol. Santonin, aber in Chloroformlösung, ein Chlorid C15H16CI2O erhalten, so dafs Pawlewski zu dem Schlüsse kam, dafs in dem Santonin zwei Hydi-oxylgruppen vorhanden seien entsprechend der Formel Ci5Hi6 0(OH)2. Die von mir ausgefühi'ten Versuche fanden stets in Chloroform- lösung statt, und es stellte sich dabei heraus, dafs unter diesen Ver- suchsbedingungen, bei Benutzung eines Mol. Pentachlorid auf 1 Mol. Santonin letzteres, abgesehen von geringen Kondensationsprodukten, wieder zurückerhalten wurde. Zu untersuchen, ob sich hierbei Phos- phorsäureäther des Santonins intermediär bildeten, welche später durch AVasser zerlegt würden, wurde vorläufig für belanglos be- trachtet. Dahingegen erhält man bei der Einwirkung von 2 Mol. und unter den Versuchsbedingungen bei der Einwirkung von 3 Mol. Phosphorpentachlorid auf 1 Mol. Santonin ein Chlorid von der For- mel C15H15CI3O2, welches sich bei sonst gleichbleibender Ausführung 1) Die Werte sind hier: Gefunden: Berechnet für: I. II. CgoHgeAggOß CgoHggAgaOg C = 50,71 50,86 50,84 50,75 H = 5,47 5,48 5,08 5,35 Ag = 30,15 — 30,50 30,35 C30 Hßg Ag2 Og = Silbersalz des Santogendilaktons. ''^) Berl. Ber. 18, 2900. 216 Dr. J. Klein. Ueber das Santonin III. der Reaktion und bei vollständiger Übereinstimmung der Eigen- schaften (Farbe, Schwerlöslichkeit) von dem Produkt Pawlewski's durch seinen Schmelzpunkt (1820 P.) und ganz besonders durch seine Zusammensetzung unterscheidet. 20 g Santonin werden in 200 g Chloroform gelöj?t und der Lö- sung nach und nach 40 g mit Chloroform fein angeriebenes Phos- phorpentachlorid zugegeben. Bei der Zugabe des Chlorids tritt stär- kere Salzsäureentwickelung ein. Nachdem alles Peutachlorid einge- tragen ist und die Salzsäureentwickelung lieira Erwärmen aut dem Wasserbade aufgehört hat, wird erkalten gelassen und die erkaltete Plüssigkeit mit Wasser gehörig durchgeschüttelt und ausgewaschen. Das Chloroform wird darauf abdestilliert, der syrupartige, zum Kry- stallisieren neigende Rückstand mit etwas Alkohol versetzt, die in- nerhalb 2 — 3 Stunden ausgeschiedene Krj^stallmenge auf einem Filter gesammelt und mit Alkohol abgespült. Das Filtrat von den Kry- stallen wird wieder eingedampft, der Rückstand wieder mit etwas Alkohol versetzt u. s. w., und so mit den Filtraten und Rückständen in obiger Art so lange verfahren, als noch Krystalle zu erhalten sind. Die in erwähnter Weise gesammelten Krystallpulver werden mit Alkohol ausgekocht, in welchem das Santonm leicht, das Chlorid C15H15CI3O2 aber schwerlöslich ist. Das Chlorid wird schliefslich aus Benzol bez. Benzol-Alkohol krystallisiert. Zur vollständigen Sicherheit der Reinheit der Verbindung wurden die Krystalle noch- mals mit Alkohol ausgekocht. So stellt die Verbindung gelbe, feste Krystalle vom Schmelzpunkt 171 — 172^ dar. Unterhalb des Schmelz- punktes (bei 160 — IßS*^) beginnt schon eine Zersetzung, im Momente des Schmelzens findet dann lebhaftes Aufschäumen statt. — Die Ausbeute ist eine höchst mangelhafte. Die Analyse der Verbindimg ergab :^) I. 0,2211 g Substanz lieferten bei der Verbrennung 0,0945 g H.^O und 0,4361 g CO2. II. 0,1472 g Substanz lieferten 0,0628 g HoO und 0,2898 g CO.,. III. 0,1540 g „ „ 0,0650 g H2O „ 0.3055 g CO.3. IV. 0,1946 g „ „ bei der Chlorbestimmung nach •) Die Substanzen zu den Bestimnuxngen rühren von zwei Berei- tungen her und zwar die Substanzen ad I, II, IV und V von der einen und die Substanzen ad III und VI von der andern Bereitung. Dl-. J. Klein, Teber das Santonin III. 217 Cariiis (Temp. 180-2350^ 0,2489 g AgCl, entsprechend 0,0617202 g Chlor. V. 0,1336 g Substanz lieferten (Temj). 20.")") 0,1726 g AgCl, ent- sprechend 0,0428003 g Chlor. VI. 0,1155 g Substanz lieferten (Temp. 21.5—2250) 0.1487 g AgCl, entsprechend 0,0368737 g Chloi-. Berechnet für Berechnet für ^^öHißOClo C,,U,,Cl^O, 63,60 54,00 5,65 4,52 25,08 31,93 Gefunden III. IV. V. VI 54.10 — ■ — — 4,689 _ _ _ — — — 31,71 32,04 31,92. Wegen des Mindergehaltes von 2 Wasserstoffatomen gegenüber dem entsprechenden unbekannten Trichlorsantogenenlakton C15H17 CI3 O2 nenne ich die Verbindung Trichlor-subdihydrosantogenenlakton.^) Von den drei Chloratomen scheinen nach dem Verhalten gegen Salpetersäure und Silbernitrat 2 Atome in der Seitenkette und 1 Atom im Kerne zu stehen. Annähernd Y5 Chlor der Gesamtmenge wird C H Gl I. II. 53.79 53,G9 4.74 4.74 1) Die anfänglich von mir angeführten Zahlenwerte von 24,72 und 24,75 Proz. Chlor (Berl. Ber. 25. 331b) waren dadurch entstanden, dals infolge der bei der Orientierungsreaktion nach der Natur der Chlor- at ome beobachteten leichten Abscheidung von Chlorsilber eine quanti- tative Bestimmung des letztern dux-ch einfaches Erhitzen der Substanz mit Silbernitrat und roter rauchender Salpetersäure im offenen Kolben ausgeführt wurde. So ergaben sich bei dem Versuche und bei der ein- malige n Wiederholung des Versuchs aus 0,352 g Substanz 0,3524g Chlor- silber = 24,75 Proz Chlor und aus 0,279 g Substanz 0,2789 g Chlor- silber = 24.72 Proz. Ohne dafs eine Elementaranalyse ausgeführt wurde . durfte darum in Anbetracht der übereinstimmenden ßeaktion und Eigenschaften angenommen werden, dafs hier wirklich das Paw- lewski'sche Chlorid Ci5 Hjß CloO vorlag und sämtliches Chlor an Silber gebunden war. Ei-st die Elementaranalyse gab über die unvollständige Ausscheidung des Chlorsilbers Aufschlufs und machte die frühere Auf- fassung (Arch. d. Pharm. 1892, 683) hinfällig, während andererseits die Chemie des Santonins noch prägnanter hervortrat. Was Pawlewski, dessen Kohlenstoffbestimmungen zwischen einem Minderwert von 2,63—2,15 — 0,18 Proz. und dessen Chlorbestimmungen zwischen — 0.58 und +0,12 Proz. schwanken, unter Händen gehabt hat, läfst sich viel- leicht nur dahin erraten, dafs es ein Gemisch von Trichlor-subdihy- drosantogenenlakton mit ungefähr 20 Proz. Santonin war. Es ist un- möglich, dafs Pawlewski bei seinen Reaktionen die Verbindung Ci^H,= ClqOo nicht erhalten hat. 218 Dr. J. Klein, Ueber das Santouiii III. verhältnismäfsig leicht ausgeschieden; das dritte Chloratom scheint erst bei der Chlorbestimmung nach Carius bei einer Temperatur über 1800 an Silber zu treten. Die Zusammensetzung der Verbindung zeigt, dafs das Phosphor- pentachlorid substituierend (0 durch CL) und chlorierend gewirkt hat und dafs die Reaktion durch die Gleichung auszu(^ücken ist: C15H18O3 + 3PCI5 = C15H15CI3O2 + POCI3 + 2PCI3 + 3 HCl. Dafs die Laktongruppe bei der Reaktion intakt geblieben ist, wird durch die grofse Beständigkeit der Laktongruppen gegenüber dem Pentachlorid wahrscheinlich gemacht. Dafs aber das Keton- sauerstofFatom durch 2 Chloratome ersetzt worden ist, geht daraus hervor, dafs beim Kochen einer Benzollösung des Chlorids mit Phenyl- hydi-azin ein Hydi'azon gebildet wird. Es scheidet sich hierbei salz- saures Phenylhydrazin aus und nach dem Verdünnen mit Äther und Eindampfen des Piltrates bleibt ein Rückstand, welcher beim Auf- nehmen mit kaltem Alkohol das H^^drazon als krystaUinischen Rest zui'ückläfst. Letzteres Hydrazon zeigt wieder die charakteristische Bulow'sche Reaktion. Da nach dem Grade der Stabilität der Chlor- atome zwei Chloratome in der Seitenkette anzunehmen sind, so können diese nvir die 2 Chloratome sein, welche den Ketonsauerstoff vertreten haben. Steht daher die Ketongruppe in der Seitenkette, so kann sie auch nm- in «-Stellung stehen^) imd dieses bedingt unter der Annahme, dafs im Santonin noch 2 Methylgruppen am Kern haften, eine kettenförmige Bindung der Kohlenstoffatome in der Seitenkette und schliefst die Konstitution der letzteren im Sinne von Gucci und Grassi-Cristaldi^) aus. Der ganze Mechanismus der Einwirkung des Phosphorpen ta- chlorids auf das Santonin wird nur verständlich, wenn man auf die bisher beobachteten Gesetzmälsigkeüen der Chlorierung u^nd der Chloride Rücksicht nimmt. Giebt man dem Santonin die Konstitu- tion eines ß- oder /-Laktons, so ist nur mit Gezwungenheit ii'gend eine Vorstellung möglich. Giebt man aber dem Santonin die Kon- stitution eines ^'-Laktons. so gelangt man unter Zugrundelegung fol- genden Schemas leicht zu folgender Vorstellung: 1) Vergl. „Zur Koustitution des Santonins." 2) Arch. d. Pharm. 1892, 502. Dr. J. Klein, lieber das Santonin 111. 21'.) CH 6 CH 4 I CH— CHg — CO — CO 3 2 1 CH 6 Ist an dem Kohlenstoff 1 der Sauerstoff durch CI2 ersetzt, so wird bei der nachfolgenden Chlorierung die Substitution eines Wasserstoff- atoms durch Chlor entweder an dem Kohlenstoff 2, 3 oder 5 ein- treten. Tritt sie an dem Kohlenstoff 5 ein, so wird die Verbindung entweder beständig sein, oder unter Austritt von Salzsäure wird zwischen 5 und 4 Doppelbindung eintreten. Findet die Chlorierung am Kohlenstoff 3 statt, so erhält man ein Produkt mit dem Rest CGI — CH2 — CCI2. CO — , von welchem man weifs. dafs das Chloratom 3 2 1 am Kohlenstoff 3 leicht unter Salzsäurebildung austritt; diese wird stattfinden können z\vischen 3 und 2, 3 und 6 oder 3 und 4. Von dem erwähnten Rest weifs man ferner, dafs die beiden Chloratome am Kohlenstoff 1 fester gebunden sind. Findet die Chlorierung an dem Kohlenstoff' 2 statt, so ist Austreten von Salzsäure zwischen Kohlenstoff 2 und 3 möglich. Das Kohlenstoffatom 6 kann für eine unmittelbare Chlorierung nicht in Betracht kommen. Auf jeden Fall bleibt für den zweiten Chlorierungsprozefs nur der noch vorhandene Wasserstoff an dem Kohlenstoffs, 3 oder 2 disponibel; aber nur die Kohlenstoffatome 5 und 3 sind Ringkohlenstoffatome. Die Wahi'- scheinlichkeit ist, dafs die doppelte Bindung im Laktonring und das dritte Chloratom am Kohlenstoff 5 sich vorfindet. Mit Bezug auf die Chlorierungsgesetzmäfsigkeiten wird man demnach nicht fehl- gehen, wenn man das Santonin als ^-Lakton betrachtet. Dafs in dem Trichlor - subdihydrosantogenenlakton eine Doppel- bindung vorhanden ist, zeigt das Verhalten der essigsaui-en Lösung des Chlorids gegenüber einer essigsauren Bromlösung; letztere wird vollständig entfärbt. Es verknüpfen sich mit der geschilderten Einwirkung des Phos- phoi-pentachlorids auf das Santonin noch einige Fragen, deren Erle- digung wegen der schweren Zugänglichkeit des Materials noch nicht in Angriff genommen werden konnte. 220 Dr. J. Klein. Ueber das Santonin III. Einwirkung von Phenylhydrazin aut Santonin. Santoninhydrazon CisHjg (No HCg H5) 0.>. Von Grassi-Cristaldi ist bei-eits die Voi'schrift zur Dar- stellung des Santoninhydrazons gegeben worden.^) Nach dem Kochen der eisessigsauren Lösung der Mischung von Santonin und Phenyl- hydrazin wurde erkalten gelassen und dann mit AVasser ausgekocht. Der Rückstand wurde dann aus alkoholischer Essigsäure, eventl. nach dem Zusatz von etwas Wasser, krystallisiert. Die gelben Nadeln des Hydrazons zeigten aber den Schmelzpunkt 210— 2 11« anstatt 220— 2210 nach Grassi-Cristaldi. Die grofse Beständigkeit der Verbindung gegen Säuren ist gleichfalls 1. c. erwähnt; selbst rauchende Salzsäure löst die Verbindung mit gelber Farbe auf iind aus der Lösung wird durch Wasser unverändertes Hydrazon wieder gefällt. 0,2053 g Substanz lieferten bei der Verbrennung 0,134:9 g HoO und 0.5628 g CO2. Berechnet für -^ r. ^ C,,H,,(N,HC6H5)a Gefunden C 75,00 74,76 H 7,14 7,30. Das Hydrazon zeichnet sich durch grofse Beständigkeit gegen- über der Alkalilauge aus, was seine Erklärung in dem später bei dem Acetylsantoninoxim Erwähnten findet. Mit konzentrierter Schwe- felsäure vmd Kaliumbichromat giebt die Verbindung die auch von Grassi-Cristaldi beobachtete Bulow'sche Reaktion, welche an- fänglich als charakteristisch für Säurehydrazide, später von W. Wis - licenus als anwendbar auf die Hydraziuderivate von /?-(?)Keton- säureestern bezeichnet worden ist. Nach v. Pechmann und Neuf- ville^) geben aber alle Hydrazide und Hydrazone ohne Ausnahme jene Reaktion, so dafs man heute die Bulow'sche Reaktion zur Er- kennung bestimmter Arten von Hydrazinderivaten nicht gebrauchen kann. Die Färbung mit dem Reagens ist bei dem Santoninhydrazon blauviolett und genau gleich derjenigen , welche die Hydrazonbrenz- traubensäure zeigt. Es scheint mir dieses beachtenswert, da die Färbungen bis ins Rot bei den Hydrazonen eintreten können und die 1) Gazz. chim. 19, 382. 2} Berl. Ber. 23, 33S4. Dr .1. Klein, l'eber das Santonin 111. 221 Auffassung des Santonius als «-Ketolakton zum Vergleich seines Hydrazons mit dem der Brenztraubeiisäiire veranlassen mufs. Oximierung des Santonins. Die Produkte der Oximierung des Santonins glaube ich als ein wichtiges Kriterium des Mangels der Stichhaltigkeit der von Can- nizzaro. sowie Gucci und Grassi-Cristaldi aufgestellten Kon- stitutionsformeln bezeichnen zu dürfen. Denn eine Betrachtung jener Formeln^) führt unmittelbar zu einem Veigleich mit den beiden Ana- logen, dem Campher tiud dem Carvol CgH- C3H7 i I I I I HgC I CO HC CO ^\c/ \c/ ! I CHg CH.:{ Campher. Carvol. I Namentlich zeigt die Bindungsart im Carvol die auffallendste Ähnlichkeit mit der Bindungsart in der Formel von Cx u c c i und Grassi-Cristaldi. Aber nichts von Analogie mit einem der beiden Typen lälst sich aus den Untersuchungen der italienischen Forscher ermitteln, so dals jene Untersuchungen eher den indirekten Nachweis führen, dafs die Carbonylgruppe des Santonins nicht dort stehen kann, wohin sie geschrieben wird. Die Oximierung des Santonins kann fitr die Erkennung der chemischen Natur der Verbindung nur dann von Bedeutung sein, wenn man untersucht, ob die Oximierung zu denselben oder zu ver- schiedenen Resultaten führt, je nachdem der Laktonring unverändert oder zur Oxysäure aufgelöst ist. Denn es läfst sich a priori voraus- sehen, dafs wenn die Carbonylgruppe im hydrierten Kern enthalten ist, bei der alkalischen Oximierung aller WahrscheinUchkeit nach und ohne besondere Nebenerscheimmgen dasselbe Santoninoxim ent- stehen wird wie bei der Oximierung des Santonins in alkoholischer 1) Arch. d. Pharm. 1892, 502. 2'_'2 Dr. J. Klein. Ueber das Saitonin III. Lösung, während bei der Stellung der CarlDonylgruppe im Laktonring durch die alkalische Oximierung aller Wahrscheinlichkeit nach Neben- erscheinungen eintreten, hervorgerufen entweder durch die Entstehung isomerer Santoninoxime oder isomerer Santoninoximsäuren. Da ich aus einer Anzahl anderer Grründe folgern mufste, dafs in dem San- tonin die Carbonylgruppe im Laktonring und nicht im hydrierten Kern sich vorfindet, so haben meine Untersuchungen über die Oximierung des Santonins zvx den gewünschten Resultaten geführt, welche jeden Zweifel über die Unrichtigkeit der mehrfach zitierten beiden andern Formeln ausschliefsen. Es giebt, wie dieses unten dargelegt wird, ein Santoninoxim und zwei charakterisierte Santoninoximsäuren. a) E i n w i r k u n g \' o n H y d r o x y 1 a m i n auf die alkoho- lische Santoninlösung. Nach der von G u c c i ^) gegebenen Vorschi'ift läfst sich Santonin- oxim in einfachster Weise erhalten. Als zweckmälsig ergab sich aber, dafs, nachdem die mit 3 — 4 Teilen gefälltem kohlensaui-em Kalk versetzte Mischung der Lösungen von 5 Teilen Santonin, 4 Teüen Hydroxylaminchlorhydrat und 50 Teüen Alkohol (90 o/^) während 4 bis 5 Stunden am Rückflufsküliler gelinde gesiedet hatte und filtriert worden war, zum heifsen alkoholischen Filtrat nicht das 4 — 5 fache Volumen Wasser sondern niu* soviel zugesetzt wurde, bis kaum eine Trübung eintrat. Auf diese Weise krystallisiert in langen weifsen Nadeln ein Rohsantoninoxim aus, welches beim einmaligen Um- krystallisieren aus Alkohol-Wasser-Mischung ein fast absolut reines, in langen, tadellos weifs erscheinenden feinen oder derben Nadeln krystallisiertes Präparat liefert. Etwa unangegriffenes Santonin bleibt nach obigem Verfahren in der Mutterlauge vom Rohoxim. woraus durch weitern vorsichtigen Zusatz von Wasser noch weitere Mengen Rohoxim gewonnen werden können. Das Santoninoxim entspricht in seinem Aeufsern der Beschreibung G u c c i ' s annähernd genau. Während aber von G u c c i der Schmelzpunkt 216 — 21 9 ^ angegeben wird, zeigten meine Präparate den Schmelzpunkt 199 — 201^. Jedoch läfst sich durch wiederholtes Umkrystallisieren und durch Fällen einer Lösung des Oxims in Al- kalilauge mit Salzsäure der Schmelzpunkt etwas erhöhen. Durch Ver- i)~Gazz. chim. XIX, .367. Dr. .1. Klein. lieber das Santoniu II I. 228 seit'ung des Acetats de.s Santoninoxims erhält man aber unmittelbar das Oxim mit einem Schmelzpunkt von 207 — 209*^, wie ihn auch das Santoninoxim aus der alkalischen Oximierung zeigt. Ganz übergehen hat nun G u c c i , dafs das Santoninoxim ein Mol. Krystallwasser enthält, und dafs seine Analysen und die R a u 1 1 "sehe Molekulargewichtsbestimmung nicht mit getrocknetem, sondern mit ki-ystallwasserfreiem Santoninoxim ausgeführt worden sind. Setzt man das Santoninoxim einer höhern Temperatur aus, so verschwindet das seidenartige Aussehen der Krystalle und es tritt vollständige Verstäubung (Verwitterung) der KJrystalle ein. Die Krystallwasserbestimmung ergab (Temperatur 104 — 1060) folgende Zahlen i) : 0,4280 g Oxim verloren 0,0295 g Wasser. Berechnet für Ci5Hi8(KOH)Oo + HoO Gefunden 6,45 Proz. 6,89 Proz. Durch Lösen des krystallwasserfreien Oxims in Alkohol wird auf Zusatz von Wasser wieder krystallwasserhaltiges Oxim aus- geschieden-). Die Werte aus der Elementaranalyse der bei 100— 110^ entwässerten Verbindung waren; 0,1252 g Substanz lieferten 0,0852 g H._,0 und 0,3170 g COa- Berechnet für Gefunden Ci5Hi8(NOH)02 C 68,96 69.05 H 7,28 7,56 Die Elementar an alyse der krystallwasserhaltigen Verbindung ergab: 0,0706 g Substanz lieferten 0.0486 g HoO und 0.1667 g CO.,. Berechnet für Gefunden Ci5Hi8(NOH)02.H20 C 64,51 64,39 H 7,51 7,63 1) Nebenbei ist in den Krystallen auch etwas Alkohol, in Folge der eigenartigen Krystallisation, enthalten. Denn beim Lösen einer Probe in Alkalilauge zeigt sich auf Jodjodkaliumzusatz deutlicher Jodoform- geruch. -) Mit Alkohol sclieint sich das Oxim nicht zu verbinden. Bei einem einmaligen Versuch unter Anwendung krystallwasserfreien Oxims und^absoluten Alkohols wurde eine kompakte, äufserlich von dem Hydrat vollständig abweichende Kr\'stallausscheidung erhalten, welche nach dem Erhitzen eine minimale," nicht zu beachtende Abnahme und keine äufserliche Veränderung zeigte. Weitere Versuche wurden nicht aus- geführt, da der Gegenstand vorläufig keinen weitern Wert hatte. 224 Dr. J. Klein, Ueber das Santonin 111. Die weiteren Eigenschaften des Santoninoxims sind nach Be. Schreibung der folgenden Reaktion verzeichnet. b. E i n w i rk u n g vo n Hy d r o x yl a m i u a u i" d i e alkalische Santoninlösung. 5 g Santonin werden in 21 — 22 g Kalilauge (SSYg Proz.) unter Zugabe von 30 ccm Wasser und unter Ersatz des verdampfenden Wassers gelöst. In die meder erkaltete Lösung wird nun Kohlen- säure zur vollständigen (Bikarbonat-)Bindung des überschüssigen Alkalis eingeleitet und dann eine Lösung von 4 — 5 g Hydroxylamin- chlorhydi'at in 20 ccm Wasser zugegeben. Es entsprechen alle diese Mengenverhältnisse ungefähr der Vorschrift von Auwers^) zur Dar- stellung von Campheroxim. Bei 60 — 80'' (auf dem Wasserdampitrockeuschranke) \vird das Ganze ungefähr 10 Stunden (einen Tag) lang stehen gelassen, wobei sich mehr oder minder grofse Quantitäten von Santoninkry stallen ausscheiden. Diese Ausscheidung von Santonin erfolgt offenbar da- durch, dafs die Oximieruug sich nach den Gleichungen vollzieht: aj Ci5 Hi9 O4 K + NH2 OH . HCl - C15 Hjg (NOH) O3 K + HCl + HoO, Santoninsaures Kalium. Santoninoxim saures Kalium. b) Ci5 Hi9 O4 K + HCl = (\5 H18 O3 + KCl + Ho 0. Santonin. c) KHCO3 + HCl = KCl + H2O + CO2. und dafs die Reaktionen b und c neben einander verlaufen. Nach dem Filtrieren und Übersättigen mit Salzsäure bis zur eben sauren Reaktion und zum Eintritt einer klaren Lösung wird zur Trockne eingedampft, der Rückstand mit Wasser aufgenommen, das Filtrat ■wneder mit etwas Salzsäure eingetrocknet, dieser Rückstand wieder mit W^asser aufgenommen und so mit Eindampfen u. s. w. fortge- fahren, bis beim Aufnehmen mit Wasser nichts Wesentliches mehr an Rückstand bleibt. Die durch Eindampfen der Lösungen er- haltenen in W^asser nicht mehr löslichen Rückstände, welche mehr oder minder dunkel gefärbt sind, werden in wenig Alkohol (96 Proz. I gelöst und die mit wenig Wasser bis eben zum Eintritt einer wahr- nehmbaren Trübung versetzte Lösung wird zum Krystallisieren bei 1) Berl. Ber. 22, 605. Dr. J. Klein, l'eber das Sautonin 111. 22.") Seite gestellt. M Die ausge.schiedeneu Nadeln werden aus Alkohol- Wasser-Miscbung nmkrystallisiert und zwar, wenn dieselben noch dunkel gefärbt sind, in der erwähnten difficilen Art. Nach wieder- holtem Umkrj'stallisieren zeigen die erhaltenen Nadeln ganz das Aus- sehen des durch alkoholische Oximierung gewonnenen Santoninoxims, dagegen den Schmelzpunkt 207 — 209^. 0.0513 g bei 100 — IOd^* entwässerte Substanz lieferten bei der Ver- brennung 0,0346 g H.2O und 0,1297 g COo, woraus folgt: Berechnet für Gefunden Ci5Hi8(NOH)02 C 68,96 68,95 H 7,28 7,49 Für die krystallwasserhaltige Verbindung ergab sich: 0,1177 g Substanz lieferten 0,0808 g Wasser und 0,2781 g Kohlensäure Berechnet für Gefunden Ci5Hi8(NOH)02.H20 C 64,51 64,43 H 7,51 7,62 Sowohl das höher wie das niedriger schmelzende Oxim lösen sich beim Erwärmen in Kalilauge klar auf. Setzt man zur heifseu alkalischen Lösung des Oxims Salzsäure und erhitzt noch kurze Zeit weiter, so kann beim Erkalten Santonin auskrystallisieren ; setzt man aber zur kalten alkalischen Lösung des Oxims unter Kühlung Salz- säure, so tritt zuerst Trübung ein; auf weitern Zusatz von Salzsäure wird die Flüssigkeit aber klar und nach kurzer Zeit krystallisiert in langen Nadeln Santouinoxim aus (vergl. früher). Gegen Acetan- hydrid verhalten sich höher und niedriger schmelzendes Oxim voll- kommen gleich imd liefern dasselbe Acetat; auch die Benzyläther beider Santoninoxime sind identisch. Um einen wesentlichen Unterschied zwischen höher imd niedriger schmelzendem Oxim aufzufinden, wurde das niedriger schmelzende Oxim nach Analogie der alkoholischen Oximierimg behandelt. Löst man zu dem Zweck das niedriger schmelzende Oxim in Kalilauge auf und übersättigt mit Kohlensäure, so krystallisiert beim Stehen bei 60 — 80 ^ höher schmelzendes Oxim aus und aus der Lösung wdrd nach Zusatz von Salzsäure gleichfalls ij Diese difiicile Operation erfordert einige Uebung, da man bei etwas gröfserm UeberschuTs von Waaser keine oder unansehnliche Krystalle und bei gröfserm Gehalt an Alkohol keine oder quantitativ weniger Krystalle erhält. Arch. d. Pharm. C'CXXXI. Bdi., 3. Heft. I5 226 Dr. J. Klein, Ueber das Santonin III. höher schmelzendes Oxim erhalten. Diese Erscheinungen treten aber auch bei Anwendung des höher schmelzenden Oxims ein und kommen wohl dadurch zu Stande, dafs beim Lösen des Oxims in Alkali ein Teil nur zu Santoninoximkalium Cj^ H^g (NOK) O2, der andere Teil zum Dikaliumsalz der Santoninoximsäure C15 H^g (NOK) O3 K gelöst wird, und dafs die entweichende Kohlensäure bei der erwähnten Temperatur das Santoninoximkaliiim unter Ausscheidung von Santonin- oxim zersetzt. Bezüglich des anderen Versuchs, der Behandlung des höher schmelzenden Oxims nach Analogie der alkoholischen Oximiemng soll nur ei-wähnt werden, dafs eine Umkehr des höher schmelzenden Oxims in das niedriger schmelzende nicht bewirkt werden konnte. Nach alledem ist kein (xrund vorhanden, die- Existenz zweier ver- schiedener Santoninoxime hier für erwiesen zu betrachten. That- sächlich können sehr kleine Verunreinigungen den Schmelzpunkt er- heblich verringern. Darum wird in dem niedriger schmelzenden aber tadellos rein erscheinenden Oxim eine minimale, nicht fafsbare Ver- uni-einigung noch enthalten sein. Durch diese Erklärung wird aber der Unterschied zwischen den von Grucci und mir beobachteten Schmelzpunkten nicht berührt, zumal noch wesentlichere Unterschiede bei der Beobachtung der Eigenschaften der Acetate vorliegen. Das nach dem angegebenen Verfahren durch alkalische Oxi- mierung gewonnene Santoninoxim ist. was als wesentliches Ergebnis angesehen werden mufs, nur em mittelbares Product aus einer seiner Säure isomeren Santoninoximsäure, Löst man nämlich das Santonin- oxim in Alkali, so zeigt die Lösung ein ganz anderes Verhalten als die durch die alkalische Oximierung gewonnene. Letztere giebt nach dem Ansäuern mit Salzsäure auf Zusatz von Eisenchlorid eine schön ^dolett^ote Lösung, -wae nach Hantzsch die Synoximsäuren zeigen; die alkalische aus fertigem Oxim gebildete Lösung dagegen giebt nach dem Ansäuern mit Salzsäure eine gelbe Eisenreaktion und hier- mit ist die Existenz zweier Santoninoximsäuren festgestellt. Die den Synoximsäuren entsprechende Säure läfst sich bis jetzt nicht zurück- gewinnen; einmal gebildet, ist sie aber ziemlich beständig, da noch nach tagelangem Stehen die angesäuerte Lösung wenn auch mit ab- nehmender Nuance die Eisenreaktion zeigt. Da beim Ansäuern mit Salzsäure die ursprüngliche alkalische Oximieximgsflüssigkeit nicht die Erscheinungen einer angesäuerten alkalischen Lösung fertig gebildeten i)r. .). Klein, Ueber das Santonin 111. 227 Oxims zeigt, so kann nur angenommen werden, dafs die die Eisen- reaktion gebende Säure das einzige Oximierungsprodukt ist. Es lälst sich alles dieses nur unter der weiteren Annahme erklären, dafs letztere Säure wirklicli eine Synoximsäure ist und diese Annahme bedingt die Stellung der Ketongruppe des Santonins in der Seiten - kette. Aus der in dem späteren Abschnitt „Zur Konstitution des Santonins" abgeleiteten empirischen Konstitutionsformel, welche alle bisher bekannten Thatsachen allein erklärt, ergiebt sich jetzt für die Santoninoximsäure, welche durch alkalische Oximierung entsteht, die Formel NOH n Ci2 Hi6 OH . CHg . C . COOH und für das Santoninoxim als einem Antioxim die Formel HON \ C■^2 Hjg GHo . L . CO , i O dafs das Santoninoxim ein normales Oxim ist. folgt aus der Einfach- heit der Bildung und daraus, dafs der Benzyläther beim Erhitzen mit Jodwasserstoffsäure Benzyljodid abspaltet. Die geschilderten Reaktionen haben eine allgemeinere Bedeutung, weil sie zeigen, dafs die Isomerie der Oxime bez. Oximsäuren unter Umständen w^eiteren Aufschluls über die Natur einer Verbindung geben kann. Acetylierung und Benzylierung des Santoninoxims. Das in dem vorigen Abschnitt erwähnte Acetat und der er- wähnte Benzyläther des Santoninoxims werden leicht in folgender Weise erhalten. Übergiefst man Santonmoxim mit Acetanhydrid in über- schüssiger, aber nicht zu reichlicher Menge, so tritt in der Kälte Lösung ein; alsbald aber scheiden sich Krystalle der Acetylverbin- dung des Santoninoxüns aus. Es wiu'de so verfahren, dafs die Mischung von ausgeschiedenem Acetat und überschüssigem Anhydrid mit kaltem Alkohol versetzt und von den KrystaUen abfiltriert wurde. Die mit Alkohol und nachher mit Wasser ausgewaschenen Krystalle zeigen den Schmelzpunkt 169-170 auch 165—166 je nach der 15* 228 Dr. J. Klein, lieber das Santonin III. Schnelligkeit des Erhitzens, nachdem vorher zuerst Rot- dann Braun- färbung eingetreten ist. Beim Schmelzen findet lebhaftes Auf- schäumen statt. In Alkohol (96 Proz,) ist das Acetat schwieriger löslich als das Oxim. Durch Umkrystallisieren aus Alkohol-Wasser-Mischung erhält man feine oder leichter derbe, lange, dem Oxim ähnliche Nädelchen. welche sich bei einiger Uebung von den Oximkrystallen leicht imterscheiden lassen. Dafs das Acetat, wie Gucci angiebt, sehr kleine Nadeln bilde, ist demnach im AUgemeinen unrichtig. Für das Santo ninoximacetat hat Gucci den Zersetzungspunkt 201 bis 203 angegeben, also bedeutend höher als von mir gefunden wurde und merkwürdigerweise annähernd zusammenfallend mit dem Schmelzpunkt des Santoninoxims. Für diese Unterschiede habe ich ebenso wie für so manche andere auffallende Unterschiede in den Resultaten keine Erklärung. 0,0974 g Substanz lieferten bei der Verbrennung 0,0627 g HgO und 0,2392 g CO2, woraus folgt: Berechnet für: , C,,H,30,(NO.OC,H3) Gefunden: C 67,32 66,95 H 6,93 7,15 Kocht man das Santoninoximacetat mit Kalilauge, so tritt nur sehr schwierig Lösung ein, und zwar wahrscheinlich aus demselben Grunde, welcher auch das « und ß Santogendilakton ^) in Kalilauge schwierig löslich macht. Es ist die Beeinflufsung des Laktonrings durch die Sättigung des Carbonylkohlenstoffatoms ; die relative Be- ständigkeit des Acetats gegenüber der Kalilauge und die leichte Lös- lichkeit des Oxims in Kalilauge giebt auch die beste Erklärung für die Beständigkeit des Hydrazons, insofern zur Lösung des Lakton- rings im Oxim zuerst die negative NO H- Gruppe neutralisiert und im Acetat die Oximacetatgruppe NO.OC2H3 verseift werden muis. während die Hydrazongruppe N2HC6H5 gegen Kalilauge indifferent ist. (Vergl. auch Benzyläther des Santoninoxims.) Die Verseifung des Acetats gelingt leicht, wenn man gerade wie zum Zweck der Lösung des « und ß Santogendilaktons etwas Alkohol der Kalilauge zusetzt. Auch mit alkoholischem Ammoniak tritt leicht 1) Arch. d. Pharm. 1892, 508. Dr. J. Klein, lieber das Santonin TTT. 229 Verseifung ein. Aus der alkalischen Lösung wird das Santoninoxim dann durch Zusatz von Salzsäure krystallinisch nach einiger Zeit ausgeschieden oder als in Wasser unlöslicher Rückstand nach dem Eindampfen zurückgewonnen, während bei derVerseifung mit Ammoniak das Santoninoxim auf Wasserzusatz bei dem Erkalten sich ausscheidet und ein Säurezusatz nicht notwendig ist, denn der Laktonring wird durch Ammoniak nicht gelöst. Die Benzylierung des Santoninoxims geschah derart, dafs die absolut alkoholische Oximlösung mit Natriumalkoholatlösung und Benzylchlorid etwa eine Stitnde lang gekocht und dabei stets schwach alkalisch gehalten wurde. Nachdem wurde zix der ungefärbten koch- salzhaltigen Mischung Wasser gegeben und fast • zur Trockene ein- gedampft. Der in Wasser unlösliche Teil wurde nun aus Alkohol- Wasser-Mischung umkrystallisiert und so der reine Aether in Form von grofsen, festen Nadeln erhalten. Durch vorsichtigen Zusatz von Salzsäure zix dem löslichen Teile des Eindampfrückstandes läfst sich noch weiterer Benzyläther gewinnen, 0,0456 g Substanz lieferten 0,0307 g HoO und 0,1255 g COg. Berechnet für: Ci5 Hi8 (N . C7 H7) O2 Gefunden : C 75.21 75,06 H 7,12 7,48 Der Benzyläther schmilzt bei 151 — 152^ und ist krystallwasser- frei. Wie erwähnt, spaltet der Benzyläther beim Erhitzen mit Jod- wasserstoffsäure Benzyljodid ab. Gegen Alkalilauge verhält sich der Aether äufserst beständig, wie sich dieses aus dem beim Santonin- oximacetat gesagten als notwendig ergiebt. Zur Konstitution des Santonins. Als unzweifelhaft ist aus der Eeduzierbarkeit des Santonins zu Dioxysantogenensäure,Oxysantogenensäureundzu«-Santogendilakton^), aus den Eigenschaften des Hydrazons und den Eigenschaften des Oxims hervorgegangen, dais die Ketongruppe in den Laktonring beeinflussender Stellung steht. Es ist dieses nur allein möglich, wenn die Ketongruppe und die Laktongruppe demselben Ring- system angehören. Der Prozefs der Einwirkung des Phosphorpenta- 1) Arch. d. Pharm. 1892, 505 etc. 230 Dr. J. Klein. Ueber das Santonin III. Chlorids auf das Santonin und der alkalischen Oximierung lälst nur allein die Deutung zu. dafs die Ketougruppe in der Seitenkette steht. Man hat für alles dieses nui* darin die Erklärung, daTs das Santonin das Lakton einer Oxy-«-ketonsäure von der empirischen Foi-mel Ci2 Hjc • CHo . CO . CO ist mit der Wahrscheinlichkeit, dafs das Santonin zu den «-Laktonen gehört. Die Annahme einer i-Keton- natui' ist nach dem Mangel der Verseifungsreakrionen ausgeschlossen. Unter den Vei'suchsbediiigungen war es mir allerdings nicht möglich, beim Zusammenbi'ingen von Santonin mit thiophenhaltigem Benzol Farbenreaktion zu erzielen. Doch möchte ich hierin keinen Gegenbeweis für die Auffassung des Santonins als n-Keton erblicken, da nach Y. Meyer^i die Intensität der Farbstoffe und darum wohl auch die Büdung der letztem selbst durch die Xatur des mit der CO-CO-Onippe verbundenen Restes, ob derselbe chromogener Xatur oder ein einfaches Fettradikal ist, bedingt wird und da es unbekannt ist, welche von allen «-Ketonen die Reaktion geben und welche nicht. Über derartige Verbindungen, wie das Santonin. ist bisher nichts bekannt. Aber es ist von solcher in «-Stellung befindlicher Keton- gruppe bekannt, dafs sie zur Hydratbildung befähigt ist und dals ein derartiges Hydrat den Chai-akter einer höherbasischen Säui-e an- nimmt. Das beste Beispiel in dieser Art bietet Claisens Benzoylbrenz- traubensäure^) Cg H5 . CO . CHg . C (OHjo . COOK, welche neutrale und basische Salze zu bilden befähigt ist iind welche, da sie die Gruppe CHg . C (0H)2 . COOH mit der sauerstoffhaltigen Gruppe Cg H5 CO verbunden enthält, am besten mit einem Hydi-at des Santonins oder der Santoninsäui"e verglichen werden dürfte. Ton Verbindungen, welche wohl als nichts Anderes als Additions- produkte an das Santonin bezw. an die Santoninsäure erscheinen dürften, begegnen ims das Photosantonin = C15 Hjg O3 — Co H5 OH, die Photosantonsäure = C15 H20 O4 — HoO. die bei 100*^ getrocknete Photosantonsäure = Ci5Hi8 03-rH20. die Isophotosantonsäure = C15 Hqq O4 -r H9O, 1) Berl. Ber. IG. 2973. 2) Berl. Ber. 21. 1131. Dr. J. Klein, Ueber das Santoniu JII, 231 das Isophotosantonlakton = (\^ Hjg O3 + HgO. das Acetylisophotosantonlakton = C^j H^g O3 + C2 H4 O2 lind aulserdem das fräher beschriebene Santoninacetatdibromid. Die Photosantonsäure ist nach Villavecchia^) bezw. Cannizzaro und Fabris-) eine zweibasische, die Isophotosantonsäure jedoch eine einbasische Säure und es wird dieses unter der Voraussetzung, dafs Ketongruppe des Santonins im hydrierten Kern steht, dadurch er- klärt, dafs bei der Bildung der Photosantonsäure diu-ch Ringaufspaltung eine Carboxylgruppe, bei der Bildung der Isoghotosan tonsäure durch einfache Addition ein wahx'es Ketonhydrat entstanden ist, in dem Sinne: [CO rCOOH f^0. IL 0,1222 g gaben 0,3229 g CO, und 0,0794 g H2O. Gefunden Berechnet für I. IL C18H01XO3 C 72,12 Proz. 72,08 Proz. 72,24 Proz. H 7,15 „ 7,22 , 7,02 „ Diese gefundenen Werte führen demnach zu der jetzt allgomem adoptierten Formel CigHoiNOs + HoO. Brom Avasserstoff saures Codein: Ci8HoiN03,HBr + 2 HgO. über die Zusammensetzung und Eigenschaften dieses Salzes liegen in der Litteratur bisher keine Angaben vor. Dasselbe][ist leicht zu erhalten durch Auflösen von zerriebenem Codein in heifser. verdünnter Bromwasserstoflfsäure und Erkaltenlassen der hierdurch erzielten Lösung. Das bromwasserstoffsaure Codein scheidet sich dann in feinen, weifsen Nadeln aus, welche durch wiederholtes Um- krystallisieren aus nicht zu verdünntem Alkohol leicht weiter zu reinigen sind. Die Elrystalle lösen sich ziemlich leicht in Wasser, 238 W. Gölilich. Zur Kenntnis des CoJeins. in verdünntem nnd in Alkohol von 90 Proz. mit neutraler Reaktion. Im Handel findet sich dieses Präparat in gut ausgebildeten, feinen KrystaUnadeln. Zur Wasserbestimmung wurden 0,2852 g der zerriebenen Ki-ystalle vorsichtig über Schwefelsäure, dann bei IOC" bis zum konstanten Ge- wicht getrocknet: dieselben verloren 0,0236 g "Wasser. Gefunden Bei'echnet für I. CigHoiNOg , HBr + 2 HgO HoO 8,27 Proz. 8,65 Proz. Zur Brombestimmung wurden 0,3540 g des krystallisierten Salzes in Wasser g-elöst und das Brom mit salpetersaurer Silberlösung ausgefällt^ Die Bromsilbermenge betrug 0,1596 g AgBr. Zu einer weiteren Bestimmung wurden 0,2272 g des krystallisierten Salzes verwendet: dieselben lieferten, wie oben behandelt, 0,1027 g AgBr. Gefunden Berechnet für I. IL Ci8R,iN03,HBr-f 2H2O Br 19,19 Proz. 19.23 Proz. 19,23 Proz. Die Formel C18H.21NO3 , HBr + 2 HgO dürfte demnach für das bromwasserstoffsaure Codein die richtige sein. Jodwasserstoffsaures Codein: CigHäi NO3, HJ + HoO bezl. 2 HoO. Das jodwasserstoffsaixre Codein ist bereits von Pelletier dar- gestellt worden, jedoch erst Anderson^) unterwarf dasselbe einer näheren Untersuchung. Die Darstellung dieses Salzes gelangte in ähnlicher Weise zur Ausführung, wie die des bromwasserstoffsauren Codeins. Zerriebenes Codein wurde in erwäraiter, farbloser, mäfsig konzentrierter Jod- wasserstofifsäure gelöst, und zwar so, dafs die Lösung nur noch ganz schwach sauer reagierte. Nach dem Erkalten schied sich das Salz in langen, seidenglän- zenden Nadeln aus. In kaltem Wasser ist das Salz ziemlich schwer, in heifsem leichter löslich. In ähnlicher Weise löst es sich in Alkohol. Die am besten ausgebildeten Krystalle erhält man, wenn man das Salz in Alkohol löst und dieser Lösung Äther in solchen Mengen zusetzt, dafs die eintretende Trübung eben noch wieder ver- schwindet. 1) Anderson. Annalen 77, .50. W. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. 239 I. 0.3894 g des in dieser Weise umkrystallisierten Salzes verloren, bis zum konstanten Gewicht, vorsichtig bei 100'' getrocknet, 0.01720 g Wasser. II. 0,8899 g desselben Salzes verloren U.0168U g Wasser. Gefunden Berechnet für I. n. CjyH.,iN03,HJ + H,0 K,0 +.-11 Proz. 4.30 Proz. 4.04 Proz. Die Jodbestimmungen wurden mit der lufttrockenen Substanz aus- geführt. I. 0,1384 g der lufttrocknen Substanz direkt mit salpetersaurem Silber ausgefällt, gaben 0,0732 g AgJ. II. 0.1831 g der lufttrockenen Substanz lieferten 0.0969 g AgJ. Gefunden : Berechnet für I. II. Ci8 H21 NO3 , HJ + HoO. J 28,60 Proz. 28,63 Proz. 28,54 Proz. Während das Hydi-ojodid des Codeins in oben geschilderter Weise aus Alkohol und Äther umkrystalli-siert nur ein Molekül Krystallwasser enthält. \\äe obige Daten zeigen, krj'stalHsiert aus wässriger Lösung ein zwei Moleküle Krystallwasser enthaltendes Salz. 0.5566 g des aus Wasser umkr\-stallisierten Salzes erlitten, bei lOQO zum konstanten Gewicht gebracht, einen Verlust von 0,0434 g. Gefunden: Berechnet für I. C18 Hol NO3, HJ + 2 H.O. HoO 7,79 Proz. 7,7 7 Proz. Die 0,5566 g der lutttrockenen Substanz ergaben in üblicherweise behandelt 0.2820 g AgJ. Gefunden : Berechnet für I. C18 Hol ^% H J 4- 2 HoO . J 27,39 Proz. 27,43 Proz. Letzteres Salz stellt sich demnach bezüglich seines Wasser- gehaltes dem Hydrochlorid und Hydrobromid zur Seite. Nach An- derson (1. c.) kommt dem bei 100*' getrockneten Hydrojodid die Formel Cjg H.21 NO3. HJ -^ HoO zu. Die vorstehenden Daten führen zu einem gleich zusammengesetzten Salze, welches jedoch bei 100*^ bereits seinen Wassergehalt völlig abgiebt. Schwefelsaures Codein: ( Cjs H.21 N03)o, HoSO^ + 5 HoO. Man erhält dieses Salz durch Auflösen von zerriebenem Codein in verdünnter, ersvärmter Schwefelsäure ; nach dem Erkalten scheidet sich dasselbe aus nicht zu verdünnten Lösungen in langen, glänzend weifsen, büschelförmig gruppierten Nadeln aus, die leicht durch Um- 240 W. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeius. krystallisieren aus heifsem, mit einem Tropfen verdünnter Schwefel- säure angesäuertem Wasser zu reinigen sind. Zur Bestimmung des "Wassergehaltes wurden I. 0.6019 g der zerriebenen Krystalle bei lOO'^ bis zum konstanten Gewicht getrocknet; sie verloren 0,0696 g AVasser; II. 1,3280 g- erlitten bei 100*^' einen Gewichtsverlust von 0,1504 g. Gefunden: Berechnet für I. II Cjg Hol NOg, H, SO4 + 5 H2O. H2O 11.56 Proz. 11.32 Proz. 11,45 Proz. Diese Daten entsprechen völlig den von Anderson^) gefundenen. Ich machte bei den Wasserbestimmungen des Codeinsulfats die Walu-nehmung, dafs das Salz verhältnismäfsig leicht verwittex't. Von länger in gut verschlossenen Gelafsen autbewalirtem Salz, fielen die Wasserbestimmungen stets zu niedi-ig aus. So fand ich einmal 9,52 Proz. Wasser; ein anderesmal sogar nur ca. 8 Proz. Wasser; Letzteres Salz war freilich über ein halbes Jahr aui bewahrt gewesen. Bei der Schwefelsäure-Bestimmung lieferten I. 0,5082 g des bei 100^ zum konstanten Gewicht getrockneten Salzes 0,1542 g BaSO^. II. 0,3932 g des bei 100^ bis zum konstanten Gewicht gebrachten Salzes ergaben 0.1304 g BaSO^. Gefunden: Berechnet für I. II. ^Ci8 H21 N03)2 H2 SO4. H2SO4 14,12 Proz. 13,S3Proz. 14,07 Proz." Chromsaures Codein: (C18 Hol N03)2 H2 Cr04 + 5HoO. Das Codeinchi'omat wird kurz von Anderson^) erwähnt, seine Darstellung, seine Eigenschaften werden indessen von diesem Autor nicht weiter beschrieben. Die Darstellung geschieht am einfachsten in der Weise, dafs man zen'iebenes Codein in lieifser, verdünnter (ca. 10 Proz.) Essig- säure auflöst und zu der noch warmen Lösung Kaliumchromat zu- setzt. Zu beachten ist, dafs die Lösung des Codeins in der ver- dünnten Essigsäure nicht sauer reagieren darf, da sich sonst die Lösung leicht, infolge eintretender Zersetzung, dunkler färbt. Im anderen Falle scheidet sich beim Erkalten das schön goldgelb ge- färbte Chromat in langen, glänzenden Nadeln aus, die strahlige 1) Anderson. Annalen 77, 351. ^) Anderson. Annalen 77, 356. (Fortsetznng im Heft 4.) Einband'Decken zum Archiv der Pharmacie für 1893 ganz in der bisherigen Ausführung, Kaliko-Decken mit vor- gedrucktem Titel und Rückentitel in Goldschrift, können gegen Einsendung von 70 Pf. in Briefmarken franko bezogen werden von dem Centrai-Bureau des Deutschen Apotheker-Vereins, BERLIN SW. 12, Zimmerstr. 3/4. Apotheker-Zeitung mit Beiblatt Repertorium der Pharmacie (Organ des Deutschen Apotheker-Vereins) erscheint wöchentlich zweimal in der Stärke von 16 — 24 Seiten. Die Apotheker- Zeitung bietet ihren Lesern, unterstützt von einer grossen Anzahl hervorragender Fachgenossen, nicht nur stets die neuesten und zuverlässigsten Nachrichten, sowie orientirende Aufsätze aus dem Gebiete der Standes- interessen, sondern auch neben reichhaltigsten wissenschaft- lichen Mittheilungen aw gediegenen Originalarbeiten "IPü aus den ersten Kreisen der pliarmacentisclien Wissenschaft. Abonnementspreis für das Halbjahr Mk. 1,— bei allen Postanstalten (Zeitungspreisliste No. 600). Den Mitgliedern des Deutschen Apotheker- Vereins wird der Abonnementsbetrag bei der Zahlung des Jahres- beitrags in Anrechnung gebracht, sonach erhalten die Vereins- mitglieder die Vereinszeitung kostenlos. Postabonnements auf das erste Halbjahr 1893 werden noch angenommen imd die bereits erschienenen Nummern auf Wunsch nachgeliefert. Probenummern stehen kostenfrei zu Diensten. Centralbureau des Deutschen Apotheker-Vereins Berlin SW. 12, Zimmerstr. 3/4. m m. D. ^»»«»w„ 40Bosenthaler-Strasse40 .»«»»"oi"!/, ♦*ÄtSii^ Berlin,©. /^"'^ BERLIN, C. Fabrik und Lager BERLIN, C. von V \JXl Apparaten, Gefässen und Geräthen liefern Torsclirinsmässigre Morphimn-Stand^erässc nach von uns gelieferten und vom höh. Ministerio genehmigten Modellen, sechseclLiges Arzneiglas, wie alle Neuheiten. [5 Im Verlage von Carl Gerold's Sohn in Wien ist soeben er- schienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen: Pharmakognosie. 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Seite Ernst Schmidt, Über Papaveraceen-Alkaloide (Fortsetzung) W. Göhlich, Über das Codein , .... 2+1 Mitteilung aus dem pharmaceutisch- chemischen Institut der Universität Mai-burg. J. Bertram und H. Walbaum, Beitrag zur Kenntnis der Fichten- nadelöle 290 A. von Planta und E. Schulze, Über die organischen Basen der Wurzelknollen von Stachys tuberifera 305 Aus dem agrikulturchemischen Laboratorium des Poly- technikums in Zürich. H. Walliczek, Untei-suchungen über die Sekrete , . 313 Arbeiten aus dem pharmaceutischen Institute der Universität Bern. Eingegangene Beiträge. E. Laves , Über die Verwendung des Baryumhydroxyds in der Buttei'analyse. — — , Über qualitative und quantitative Zuckerbestimmungen mittels Phenylhydrazin. G. Heut, Coniin und Nicotin. A. Pinner, Über Nicotin. A. Soldaini, Über die Alkaloide von Lupinus albus II. F. Lüdy, Über die Siambenzoe. E. Schmidt, Über das Hydrastin. (Geschlossen den 27. April 1893.) Anzeigen, Einband-Decken zum Archiv der Pharmacie für 1893 ganz in der bisherigen Ausführung. Kaliko -Decken mit vor- gedrucktem Titel und Eückentitel in Goldschrift, können gegen Einsendung von 70 Pf. in Briefmarken franko bezogen werden von dem Central-Bureau des Deutschen Apotheker-Vereins, BERLIN SW. 12, Zimmerstr. 3/4. W. Gölilich, Zur Kenntnis des Codeins. 241 Gruppierung zeigen. Die Krystalle sind dann z\viscben Fliefspapier oder Thonplatten zu pressen und, da sie meist geringe Spuren von Kaliumchromat enthalten, aus heifsem Wasser umzukrystallisieren. Die L()sungen sowohl, wie das Codeinchromat selbst, dürfen nicht dem Lichte ausgesetzt werden, da auch hierdurch mit dem Be- ginn einer dunkleren Färbung eine Zersetzung eintritt. Das chromsaure Codein enthält fünf Moleküle Krystallwasser. 0.9736 g des lufttrockenen Salzes verloren nach ca. zehntägigem Trocknen über Schwefelsäure 0,1001 g Wasser. Gefunden: Berechnet für I. (Ci8 H21 N03)2 H2 Cr O4 + 5 HoO. HoO 10,31 Proz. 11,02 Proz. Ein Ti-ocknen bei 100^ ist nicht angängig, da das Salz hierbei unter Schwärzung zersetzt wird. Zur Bestimmung des Chromgehaltes wurden 0,4366 g der über Schwefelsäure bis zum konstanten Gewicht getrockneten Substanz in Wasser gelöst, das Chromat durch Kochen mit Salzsäure und Alkohol in Chromicblorid verwandelt und letzteres mit Ammoniak als Chrom- hydroxyd ausgefällt. Erhalten wurde aus obiger Menge Substanz 0,0456 g Chromoxyd. Zu einer weiteren Bestimmung würden 0,4212 der über Schwefel- säure getrockneten Substanz in derselben Weise behandelt; dieselben ergaben 0,0447 Chromoxyd. Demnach Gefunden: Berechnet für I. IL (CigHaiNOaJaHgCrO^. CrOg 13,72 Proz. 13,96 Proz. 14,02 Proz. Essigsaures Codein: C18 H21 NO3 , C2 H4 O2 + 2 Hg 0. Über die Darstellung und die Eigenschaften des Codeinacetats macht die Litteratur bisher keine Angaben. Dieses Salz wird am einfachsten in der W^eise dargestellt, dafs zerriebenes Codein in verdünnter Essigsäure mt Hilfe von Wärme gelöst imd die Lösung dann auf dem Damptbade, unter Zusatz eines Tropfens verdünnter Essigsäure, zur Trockne verdampft wird. Das Handelspräparat stellte ein gelbliches oder schwach bräun- liches Pulver dar, welches ziemlich stark nach Essigsäure roch. Das Codeinacetat ist aufs er ordentlich leicht in Wasser, Alkohol und Äther löslich. Auch Essigäther löst es mit Leichtigkeit, doch können aus dieser Lösung bei freiwilligem Verdunsten derselben, gut aus- Aich. d. Pharm. CCXXXI. Bds. 4. Heft. jg 242 W. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. gebildete Krystalle erhalten werden, die anfangs noch bräunlich ge- färbt sind. Nach drei bis viermaliger Umkrj^stallisation aus letzterem Lösungsmittel ist jedoch das Codeinacetat farblos zu erhalten. Zerrieben, riechen die Krystalle immer noch nach Essigsäure. Schon aus diesem Grunde ist es unmöglich, das Salz bei 100^ zum kon- stanten Gewicht zu trocknen. Zur Wasserbestimmung wurden daher 0,7488 g der zerriebenen Krystalle ca. eine Woche lang über konzentrierter Schwefelsäure ge- trocknet. Sie verloren 0,068 g Wasser. Gefunden: Berechnet für I. Ci8 Hol NO3, Ca H4 O2 + 2 Ho O. HgO 9,08 Proz. 9,11 Proz. Elementaranalysen wurden sowohl von dem wasserhaltigen, als auch von dem wasserfreien Präparate ausgeführt. I. 0,2254 g der lufttrocknen Substanz lieferten im Schnabelrohr ver- brannt, 0,5000 g CO2 und 0,1525 g HgO. II. 0,2013 g der lufttrocknen Substanz in der gleichen Weise ver- brannt, ergaben 0,4474 g COg und 0,1355 g HgO. Gefunden: Bere.^.hnet für I. II. C18 H21 NO3, Co H4 O2 + 2 Hg O. C 60,50 Proz. 60,62 Proz. 60,76*^ Proz. H 7,52 „ 7,48 „ 7,34 „ I. 0,2121 g des wasserfx'eien Salzes lieferten in gleicher Weise ver- brannt 0,5181 g CO2 und 0,1377 g HgO. II. 0,1850 g des wasserfreien Salzes in der gleichen Weise verbrannt, ergaben 0,4528 g CO2 und 0,1188 g HoO. Gefunden: Berechnet für I. II. C18 H21 NO3, Co H4 Oo C 66,63 Proz. 66,72 Proz. 66,85 Proz. H 7,21 „ 7,16 „ 6.96 „ Nach diesen Resultaten dürfte das Codeinacetat mit der Formel C18 Hgi NO3, C2 H4 O2 + 2H2O zu belegen sein. Salicylsaures Codein: C^g H21 NO3, C7 Hg O3. Ebenso wenig wie über die Darstellung des Codeinacetats, sind in der Litteratur Angaben über die Darstellung und die Eigenschaften des salicylsauren Codeins. Das Codeinsalicylat entsteht, wenn man eine Lösung von sali- cylsaurem Natrium mit der einer aequivalenten Menge von Codein- hydrochlorid in Wasser mischt, oder wenn man eine alkohoKsche Lösung des Codeins mit einer alkoholischen Lösung von Salicylsäure W. Gölilich, Zur Kenntnis des Codeins. 243 genau neutralisiert. Der amorphe Niederschlag, welcher nach dem ersten Verfahren gebildet wird, mufs mit Wasser gut ausgewaschen werden. Die alkoholische Lösung, welche nach der zweiten Methode erhalten wird, ist dagegen zui- Trockne zu verdunsten. Die Handelsware, welche mü- als salicylsaures Codein vorlag, stellte ein gelblich-weifses, amorphes Pulver dar, welches sich leicht in Alkohol und Äther, nicht in Ligroin löste. Es enthielt kein Krystallwasser. 1,0130 g des lufttrockenen Salzes erlitten, bei lOOO bis zum kon stauten Gewicht getrocknet, nur einen Verlust von 0,0024 g, ohne dafs sonst eine Veränderung der Substanz eintrat. Diefer Verlust an Wasser würde nur 0,23 Proz, entsprechen, wogegen die Formel 3,95 Proz. HgO erfordert. I. 0,1518 g des bei 100 o bis zum konstanten Gewicht getrockneten Salzes lieferten, im Schnabelrohr verbrannt, 0,3821 g CO2 und 0,0882 g HgO. II. 0,2210 g der bei 100° bis zum konstanten Gewicht getrockneten Substanz, in gleicher Weise verbrannt, lieferten 0,5529 g CO2 xmd 0,1296 g HgO. Gefunden Berechnet für I II Ci8HoiN03,C7H6 03 C. 68.64 Proz. 68,23 Proz. 68,65 Proz. H. 6,46 „ 6,51 „ 6,17 „ Die Zusammensetzung des Codeinsalicylates findet demnach in der Eormel G^^ H21 NOg, C7 Hg O3 ihren Ausdruck. Codein-Goldchlorid: (Ci» Hgi N03,HC1) Au CI3. Da das Grolddoppelsalz des Codeins bis jetzt in der Litteratur noch von keinem Autor beschrieben wurde, unternahm ich die Dar- stellung und Untersuchung dieser Verbindung. Zur Darstellung desselben setzte ich zu einer Lösung von Codein in salz säurehaltigem Wasser einen geringen Über schuf s von Goldchlorid- Chlorwasserstoff. Es entstand hierdurch sofort ein gelber, flockiger Niederschlag, der völlig amorph erschien und auch nach längerem Stehen keine Neigung zur Krystallisation zeigte. Dieser Niederschlag wurde alsdann ab- gesaugt, mit möglichst wenig destilliertem Wasser ausgewaschen und .zwischen Fliefspapier getrocknet. Er bildete nach dem Trocknen «in gesättigtgelbes Pulver. Ich versuchte dieses Golddoppelsalz zu krystallisieren, und zwar 16* 24-i AV. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. zunäclist aus stark salzsäurehaltigem Wasser, und hierauf aus salz- säurehaltigem Alkohol. Indessen führten beide Wege nicht zum Ziele. Wohl löste sich das Doppelsalz in den beiden angewendeten Flüssigkeiten auf. doch färbten sieh diese Lösungen schon beim Kochen dunkler. Nach längerem Stehen schieden sich daher nur amorphe, gelbbraun gefärbte Niederschläge aus. Zur Analyse wurde daher das direkt ausgefallene, amorphe, nur wenig ausgewaschene Produkt in vollkommen lufttrockenem Zu- stande verwendet. Dieses Golddoppelsalz enthielt kein EjystaUwasser, 0,5598 g desselben verloren, zuerst über Schwefelsäure, dann bei 1000 vorsichtig bis zum konstanten Gewicht getrocknet, nur 0,0022 g Wasser = 0,37 Proz. Die Formel (Cjs H^i NO3 HCl; Au CI3 -f H.vO for- dert dagegen 2,74 Proz. Wasser. Zur Goldbestimmuug wurde die bei lOOt' bis zum konstanten Ge- wicht gebrachte Substanz verwendet. I. 0,3732 g derselben hinterliefsen nach vorsichtigem Glühen 0,1148 g Gold. 11. 0,1206 g Golddoppelsalz hinterliefsen 0,0372 g Gold. Gefunden Berechnet für I n Cjg Hol NO3, HCl, AUCI3 Au 30,77 Proz. 30,84 Proz. 30,76 Proz. Nach diesen Befunden würde dem Goldsalz des Codeins die Formel (Cj8 Hol ^'Os' SCI), Au CI3 zuzuerteilen sein. Codein-Platinchlorid: (C18 Hai NO3, HC1)2 Pt CI4 ^ 4 HoO. (C18 H21 NO3, HC1)2 Pt CI4 + 6H2O. Wird Platinchloridchlorwasserstoff zu einer nicht zu verdünnten Lösung von Codein in verdünnter Salzsäure zugesetzt, so entsteht ein pulverförmiger, blafsgelblicher Niederschlag. Dieser anfangs amor^ihe, sich sofort ausscheidende Niederschlag wird, wie Anderson^) schon beobachtete, nach dem Absaugen und Auswaschen mit mög- lichst wenig Wasser krystaUinisch, wenn man das Filter, auf welchem sich der Niederschlag befindet, einige Zeit feucht erhält. Es bilden sich hierbei in der That zunächst in dem blafsgelben Niederschlage dunklere Flecken, bis sich dann allmählig die ganze Menge desselben in die krystaUinische Modifikation von orangegelber Farbe verwan- delt. Auch bemerkte Ander son^) schon, dafs die erwähnte Ver- änderung nicht immer vollständig eintritt. J) Anderson, Annalen 77, 354. W. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. 245 Wird eine verdünnte Codeinlösung in Salzsäure mit Platinchlorid- chlorwasserstoff in geringem Überschufs versetzt, so entsteht sofort kein Niederschlag. Nach längerem Stehen scheidet sich jedoch ein Doppel- salz direkt krystallinisch ab, und zwar stellen diese Kry stalle feine, gelbe Nadeln dar, die büschelförmig gruppiert sind. Ein Doppelsalz von demselben Aufseren und der gleichen Zusammensetzung entsteht auch, wenn die, von der amorphen Ausfällung abgesaugte Flüssigkeit freiwillig über Schwefelsäure verdunstet. Diese KrystaUe werden zwar von salzsäurehaltigem Wasser beim Kochen gelöst, indessen färbt sich die Lösung, wohl in Folge ein- tretender Zersetzung, alsbald dunkler. Gut ausgebildete Krystalle habe ich daher nicht aus einer solchen, auch nur kurze Zeit im Kochen erhaltenen Lösung erhalten können; meist setzten sich am Boden des l3etrefFenden Grefäfses nur amorphe, dunkelgelb gefärbte Massen ab, in welchen spärliche Mengen von Krystallen eingebettet waren. Ich habe daher die aus verdünnterer, salzsaurer Codeinlösung nach dem letzteren Verfahren gewonnenen Krystalle direkt auf einem Saugfilter gesammelt, sie mit geringen Mengen Wasser abgewaschen und nach dem Trocknen auf ThonteUern und FKefspapier unmittelbar der Analyse unterworfen. I. Analysen des Platindoppelsalzes, welches sich zunächst aus konzentrierter Codeinhydrochloridlösung amorph ausschied iind nach einiger Zeit auf dem feuchten Filter kiystallinisch wurde. 0,5992 g der zerriebenen, lufttrocknen Krystalle verloren nach circa 14-tägigem Trocknen bei 100° 0,0600 g Wasser. Gefunden Berechnet für I (Ci8H2iN03,HCl)2PtCl4 -f 6 H2O H2O 10,01 Proz. ' 9,68 Proz. I. 0,2696 g der bei 100^ getrockneten Substanz hinterlielsen nach vorsichtigem Glühen 0,05195 g Platin. II. 0,2482 g der bei 100^ getrockneten Doppel Verbindung lieferten 0,0476 g Platin. Gefunden Berechnet für I II (Ci8H2iN03,HCl)2PtCl4 Pt 19.27 Proz. 19.10 Proz. "l9,30 Proz. II. Analysen des direkt aus verdünnter Lösung krystallinisch gewonnenen Doppelsalzes (I) und desjenigen, welches aus der vom amorphen Niederschlage abgesaugten Flüssigkeit nach längerem^ Stehen über konzentrierter Schwefelsäure auskrystallisierte (IE). 246 W. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. I. 0,5030 g des Doppelsalzes verloren, bei lOQO bis zum konstanten Gewicht getrocknet, 0,0327 g Wasser. II. 0,4156 g Doppelsalz verloren, bei 100*^ getrocknet, 0,0250 g Wasser. Gefunden Berechnet für I II (Ci8HoiN03,HCl).2PtCl4 + 4HoO H2O 6,50 Proz. 6,01 Proz. 6,69 Proz. I. 0,4703 g des bei 100 getrockneten Platinsalzes hinterliefsen nach vorsichtigem Glühen 0,0911 g Platin. II. 0,3906g des bei 100 getrockneten Doppelsalzes hinterliefsen nach dem Glühen 0,0758 g Platin. Gefunden Berechnet für I II (Ci8H2iN03,HCl)2PtCl4 Pt 19,36 Proz. 19,34 Proz. 19,30 Proz. Nach Anderson (1. c.) soll das Codeinplatinchlorid nach dem Trocknen bei 100 ^ noch ein Molekül Wasser zurückhalten. Ich habe mich jedoch hiervon nicht überzeugen können; vielmehr gelang es mir, wie aus obigen Daten hervorgeht, dem Doppelsalze die 6, resp. 4 Moleküle Krystallwasser vollständig zu entziehen, allerdings nur bei entsprechend langem Trocknen bei 100 — 104°. Auffallend ist der verschiedene Krystallwassergehalt des Doppel- salzes, je nachdem es aus konzentrierter Löfung direkt abgeschieden, oder aus verdünnten Lösungen durch Verdunstenlassen über Schwefel- säure in Krystallen gewonnen wird. Codeinhydrochlorid - Quecksilberchlorid: (Ci8HoiN03,HCl)oHgCl2 + H2O. Bereits Anderson ^) macht auf eine Doppelverbindung aufmerk- sam, welche das Codein in salzsaurer Lösung mit Quecksilberchlorid giebt, jedoch teilt er eine .Darstellungsmethode dieses Präparates, oder sonstige Daten über die Zusammensetzung desselben, nicht mit. Man erhält diese Doppelverbindung, wenn man Codein in ver- dünnter Salzsäure löst, und die filtrierte Lösung mit einer Queck- süberchloridlösung von entsprechendem Gehalte ausfällt. Es ent- steht hierdurch ein weifser, feinverteilter Niederschlag, welcher nach dem Absaugen sich leicht in kochendem Wasser oder wässrigem Alkohol autlöst. Aus der wässrigen, nicht zu verdünnten Lösung schieden sich alsdann beim Erkalten rein weifse Krystallnadeln aus, 1) Anderson. Annaleu. 77, 356. W. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. 247 welche eine sternförmige Gruppierung zeigten. Diese Krystallnadeln wurden zwischen Fliefspapier geprefst, und von einem Teil derselben nach dem Zerreiben der Wassergehalt dui'ch Trocknen bei 100^ bestimmt. Sie färbten sich bei dieser Temperatur nur ganz schwach grau, ohne irgend eine tiefer greifende Zersetzung zu erleiden. I. 0,5126 g des Doppelsalzes verloren bei lOOO 0,0098 g Wasser. Gefunden Berechnet für I (CisHgiNOg , HCl)2HgClo + HoO. HoO 1,91 Proz. 1,88 Proz. I. 0,5126 g der lufttrocknen Substanz lieferten 0,1228 g HgS, und aus dem von Schwefelwasserstoff befreiten Filtrate 0,3073 g AgCl. II. 0.2940 g lufttrockner Substanz lieferten in gleicher Weise be- handelt 0,0702 g HgS, und aus dem Filtrate 0,1768 g AgCl. Gefunden Berechnet für I II (Ci8H2iN03,HCl)2HgCl2 + HgO Hg 20,69 Proz. 20,57 Proz. 20,83 Proz. Cl 14,83 „ 14,86 „ 14,76 „ Es ist demnach dieses Doppelsalz, als eine Vereinigung eines Moleküles Quecksilberchlorid mit zwei Molekülen Codeinhydrochlorid und einem Molekül Krystallwasser anzusprechen. Verhalten des Codeins gegen Äthylenchlorid und Athylenbromid. Eine Anzahl von Alkaloiden ist im Stande sich mit den Chloriden und Bromiden der Alkylene bei geeigneter Einwirkung, zu chemi- schen Verbindungen, und zwar zu Additionsprodukten, zu vereinigen. Es schien deshalb von Interesse, zu untersuchen, wie sich wohl das Codein zu den genannten Agentien verhält. Codein und Äthylenchlorid. Fein zerriebenes Codein wurde mit überschüssigem Äthylenchlorid in einer DrucJjflasche drei Stunden lang im Wasserbade erhitzt. Das Codein löste sich hierbei zunächst in dem Aethylenchlorid auf und, als nach dreistündigem Einwirken das überschüssige Äthy- lenchlorid verdampft wurde, gestand der Inhalt der Flasche zu einem weifsgelben KrystaUbrei. Die Krystalle lösten sich leicht in starkem Alkohol. Zur Reinigung wurden sie mehrfach aus verdünntem Alkohol umkrystallisiert. Sie bildeten dann feine, weifse, blättrige Nadeln,. 248 W. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. die ihrem Aufseren nach vöHig den Krystallen unveränderten Codeins glichen, welche durch UmkiystaUisieren desselben aus verdünntem Alkohol erhalten werden. Zur Identifizierung des fraglichen Körpers mit Codein wurde zunächst der Schmelzpunkt der feinzerriebenen und bei 100^ bis zum konstanten Gewicht getrockneten Substanz bestimmt. Der Schmelz- punkt lag bei 154 — 155*^, bei welcher Temperatur, wie obenerwähnt, auch das wasserfreie Codein schmilzt. Zur Wasserbestimmung wurden 0,3951 g des Körpers zuerst über Schwefelsäure, dann bei 100° bis zum konstanten Gewicht getrocknet, sie verloren 0,0222 an Gewicht. Gefunden Hg O = 5,62 Proz. Berechnet für: Ci8 H21 NO3, HgO ; Hg O = 5,68 Proz. Zur Elementaranalyse wurde die bei 100^ getrocknete Substanz im Schnabelrohre verbrannt. I. 0,1515 g des Körpers lieferten dabei 0,4008 g CO2 und 0.0983 g H2O. II. 0,2012 g der Substanz lieferten 0,5331 g COo und 0,1297 g HoO. Demnach wäre Gefunden: Berechnet für: I. II. C18 H.31 NO3 C. 72,14 Proz. 72,26 Proz. 72,24 Proz. H. 7,19 „ 7,15 „ 7,02 „ Aus diesem Befunde dürfte wohl hervorgehen, dafs sich das Codein unter obigenVersuchsbedingungen nicht mit dem Athylenchljorid zu einem Additionsprodukt vereinigt. Wesentlich anders gestaltete sich der Versuch mit Athylenbromid. Codein und Athylenbromid. Auch hier wurde fein zerriebenes Codein mit überschüssigem Athylenbromid in einer Druckflasche circa 3 Stunden lang im Dampf- bade erhitzt. Das Einwirkungsprodukt sah hier mehr bräunlich ge- färbt aus und stellte eine ziemlich dickflüssige Masse dar. Nachdem der Überschufs des Äthylenbromids durch Erwärmen verjagt war, löste sich die restierende, zähe Masse nur schwer in absolutem Al- kohol. Die schlielslich erzielte, alkoholische Lösung wurde alsdann, da sich bei freiwilligem Verdunsten Krystalle nicht abschieden, in einem gut schliefsenden Gefäfse mit Äther geschichtet. Auch hier war die Ausscheidung von Krj^stallen nur eine minimale, jedoch W. Göhlicli, Zur Kenntnis des Codeins. 249 konnten dieselben nicht aus Codein bestehen, da sie sich in Wasser ziemlich leicht autlösten. Von der alkoholisch-ätherischen Lösung wurde daher auf dem Dampt'bade der Äther und der Alkohol abdestilliert, der Rückstand in Wasser gelöst und das Einwirkungsprodukt, behufs Überführung in ein Chlorid, längere Zeit im Dampfbade mit überschüssigem Chlor- silber behandelt. Die von dem Brom- und unverändert gebliebenen Chlorsilber abfiltrierte Lösung wui-de hierauf eingedampft und mit einem geringen Überschufs von Platinchloridchlorwasserstoflf versetzt, um auf diese Weise das Platin doppelsalz der neuen Verbindung zu erhalten. Letzteres schied sich als ein gelbweifser, amorpher Nieder- schlag aus, welcher auch nach mehrtägigem Stehen nicht krystalli- niscli wurde. Zwischen Flielspapier getrocknet, stellte er ein gelb- lich-weifses, amorphes Pulver dar, welches unmittelbar zu den ana- lytischen Bestimmmungen verwendet wurde. Es ergaben: I. 0,1218 g lufttrockne Substanz 0,0200 g Platin. II. 0,1924 g luftrockene Substanz beim Trocknen bei 100 o 0,0194 g HoO. in. 0,1730 g der bei 100^ getrockneten Substanz nach dem Glühen 0,0326 g Platin. Berechnet für: (Ci8 H21 N03)2 (Ca H4) Pt Clß + 7 Ho 0. 10,66 Proz. 16,46 Proz. Berechnet für: (Ci8HoiN03)2(C.2H,)PtCl6 18,61 Proz. Aus diesen Zahlen scheint hervorzugehen, dafs das Codein mit dem Äthylenbromid in der That eine Verbindung eingeht , und zwar scheint auf zwei Moleküle Codein ein Molekül Äthylenbromid ad- dierend eingewirkt zu haben. Die Bromatome dieses Additionspro- duktes w^erden durch die Behandlung mit Chlorsilber leicht durch Chlor ersetzt, so dafs auf Zusatz von Platinchlorid direkt obiges Doppelsalz zur Abscheidung gelangt. Die genauere Charakterisierung dieses Einwirkungsproduktes be- halte ich mir für eine spätere Zeit vor. Gefunden: I. IL HoO. — 10,08 Proz, Pt. 16,17 Proz. — Gefunden : III. Pt. 18.84 Proz. 250 W. Gö blich, Zur Kenntnis des Codeins. riilorocodid. Die Litteratur kannte zwei Chlorocodide, deren Formel die gleiche ist: C18H20CINO2; ein amorphes, welches zuerst von Matthiefsen imd Wright^) durch Einwirkimg von Salzsäme auf Codein dar- gestellt wmrde, und ein krystallisiertes, welches v. Grerichten^) durch Einwirkung von Phosphorpentachlorid auf Codein erhielt. Obwohl die Zusammensetzung beider Körper die gleiche ist, glaubt von Gerichten dieselben nur als isomer und nicht als identisch an- sprechen zu dürfen, da sein Chlorocodid kiystallinisch, das von Matthiefsen und Wright dagegen nur amorph dargestellt wurde. Theoretisch ist es unwahrscheinlich , dafs unter obigen Be- dingungen zwei Chlorocodide gebildet werden, die nicht identisch, sondern nur isomer sind, da wohl anzunehmen ist, dafs in beiden Fällen nur das alkoholische Hydi'oxyl des Codeins durch ein Atom Chlor ersetzt wird. Ich habe mich daher bemüht den Beweis zu erbringen, dafs in der That diese beiden Körper nicht isomer, wie V. Gerichten meint, sondern identisch sind. I. Chlorocodid nach v. Gerichten. Von Gerichten^) erhielt die Verbindung C18H20CIXO0 in der Weise, dafs er auf bei 120° getrocknetes Codein überschüssiges Phosphorpentachlorid einwirken liefs, welches zuvor mit der fünf- fachen Gemchtsmenge Phosphoroxj^chlorid übergössen war. Der Kolben, in welchem die Reaktion zur Ausführung gelangte, wui'de während derselben gut abgekühlt. Unter diesen Bedingungen gelang es auch, die letzten Anteile des Codeins in Lösung zu bringen. Bei der Darstellung des von Gerichten 'sehen Chlorocodid's verfuhr ich in etwas anderer Weise als dieser Forscher. Zunächst erschien es mir nicht zweckmäfsig, das Codein, welches bei vorsich- tigem Trocknen schon bei 100*^ seinen Gesamtgehalt an Krystall- wasser verliert, noch bei 1200 zu trocknen, umsomehi", als das mir zur Verfügung stehende, aus Morphin künstlich dargestellte Präparat schon bei lOOO C. eine geringe Braunfärbung erlitt. Eine Probe desselben Präparates, die ich bei 120° zu trocknen versuchte, färbte 1) Matthiefsen und "Wright, Anualen Suppl. 7, 371. ~) V. Gerichten, Annalen, 210, 107. 2) V. Gerichten. Annalen 210, 107. ,W. Göhlich, Zar Kenntnis des Codeins. 251 sich sogar dunkelbraun, so dafs ich von dem Trocknen bei dieser Temperatur Abstand nahm, umsomehr. als ich von dem bei 100° getrockneten Codein glatter zu demselben Körper gelangte, als V. Gerichten von dem bei 120^ getrockneten Codein. Meine Dar- stellungsmethode des Chlorocodids war die folgende: In einen weithalsigen. trocknen Erlenmeyer "sehen Kolben wurden 10 g PhosphorjDentachlorid und ca. 50 ccm Chloroform gc" bracht, imd ersteres durch Umschüttehi so \-iel als möglich gelöst. SoUte sich nicht alles Phosphorpentachlorid lösen, so ist dies ohne Einilufs auf den Verlauf der Reaktion. In diese Lösung wru^den dann 10 g fein zerriebenen, bei 100° getrockneten Codeins eingetra- gen, und zwar ganz allmählig und unter guter Abkühlung. Das Codein löste sich unter diesen Bedingungen ohne Schwierigkeit in der Chlo- roformlösung auf und führte gleichzeitig, unter knisterndem Geräusch, das etwa noch ungelöst gebliebene Phosphorpentachlorid in Lösiing. Zur Vollendung der Reaktion wurde dann der Kolben mit seinem Inhalte ca. 24 Stunden in der Kälte stehen gelassen. Hierauf wurde die klare, nur schwach bräunlich gefärbte Lösung in viel Wasser gegossen, wobei sich anfänglich ein weifser. harziger Xiederschlag ausschied, welcher jedoch durch die in der wässerigen Lösung be- findliche, aus dem Phosphorpentachlorid gebildete Salz- und Phos- phorsäure aümähHg wieder gelöst wurde. Das sich am Boden des CTefäTses ansammelnde Chloroform zeigt eine braune Färbung. Fil- triert man nun die von dem Chloroform getrennte, überstehende, wässerige Flüssigkeit, so erhält man eine klare, gelbhchbraune Lösung, welche mit Ammoniak in geringem Überschüsse versetzt, einen rein weifsen Xiederschlag liefert, der sich beim Unu^üliren der Flüssig- keit zu einem harzartigen Klumpen zusammenballt. Dieser Harz- klumpen stellt schon ziemlich reines Chlorocodid dar : er wurde daher zunächst zwischen Fliefspapier geprefst und dann über Schwefel- säure getrocknet. Von der braunen Chloroformlösung w^u'de das Chloroform im Wasserbade abdestilliert, der hierbei verbleibende dunkle, harzartige Rückstand hierauf in salzsäurehaltigem Wasser gelöst und die filtrierte Lösung dann ebenfalls mit Ammoniak in kleinem Ueberschusse ge- fällt. Auch hier schied sich ein harzartiger Körper aus, der aller- dings nicht so weifs gefärbt war, wie der zuerst gefällte. 252 W. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. Die auf diese Weise gewonnenen, getrockneten Massen wurden hierauf zu einem feinen Pulver zerrieben und, behufs weiterer Rei- nigung, in siedendem Ligroin gelöst. Die Lösung des Rohchloroco- did's ertolgte hierbei zwar nur langsam, jedoch trat kaum eine Fär- bung des Ligroin ein. Nach dem Erkaltenlassen im Dampfbade schieden sich daher direkt Drusen von fast rein weifsen, blättrigen Krystallen aus, die sich leicht in Äther, Alkohol und auch in Benzol, schwierig dagegen in Ligroin und fast gar nicht in Wasser lösten. Zum Umkrystallisieren des Rohchlorocodids kann ich daher das Ligroin als das geeignetste Lösungsmittel empfehlen. Der Schmelzpunkt der mehrfach aus Ligroin umkrystallisierten, zerriebenen und bei iOQO getrockneten KrystaUe lag bei 1480, bei derselben Temperatui-, die bereits v. Gerichten (1. c.) als Schmelz- punkt der Verbindung angiebt. Die reine Verbindung schmilzt dann zu einer braunroten Flüssigkeit, nachdem sie bei etwa 140*^ schon zu erweichen und zusammenzusintern beginnt. Die wässerigen Lösungen der Salze der Base werden durch kohlensaure, doppelt kohlensaure, sowie durch kaustische Alkalien gefällt. Das Phosphorpentachlorid hatte somit auch unter obigen Be- dingungen in der Weise auf das Codein eingewirkt, dafs ein Atom Chlor an Stelle einer OH -Gruppe im Codein getreten war: C18H21NO3 + PCI5 = CigHooClNOo + POCI3 + HCl. Das Chlorocodid enthielt kein Krystallwasser. 0,82.31 g der zerriebenen Krystalle erlitten bei 100° getrocknet kei- nen Gewichtsverlust. Zwei im Bleichromatrohr ausgeführte Verbrennungen des bei 100° getrockneten Körpers führten zu folgenden Resultaten: I. 0,2010 g lieferten 0.4998 g COo und 0,1172 g HoO. II. 0,1654 g lieferten 0,4108 g CO.^ und 0,0979 g HoO. III. 0,1285 g der zerriebenen Substanz wurden zur Chlorbestimmung nach dem Verfahren von Ca ri US behandelt: sie lieferten 0.0596g Chlorsilber. Gefunden Berechnet für V. Gerichten I. II. III. CigK^ClNOa fand : C 67,81 Proz. 67,73 Proz. - — Proz. 68,00 Proz. C 67,80 Proz. H 6,47 „ 6,58 „ » 6,30 „ H 6,50 „ Gl — „ » 11,45 „ 11,20 „ Cl 11,20 „ W. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. 253 V. Gerichten stellte aus diesem Chlorocodid noch das Platin- salz dar, dem er nach dem Befunde der Platinbestimmung die Formel (CigHooClNOg.HCOaPtCU zuerteilt. Ich habe zur Bestätigung der Formel des Chlorocodids das Gold- doppelsalz in der Weise dargestellt, dafs ich die salzsaure, nicht zu verdünnte Lösung der Base mit einem geringen Überschufs von Gold- chloridchlorwasserstoff versetzte. Es schied sich hierdurch sofort die gewünschte Doppelverbindung in Gestalt eines gelben, flockigen Niederschlages aus, der auch nach eintägigem Stehen völlig amorph blieb. Der Niederschlag wurde daher abgesaugt und mit nur wenig destilliertem Wasser ausgewaschen. Das Golddoppelsalz des Chlorocodid's ist, ebenso wie das von V. Gerichten beschriebene Platindoppelsalz, leicht zersetzlich. Beim Auflösen eiaes Theüs des Niederschlages in heifsem, mit Salzsäure stark angesäuertem Wasser schied sich daher nur ein harzartiger, rotbrauner Klumpen aus, der sich nicht wieder auflöste. Ebensowenig war eine vollständige Lösung des Goldsalzes in mit Salzsäure stark angesäuertem Alkohol zu erzielen. Die wässerige und die alkoho- lische Lösung wurden von dem nicht Gelösten abfiltriert und über Schwefelsäure dem freiwilligen Verdunsten überlassen, um vielleicht so eine Krystallisation zu erzielen. Indessen trockneten beide Lö- sungen nur zu amorphen, harzartigen Massen allmählich ein. Ich habe deshalb nur das direkt gefällte, amorphe, nach dem Trocknen zwischen Flielspapier hellgelb aussehende Golddoppelsalz analysiert. Es schmilzt dasselbe unter Braunfärbung und Zersetzung bei 171 bis 172°. Krystallwasser enthält es nicht. 0,5247 g verloren, lange Zeit, bei 100° getrocknet, nur 0,0019 g Wasser. Eine Veränderung erlitt das Goldsalz durch das Trocknen nicht. I. 0,2666 g der trocknen Verbindung hinterliefsen nach dem Glühen 0,0796 g Gold. Gefunden Berechnet für I. (Ci8H2oClN02HCl)AuCl3 Au 29,85 Proz. 29,87 Proz. Somit findet die Zusammensetzung des Chlorocodid-Goldchlorids in der Formel (CigHaoNOQ.HCljAuClg ihren Ausdruck. Da in dem Codein mit verhältnismäfsiger Leichtigkeit durch Behandlung mit Phosphorpentachlorid eine Hydroxylgruppe durch ein 254 W. Göhlicli, Zur Kenntnis des Codeins. Chloratom ersetzt werden kann, so schien es nicht uninteressant zu sein, zu untersuchen, ob sich das eingetretene Chloratom auch wieder eliminieren läfst, bezüglich, ob es gelingt, zu direkten Abkömmlingen dieses Körpers oder auch zum Codein selbst zurückzugelangen. Es stellte sich jedoch bei diesen Versuchen heraus, dafs das Chloratom sehr fest gebunden ist. Weder durch Einwirkung von Zinn und Salzsäure, noch von Natrium in alkoholischer Lösung gelang es, das Chloratom des Chlorocodids zu eliminieren und durch Wasserstoff zu ersetzen. Auch durch Behandlung mit feuchtem Silberoxyd, sowie mit Silbernitrat in alkoholischer Lösung gelang es nicht, zu chlorfreien Produkten zu gelangen. Beim Kochen mit Sübernitrat in wässeriger, salpetersaurer Lösung trat zwar aUmählig eine Abscheidung von Chlorsilber ein, jedoch färbte sich die Lösung gelb, anscheinend infolge der Bildung einer Nitroverbindung. Alko- holisches Ammoniak (bei 100^ im geschlossenen Rohre) und alko- holische Kalilauge (beim Sieden) wirkten nicht in der erwarteten Weise auf das Chlorocodid ein. Anders gestaltete sich dagegen der Prozefs, als Chlorocodid mit alkoholischer Kalilauge unter Druck erhitzt wurde. 2 g Chlorocodid wurden zu diesem Zwecke fein zerrieben, in wenig absolutem Alkohol gelöst, diese Lösung mit einer Auflösung von 2 g Atzkali in ca. 10 cc. absolutem Alkohol in ein Kaliglasrohi' eingeschmolzen und diese Mischung alsdann drei Stunden lang auf 120 — 1300 erhitzt. Der Inhalt des Rohres sah nach dem Ei-kalten dunkelrot gefärbt aus, ferner hatte sich an den Wänden des Rohres eine geringe Menge eines krystallinischen Salzes (Chlorkalium) an- gesetzt. Zur Isolierung des Reaktionsproduktes wvirde hierauf die Füssigkeit eingedampft und der verbleibende Rückstand nach dem Erkalten mit Chloroform ausgezogen. Beim Verdunsten des Chloro- forms blieb ein brauner, harzartiger Körper ziu'ück, der, behufs weiterer Reinigung mit absolutem Alkohol und dann noch mit Äther behandelt wurde. Indessen erschienen diese Lösungen noch immer intensiv dunkelbrauif gefärbt und zur Aveiteren Untersuchung wenig geeignet. Sie wurden daher wieder verdampft und ein anderer Weg zur Reinigung des fraglichen Körpers eingeschlagen. Der nach dem Verdampfen gebliebene Rückstand wurde mit Salzsäure auf- genommen, die Lösung filtriert und mit Platinchlorid im Überschufg "W, Göhlicli, Zur Kenntnis des Codeins. 255 versetzt. Es fiel hierdurch ein Niederschlag von beinahe grauer Farbe aus. Derselbe wurde alsdann abgesaugt, in schwach salz- säurehaltigem Wasser suspendiert und mit Schwefelwasserstoff zerlegt. Obschon die wässrige Lösung des auf diese Weise gewonnenen Hydrochlorids nur noch eine geringe Färbung zeigte, gelang es doch nicht, aus derselben eine krystallisierbare Verbindung zu isoliei'en. Ich stellte daher aus derselben, nach Entfernen des Schwefel- wasserstoffs durch Kohlensäure, von Neuem ein Platindoppel- salz dar. Da letzteres einen durchaus einheitlichen Charakter zeigte und eine rein gelbbraune Farbe besafs, wurde dasselbe nach dem Absaugen, Auswaschen und Trocknen direkt zur Analyse ver- wendet. Das erhaltene Doppelsalz mufste das Platinsalz des Apocodeins sein, wenn die alkoholische Kalilauge in dem gewünschten Sinne auf das Chlorocodid eingewirkt hatte. Das Apocodein selbst entsteht am einfachsten durch Einwirkung von Zinkchlorid auf salzsaures Codein bei 180'^ und dürfte auch wohl nach dieser Methode das Apocodein des Handels dargestellt sein. Letzteres stellt eine braune, harzartige, amorphe Masse dar, welche sich in verdünnter Salzsäure mit etwas grünlicher Farbe löst. Zum Vergleich stellte ich aus käuflichem Apocodein gleichfalls das Platindoppelsalz dar. Die Farbe desselben war nach dem Trock- nen die gleiche, wie die, welche das aus Chlorocodid dargestellte Platindoppelsalz besafs, ebenso die sonstige Beschaffenheit. Die Schmelzpunkte konnten bei beiden Verbindungen nicht bestimmt werden, da bei ca. 200 ^ völlige Zersetzung unter Schwarz färbung eintrat, ohne dafs vorher ein Schmelzen zu erkennen war. Die Resultate der Wasserbestimmungen beider Doppelsalze deuten auf 4 Moleküle Krystallwasser hin. I. 0,5118 g des Doppelsalzes aus käuflichem Apocodein dargestellt, verloren 0,0350 g Wasser. II. 0,5261 desselben üoppelsalzes verloren 0,0348 g Wasser. III. 0,8896 g des von mir aus Chlorocodid dargestellten Doppelsalzes verloren 0,066 g Wasser. Gefunden Berechnet für I II III (Cj8Hi9N02,HCl)oPtCl4 + 4H2O HoO 6,83 Proz. 6,61 Proz. 7,41 Proz. 6,89 Proz. 256 W. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. Der Wassergehalt des aus Chlorocodicl gewonnenen Doppelsalzes ist somit sowohl gegen den, welchen die Formel verlangt, als auch gegen den der aus den Handelspräparaten dargestellten Doppelsalze etwas zu hoch. Indessen dürfte das bei der amorphen Beschaffenheit dieses Platinsalzes nicht zu sehr ins Gewicht fallen. Die Platinbestimmungen ergaben folgende Zahlen. I. 0,2868 g des bei 100° getrockneten Platindoppelsalzes aus kävif- lichem Apocodein lieferte 0,0576 g Platin. II. 0,2950 g desselben Doppelsalzes anderer Darstellung lieferte 0,0600 g Platin. III. 0,2546 g des Platindoppelsalzes aus Chloropodid lieferten 0,0508 g Platin. IV. 0,2736 g derselben Substanz einer anderen Darstellung lieferten 0,0552 g Platin. V~. 0,2656 g der gleichen Substanz lieterten 0,0532 g Platin. Gefunden I II III IV V Pt 20,08 Proz. 20,33 Proz. 19,95 Proz. 20,17 Proz. 20,03 Proz. Berechnet für (Ci8HigNOo,HCl)oPtCl4 Pt 20",02 Proz. Bei der Ausführung der Elementaranal3'sen der beiden Doppelsalze wollte es mir zunächst nicht gelingen, durch Verbrennen der Substanz im Schiffchen, selbst nicht im Sauerstoffstrome, zu befriedigenden Re- sultaten zu gelangen. Während der Wasserstoff bei diesen Verbrennun- gen im offenen Rohre meist gut stimmte, fiel der Kohlenstoffgehalt stets zu niedrig (bis zu 2 Proz.) aus. Auch ein Bestreuen der Substanz im Schiffchen mit Kaliumdichromat erwies sich ohne Erfolg. Ich ver- brannte daher die Substanz teils im Liebig'schen Schnabelzrohr, teils im offenen Bleichromatrohr, nachdem dieselbe zuvor mit viel, feingepulver- tem, frisch ausgeglühten Kupferoxyd gemischt war. Ferner wurde die Verbrennung stets vom Beginne an direkt im Sauerstoffstrome aus- geführt und letzterer so lange durchgeleitet, bis die Oxydation der vorgelegten reduzierten Kupferspirale deutlich wahrzunehmen war. I. 0,2402 g des aus dem Handelspräparat dargestellten und zuvor bei 1000 getrockneten Doppelsalzes lieferten im Liebig'schen Schnabelrohr mit Bleichromat verbrannt: 0,3902 g COg und 0,0947 g HgO. IL 0,2077 g derselben Substanz im offenen Bleichromatrohr ver- brannt, ergaben: 0,3389 g COo und 0,0855 g HoO. Gefunden Berechnet für I II (CisHigNOg.HCllaPtCl^ C 44,20 Proz. 44,50 Proz. 44,46 Proz. H 4,37 „ 4,57 „ 4,11 „ W. Göhlich, Zur Kenntniu des Codeins. 257 Das Apocodeinplatinchlorid. welches ich aus dem Chlorocodid durch iie Einwirkung alkoholischer Kalilauge erhalten hatte, lieferte im offenen Bleichroraatrohr verbrannt, folgende Zahlen : I. 0,2341 g der bei 10)° getrockneten Substanz lieferten 0,3791 g CO2 und 0,0936 g HoO. 11. 0.2168 g derselben Substanz lieferten 0,3528 g COg und 0,0874 g H.jO. Gefanden Berechnet für I II (Ci8Hi9N02,HCl)2PtCl4 C 44,17 Proz. 44,35 Proz. 44,46 Proz. H 4.44 . 4,47 „ 4,11 „ Diese Analyseuresultate beweisen, dafs bei der Einwirkung dei- alkoholischen Kalilauge auf Chlorocodid unter obigen Bedingiingen in der That Apocodein im Sinne der Gleichung CigHgoClNO. + KOH = KCl + HoO + CigHigNO., Chlorocodid Apocodein gebildet worden ist. n. Chlorocodid nach Matthiefsen und Wright.^) Um das im Vorstehenden beschriebene v. Gerichten'sch© Chlorocodid mit dem von Matthiefsen und Wright beschriebenen direkt zu vergleichen, die charakteristischen Reaktionen beider Ver- bindungen festzustellen und ihre Identität oder Verschiedenheit zu be- weisen, stellte ich auch diese Verbindung nach den Angaben jener Forscher dar. Es sei mir jedoch gleich an dieser Stelle gestattet, zu bemerken, dals die Darstellung dieses Körpers nach den Angaben von Matthiefsen und Wright nur schwierig eine befrie- digende Ausbeute an reinem Chlorocodid liefert und besonders, wenn es sich darum handelt, das von jenen Autoren nur im amorphen Zu- stande dargestellte Präparat krj'^stallinisch und chemisch rein zu erhalten. Je 10 g Codein wurden fein zerrieben und nach den Angaben Ton Matthiefsen undWright mit circa 120 g Salzsäure von 25 Proz. in einem enghalsigen Erlenmeyer 'sehen Kolben 12 Stunden lang unter Paraffin im Wasserbade erhitzt. Die dunkelbraune Flüssigkeit wurde hierauf durch ein angefeuchtetes Filter filtriert und im Dampfbade zur Trockne gebracht. Die hier restierende, braune, harz- 1) Matthiefsen und Wright. Suppl. 7. 371. Arch. (J. Pharm. CCXXXI. Bds., 4. Hfft. jy 258 W. G oh] ich. Zur Kenntnis des Codeins. artige Masse wurde alsdann zerrieben, in Wasser gelöst und aus dieser Lösung die Base durch einen geringen ÜberschiTfs von Na- t.riumbicarbonat ausgefällt. Es entstand hierdurch eine grauweifse. voluminöse Ausscheidung, die sich nach dem Umrühren flockig zu Boden setzte. Die Ausscheidung, welche ein Gemisch von unreinem Ohlorocodid mit Apomorphin und unverändertem Codeia darstellte, ■wurde zunächst abgesaugt und, zur möglichsten Entfernung des Apo- morphins, mit wenig verdünntem Ammoniak ausgewaschen. Das hier- durch erzielte Filtrat, welches nur Sjuiren von Chlorocodid. dagegen viel unverändertes Codein und. Apomorphin enthielt, wurde bei der lieindarstellung des Chlorocodids niclit weiter berücksichtigt. Der auf dem Filter verbliebene, w eii'sgraue Niederschlag, der sich schon an der Luft dunkelgrau färbte, wurde behufs weiterer Reinigung von neiieni in verdünnter Salzsäure gelöst und diese Lösung mit Natriumbicai'bouat partiell gefällt. Bei dieser partiellen Fällung, die sehr voi-sichtig ausgeführt worden muls, schied sich zuerst ein graugrünlicher Niederschlag ans, der das durch die Einwirkung der Salzsäure gebildete Apocodein, vielleicht auch Apomorphin, enthielt. Derselbe wurde abfiltriert, als kleine Mengen der weiter zugesetzten Natriurabicarbonatlösung eine rein weifse Fällung hervorriefen. Aus dem gelb gefärbten Filtrate wurde schliefslich durch weiteren Zusatz von Natriumbicarbonat das Ohlorocodid als weifser Niederschlag ab- geschieden und durch Absaugen von den Mutterlaugen getrennt. Dieser weifse Niederschlag soll nach Matthiefsen und Wright nahezu reines Ohlorocodid darstellen, eine Ansicht, der ich mich je- doch nicht anschlieisen kann, um so weniger, als sich dieser amorphe Niederschlag schon beim Trocknen an der Luft graugrün färbte, daher jedenfalls Apocodein, Apomorphin oder sonstige Verunreini- gungen noch enthalten mufste. Matthiefsen und Wright reinigten ihr Ohlorocodid in der Weise, dafs sie es, nach dem Trocknen, in Äther auflösten und diese ätherische Lösung dann mit einigen Tropfen Salzsäure schüttelten. Sollte die Lösung des hierdurch erzielten salz- sauren Salzes noch nicht farblos sein , so soll dieselbe von Neuem partiell gefällt und dieses Verfahren damit so oft wiederholt werden, bis schliefslich die Lösung des Hydrochlorids farblos erscheint und nach dem Verdunsten des Lösungsmittels einen farblosen, syrupähn- lichen Rückstand, das chlorvvasserstoffsaure Ohlorocodid, hinterläfst. W. Gülilicli, Zur Kenntnis des Codeins. 259 Ich versuchte zunächst das Chlorocodid nach diesen Angaben zu reinigen, konnte jedoch nach dieser Methode zu einem befriedigenden Resultate nicht gelangen. Die ätherischen Lösungen der Base zeigten sich nach dem Sättigen mit Chlorwasserstoff trotz wiederholter par- tieller Filrbung stets noch gefärbt. Da ferner bei den oft zu wieder- holenden Fällungen mit Natriumbicarbonat stets ein greiser Verlust an Material eintrat, versuchte ich daher die Reinigung des Chloro- codids in anderer Weise. Das durch die partielle Fällung mit Na- triumbicarbonat rein weifs erhaltene Produkt behandelte ich nach sorgfältigem Auswaschen und Trocknen über Schwefelsätire direkt mit heifsem Ligroin, einem Lösungsmittel, welches sich zur Reini- gung des nach dem modifizierten v. Gerichten'schen Verfahren dar- gestellten Chlorocodids gut bewährt hatte. Die Lösung der fein zer- riebenen, nach dem Trocknen grün gefärbten, freien Base in Ligroin erfolgte nur langsam, immerhin blieb hierbei der gröfste Teil des grüngefärbten Körpers beim Filtrieren auf dem Filter zurück. Die Lösung selbst zeigte nur eine blafsrötliche Färbung; dieselbe blieb klar, so lange sie heifs war, nach dem Erkalten trat eine Trübung und nach längerem Stehen die Abscheidung eines amorphen, schwach grünlich gefärbten Niederschlages, welcher fest am Boden des Kolbens haftete, ein. Ich filtrierte daher die fast farblose, überstehende Flüssigkeit davon ab und liefs das Ligroin freiwillig verdunsten. Hierbei schieden sich kleine Krystalle ab, die farblos zu sein schienen, jedoch in einer harzartigen, violett gefilrbten Masse eingebettet waren. Zur Orientierung nahm ich eine geringe Menge dieser Krystalle heraus, wusch sie so gut als möglich mit Äther ab und bestimmte den Schmelzpunkt derselben, nachdem ich sie zuvor zerrieben und und bei 100° getrocknet hatte. Ihr Schmelzpunkt lag bei 133*^, nach- dem sie schon bei 114 — 115*^ zu erweichen begonnen hatten. Die ganze Menge der ausgeschiedenen Krystalle wurde hierauf behufs weiterer Reinigung mit Äther abgespült, alsdann in verdünnter Salzsäure gelöst und diese salzsaure Lösung mit überschüssigem PlatinchloridchlorNvasserstolf gefällt. Das in Flocken ausgeschiedene, schmutzig-graugelb gefärbte Platindoppelsalz wiirde hierauf abge- saugt, ausgewaschen, in Wasser suspendiert und mit Schwefelwasser- stoff zerlegt. Nach dem Filtrieren und Vertreiben des Schwefel- wasserstoffs durch Kohlensäure erschien die Lösung, die jetzt das 260 W. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. salzsaure Salz der gesuchten Base enthielt, fast ungefärbt. Ich fällte daher die Base mit Ammoniak aus, saugte den entstandene» Niederschlag ab, wusch ihn aus, trocknete ihn und löste ihn in Essig- äther auf. Aus dieser Lösung schieden sich teine, farblose Blättchen aus. die allerdings noch immer von geringen Mengen einer harz- artigen %äoletten Masse umgeben waren. Von den farblosesten und reinsten dieser Krystalle bestimmte ich zimächst nach dem Trockne» bei 100" wieder den Schmelzpunkt; derselbe lag schon wesentlich höher, als bisher, nämlich bei 142": das Zusammensintern begann bei 132 — 133". Durch vorsichtiges Abspülen der Krystalle mit ver- dünntem Alkohol erreichte ich endlich die Entfernung der letztem Anteile jener violetten, harzartigen Verunreinigung. Durch noch- maliges Umkrystallisieren aus Ligroin erhielt ich dann auch kleine, farblose Krj'stalle von Chlorocodid, deren Äufseres und deren Schmelz- punkt: 148" genau mit dem Chlorocodid, welches ich nach de» T. Gerichten'schen Verfahren dargestellt hatte, übereinstimmte. Allerdings war die Ausbeute an dieser reinen Substanz eine sehi* geringe. Von je 10 g Codein erhielt ich nicht mehr als 0.4 g der farblosen, reinen Krystalle. In der Annahme, dafs rauchende Salzsäure noch energischer da« Chloratom in den Codeinkern einführen Mäirde, als gewöhnliche 25 proz. Salzsäxrre. stellte ich noch einen Versuch an, indem ich das Codeia unter Paraffin mit rauchender Salzsäure erhitzte. Leider fand ich meine Annahme nicht bestätigt. Die Menge des hierbei gebildeten Apomorphins und anderer harzartiger Produkte war eine so grofse, dafs ich überhaupt Nichts von dem gewünschten krystallisierten Endprodukt erhalten konnte. Ich mufs daher die rauchende Salzsäure als gänzlich imgeeignet für die Darstelluno; des Matthiefsen-Wrighfsche» Chlorocodids bezeichnen. Die geringe Menge der erhaltenen Krystalle von reinem Chloro- codid nach Matthiefsen undWright verwandte ich zu vergleichen- den Reaktionen mit dem v. Gerichten'schen Präparate, sowie zur DarsteUung des Goldsalzes. In ansclüiessender Tabelle sind die vergleichenden Reactionen der beiden Chlorocodide angeführt. W. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. 261 Reagens. V. Gerichten'» Chlorocodid. Schmp. 148<>. Matthiefsen-Wright's Chlorocodid. Schmp. 148*. Schwefelsäure fast farblos fast farblos Salpetersäure gelb gelb Fröhde's Reagens kalt gelblich-grün, erwärmt blau kalt gelblich-grün, erwärmt blau Xrdmanns Reagens gelb-bräunlich, beim Erwärmen rötlich gelb-bräunlich, beim Erwärmen rötlich Tanadinschwefel- säure gelb, b. Erwärmen schön blau- grün gelb, b. Erwärmen schön blau- grün. Aus obiger Tabelle erhellt die vollständige Uebereinstimmung der Reactionen beider Chlorocodide. Grolddoppelsalz des Matthiefsen - Wrigbt'scheu Chlorocodids. Das Golddoppelsalz dieses Chlorocodids erhielt ich leicht in der Weise, dafs ich die Krystalle desselben in wenig Wasser mit Hülfe von Salzsäure in Lösung brachte und dieser Lösung Goldchlorid- chlorwasserstoff in geringem Ueberschufs zufügte. Es entstand sofort ein gelber, flockiger Niederschlag, welcher nach einigem Stehenlassen abgesaugt, mit wenig destilliertem Wasser ausgewaschen und zwischen FHefspapier geprefst wurde. Nach dem Trocknen zeigte diese Doppelsalz eine gesättigt gelbe Farbe, während das Golddoppelsalz des V. Gerichten' sehen Chlorocodids mehr goldgelb aussah ; in- dessen war die Zusammensetzung, wie auch der Schmelzpunkt bei beiden Doppelsalzen der gleiche. Das Golddoppelsalz vomMatthielsen- W^ r i g h t ' sehen Chlorocodid schmolz unter Zersetzung und Braun- farbvmg bei 170 — 17 1°; dasjenige von v. G e r i c h t e n ' schem. Chlorocodid bei 171 — 172*^'. Es enthielt kein KrystaUwasser. 262 W. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. 0,2400 g des erhaltenen Doppelsalzes verloren bei lOQO getrocknet Nichts an Gewicht. Vorsichtig geglüht, lieferte obige Menge, 0,2400 g, 0,072 g Gold. Gefunden Berechnet für (CigHajCl NO., , HCi)Au CI3 Au 30,00 Proz. 29,87 "Proz. Aus diesen Daten geht somit hervor, dafs in jenen bei 148^ schmelzenden KrystaUen thatsächlich eine Verbindung der Formel Cjg H20 Gl NO2 vorlag. Die Uebereinstimmung im Aulseren, in dem Schmelzpunkte, in den Löslichkeitsverhältnissen und in den Reactionen läfst keinen Zweifel, dals das Chlorocodid v n t. Gerichten und vonMatthiefsen undWright nicht isomere, sondern identische Verbindungen seien. Es wird somit in dem Codein sowohl dui'ch Phosphorpentachlorid, als auch durch Salzsäure die alkoholische Hydroxylgruppe dui^ch Chlor ersetzt. Die Identität beider Verbindungen geht ferner aus dem gleichen Verhalten derselben 1. gegen Wasser und 2. gegen Salzsäure hervor. Einwirkung von Wasser auf Chlorocodid nach v. Gerichten im zugeschmolzenen Rohre. Matthiefsen und Wright^) berichten, dafs durch Einwirkung von Wasser auf das chlorwasserstoffsaure Salz ihres Chlorocodids unter Di'uck, an Stelle des Chlors die Hydroxyl-Gruppe wieder ein- geführt wird, dafs somit das Chlorocodid unter diesen Bedingungen wieder in salzsaures Codein im Sinne nachstehender Gleichung übergeht: C18 H.30 Cl NO2. HCl -r HoO = C18 H21 NO3. HCl -f HCl salzs. Chlorocodid saJzs. Codein. Nachdem die vorstehenden Versuche gelehrt haben, dafs das Chlorocodid von v. Gerichten und von Matthiefsen-Wright nicht als isomere, sondern als identische Körper zu betrachten sind, war auch zu erwarten, dafs beide Präparate sich in ihrem Verhalten gegen Agentien als übereinstimmend erweisen würden. Der Versuch 1) Matthielsen und Wright. Anm. Suppl. 7. 371. W. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. 263 bat diese Annahme vollständig bestätigt, indem das Chlorocodid von V. Gerichten, ebenso wie das von Matthiefsen-Wright durch Einwirkung von Wasser in Oodein. durch Einwirkung von Salzsäure in Apomorphin übergeht. Um auf das Chlorocodid von v. Gerichten Wasser einwii'ken zu lassen, verfuhr ich in der gleichen Weise wie Matthiefsen und Wright (1. c), nvir mit dem Unterschiede, dafs ich nicht, wie letz- tere Forscher das chlorwasserstoifsaure Salz, sondern die Base selbst mit Wasser unter Druck in Reaktion versetzte. Zu diesem Zweck wurden 2 g leinst gepulverten, v. Gerichtenschen Chlorocodids mit 15 — 20 cc. Wasser in ein ßohr eingeschmolzen und vier Stunden lang auf 140 — 150^ erhitzt. Nach dieser Operation erschien der In- halt des Rohres als klare, dunkelgelb gefärbte Flüssigkeit; nur ge- ringe Mengen eines harzähnlichen , schwarzen Körpers hafteten fest an den Wandungen des Rohres. Beim Offnen desselben zeigte sich nicht der geringste Druck. Die dunkle Flüssigkeit wurde zur Isolierung des ev. gebildeten Umwandlungsproduktes zunächst filtriert und alsdann mit Natrium- monocarbonat ausgefällt. Es schieden sich hierdinrch nur geringe Mengen einer schmutzig-grauen, harzartigen Masse avis. Die Flüssig- keit selbst blieb dagegen gelb gefärbt. Dieser harzige Niederschlag wurde hierauf behufs weiterer Reinigung in verdünnter Salzsäure gelöst und durch Zusatz von Platinchloridchlorwasserstoff in ein Platinsalz verwandelt. Letzteres wurde alsdann gesammelt, ausge- waschen, in Wasser suspendiert und mit Schwefelwasserstoff zerlegt. Die von dem ausgeschiedenen Schwefelplatin abfiltrierte Lösung wurde hierauf durch Kohlensäure von Schwefelwasserstoff befreit und schliefslich mit Natriumcarbonat alkalisch gemacht. Hierdurch ent- stand jedoch nur ein geringer Niederschlag von weifser Farbe. Der- selbe \\Tirde abgesaugt und mit Wasser ausgewaschen, die alkalische Flüssigkeit dagegen wurde mit Chloroform ausgeschüttelt und diese Auschüttlungen mit derjenigen der ersten alkalischen Lösung ver- einigt. Nach dem Ab destillieren des Chloroforms verblieb ein bräunlich gefärbter, harzartiger Rückstand, der getrocknet, zerrieben und behufs 364 W. Göhlich, Zur Kenntnis des Cocleins. weiterer ßeinigung im Verein mit dem durch Natriumcarbonat er- haltenen Niederschlage, mit Ligroin ausgekocht wurde. Der gröfst« Teil desselben löfste sich in diesem Lösungsmittel auf, so dafs nur eine geringe Menge einer sich harzartig zusammenballenden Masse zurückblieb. Die Lösung selbst war nur schwach gelb gefärbt. Beim freiwilligen Verdunsten derselben schieden sich feine, weifse, blättrige Krystalle aus. deren Schmelzpunkt, nachdem sie zuvor nochmals um« krystallisiert und dann bei 100 ^ getrocknet waren, genau bei der- iselben Temperatur lag, bei welcher das wasserfreie Codein schmilzt, nämlich bei 154 — 1550. Bei einem zweiten Versuche wiirde in der Weise verfahren, dafs das Reaktionsprodukt zunächst direkt durch Behandeln mit Platin- ehloridchlorwasserstoff und Schwefelwasserstoff gereinigt, als Lösungs- mittel der schliefslich gewonnenen freien Base nicht Ligroin, sondern Wasser angewendet wurde. Diese wässrige Lösung wurde zunächst durch Eindampfen konzentriert und alsdann über Schwolelsäure zur Krystallisation bei Seite gestellt. Auch aus dieser Lösung schieden sich kleine, weifse. glänzende, rhombische Kiystalle aus, deren Äufseres vollkommen dem des wasserhaltigen Codeins glich. Nach noch- maligem Umkrystallisieren, Zerreiben und Trocknen l^ei 100« sclunolze* auch sie bei 155*^. Beide Produkte erwiesen sich also nach ihrem Schmelzpunkte, als vollkommen identisch mit Codein. Zur Prüfung, ob etwa die Krystalle noch Chlor enthielten, wurde ein Teil derselben mit trocknem, reinem Natriummonocarbonat geglüht und die salpetersaure Lösung des Glührüclcstandes mit Silbernitrat ver- setzt. Auch nach längerem Stehen trat nicht die geringste Opah- sierung in der Flüssigkeit auf. Der noch vorhandene Rest der Base war leider zu gering, um das Gold- oder Platindoppelsalz derselben darzustellen, oder eine Elementaranalyse auszuführen. Ich stellte daher damit die das Codein charakterisierenden Reaktionen an. Auch hierbei zeigte die Substanz, wie aus nachstehender Tabelle hervor- geht, völlige Übereinstimmung mit Codein. Die bezüglichen Reak- tionen wurden nebeneinander unter gleichen Versuchsbedingungea ausgefülirt.. W. Göhlich. Zur Kenntnis des Codeins. 2(iSi Keagens Codein V. Gerichten'« Chlorodid mit Wasser Schwefelsäure Kalt farblos, bei gelindem Erwärmen blau Kalt farblos, bei gelindem Erwärmen blau Schwefelsäure mit einer Spur Eisenchlorid Beim Erwärmen tiefblau Beim Erwärmen tiefblau Fröhde's Reagens Zuerst gelblich ; dann schön grün; zuletzt blau Zuerst gelblich; dann schön grün; zuletzt blau Vanadin- Schwefelsäure dunkles Gelb: sonst wie bei Fröhde's E. dunkles Gelb; sonst wie bei Fröhde's Reagens. Konz. Schwefel- säure mit Zucker In der Kälte farblos, beim Erwärmen purpurrot In der Kälte farblos, beim Erwärmen pui'purrot. Fabj^'s Reaktion Schön blau Schön blau Die Fabysche Codeim-eaktion wurde in der Weise bei beiden Substanzen ausgeführt, dafs zu je einem Körnchen zwei Tropfen Natriumhypochlontlö.sung und darauf 3 — 4 Tropfen konzentrierter Schwefelsäure auf einem Uhrglase zugesetzt wurden. Aus diesem gleichen Verhalten der beiden Körper gegen die das Codein charakterisierenden Reagentien geht ferner hervor, dafs diese Körper identisch sein müssen. Hieraus ergiebt sich dann weiter, dafs auch da.s v. Gerichten' sehe Chlorocodid, ebenso wie das von Matthi essen und Wright durch Einwirkung von "Wasser unter Druck wieder in Codein übergeht. Einwirkung von rauchender Salzsäure auf v. Gerichten- sches Chlorocodid unter Druck. Matthiesen-Wright^) geben an, dafs es ihnen gelungen sei. 1) Matthiessen- Wright, Ann. Suppl. 7. 370. 266 W. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. das durch Emwirkung von Salzsäure dargestellte Chlorocodid beim Erhitzen mit rauchender Salzsäure unter Druck in Apomorphin zu verwandeln. Um noch weiter die Identität des Matthiessen-Wright'schen Chlorocodids mitdemv.G-erichteus zu beweisen, stellte ich den gleichen Versuchmit dem V.Gerichten, sehen Chlorocodid an. Zu diesem Zwecke wurde ein Gramm letzterer Base fein gepulvert und mit ca. 12 g rauchender Salzsäure in ein schwer schmelzbares Glasrohr eingeschmolzeu und dasselbe 3 Sttmden lang auf 150 "^ erhitzt. Nach dem Erkalten stellte, übereinstimmend mit den Angaben von Matthiessen und Wright der Inhalt des Rohres eine dunkelbraune, ziemlich dicke Müssip-keit dar, auf welcher eine andere, hellere, leichtbewegliche Müssigkeitsschicht schwamm. Letztei-e besteht aus ChlormethyL welches die Salzsäure bei ürer Einwii'kung im Sinne nachstehender Gleichung auf das Chlorocodid abgespalten hat: C^f^HooClNOo = CH3CI -J- Ci7Hi7 2sO,, Chlorocodid Chlormethyl Aponaorphin. Hatte sich auch hiej- die Einwirkung in der angedeuteten Weise vollzogen, so nmfste sich aus der schwarzbraunen Flüssigkeit Apo- morphin isolieren lassen. Dafs bei dieser Einwirkung ebenfalls Chlor- methyl gebildet worden war, ging daraus hervor, dafs sich das Rohr beim Aufschmelzen unter starkem Druck öffnete und demselben ein mit grüner Flamme brermendes Gas entströmte. Der Inhalt des ge- öffneten Rohres wurde hierauf in Wasser gelöst und die Lösung mit Natriumbicarbonat ausgefällt. Der entstehende, flockige Niederschlag sah anfangs weiTslich aus, jedoch tärbte er sich nach dem Absaugen und Trocknen mehr und mehr grün, 1)is er zuletzt dunkelgrün ge- färbt erschien, trotzdem die Luft möglichst davon abgehalten worden war. Die abgesaugte Flüssigkeit wurde alsdann, behufs Gewinnung der darin noch gelösten Base, so lange mit Äther geschüttelt, bis letzterer nicht mehi- gefärbt erschien. Die ätheiische Lösung, die eine an al- kalische Phenolphthaleinlöstmg erinnernde Farbe besal's, Avurde liierauf nach den Angaben von Matthiessen und Wright mit einigen Blasen trockenen Salzsäuregases gesättigt. Die genannten Autoren haben hierbei sich krystallinisch ausscheidendes, in Äther unlösliches Chlorhydrat des Apomorphins erhalten. Mir gelang dies unmittelbar nicht, vielmehr trat nach eintägigem Stehen zwar eine "VV. Göhlicli, Zur Kenntnis des Codfins. 267 Entfärbung der rot-violett gefärbten Lösung ein, jedoch setzten sich am Boden des Gefäfses nur dunkeh-otviolett gefärbte, anscheinend wässrige Tropfen an. Dieselben wurden, nach dem Abgiefsen des Äthers, behufs weiterer ßeinigung in wenig absolutem Alkohol ge- löst und alsdann mit Äther wieder ausgeschieden. Die jetzt grün gefärbte Flüssigkeit wurde nach dem Verdunsten des Alkohols und Äthers, mit der vereinigt, welche ich durch Lösen des durch Na- triumcarbonat abgeschiedenen, dunkelgrün gefärbten Niederschlages in absolutem Alkohol mit Hülfe eines Tropfens starker Salzsäure er- halten hatte. Die vereinigten Flüssig'keiten brachte ich hierauf unter einer Grlasglocke über Ätzkalk vor Licht geschützt zur KJrystallisation. Die hierbei ausgeschiedenen, schwach graugefärbten Kiystalle er- wiesen sich nach dem Abwaschen mit Äther in dem Verhalten gegei& die das Apomorphin charakterisierenden ßeagentien als Apomorphin- hydrochloi-id. Zur Kontrolle wurden die betreffenden Reaktionen mit denen verglichen, welche das reine Apomorphinhydrochlorid des Handels unter den gleichen Bedingungen lieferte. Beifolgende Tabelle möge die Resultate dieser Reaktionen ver- anschaulichen : Reagens • -u- 1.1 V j i. Apomorphinchlorhydrat I Apomorpnnichlornyarat \ r t- j ' des .Haüdels aus Chlorocodidv. G. und HCl. Salpetersäure dunkelblutrot dunkelblutrot Eisenchlorid zuerst rot, dann violett, dann dunkelbraun zuerst rot, dann violett, dann dunkelbraun Natronlauge rot, schliefslich schwarz rot, schliefslich schwarz Silbernitrat zuerst weifse Färbung, dann schnelle Reduktion schwachrot. zuerst weifse Färbung, dann schnelle Reduction Chlorkalklösung mit 1 Tropfen Salzsäure. schwachrot. Auch aus diesem Verhalten geht hervor, dafs das Einwirkungs- produkt der rauchenden Salzsäure auf v. Gerichten 'sches Chloro- 268 W. Göhlicli, Zur Kenntnis des Codeins. eodid dasselbe ist, wie das von Matthiessen-Wright erhaltene, nämlich Apomorphin. Die Chlorocodide der verschiedenen Darsteller geben somit mit denselben Reagentien behandelt, dasselbe Endprodukt: ein neuer Be- weis für die Identität der fraglichen Körper. Einwirkung von Schwefelsäure auf Codein. Anderson 1) giebt eine kurze Notiz darüber, dafs durck längere Behandlung des Codeins mit konzentrierter Schwefelsäuro «in schwefelhaltiger Körper entstehe, den er, analog deui Sulphomorphid und Sulphonarcotid. als Sulphocodid anzuspechöÄ geneigt ist. Anderson beschreibt diesen Körper als ein tiefgrünes, schwefelhaltiges Pulver, giebt jedoch über Reindarstelluug, Eigen- schaften oder Zusammensetzung desselben nichts näheres an. Läfst man konzentrierte Schwefelsäure 24 Stunden lang bei gewöhnlicher Temperatur auf zerriebenes, lufttrocknes Codein ein- wirken, so löst sich dasselbe zunächst in der Säure auf, gleichzeitig färbt sich die Lösung allmählig tiefrot. Giefst man dann diese Lösung unter Umrühren in Wasser und fällt hierauf die wenig- gefärbte Lösuug mit Natriumcarbonat, so scheiden sich amorphe, grünlich weifs gefärbte Massen aus. Leitet man dann in die hiervon getrennte Lauge, welche eine grünliche Färbung besitzt. Kohlen- säui-eanhydrid ein und überläfst sie hierauf längere Zeit der ßuhe, so scheiden sich allmählig feine, weifse. seidenglänzende Krystall- nadeln aus. Schon das Äufsere der erhaltenen Kiystalle erinnert nicht mehr an Codein, da letzteres, wie oben erwähnt, sich aus Avässriger Lösung in mehr blättrigen Krystallen ausscheidet. Noch aufiaUender unterschieden sich diese Ki-ystallnadeln durch ihr Verhalten gegen Lösungsmittel. In Wasser erwiesen sie sich als schwerlöslich, noch weniger lösten sie sich in Alkohol und in Äther, in Lösungsmitteln, w"elche das Codein mit Leichtigkeit lösen. Zur weiteren Reinigung wairden die direkt gefällten amoi-phen Massen, ebenso wie die aus den Mutterlaugen erzielten Krystalle. mehrfach in heifsem Wasser gelöst und die erzielten Lösungen dann 1) Anderson. Ann. 77. 367. W. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. 269 der Ruhe überlassen. Hierbei schieden sich vollständig weifse, feine Na Sein ans, die durch Absaugen und Waschen mit wenig absolutem Alkohol und Äther leicht von der Mutterlauge befreit werdert konnten. Zur weiteren Charaktensierung wurde eine Probe dieser Krystallo in Wasser gelöst, die Lösung mit Salzsäure angesäuert und mit Chlorbaryum versetzt. Auch nach tagelangeni Stehen war keine Opalisierung bemerkbar; Schwefelsäure war also auf diesem Wege nicht nachweisbai'. Um Crewüsheit zu erhalten, ob überhaupt unter obigen Bedingungen Schwefel in das Molekül des Codeins eingetreten war. wnrde eine andere Probe mit reinem, wasserfreien Natriumcarbonaf und Kaliumnitrat im Tiegel geglüht, die Schmelze nach dem Er- kalten mit Wasser ausgelaugt, und nach dem Ansäuern mit Salzsäure mit Chlorbaryum geprüft. Es trat hierbei sofort eiit dicker, weifser Niederschlag von Baryumsulfat auf, ein Beweis dafür, dafs die konzentrierte Schwefelsäure nicht nur wasserentziehend auf das Codein gewirkt hatte, sondern dafs in der That Schwefel in das Codeinmolekül eingetreten war. Am wahrscheinlichsten erschien mir bei dem neuen, schwefelhaltigen Körper die Annahme, dafs die Schwefelsäm-e in Gestalt der Sulphonsäuregruppe SO3H in das Mole- kül des Codeins, vielleicht an Stelle einer Hydroxylgruppe, getreten sein könne, eine Annahme, die sich dm-ch die bei den Analysen- gelundenen Daten auch als richtig erwies. Die wässrige Lösung der neuen Base, oder wie ich dieselbe zu nennen gedenke, des Sulpho- e d i d s . reagirte neutral ; es waren mithin im Codeinmolekül die basischen Eigenschaften des Stickstolfatoms völlig durch die Sulphon- säuregruppe aufgehoben, ohne dafs jedoch dabei der saure Charakter der Sulphonsäuregruppe zur Geltung gekommen war. Die neue Ver- bindung zeigt demnach ein ziemlich indifferentes Verhalten; in folge dessen gelang es nicht, ein Hydrochlorid darzustellen. Wurde das Sulphocodid in heilsem Wasser gelöst und Salzsäure bis zur sauren Reaktion zugefügt, so schieden sie nach dem Erkalten zwar schöne weilse Krystallnadeln ab. die jedoch nur aus der unveränderten Ver- bindung bestanden. Ammoniakalische Silberlösung erzeugte in der wässrigen Lösung der reinen Substanz nach längerem Stehen einen grünlich schillernden Niederschlag, der sich bald, fast wie ein Silberspiegel, fest an die Wandungen des Reagiercylinders ansetzte. 270 W. Gö blich, Zur Kenntnis dys Cocleins. Ein Gold- oder Platindoppelsalz der neuen Verbindung dar- zustellen, gelang ebensowenig. Wurde die wässrige, mit Salzsäure angesäuerte Lösung derselben mit Goldcliloi'idclilorwasserstoit ver- setzt, so färbte sich die Müssigkeit zunächst duukelbraunrot und wurde alsdann beim Stehen im Krystallisationsschälchen eigentümlich gallertartig. Bei längerem Stehen begann dann eine Ausscheidung von Gold, welches sich als rotbraimes Pulver in der gallertartigen Masse suspendiert hielt. Versetzt man die erwärmte, wässrige, mit Salzsäure angesäuerte Lösung des Sulphocodids mit Platinchloridchlorwasserstoff, so wird letzterer nicht gebunden, vielmehr scheiden sich beim Stehen feine Krystallnadeln der unveränderten Verbindung ab, welche nur schein- bar gelb gefärbt sind. Versetzt man die konzentrierte wässrige Lösung der Verbindung mit Ammoniak, verdünnter Natronlauge oder kohlensaurem ISTatrium, so entsteht kein Niederschlag, die Flüssigkeiten bleiben auch nach längerem Stehen vollständig klar und farblos. Bei der mit Natron- lauge versetzten Lösung macht sich beim Stehen eine Braunfärbung bemerkbar. Beim Bestimmen des Schmelzpunktes der Svibstanz machte ich die Wahrnehmung, dafs ein Schmelzen überhaupt nicht eintritt, viel- mehr bei etwa 246*^ unter Schwarzfärbung vmd VerkoHung vollständige Versetzung statthat. Zur Bestimmung des Krystallwassergehaltes wurden die zerriebenen Krystalle zunächst über Schwefelsäure, dann bei 100*^ bis zum kon- stanten Gewichte getrocknet. L 0,6892 o- verloren 0,1342 g Wasser. IL 0,5558 g erlitten einen Gewichtsverlust von 0,1110 g. III. 1.0972 g eines neu dargestellten Präparates verloren 0,214 g Wasser. Gefunden : I. IL ni. HgO 19,45 Proz. 19,98 Proz. 19,50 Proz. Die Elementaranalysen wurden im Bleichromatrohr mit der bei luO^ zum konstanten Gewicht getrockneten Substanz ausgeführt. Sie lieferten folgende Zahlen: l. 0,1506 g ergaben 0.3280 g CO., und 0,0814 g H-ß. IL 0,1765 „ „ 0,3854 g COg „ 0,0927 g HoO. IIL 0,176 „ eines neu dargestellten Präparates ergaben 0,3824 g CO2 und 0,0932 g H.,0. W. Göhlich. Zur Kenntnis des Cocleina. 271 Die BestinuniuigcMi des Schwefels wurden nach dem Verfahren von Cariiis ausj^etührt. IV. 0,20(32 g lieferten 0,1352 g BaSO-t. V. 0,2300 „ „ 0.1486 g BaSO,^. VI. 0,3346 „ „ 0.211 g BaS04. Die Stickstoff bestimmiingen endlich gelangten nach dem Ver- fahren von Will und Varrentrapp zur Ausführung. VII. 0.4448 g Substanz lieferten 0,1235 g Platin. VIII. 0,5040 „ ergaben 0,1368 g Platin. Nach diesen analytischen Befunden glaube icli den neuen Körper als Sulphocodid ansprechen zu sollen, d. h. als Codein , in welchem eine Hydroxj-lgruppe durch die Sulphonsäure- Gruppe SO3H ersetzt wurde. Die wasserfreie Verbindung würde demnach durch die Formel C18H20NO2, SO3H, die wasserhaltige durch die Formel CigHgoNOo, SO3H4-5H2O auszudrücken sein. Gefunden wurde an Kr^^stallwasser 19,45 Proz., 19,96 Proz. und 19,50 Proz. Berechnet würde für CigHoo NOy, SO3H + 5 H^O : H2O = 19,86 Proz. sein. Die Daten der übrigen Bestimmungen sind, in Prozenten zusammen- gestellt, folgende : Gefunden : IV. V. VI. VII. VIII. 9,00 8,87 8,65 — — — — — 3,97 .3,90 Berechnet für C18H00NO..SO3H. 59,50 5,78 8.81 3,85 Gegen Alkaloidreagentien zeigte die neue Verbindung folgendes V^erhalten : Konzentrierte Schwefelsäure : Bei gewöhnlicher Temperatur keine Farbenerscheinung, beim Erwärmen violettrot. Konzentrierte Salpetersäure : Bei gewöhnlicher Temperatur kirschrot, allmählig verschwindend. Erdmann 's Reagens: färbt grünblau, später in schmutzig-blau übergehend. Fröhde's Reagens: Kalt farblos, erwärmt bei längerem Stehen schwache Rot\'iolettfärbung. I. C 59,39 H 5,99 II. III. !i9,55 59,26 5,83 5,88 S — K — Mittel : C 59,40 H .5,91 S 8,83 N 3,94 272 W. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. Vanadinschwefelsäure : Färbt schön blau, vom Rande her sieb allmählich bräunend. Mit konzentrierter Schwefelsäure auf ca, 150*^' erhitzt, färbt sich die Flüssigkeit nach Zusatz eines Tropfens Salpetersäure zu der er- kalteten Flüssigkeit anfangs dunkelbraun, dann gelb. ]Mit konzentrierter Schwefelsäm-e und einer Spur Rohrzucker tritt in der Kälte eine blaugrüne Farbe auf. die erwärmt in purpur- rot übergeht. Konzentrierte Schwefelsäure mit einer Spur Eisenchlorid, nift. in der Kälte keine Färbung her\'or; beim Erwärmen tritt indefs in der Flüssigkeit eine schöne indigoblaue Farbe auf, welche durch Zu- satz eines Tropfens konzentrierter Salpetersäure in prächtiges, schnell verblassendes Blutrot übergeht. Der Vorgang, welcher sich bei der Bildung dieses Sulphocodids- abspielt, kann nicht durch eine einfache Formel vergegenwärtigt werden. Dem Anschein nach entsteht bei der Einuärkung von Schwefelsäure auf Codein nicht Sulphocodid alleia. sondern findet di« Büdung noch anderer Produkte statt, welche ich jedoch nicht weiter verfolgt habe. Einwirkung von verdünnterer Schwefelsäure auf Codein. Durch Einwirkung von verdünnterer Schwefelsäure versucht« ich vom Codein aus zu einem Koi-per zu gelangen, welchen bereit* Anderson^) und Arm.strong-') dargestellt haben. Anderson be- legt den unter diesen Bedingungen gebildeten Körjier mit dem Na- men „amorphes'" Codein. eine Bezeichnung, aus der bereits hervor- geht, dafs es diesem Forscher nicht gelang, diese Base kiystallinisch zu erhalten. Armstrong bezeiclmet dagegen den durch Einwirkung von mäfsig konzentrierter Schwefelsäure auf Codein gebildeten Kör- per als isomer mit dem Codein. obschon er nur das Hydrochlorid und das Platindoppelsalz desselben darstellte. Während letzterer Forscher anscheinend mit einem Salze einer reinen Base arbeitete, geht aus der Beschreibung der von Anderson dargestellten freie» Base hervor, dafs dieselbe noch unrein war. 1) Anderson. Ann. 77, 356. 2) Armstrong. Ann. 159. 390. AV. Göhlich, Zur Kenntnis des ('ocleins. 273 Mir fiel daher in erster Linie die Reindarstellung dieser Base als Aufgabe zu, um dieselbe mit dem gewöhnlichen Codein einerseits, andererseits auch mit dem Pseudocodein vergleichen zu können, dessen Darstellung Merck^) in jüngster Zeit gelang. Zerriebenes Codein wurde zu diesem Zwecke in einem über- schüssigen Gemisch gleicher Raumteile reiner, konzentrierter Schwefel- säure und Wasser gelöst und die Lösung hierauf in einem enghalsigen Erlenmayer'schen Kolben mit aufgesetztem Glastrichter ca. 2 Stun- den lang auf dem Dampfbade erhitzt. Die Flüssigkeit färbte sich hierbei dunkelbraun: sie wurde in ein mehi^faches Volumen Wasser unter Umrühren gegossen und diese Flüssigkeit alsdann mit Natrium- carbonatlösung in geringem ÜberschuTs ausgefällt. Es entstand hier- durch ein grauweifser Niederschlag, der nach dem Absaugen und Auswaschen behufs weiterer Reinigung noch einmal in kalter, ver- dünnter Salzsäure aufgelöst und von neuem mit Natriumcarbonat- lösung ausgefällt wurde. Wenn man diese zweite Ausfällung frak- tioniert ausführt, von zuerst ausgeschiedenen, ziemlich grünlich - graii aussehenden, harzartigen Produkten abfiltriert und dann erst wieder Natriumcarbonatlösung zu der salzsauren Flüssigkeit zusetzt, so er- hält man schliefslich einen fast rein weifsen Niederschlag. Letzterer wurde nach dem Absaugen und Auswaschen mit Wasser über Schwe- felsäure getrocknet. Nach dem Trocknen hatte die Masse eine graue Farbe ange- nommen; sie wurde zerrieben und das feine Pulver in Ligroin zu lösen versucht. In der Kälte löste sich in Ligroin kaum etwas da- von auf; auch in der Hitze erfolgte die Lösung nur langsam. Trotz- dem ist Ligroin ein Lösungsmittel, aus dem man die Base am schnellsten rein erhalten kann. Die Ligroinlösung trübt sich zunächst beim langsamen Erkalten; es scheiden sich dann warzenartige, kry- stallinische Massen aus, die noch durch Umkrystallisieren aus Ligroin und später aus Essigäther weiter gereinigt wurden. Die Mutter- laugen, von denen der Uberschuss des Ligroin verdunstet wurde, färbten sich rötlich ; sie schieden beim Erkalten etwas mehr gefärbte, gelbliche Kry stall warzen aus. Auch diese konnten indefs durch mehr- faches Umkrystallisieren aus Essigäther rein weifs erhalten werden. 3) Merck. Geschäfts-Bericht 1890. Dieses Archiv 229, 161. Arch. d. Pharm. CCXXXI. Bds. 4. Heft. jy 274- AV. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeius. Der Schmelzpunkt des rein weifsen Präparats liegt bedeutend höher, als der des gewöhnlichen Codeins. Die Krystallwarzen schmolzen nach dem Zerreiben und Trocknen bei 100*^, erst bei 180^, während das wasserfreie Codein schon bei 1550 schmilzt. Ein wei- terer Unterschied zwischen Codein und der neuen Base ist die Fäll- barkeit der letzteren durch Natriumkarbouatlösung: die neue Base fällt sofort aus ihren Salzlösungen amorph aus, wogegen Codein sich erst nach einiger Zeit krystallinisch ausscheidet. Aus Ligroin krystaUisiert das ..amorphe" Codein. wie das ge- wöhnliche Codein. krj^stallwasserfrei. I. 1.2058 g verloren bei 100" bis zum konstanten Gewicht ge- bracht 0,000S g = 0.07 Proz.. n. 0,3562 g erlitten einen Verlust von 0.0001 g = 0.03 Proz. Für die Formel CigH.iNOo + H._,0 Wcäre H.O = 5,68 Proz. erforderlich. Eine andere Menge der aus Ligroin gewonnenen, warzigen Krystallconglomerate wurde aus verdünntem Alkohol umkrystalHsiert ; ich erhielt hierdurch durchsichtige, nadelförmige Krystalle. Diesel- ben enthielten ein Molekül Krystallwasser. 0,3958 g verloren beim Trocknen bei 100^^ 0.023 g Wasser = 5,81 Proz. Berechnet für CigHoiNOa + H.,0. H.,0 = 5,68 Proz. Die Elemeutaranalysen wurden im Kupferoxydrohr von der mit feingepulvertem, frischausgeglühtem Kupferoxyd gemischten Substanz ausgeführt. I. 0,1832 g der bei 100*^^' getrockneten Substanz ergaben 0,i844 g COo und 0,1197 g HgO. IL 0,1506 g Substanz in gleicher Weise 0.3990 g COo und 0,0982 g HaO. III. 0.1899 g der bei 100^' getrockneten Substanz wurden nach Will-Varrentrapp behandelt. Das entwickelte Ammo- niak sättigte 6,2 cc V^q N Salzsäure = 0,00868 N. IV. 0,3710 g der bei 100^ getrockneten Substanz wurden ebenso behandelt. Das entstandene Ammoniak sättigte 10,45 cc i/io N Salzsäure = 0,01463 N. Gefunden Berechnet für T. IL IIL IV. CigHoiNOa C 72,10 Proz. 72,25 Proz. — Proz. — Proz. 72,24 Proz. H 7.25 , 7,24 „ — „ — - ".02 .. N — ,. — „ 4,57 .. 4,61 , 4,68 „ Nach diesen analytischen Daten besitzt der fragliche Körper. wie auch bereits Anderson (1. c.) und Armstrong (1. c.) an- gaben, die gleiche Zusammensetzung, wie das Codein. Beiden For- W. G Olli ich, Zur Kenntnis des Codeins. 275 Sehern gelang es jedoch nicht, die freie Base krystallinisch zu er- halten, weshalb Anderson wohl auch den Namen „amorphes" Codein für dieselbe gewählt hat. Armstrong macht von dieser Bezeichnung keinen Gebrauch. Anderson (1. c.) hat nur mit einem unreinen Präparate gear- lieitet, denn er beschreibt dasselbe, als ein graues Pulver mit einem mehr oder minder grünlichen Schein. Den Schmelzpunkt seines Körpers giebt er bei lOO" an, und zwar schmolz sein Präparat bei dieser Temperatur zu einer harzigen Masse. Anderson beschi-eibt ferner die Salze dieser Base als amorph und zu harzigen Massen ein- trocknend. Armstrong (1. c.) hat dagegen das krystallisierte Hydrochlorid dargestellt. Die davon ausgeführte Analyse stimmt sehr gut mit der Formel C^^ Hoi NO3, HCl überein. Ferner machte dieser Forscher die Beobachtung, dafs das zwei Moleküle Krystallwasser enthaltende Hydrochlorid den ganzen Wassergehalt durch anhaltendes Trocknen bei 100^ verliert. Da nun das Codeinhydrochlorid nach Anderson nur ein Molekül Wasser bei 100 ^ abgiebt, hält Armstrong dieses Verhalten füi' einen charakteristischen Unterschied zwischen dem Hydrochlorid der gewöhnlichen und der amorphen Base. Dieser Unterschied ist jedoch hinfällig, da E. Schmidt ^) später nachwies, dafs auch dem gewöhnlichen Codeinhydrochlorid durch wochenlanges Trocknen bei 100^ seine beiden Moleküle Krystallwasser vollständig entzogen werden können, ohne dafs man, wie man früher annahm, die Temperatur auf 120^ zu steigern brauchte. Armstrong und zum Teil auch Anderson berichten ferner, dafs die Einwirkung der Schwefelsäure in obiger, verdünnterer Form nicht bei der Bildung des oben beschriebenen Reactionsproduktes stehen bleibt. Vielmehr spalte sich zunächst ein Molekül Wasser aus zwei Molekülen Codein ab, indem eine anhydridähnliche Verbin- dung entstehen soll, ein Zwischenprodukt zwischen Codein und Apo- codein. Durch weitere Einwirkung der Schwefelsäure soll dann ein Molekül Wasser aus einem Molekül Codein abgespalten und Apo- codein gebildet werden. Armstrong hält sogar unter diesen Be- dingungen die Abspaltung einer Methylgruppe aus dem Codein für möglich, so dafs schliefslich Apomorphin entstehen würde. 1) E. Schmidt, Apotheker-Zeitung 1890, No. 55. IS* 276 AV. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. Die bei der Darstellung des „amorphen" Codeins gesammelten Erfahrungen führten auch mich zu der Ueberzeugung, dafs die Ein- wirkung der Schwefelsäure (1=2) in der Wärme auf Codein nicht bei der Bildung des sogenannten „amorphen*' Codeins stehen bleibt. Es fiel mir auf, dafs bei den verschiedenen Darstellungen die wäss- rigen Lösungen des Reactionsproduktes beim Ausfällen mit Xatrium- carbonat zimächst grünlich gefärbte, harzartig sich zusammenballende Massen ausschieden, die sich meist fest an die Wandungen des be treffenden Gefäfses ansetzten vmd zwar lange bevor die Lösungen wirklich neutral waren. Ich habe diese harzartigen Massen ge- sammelt und über Schwefelsäure getrocknet, bin jedoch bei der Untersuchung derselben zu charakterisierbaren Körpern nicht gelangt. Dafs die Massen aus Apo-Verbindungen bestehen, ist allerdings wahr- scheinHch. der Beweis dafür ist jedoch nicht erbracht, sofern man nicht aus der an Luft und Licht rasch grün werdenden Farbe auf die Anwesenheit von Apocodein, bezüglich Apomor|3hin, schliefsen wül. Xach meiner Erfahrung gestaltet sich die Ausbeute an ,.amorphem" Codein am reichsten, wenn man nicht zu grofse Menge Codein an- wendet, die Einwirkung der Schwefelsäure nicht über zwei Stunden ausdehnt und gleiche Eaumteile Schwefelsäure und Wasser genau abmifst. Bei längerer, als zweistündiger Einwirkung wird die Flüssigkeit dunkelbraun gefärbt und die Ausbeute an ..amorphem" Codein sehi- vermindert. Läfst man Schwefelsäure (1=2) auf Codein im Dampf bade 3—4 Stmiden lang einwirken, so gelangt man zu harzigen, dunkelbraunen, fast schwarzen Körpern, wie sie Anderson besckreibt. Letztere sind fast in allen Lösungsmitteln unlöslich, selbst in verdünnter, erwärmter Salzsäixre lösen sich diese Massen nur zum Teil auf. Kürzt man dagegen die Einwirkung der Schwefelsäure zu sehr ab, so fallen die Ausbeuten an ..amorphem" Codein ebenfalls nur gei-ing aus. Nach den Erfahrungen vielfacher Darstellungen mufs ich daher die Zeit der Einwirkung der Schwefelsäure (1=2) von 1Y2_2 Stunden als diejenige bezeichnen, welche die besten Aus- beuten liefert. Anderson"s (1. c.) Ansicht über die Einwirkung der Schwefel- säure (1=2) auf Codein, weicht von der Armstrong"s ab. Xach diesem Autor soll durch tortgesetzte Behandlung des Codeins mit W. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. 277 Schwefelsäure schliefslich Schwefel in das Codeinmolekül eintreten, sich also vielleicht ein Körper bilden, der in Beziehung steht zu dem von mir als Sulphocodid beschriebenen. Anderson beschreibt dieses schwefelhaltige Einwii^kungsprodukt jedoch nur als ein tief-grünes Pulver, während ich dasselbe, wie oben erwähnt, durch geeignete Behandlung in feinen, weifsen Xadeln erhalten habe. Zur weiteren Charakterisierung habe ich aus „amorphem" Codein das Hydrochlorid, das Hydrobromid, das Sulfat und auTserdem das Oold- und Platindoppelsalz dargestellt und zur Untersuchung gezogen. C h 1 r w a s s e r s t f f s a u r e s „amorphes" C o d e i n. Armstrong (1. c.) stellte dieses Salz in der Weise dar, dafs er die Atherlösung der freien Base mit Salzsäure schüttelte. Ich habe die Darstellung dieses Salzes in etwas anderer Weise ausgeführt. Ich neutrahsierte die reine, krystallisierte Base direkt mit Salzsäure und konzentrierte diese Lösung durch Eindampfen. Nach längerem Stehen schieden sich schwach gelblich gefärbte Krystallnadeln aus, die dm-ch Abwaschen mit starkem Alkohol und Umkrystallisieren aus verdünntem Alkohol völlig rein und farblos erhalten wurden. Dieses Hydrochlorid enthielt jedoch, abweichend von den An- gaben Armstrongs, weniger Krystallwasser. als die Formel C^g H2iN03,HCl +2H2O erfordert: I. 0,240 g verloren bei lOQO 0,0154 g HoO. II. 0,1985 „ „ „ 1000 0,0130 „ HgO. III. 0,1281 „ „ „ 1000 0,0084 .. H^O. Gefunden : I. n. ni. H._,0 6,41 6,49 6,58 Ahnliche Verhältnisse wurden bei dem Hydrochlorid des Merck'schen Pseudocodeins beobachtet (s. dort). I. 0,3038 g der trocknen Substanz lieferten 0,1295 g AgCl. II. 0,2058 g des ebenfalls bei lOOO getrockneten Salzes 0,0866 gAg Gl. Gefunden: Berechnet für I. II. Cj8H2iN03,HCl. Gl 10,54 Proz. 10,40 Proz. 10,58 Proz. Bromwasserstoffsau res „amorphes" Codein. Beim Eindampfen und Erkaltenlassen der mit Bromwasserstoff säure neutralisierten alkoholischen „amorphen" Codeinlösung schieden 278 W. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. sich Conglomerate von leinen, ungefärbten Krystallnadeln aus. Zur weiteren Reinigung wurden dieselben aus verdünntem Alkohol um- krystallisiert. Auch bei ganz allmählichem Erkalteulassen dieser Lösungen gelang es mir nicht, die Xadeln in gröfseren Exemplaren zu erhalten, wie es beim Umkrystallisieren des gewöhnlichen, brom- wasserstofFsauren Codeins der Fall war. Bezüglich des Krystallwassergehalts wurden bei diesem Salze ähnliche Beobachtungen gemacht, wie bei dem Hydrochlorid. 0,540 g verloren bei 100» 0.0278 g HoO ^ 5,15 Proz. ; die Formel 0^8 Hoi NO3, HBr + H..0 verlangt 4,52 Proz., die Formel Cij^HÖi NO3, HBr + 2H.p 8,65 Proz. H2O. Das Hydrobromid des Merck 'sehen Pseudocodeins entspricht durchaus obiger Verbindung. 0,1890 g der wasserfreien Substanz lieferten 0,0933 g AgBr. Gefunden: Berechnet für I. Ci8H2iN03,HBr. Br 20,95 Proz. 21,05 Proz. Schwefelsaures ,.a m o r p h e s" C d e i n : (C18 H21 N03)2 H2 SO4 + 2H2O. Das durch Sättigung von „amorphem" Codein mit verdünnter Schwefelsäure in verdünnt-alkoholischer Lösung gewonnene Salz unterschied sich schon in der Krystallform sehr wesentlich von dem Sulfat des gewöhnlichen Codeins. Während das letztere in ziemlich kompakten, durchsichtigen Nadein, die eine büschelförmige Gruppierung zeigen, krystallisiert , stellt das Sulfat des „amorphen" Codeins weifse, regelmäfsig viereckige Blättchen dar, die auch bei wieder- holtem Umkrj^stallisieren aus verdünntem Alkohol nicht im mindesten an die Krystallform des gewöhnlichen Sulfats erinnerten. Die Ver- schiedenheit der Form wurde bedingt durch die Natur der Base selbst, sowie durch den geringeren Gehalt an Krystallw asser. Codein- sulfat krystallisiert mit fünf Molekülen Wasser, das vorliegende Salz nur mit zwei Molekülen. I. 0,2556 g verloren bei lOOO getrocknet 0,0120 g Wasser. II. 0,2412 „ erlitten bei 100° einen Gewichtsverlust von 0,0115 g. Gefunden : Berechnet für I. IL ( Ci8 Hgi NO3I0 H, SO4 + 2 HoO. H2O 4,69 Proz. 4,76 Proz. 4,91 Proz. W. Göhlioh. Zur Kenntnis des Codeins. 279 Die Schwefelsäure-Bestimmungen wurden von der zuvor bei 100" getrockneten Substanz ausgeführt. I. 0,2436 g derselben ergaben 0,0810 g BaS04. II. 0.2297 „ „ „ 0,07(iO g BaSOj. Gefunden: Berechnet für I. II. (Ci.s Hgi N0a)2 Ha SO4 HgSO^ 13,98 Proz. 13,8'J Proz. U,07 Proz. Golddoppelsalz des „amorphen" Codeins: C18 H21 NO3, HCl + AuClg -(- .3 H2O. Um das Clolddoppelsalz darzustellen, wurde die freie Base mit Hülfe von verdünnter Salzsäure in Wasser gelöst und die filtrierte Lösung mit Goldcliloridchlorwasserstoif in geringem Überschufs aus- gefällt. Es entstand sofort ein orangegelber Niederschlag, der auch nach dem Stehen keine Neigung zur Krystallbildung zeigte. Während das Golddoppelsalz des gewöhnlichen Codems zur Wasserbestimmung bei 100 *^ getrocknet werden konnte, ohne sein Aussehen zu verändern, traten bei diesem Golddoppelsalze bei der- selben Temperatur schon Zersetzungen ein, durch welche das Prä- parat braunschwarz gefärbt wurde. Eine zweite Probe, welche zur direkten Feststellung des Wassergehaltes über Schwefelsäure getrock- net wurde, verlor hierbei nichts an Gewicht. Die ausgeführten Goldbestimmungen lieferten folgende Zahlen I. 0,4266 g der lufttrockenen Substanz lieferten 0,1216 g Gold. II. 0,4102 g der exsiccatortrockenen Substanz lieferten 0,1166 g Gold Gefunden Berechnet für I II (Cj8 H^i NO3, HCl) AuClg 4- 3 HoO. Au 28,50 Proz. 28,42 Proz. 28,34 Proz. Nach diesen Daten dürfte dem Golddoppelsalz des „amorphen" Codeins die Formel (Cig Hgi NO3, HCl) AuClg + 3H.^0 zukommen. Platindoppelsalz des „amorphen" Codeins: (C18 Hol NO3 . HC1)2 PtCl4. Versetzt man eine nicht zu verdünnte salzsavu'e Lösung des „amorphen" Codeins mit einem geringen Ueberschufs von Platinchlorid- Chlorwasserstoff, so entsteht ein gelber, flockiger Niederschlag, der sich beim Kochen in salzsäurehaltigem Wasser löst und durch darauf folgendes Eindampfen aus dieser Lösung krystallisiert erhalten werden kann. Die Ivry stalle stellen feine, gelbe Nadeln dar. 280 "W. Gölilich. Zur Kenntnis des Codeins. 0.3236 g des bei 100 ^ getrockneten Doppelsalzes hinterliefseu 0,0620 g Platin. Gefunden Bereclinet für I ( C,8 H21 KO3, HCDo PtCli Pt. 19,13 Proz. 19,30 Proz. Armstrong (1. c.) stellte dieses Platinsalz ebenfalls dar: jedoch b eschreibt er es als amorph; ferner soll es seinen "Wassergehalt (ein Molekül) schon bei längerem Stehen über Schwefelsäm-e abgeben Dagegen blieb mein Doppelsalz auch bei längerem Trocken (ca. 1 Woche) über Schwefelsäure constant; auch der Verlust, den das Doppelsalz bei 100" erlitt (0.6 Proz.), ist für ein Molekül Krystall- wasser \'iel zu niedrig. Es unterscheidet sich demnach das Platin- doppelsalz des „amorphen" Codeins durch seinen Krystallwassergehalt sehr wesentlich von dem des gewöhnKchen Codeins, welches je nach den Yersuchsbedingungen mit vier, resp. mit sechs Molekülen KjystaUwasser krystallisiert. Pseudocodein ..Merck"'. Merck ^j erhielt bei Darstellung gröfserer Mengen von Apocodein einen Körper, dessen Elementaranalysen zeigten, dafs derselbe isomer mit dem Codein ist. Merck bezeichnet dieses isomere Codein mit dem Namen ,. Pseudocodein". Durch Vermittlung von Herrn Prof. E. Schmidt erhielt ich etwa 10 g dieses Körpers und seines chlorwasserstofifsauren Salzes zur Veriügung gestellt, um dieses Pseudocodein einerseits mit dem gewöhnlichen Codein selbst, ander- seits mit dem ..amorphen'" Codein vergleichen zu können. Die freie Base erhielt ich in völlig farblosen, ziemlich derben, weiTsen Nadeln, die aus verdünnter alkoholischer Lösung erhalten waren : das Hydro- chlorid stellte feine, weifse fai"blose Kiystallnädelchen dar. I. 0,9688 g verloren bei 100" 0,0556 g Wasser. II. 0.845-1 g - - 1000 0,0-182 g Gefunden: Berechnet für: I. n. C18 H21 KO3 -i- H2O. H., 5,73 Proz. 5,70 Proz. 5,68 Proz. Der Schmelzpunkt der wasserfreien Base lag bei 180^. derselben Temperatur, bei welcher auch das w^asserfreie „amorphe" Codein schmilzt. 1) Merck. Geschäfts-Bericht 1890: dieses Archiv 229, 161. W. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. 281 Die Elementaranalysen, welche Merck ausführte, ergaben die Tormel Cig Hgi NO3. Merck fand: I. II. Berechnet für : C^g Ha^ NO3 C 72,17 Proz. 72,48 Proz. C 72,24 Proz. H 7.22 „ 7,37 „ H 7,02 „ Ich erhielt bei meinen Verbrennungen , die im Kupferoxydrohr im Sauerstoffstrom ausgeführt wurden, folgende, mit Obigem übereinstim- mende Werte: I. 0,1730 g der bei 1 00 getrockneten Substanz lieferten 0,4570 CO^ und 0,1108 HoO. n. 0,1459 g derselben Substanz lieferten 0,:3861 CO, und 0,0980 HoO. Demnach Gefunden: Berechnet für: I. II. C18H21NO3 C 72,05 Proz. 72,17 Proz. 72,24 Proz. H 7,11 „ 7,33 „ 7,02 „ Aus diesen Resultaten geht hervor, dafs die Elementarzusammen- setzung des Codeins, des „amorphen" Codeins und des Pseudocodeins Merck die gleiche ist. Die beiden letzten Präparate stimmen ferner darin überein, dafs sie wasserfrei bei gleicher Temperatur, und zwar bedeutend höher schmelzen, als das gewöhnliche, wasserfreie Codein. Methoxylbestimmung im Pseudocodein. Wie verschiedene Autoren nachgewiesen haben, enthält das ge- wöhnliche Codein eine Methoxyl-Gruppe : 0. CHo. Es erschien da- her die Untersuchung von Wichtigkeit, ob im Pseudocodein eben- falls eine Methoxylgruppe vorkommt. Zur Entscheidung dieser Frage bediente ich mich der von ZeiseP) angegebenen Methoxylbestim- mungsmethode. Dieselbe lieferte folgende Daten : I. 0,1118 g lufttrockner Substanz lieferten 0,0850 AgJ = 0,0112 CH3O. II. 0,4558 g derselben Substanz lieferten 0,3350 g AgJ = 0,0442 CH3O. III. 0.1534 g lieferten 0,1108 AgJ = 0,0146 CH3 O. Demnach Gefunden: Berechnet für: I. II. III. Ci7 H18 (CH3. 0) NOo + H2 O. CH3 10.01 Proz., 9.69 Proz. 9.52 Proz. 9,78 Proz. Im Mittel 9,74 Proz. 1) Monatsberichte für Chemie 1885. 689. 282 W. Göhlicli, Zur Kenntnis des Codeins. Nach diesen Befunden miifs auch im Pseudocodein eine Methoxyl- gruppe: CH3 0. vorhanden sein. Einwirkung von Essigsäureanhydrid auf Pseudocodein und Acetylchlorid auf Pseudocodeinchlorhydrat. Hesse-) hat das Codein acetyliert, indem er dasselbe mit einem Überschufs von Essigsäureanhydrid erwärmte. Durch Umkrj'stalli- sieren aus Äther resultierte hierbei Acetylcodein. Durch diese Acety- lierung war das Vorhandensein einer Hydroxylgruppe im Codein er- Aväesen worden. Es schien mir von Wichtigkeit zu sein, festzu- stellen, ob das Pseudocodein ebenfalls eine Hydroxylgruppe enthält. Um Acetylpseudocodein dai'zustellen, ging ich sowohl vom Pseudo- codein selbst, als auch vom Pseudocodeinhydrochlorid aus. Das Resultat beider Versuche war das gleiche. Circa 2 g zerriebenes, lufttrockenes Pseudocodein erhitzte ich mit einemgrofsenUeberschusse von Essigsäure- anhydrid, und 2 g Pseudocodeinhydrochlorid mit überschüssigem Acetyl- chlorid 3 Stunden lang im Wasserbade in einem mit Glastrichter verschlossenen, enghalsigen Kolben. Der gelblich gefärbte Inhalt beider Kolben wurde hierauf nach dem Verdampfen des Essigsäure- anhydrids resp. Acetylchlorids in Wasser gelöst und die filtrierte, wässerige Lösung mit Natriumkarbonat in geringem Überschüsse gefällt. Zunächst erstand hierbei ein weifslicher Niederschlag, der sich zuerst flockig absetzte, beim Umrühren sich jedoch zusammen- ballte und als Klumpen an der Oberfläche der Flüssigkeit abschied. Nach dem Trocknen über Schwefelsäure wurde die weifslich gelbe Masse zerrieben und zu ki-ystallisieren versucht. Sie löste sich leicht in Alkohol, Äther und Chloroform, schwieriger in heifsem Ligroin. Aus letzterem Lösungsmittel schieden sich bei freiwilligem Verdunsten ungefärbte, rein weifse Krystallblättchen aus, die noch einmal um- krystallisiert wurden. Eine Probe der letzteren Krystalle wurde nach dem Abpressen zenieben, bei 100° getrocknet und der Schmelz- punkt derselben bestimmt. Derselbe lag bei ISO*^, einer Temperatur, bei welcher reines Pseudocodein schmilzt. Die übrigen Krystalle WTirden gesammelt, geprefst und aus wasserhaltigem Alkohol noch einmal umkrystallisiert, 2) Hesse. Annalen d. Chemie 222, 212. W. Göhlich, Zur Kenntnis des Codeins. 283 Das Filtrat, welches ich beim Absaugen der ersten, harzigen AusfäUuug erhalten hatte, schüttelte ich mit Chloroform aus, destil- lierte das Chloroform dann ab und behandelte den bräunlichen Rück- stand in gleicher Weise zunächst mit heifsem Ligroin und dann mit verdünntem Alkohol. Auch hieraus erhielt ich reine, ungefärbte Kryställchen. Die aus wasserhaltigem Alkohol erhaltenen Eoystalle enthielten 1 Molekül Krystallwasser. I. 0,4274 g desselben erlitten bei 100" einen Verlust von 0,023.5 g Wassei-. Gefunden Berechnet für I. CigHoiNOa + H.O HoO 5,49 Proz. 5,68 Proz. Die Elementaranalyse geschah im offenen ßohre mit der mit ge- pulvertem, frisch ausgeglühtem Kupferoxyd vermischten Substanz im Sauerstoffstrome. 0.1500 g der bei 100^ getrockneten Substanz lieferten 0,3978 CO2 und 0,0982 H.^O. Gefunden Berechnet für I. CigHoiNOg C 72,33 Proz. 72,24 Proz. H 7,26 „ 7,02 „ Demnach hatte sich kein acetyliertes Pseudocodein unter obigen Bedingungen gebildet. Das Pseudocodein kann somit im Gegensatze zu dem gewöhnlichen Codein keine Hydroxylgruppe enthalten. Zum weiteren Nachweise, dafs das Pseudocodein durch Einwii"- kung von Essigsäureanhydrid, bezüglich Acetylchlorid unverändert geblieben war, habe ich noch von dem Reaktionsprodukte das Grold- uud Platindoppelsalz dargestellt. Gold doppelsalz des Einwirkuugsproduktes. Der amorphe, dunkelrotbraun aussehende Niederschlag, welcher durch Fällung mit Goldchlorid aus der salzsauren Lösung der frag- lichen Verbindung erhalten wurde, liefs sich ebenso wenig krystalli- sieren, wie das später zu beschreibende direkt dargestellte Pseudo- codeingoldchlorid. Beim Stehen der Lösung in salzsäurehaltigem Wasser trat eine Reduktion, unter Abscheidung von Gold ein, wäh- rend sich am Boden des Gefäfses vereinzelte, feine, gelbe Nädelchen absetzten. Zur Analyse benutzte ich daher den amoi-phen, dunkel - roten, lufttrockenen Niederschlag. 284 W. Gö blich. Zur Kenntnis des Codeins. Beim Trocknen bei 100° schon trat Zersetzung unter Braunfär- bung ein. Nach den Daten der Goldbestimmung enthält jedoch das Doppelsalz 3 Moleküle Krystallwasser. 0,7140 g der lufttrockenen Substanz binterliefsen nach vorsichtigem Glühen 0,2040 g Gold. Gefunden Berechnet für I. (C18H21NO3 , HCl) AUCI3 + 3H2O Au 28,57 Proz. 28,34 Proz. Auch dieser Befund unterstützt meine schon oben ausgesprochene Behauptung, dafs kein Acetylpseudocodeingoldchlorid, sondern nur das Golddoppelsalz des Pseudocodeins vorlag. Platindoppelsalz des Einwirkungsproduktes. Dieses Doppelsalz konnte durch Umkrystallisieren aus verdünnter Salzsäure in feinen, gelben Nadeln ei'halten werden. Letztere er- wiesen sich als krystallwasserfrei. I. 0,2274 g verloren beim Trocknen bei 100^ nur 0,0008 g an Ge- wicht, gleich 0,3 Proz. 0,2266 g der trockenen Doppelverbindung binterliefsen 0,0440 g metallisches Platin. Gefunden Berechnet tür I. (C13H21NO3, HCIJ2 PtCli Pt 19,41 Proz. 19,30 Proz. Demnach war auch das vorliegende Platinsalz als Pseudocodein- platinchlorid. nicht dagegen als Platindoppelsalz des acetjdierten Pseudocodeins anzusprechen. Pseudocodeingoldchlorid: Gig H.i NO3 . HCl + AUCI3 + 3H2O. Fällt man eine salzsaure Lösung des Pseudocodeins mit Gold- chloridchlorwasserstoff, so entsteht ein dunkelrotbrauner Nieder- schlag, der sich in Flocken sogleich absetzt. Das Doppelsalz ist sehr leicht zersetzlich. Schon aus diesem Grunde ist nach dem Ab- saugen längeres Auswaschen zu vermeiden. Auch dieses Goldsalz liefs sich aus salzsäurehaltigem Wasser nicht umkrystallisieren, da hierbei die gleichen Zersetzungserscheinungen eintraten, wie ich die- selben bei dem Golddoppelsalz des Einwirkungsproduktes von Acetyl- chlorid, resp. von Essigsäureanhydrid auf Pseudocodein beobachtete. W. (iöhlich, Zur Kenntniss des Codeins. 285 Ich versuchte diesmal dem Goldsalze den Krystallwassergehalt durch Trocknen über konzentrierter Schwefelsäure zu entziehen. Jedoch ver- loren auch bei tagelangem Stehen über Schwefelsäure 0,7003 g des Goldsalzes nur Ü,Oo24 g Wasser, gleich ca. 0,3 Proz. ; dagegen wies die von der exsiccatortrocknen Substanz ausgeführte Goldbestimmung genau wie bei dem im Vorigen geschilderten Goldsalze, auf einen Wasser- gehalt von 3 Molekülen hin. 0,6979 g des über Schwefelsäure getrockneten Doppelsalzes lieferten 0,1995 g Gold. Gefunden Berechnet für I (Cjs Hai ^^3- HCl) AuClg + 3 HgO Au 28,58 Proz. 28,34 Proz. Pseudocodein Platinchlorid: CCjs Hgi NO3 . HCl) g PtCl4. Durch Platinchloridchlorwasserstoff entsteht in einer salzsauren Lösung des Pseudocodeins sogleich nur ein geringer gelbweifser, flockiger Niederschlag, den man durch Erwärmen wieder in Lösung bringen kann. Beim längeren Stehen über Schwefelsäure scheiden sich dann feine, gelbe Krystallnadeln aus, welche krystallwasserfreisind. 0,5000 g der zerriebenen Krystalle verloren bei 100 ^ nur 0,00145 g an Gewicht gleich ca. 0,3 Proz. 0,49845 g des bei 100 ^ getrockneten Doppelsalzes hinterliefsen 0,0963 g Platin. Gefunden Berechnet für I (C18 Hol ^Os' 301)2 PtCl4 Pt 19,31 Proz. 19,30 Proz. Chlorwasserst off säur es Pseudocodein. Das Merck 'sehe Präparat stellte weifse, zarte Nädelchen dar, welche noch einmal aus heifsem Wasser umkrystallisiert wurden. Beim Trocknen der zerriebenen Krystalle bei 100 " verloren I. 0,2532 g 0,0165 g Wasser IL 0.3402 g 0.0222 g III. 0,3610 g 0,0242 g Gefunden : I II III HgO 6,51 Proz. 6,52 Proz. 6,69 Proz., Prozentzahlen, welche für die Berechnung des Krystallwaaser- ehaltes keiner Formel recht stimmen wollen, denn C18 H21 NO3, HCl + H2O verlangt 5,09 Proz. H2O C18 H21 NO3, HCl + IV2H2O ,. 7,45 Proz. „ C18 H21 NO3, HCl 4- 2H2O „ 9.66 Proz. „ 286 W. Göhlich, Zar Kenntniss des Codeins. Von selbst dargestelltem Pseudocodeinchlorhydrat verloren IV. 0.5230 g = 0,036 g Wasser bei lOOO; dieselbe Menge beim Trock- nen bei 12U0 0,038 g Wasser. Gefunden IV b. lOOC' b. 120^' H2O 6,88 Proz. 7,26 Proz. HoO. Diese Werte stimmen mit denen überein, welclie für das Hydro- chlorid des ,, amorphen" Codeins ermittelt wurden. 0,2367 g des bei 100*^ getrockneten Salzes im Bleich.ro matrolir mit vorgelegter reduzierter Kupferspirale im SauerstofFstrome vei-brannt. lieferten 0.5576 COg und 0.1494 H2O. Gefunden Berechnet für C18H21NO3.HCI C. 64,25 Proz. 64,38 Proz. H. 7,00 .. 6,55 ., 0,3180 g der bei luO*^' getrockneten Substanz gaben 0,1362 g Ag Cl = 0,0336 Cl. Gefunden Berechnet für Cl 10,56 Proz. lü,.58 Proz. Bromwasserstoff saures Pseudocodein. Dieses Salz bildete feine, weiTse Nadeln, welche in dem Aufseren und dem Verhalten dem Hydrochlorid ähneln. I. 0,401 g verloren bei lOO« 0,0201 g HgO. II. 0,5682 g „ „ 1000 0,030 g .. III. 0,2112 g .. „ 1000 0.0114 g .. Gefunden : I. IL III. HoO 5.01 5.27 5,39. Diese Daten stehen im Einklang mit denen, welche bei der Untersuchung des Hydrobromids des „amorphen" Codeins ermittelt wurden, sie stehen in der Mitte zwischen den Werten, welche ein mit 1 und mit 2 Mol. HoO krystallisierendes Salz verlangt (vergl. 278). 0,5382 g des bei lOOO getrockneten Salzes ergaben 0,2661 g AgBr. Gefunden: Berechnet für: Cjg Ho^ NO3, HBr Br. 21,03 21,05. Schwefelsaures Pseudocodein: (Cjg H21 X03)2 Ho SO4 — 2 H2 0. Die Darstellung dieses Salzes erfolgte in der Weise, dafs ich Pseudocodein fein gepulvert in Wasser suspendierte und so viel ver- dünnte Schwefelsäure vor.sichtig zufügte, dafs eine klare Lösung ein- \V. Gühlicli. Zur Kenntnis des Codeins. 287 trat. Dieselbe reagierte schwach sauer und schied nach dem Kon- zentrieren auf dem Wasserbade und Stehen über Schwefelsäure, kleine glänzende Krystalle aus, von blättrig-schuppigem Ansehen. Die- selben wurden noch einmal aus Wasser umkrystallisiert. 0,6226 der zerriebenen Kiystalle verloren bei 100 zum konstanten (Tewicht gebracht 0,0282 g Wassei*. Gefunden: Berechnet für: I. (C.3 H21 NO3) 2 H2 SO4 + 2 H., H2O 4,52 Proz. 4,91 Proz. 0,5944 g der wasserfreien Substanz ergaben 0.2024 g Ba SO4. Gefunden: Berechnet für: I. (Cjs H21 NOs^ä Ho SO4 H2SO4 14.32 Proz. 14,08 Proz.' Nach diesen gefundenen Daten stimmt das Sulfat des Pseudo- codeins in seiner Zusammensetzung völlig mit dem des „amorphen" Codeins überein. Die gleiche Uebereinstimmung zwischen dem Pseudocodein und dem „amorphen" Codein, welche in der gleichen Zusammensetzung ihrer Salze zu Tage tritt, zeigt sich auch in dem Verhalten der beiden Köi'per gegen Alkaloidreagentien, wie aus nachstehender Ta- belle, welche auch das entsprechende Verhalten des Codeins mit ein- .schliefst, hervorgeht. Reagens Pseudo- codein Amorphes Codein Codein Konz. Schwefelsäure In der Kälte \ In der Kälte , In den Kälte farblos, j farblos, farblos, beim Erwärmen 1 beim Erwärmen •■ beim Erwärmen bläulich bläulich bläulich Salpeter- Säure gelb gelb gelb Erdmanns I gelb-bräunlich; ' gelb-bräunlich; \ gelb-bräunlich; Reagens i dann schmutzig t dann schmutzig dann schmutzig Fröhde's Reagens gelblich ; dann grün; dann blau gelblich ; dann grün; dann blau gelblich ; dann grün ; dann blau W. Gö blich, Zur Kenntnis des Codeins. Reagens Pseudo- codein Amorphes Codein Codein Vanadin- Schwefelsäure gelb: dann grün; dann blau gelb : gelb ; dann grün; dann grün; dann blau ' dann blau Schwefelsäure mit einem Tropfen Eisencblorid erwärmt: tiefblau erwärmt : tiefblau erwärmt : tiefblau Schwefelsäure mit Zucker erwärmt : purpurn erwärmt : purpurn erwärmt: purpurn Faby"sche Reaktion intensiv blau intensiv blau intensiv blau Nach den vorstehenden Daten kann es wohl keinem Zweifel unterliegen, dafs das Pseudocodein von Merck mit dem soge- nannten „amorphen" Codein von Anderson und Arm- strong identisch ist. Zur besseren Übersicht mögen im Nachstehenden nochmals die bei beiden Basen gemachten Beobachtungen zusammengestellt werden. Pseudocodein „amorphes" Codein Formel C18H21NO3 + H2O CigHsiNOg + H2O Form Nadeln Nadeln Schmelzpunkt 1800 1800 Hydrochlorid CigNoiNOg HCl + aqu CigHoiNOg HCl + aqu Hydrobromid CjgHoiNOg.HBr + aqu Ci8H2iN03,HBr-faqu W. Göhlicli. Zur Kenntnis des Codeins, 289 Pseudocodein „amorphes" Codein Sulfat (CigHoiiN'Og), H0SO4 (Ci8H2iN03)2H2S04 + 2H2O +2H2O Golddoppelsalz (CigHoiXOg) HCl, AuClg " + 3 HgO (Ci8H2iN03)HCl,AuCl3 + 3H2O Plaiindoppelsalz 1 (Ci8H2iN03,HCl)2PtCl4 (Ci8H2iN03,HCl)2PtCl4 Eine Zusammenfassung der liauptsächliclisten Resultate dieser Arbeit möge den Schluis derselben bilden: 1) Das Hydrojodid des gewöhnlichen Codeins enthält aus Wasser umkrystallisiert. ebenso wie das Hydrobromid und Hydrochlorid zwei Molekül Krystallwasser ; aus alkoholischer Lösung, die mit Äther geschichtet wurde, erhält man ein Hydrojodid mit nur einem Mole- kül Wasser. 2) Sulfat und Chi'omat des Codeins enthalten 5 Moleküle Kry- stallwasser; das Golddoppelsak des Codeins ist wasserfrei; das Pla- tindoppelsalz enthält 4 resp. 6 Moleküle Wasser. Das Acetat des Codeins enthält 2 Moleküle Wasser, während das Salicylat ohne Wasser krystallisiert. 3) Das Chlorocodid von Wright und Matthiefsen ist der Torrn, der Zusammensetzung, den Reaktionen und den Abkömmlingen nach, die bei Behandlung desselben mit Wasser und Salzsäure unter Druck entstehen, identisch mit dem Chlorocodid von v. Gferichten. 4) Durch Einwirkimg von alkoholischer Kalilauge auf Chloroco- did unter Druck entsteht Apocodein. 5) Konzentrierte Schwefelsäure büdet in der Kälte aus Codein Sulphocodid. 6) Durch eineinhalbstündliches Ei'hitzen von Codein mit einem Gemisch gleicher Volumina Schwefelsäure und Wasser entsteht „amorphes" Codein, welches indessen auch krystallinisch zu er- halten ist. 7} Dieses ki-ystallisierte, „amorphe" Codein ist identisch mit Merck" s Pseudocodein. 8) Die Verschiedenheiten des Codeins, des Pseudocodeins und des „amorphen" Codeins treten besonders hervor in dem Schmelz- Aich. d. Pharm. CCXXXI. Bds., 4. Heft. jg 290 J. Bertram u. H. Walbaum. Ueber Fichtennadelöle. punkte, dem Wassergehalt des Hydrochlorids und Hydrobromids , des Gold- und Platindoppelsalzes und dem Wassergehalte des Sulfates. Gegen Alkaloidreagentien verhalten sich alle drei Basen gleich- 9) Ein acetyliertes Pseudocodein zu erhalten, war nicht mögUch. Beitrag zur Kenntnis der Fichtennadelöle von J. Bertram und H. W a 1 h) a u m. (Eingegangen den 26. III. 1893.) Unter dem gemeinsamen Namen „Fichtennadelöle" werden die flüchtigen Öle der Nadeln und der jungen Zapfen verschiedener Coniferen aus den Gattungen Pinus. Picea, Abies und Larix in den Handel gebracht. Unsere Kenntnis der chemischen Bestandteile dieser Öle ist noch recht mangelhaft ; vollständige Untersuchungen derselben Hegen, mit Ausnahme eines einzigen Falles, nicht vor; man hat sich viel- mehr bisher auf die Feststellung gewisser physikaHscher Eigen- schaften — - Specif. Gewicht, optisches Drehungsvermögen. Siede- temperatur — und auf den Nachweis einzelner Terpene beschränkt. Unter diesen Umständen kann man aus den Literaturangaben kein Bild von der Zusammensetzung der Fichtennadelöle und von den Unterschieden der Öle aus den verschiedenen Coniferen ge- winnen. Man war sogar für die Unterscheidung der Nadelöle von den Terpentinölen bisher hauptsächlich auf den Gei'uchssinn angewiesen, nur in einzelnen Fällen bot die Bestimmung des optischen Drehungs- vermögens, wegen der Anwesenheit gröfserer Mengen von Links- Limonen in gewissen Sorten der Fichtennadelöle. einen Anhalt. Unter solchen Verhältnissen kann es nicht Wunder nehmen, dafs man im Handel vielfach Fichtennadelöle erhält, welche nichts Anderes sind als Terpentinöl, dem durch Destillation über Coniferen- nadeln oder durch Zusatz geringer Mengen echten Öls ein Fichten- nadelduft erteilt worden ist.^j Unter Berücksichtigung dieser Thatsachen erschien uns eine sorgfältige Untersuchung der Fichtennadelöle nicht allein wegen de.s 1) vergl. Bericht v. Schimmel u. Co. Oktober 1892 pag. 21 u. J. Bertram u. H. Walbaum. lieber Fichtennadelöle. 291 allgemeinen Interesses, welches diese Körper als Produkte unserer bekanntesten Waldbäume verdienen, sondern auch aus praktischen Gründen wünschenswert. Zu diesem Zwecke haben wir uns einige Öle von zweifelloser Abstammung und Reinheit verschafft, deren physikalische Eigen- schaften ermittelt und ihre Bestandteile, soweit es nach dem heutigen Stande der Wissenschaft möglich, zu isolieren versucht. Im Laufe der Untersuchungen hat sich ergeben, dafs in fast allen Fichtennadelölen Ester des Borneol's vorhanden sind, und zwar hauptsächlich der Essigester desselben. Man kann das Bomyl- acetat. welches sich, je nach Abstammung des Öles, in wechselnden Mengen vorfindet, als den eigentlichen Träger des „Tannenduftes" bezeichnen. Der besondere Charakter der einzelnen Öle wird durch die An- wesenheit verschiedener Terpene bedingt. Von solchen sind folgende aufgefunden und mit Sicherheit be- stimmt worden: 1. Pinen. r. Pinen, 1. Limonen, Dipenten, Phellandren und Silvestren. Ferner enthalten die meisten Öle Sesquiterpen (Cadinen Wallachs.) 1. Edeltanuenöl von Abtes pectinata D. C. Dieses Öl wird in der Schweiz und in Tyrol aus den Nadeln und jungen Zweigenden der Edeltanne gewonnen; es besitzt einen sehr angenehmen erfrischenden Tannendutt und findet deshalb in der feineren Parfümerie mannigfache Verwendung. Das untersuchte Öl besals das spec. Gew. 0,875 bei 15*^, es ist Unksdi^ehend, bei 100 mm Rohrlänge -f 20^ 40^ Beim Destülieren unter gewöhnlichem Luftdruck gehen von 1500—1700 8 0/q, von 170—1850 55 0/^ ^ber, alsdann findet Zer- setzung statt, weil das vorhandene Bornj'lacetat nur im Vacuum oder jnit Wasserdampf unzersetzt destülierbar ist. Natürlich kann die Beobachtung des Siedeverhaltens eines Öles, welches bei der Destillation Zersetzung erleidet, kein richtiges Bild von der Zusammensetzung desselben geben. Im vorliegenden Falle g. B. wird durch die fr ei werdende Essigsäure ein Teil der Terpene verändert und in Dipenten. Terpinen und polymere Produkte umge- wandelt, wodurch der Siedepunkt erhöht wird. Dennoch hat sich die 19* 292 J. Bertram u. H. Walbaum, Ueber Fichtennadel öle. Bestimmung der Siedetemperatur als ein nützliches Mittel erwiesen, um die guten Öle von den billigen Handelssorten zu unterscheiden, welche gewöhnlich fast ganz aus Terpentinöl bestehen und deshalb in der Regel schon unter 170° vollständig überdestillieren. (Vergl. Bericht v. Sc himmel u. Co. Oktober 1892.) — Zur Ermittelung seiner Bestandteile wurde das Ol mit einer hinreichenden Menge alkoholischer Kalilauge einige Stunden erwärmt, mit Wasserdampf destilliert und der fraktionierten Destillation unterworfen. Die niedrigst siedenden Anteile lieferten nach mehrfachem Destillieren über Natrium Pinen von folgenden Eigenschaften: Siedepunkt 157—1600, opt. Dreh. — 320 b. 100 mm Rohrlänge, Refraktion für die Linie nD 1,4658. Zur weiteren Identifierung wurde es in folgende höchst charakter- istische Verbindungen übergeführt.^) Pinennitrosochlorid Schmelzpunkt 102 — 103'' Pinennitrolbenzylamin „ 122 — 123° Die von 170° — 180° siedende, linksdrehende Fraktion des ver- seiften Öls wurde bromirt, wobei grofse Mengen des bei 104^ schmelzenden Limonentetrabromids entstanden : damit ist die An- wesenheit des Links-Limonen's erwiesen. Aus den höheren Fraktionen Sdpt. 190 — 240° schieden sich beim Abkühlen Krystalle ab, welche nach dem Umkrystallisieren aus Petroläther bei 206 — 207° schmolzen imd alle Eigenschaften des Links-Borneois besafsen. Die über 240° siedenden Anteile bestehen im Wesentlichen aus- Sesquiterpen. Die loci der Verseilung des Öles an das Alkali gebundenen Säuren wurden mittels Schwelelsäure in Freiheit gesetzt und mit Wasserdampf abdestilliert. Mit Sodalösung eingedampft, wieder ab* geschieden und mit Äther ausgezogen siedeten dieselben von 100 — 125 0. Zum gröisten Teil bestand das Gemenge aus Essigsäure, wie die Analyse des in den bekannten charakteristischen Nadeln kry- stallisierenden Silbersalzes ergab: 0,2220 g Silbersalz enthielteu 0,1428 g Ag = 64,32 Proz., nach nochmaligem Umkrj'^stallisieren gaben 0,1882 g Salz = 0,1211 g Ag = 64,34 Proz. berechnet für Silbei'acetat 64,67 Proz. 1) 0. Wallach, A. Chem. Pharm. 245. 245; 252. 130. J. Bertram u. H. Walbaum, Ueber Fichtennadelöle. 293 Um den Gehalt an Bornylacetat in dem Oel quantitativ zu be- stimmen, \vurde dasselbe mit einer alkoholischen Kalilösung von be- kanntem Gehalt verseift, und durch Zurticktitrieren die Menge des gebundenen Kali's ermittelt, woi'aus sich dann der Estergehalt leicht erkennen läfst. 20,86 g Öl brauchten zur Verseifung 0,2912 g KOH, entsprechend 4,5 Proz. Bornylacetat. Nach den vorstehenden Untersuchungen besteht also das äthe- rische Oel der Nadeln der Edeltannen aus Links-Pinen, Links- Limonen, Links-Bornylacetat (4,5 Proz.) und Sesquiterpen. 2. Tauiieiizapfenöl von Abies pcctinata DC. Dieses Oel, welches in der Schweiz uud in Thüringen aus den jungen Zapfen der Edeltanne gewonnen wird, kommt ebenfalls unter dem Namen „Pichtennadelöl" in den Handel. Es unterscheidet sich von dem oben beschriebenen Ol der Edeltannennadeln sowohl durch seinen milden Geruch, als auch durch das niedrige spezif. Gewicht und das stärkere Drehungsvermögen; dementsprechend ist denn auch seine chemische Zusammensetzung eine wesentlich andere. Gelegentlich seiner bekannten Arbeiten über die Terpene, welche für die Kenntnis der ätherischen Öle von grundlegender Bedeutung geworden sind, hat Wallach^) dieses Öl bereits untersucht, er fand darin Pinen und Links-Limonen, welches letztere ihm als Ausgangs- material für seine interessanten Forschungen über die Isomeriever- hältnisse der Limonenderivate diente. Das von uns untersuchte Öl stammt aus der Schweiz, es besafs folgende physikalische Eigenschaften: Spez. Gew. 0,854, opt. Dreh. — 72 o bei 100 mm Eohrlänge. Siedeverhalten 150—1700 = i6 Proz., 170—1850 = 76 Proz., Des- tillationsrückstand = 8 Proz. Aus der ersten Fraktion wurde durch wiederholte Destillation Links-Pinen erhalten, vom Siedep. 157 . 1600, opt. Dreh. — 330. Dasselbe bildete Pinennitrosochlorid Schmp. 102 — 1030. Pinennitrolbenzylamin „ 122 — 1230. Fraktion 170 — 185° bestand zum gröfsten Teil aus Links-Limonen und lieferte in reichlicher Ausbeute das bei 104*^ schmelzende Limonen- tetrabromid. 1) Lieb. Annalen 227—287. 294 J. Bertram u. H. W a 1 b a u m , lieber Fichtennadelöle. Der Estergehalt des Öls ist so gering (zirka 0,5 Proz.) dafs eine erfolgreiche Abscheidung etwa vorhandenen Borneols aussichtslos er- schien. Das Tannenzapfenöl besteht also aus Links-Pinen und Links- Limonen , von denen das letztere vorwiegt. Da das Limonen der w^ertvoUere Bestandteil, so ist zur Beurteilung der Güte eines Öls die Beobachtung des spezif. Gewichts und der optischen Drehung durchaus liinreichend. Das bessere Öl wird ein niedi'igeres spezif. Gewicht und eine stärkere Linksdrehung besitzen. In folgender Tabelle haben wir die physikalischen Eigenschaften einiger von uns untersuchten Öle zusammengestellt. Spez. Gew. lopt. Drehung j Ort der Herstellung 1 0,853 - 750 20' Schweiz 2 0,851 -720 40' „ 3 0,858 -620 40' Thüringen i 0,862 -57 20' y> 3. Cauadisehes Tauueiiöl (Spruce oil). Abtes canadensis L. Das Spruce oil ward aus den Nadeln und jungen Zweigen der in Nordamerika einheimischen Hemlocktanne dargestellt, es zeichnet sich durch einen aufserordentlich hohen Gehalt an Bornylacetat aus. Das untersuchte Öl besals das spez. Gew. 0,907 , sein opt. Drehungsvermögen war -:-200 54' bei 100 mm Rohrlänge. Siedeverhalten: von 150—1700 _ n Proz.. von 170—1850 = 37 Proz. Destillationsrückstand 52 Proz. Bei der Destillation findet Zersetzung unter Abspaltung von Essigsäure statt. Das Öl wurde in gleicher Weise wie das Edeltannenöl verseift, und alsdann der fi-akt. Destillation unterworfen. Aus den niedrig siedenden Anteilen konnte mit Leichtigkeit Pinen vom Siedepunkt 157 — ißoo isoliert werden, dasselbe drehte den polarisierten Lichtstrahl bei 100 mm Rohrlänge -f- 260 m^^ bildete Pinennitrosochlorid Schmelzp. 102 — 1030 und Pinennitrolbenzylamin Schmelzp. 122 — 1230. Die höher siedenden Antheile bestanden hauptsächlich aus Links- Borneol, welches leicht in den JDekannten Blättchen vom Schmelzp. 206 — 2070 gewonnen werden konnte. J . Bertram u. H. W a 1 b a u m , lieber Fichtennadelöle. 295 Die quantitative Esterbestimmung ergab einen Gehalt von 36 Proz. Bornylacetat. 6.61 g Öl gebrauchten zur Verseifung 0,6994 g KOH, entspr. 36 Proz. CH3 COOCjo H17. Zur Isolierung des Esters wiu'de ein gröfseres Quantum Ol im Vacuum fractioniert, wobei schliefslich ein Destillat vom Siedep. 104 — 1050 bei 11 mm Druck erhalten wurde, welches im Kälte- gemisch zu einer festen Krystallmasse erstairte. Abgesaugt und aus Petroläther umkrystallisiert, besafsen die Krystalle den Schmelzp. 28 — 29^. Bei der Analyse wurden folgende Zahlen erhalten: 0,1492 g Substanz lieferten 0,4037 g CO2 und 0,1388 g HoO Bornylacetat Gefunden : berechnet für : C^o H20 O2 C 73,79 Proz. 73,47 H 10,34 Proz. 10,20 Der Ester hat die Eigenschaft, lange in überschmolzenem Zu- stande zu verharren, ist ziemlich flüchtig und von angenehmem Tannenduft. Im 20 mm Rohr betrug die Ablenkung des polarisierten Lichtstrahles —7» 49'. Die höchsten Fraktionen enthielten Sesquiterpene. — Die aus der Verseifungslauge abgeschiedene Säure siedete von 100 — 120*^ und erwies sich als Essigsäure, deren aus heifsem Wasser um- krystallisiertes Silbersalz analysiert wurde. 0.3980 g Silbersalz enthielten 0.2560 g Ag = 64,32 Proz. Ber. 64,67 Das Spruce oil besteht somit aus: Links Pinen, Links Bornyl- acetat (36 Proz.) und Sesquiterpen. 4. Ficlitennadelöl. Picea vulgaris Lk. Das zu dieser Untersuchung verwendete Oel haben wir uns selbst durch Destillation von frischen Nadeln und Zweigen der ge- wöhnlichen Fichte (Rottanne) hergestellt. Aus Ko. 1570 Material wurden Ko. 2,250 Oel erhalten, mithin betrug die Oelausbeute: 0,15 Proz. Das Produkt besitzt einen äufserst angenehmen, gewürzhaften Fichtenduft und steht in dieser Beziehung dem Oel der Edeltanne nicht nach. Das spez. Gewicht betrug 0,888 bei 15^. Die opt. Drehung H- 21° 40' bei 100 mm Rohrlänge. 296 J. Bertram u. H. Walbaum, üeber Fichtennadelöle. Sie d e verhalte n : von 160^ — 170*^' : 20 Proz. . von 170 bis 185°: 50 Proz.. Rückstand: 30 Proz. Auch hier tritt beim Destil- liren Zersetzimg ein. Das Oel -R-urde verseift und alsdann fraktioniert. Aus dem von 160 — 170*^ siedenden Anteile wairde nach oft wiederholtem Destillieren über Natrium Pinen mit folgenden Eigen- schaften gewonnen: Siedep. 157 — löO^, opt. Drehung ~ SB^ bei 100 mm. Es wurden dargestellt: Pinennitrosochlorid Schmp. 102 — lO-S"^ Pinennitrolbenzylamin „ 122—123*^ Xitrosopinen „ 132'-^ Aus den von 170 — 185° siedenden Anteilen wurde nach mehr- fachem Fraktionieren überNatrium ein Destillat erhalten vom Siede- punkt 170 — 175*^. in welchem Phellandren und Dipenten nachge wiesen werden konnten. Die Fraktion war optisch aktiv, drehte den polarisierten Lichtstrahl im 100 mm Rohr 30*^ 40' nach links und zeigte mit salpetriger Säure die charakteristische Phellandreu- reaktion. Der Schmelzpunkt des gereinigten Phellandrennitrits wurde bei 101° gefunden. Ein Teil des Destillats wurde in trockenem Aether gelöst und mit trockenem Salzsäuregas gesättigt, nach dem Verdunsten des Aethers schied sich ein festes Chlorhydrat aus, welches nach mehrfachem Umkrystallisieren aus Alkohol den Schmelz- punkt 50° zeigt und dadurch als Dipentendichlorhydrat charak- terisiert war. Die Fraktion 200 — 230° scliied beim Abkühlen linksdrehendes Bomeol vom SchmeLzp. 206 — 207° in beträchtlichen Mengen aus. In den über 260® siedenden Teilen des Oels, welche -^ 6° 40' (bei 100 mm Rohrl.) drehten, war Sesquiterpen (Cadinen) enthalten. Das daraus dargestellte Chlorhydrat schmolz bei 118°. Das aus der Verseifungs- flüssigkeit gewonnene Säuregemenge siedete bei 100 — 120° und be- steht im Wesentlichen aus Essigsäure. 0,2970 g Silbersalz gaben 0,1910 g Ag = 64,31 Proz. 0,3280 , „ ,. 0.2105 „ „ = 64,18 „ berechnet für CH3 . COO Ag. 64,67 Proz. Der Gehalt an Bomylacetat wurde in bekannter Weise be- stimmt. 12.89 g Oel brauchten zur Verseifung 0,3248 g KOH entspr. 8,3 Proz. CH3.COO C10H17. Demnach besteht das Fichten- nadelöl aus Links-Pinen, Links -Phellandren. Dipenten, Links-Bomyl- cetat (8,3 Proz.) Sesquiterpen (Cadinen). J. Bertram u. H. W a 1 b a u m , Ueber Fichtennadelöle. 297 5. Latsclieiikieferöl. Pinus Pmnilio Haenke. In den österreichischen Alpenländern werden die Nadeln und Zweige der Latschenkiefer oder Krummholzf'öhre in gröfseren Mengen destilliert. Das daraus gewonnene flüchtige Oel findet eine sehr ausgedehnte Anwendung. Es dient zum Aromatisieren von Seifen, Salben, Bonbons und Pastillen, zur Herstellung des sog. „Tannen- duftes", zum Verstäuben in Krankenzimmern etc. Atterberg^) untersuchte ein aus ßeichenhall bezogenes Latschenkiefernöl. Er fand darin Pinen, Siedep. 156 — 160°, opt. Drehung ~ 6,66^, spec. Gew. 0,871 bei 17,5°, dessen Chlorhydrat er darstellte und ein von 171 — 176*^ siedendes Terpen, welches bei 17, 5*^ des spez. Gew. 0.8598 besafs; dasselbe zeigt den Geruch des Silvestren's doch konnte das charakteristische Dichlorhydrat dieses Terpens nicht ge- wonnen werden. Zu unseren Untersuchungen diente ein Oel, welches in Tyrol (Pusterthal) destilHert worden war. Dasselbe zeigt ein spez. Gew. von 0,865-) bei 15*^, im 100 mm Rohr lenkt es den polarisierten Lichtstrahl um -h 9^ ab. Siede verhalten: 160— 170^ = Proc. . 170—1850 70 Proz. Destillations-Rückstand .30 Proz. Das Oel wurde durch Erwärmen mit alkoholischem Kali verseift und fraktioniert. Die ersten Destillate enthielten Links-Pinen Siedep. 157—161 : opt. Dreh. — 7° bei 100 mm ß. -Länge und bildete Pinennitrosochlorid Schmp. 102 — 103^ „ Pinennitrolbenzylamin „ 122 — 12.30 ^ Aus dem von 170—185 siedenden Teile wurde durch oft wieder- holtes Destillieren über Natrium ein von 172 — 175^ siedender Haupt- teil abgesondert. Die opt. Dreh, der Fraktion betrug — -40 bei 100 mm R. Aus einem Teil derselben wurde Phellandrennitrit vom 1) Berl. Bar. l-t. 2530. 2) Ueber das spez. Gew. des Oels finden sich widersprechende Angaben, welche wohl daher rühren, dafs viele Handelsöle mit Ter- pentinöl verfälscht sind (vgl. Bericht von Schimmel & Co., AprU 1890). Siehe Zusammenstelluns: am Schlufs dieses Artikels. 298 J. Bertram u. H. W a 1 h a u m , Ueber Fichtennadelöle. Schmelzpunkt 102*^ gewonnen.^) Der andere wurde in trockenem Äther gelöst und in der Kälte mit Salzsäuregas gesättigt. Die an einem kalten Orte verdunstende Lösung hinterliefs ein krystallisiertes Chlorhydrat, welches mehrfach aus Alkohol und Äther umkrystaUisiert, scharf bei 72"^ schmolz. Die Krystalle besalsen den füi* das Silvestrendihydroclilorid charakteristischen Habitus. Aus der Traktion 215 — 2.30° schied sich bei sehr starker Abkühlung Bomeol ab, welches nach dem UmkrystalHsieren aus Petroläther den Schmelzpunkt 206—207 zeigte. Die über 250 ^ siedenden Teüe des Öles waren opt. inaktiv und bildeten mit Salzsäuregas gesättigt das bei 118° schmelzende Ses- quiterpenchlorhydrat . Die Säure des Latschenkieferaöles siedet von 100 — 120°. Die Analyse des Silbersalzes ergab folgendes: 0,2105 g enthielten 0,1350 g Ag = 64.13 Proz. berechnet für Silberacetat 64-.67 , Aus zwei Bestimmungen ergiebt sich der Estergehalt des Öles zu durchschnittlich 5 Proz. 19,63 g brauchten zur Verseifung 0,2S56 g KOH = 4-,9 Proz. Ester. 20,59 g „ „ „ 0.3136 g „ = 5,2 „ Das Latschen kiefernöl besteht mithin aus: Links-Piuen-), Links- Phellandren, Silvestren, Bornylacetat (5 Proz.) und Sesquiterpen. Die nachstehende Tabelle giebt Auskunft über das spez. Gewicht und das optische Drehungsvermögen verschiedener in den letzten Jahren von uns untersuchten Ole, welche sämtlich in Tyrol oder in Salzburg dargestellt waren. Spez. Gew. Opt. Drehung bei 150 im 100 mm Bohr 1 0,861 2 0,871 -^ 60 20' 3 0,868 -:- 70 48' 4 0,867 5 0,865 ~ 90 6 0,868 ^ 70 ( 0,870 -^ 50 30' 1) Als eine Methode, welche namentlich beim Reinigen kleiner, Mengen Phellandrennitrit gute Dienste leistet, hat sich Auflösen des Präparates in Essigäther und alsbaldiges Ausfällen mit 6öproz. Alkohol bewährt. Die Krystalle scheiden sich schon beim ersten Male ganz weifs ab, während bei der üblichen Methode durch den Petroläther aus der Chloroformlösung häufig die verunreinigenden Substanzen mit niedergeschlagen werden. 2) Da das Drehungsvermögen nur -i- 7 betrug, so ist anzunehmen dafs auch Rechtspinen vorhanden war. J. Bertram u. H. W a 1 b a u ra , Ueber Fichtennadelöle. 299 Schwedisches Kiefernnadelöl. Pinus silvestris L. Die Firma Apoth. Carlsson's Wwe. in Jonköping gewinnt aus den Nadeln der gewölinlichen Kiefer oder Töhre ein ätherisches Ol, welches unter dem Namen „schwedisches Fichtennadelöl" in den Handel gebracht wird und für medizinische Zwecke — - zu In- halationen bei Lungenkrankheiten, als Zusatz zu Bädern bei rheu- matischen Leiden etc. etc. — Verwendung findet. Dieses Ol, dessen Reinheit durch ein Gutachten des Herrn Professor Stahre in Stockholm garantirt wird, ist rechtsdrehend und unterscheidet sich dadurch von allen bisher von uns untersuchten Fichtennadelölen. Im Anschlufs an seine Untersuchungen über schwedisches Ter- pentinöl, welche ihn zur Entdeckung des Silvestrens führten, machte Atterberg^) Angaben über ein von ihm untersuchtes Fichtennadel- öl^), dasselbe enthielt neben Pinen noch ein anderes Terpen, viel- leicht Silvestren und einen weit höher siedenden aromatisch riechen- den Bestandteil, welcher offenbar dem Ol seinen charakteristischen Geruch verleiht. — Das Öl, welches wir von der oben genannten Firma erhalten hatten, besafs einen angenehmen, kräftigen Tannenduft, es zeigt fol- gende Eigenschaften: Spez. Gew. 0,872 bei 15*^: opt. Drehung + 10« 40' bei 100 mm Rohrlänge. Siedeverhalten: von 160— 170^ = 4-4 Proz. von 170— 185^ = 40 Proz. Destülations-Rückstand 16 Proz. Nach der Verseifung wurde das Ol der fraktionirten Destillation unterworfen, wobei zunächst ein Terpen vom Siedep. 157 — lOO*^, und dem spez. Gew. 0,865 bei 15 ^ isoliert werden konnte. Der Schmelz- punkt des daraus gewonnenen Nitrosochlorids lag bei 102^, der des Nitrolbenzylamins bei 122 — 123*', dadurch wird das Terpen als Pinen gekennzeichnet. Sein optisches Drehungsvermögen betrug + 1 7 o 40' im 100 mm Rohr. Femer wurde eine Fraktion vom Siedepunkt 172 — 175^ erhalten, welche den Geruch des Silvestrens besafs und mit Schwefelsäure in Essigsäureanhydridlösung schwache Violettfärbung gab, eine nach 1) Berl. Ber. 10. 1208. 2) Die Herkunft des betr. Oels wird nicht angegeben, doch glauben wir annehmen zu dürfen, dafs dasselbe von Pinus silvestris stammte. 300 J. Bertram u. H. W a 1 b a u m . lieber Ficliteiinadelöle. Wallach für Silvestren charakteristische Reaktion. Die opt. Drehung der Fraktion betrug + 8 o. Das Destillat wui'de in trockenem Äther gelöst und mit Salzsäuregas gesättigt, nach dem Verdunsten des Äthers schieden sich Krystalle aus, welche nach mehrfachem Um- krystallisieren den Schmelzpunkt des Silvestrendichlorhydrats, 72 o, zeigten. Eine Analyse derselben ergab folgenden Chlorgehalt: 0,4916 g gaben 0,6717 g Ag Cl = 0,1662 g Cl = 33,80 Proz. Cl berechnet für C^o H^g Clg : 33,97 Proz. Cl. Eine etwa 14 proz. Lösung dieses Chlorhydrats in Chloroform drehte den polarisierten Lichtstrahl bei 100 mm Säulenlänge + 2^. Die Esterbestimmung des Oeles ergab folgendes: 11,01.5 g brauchten 0,1120 g KOH, entsprechend 3,5 Proz. Bornylacetat. Infolge der ungenügenden Menge des Materials mufste auf die Gewinnung der Esterbestandteile verzichtet werden. Xach dem Geruch zu urteilen, ist jedoch auch hier Bornylacetat vorhanden. Deutsches Kiefernnadelöl. Pinus silvestns L. Da das schwedische Kiefernnadelöl in Bezug auf sein optisches Drehungsvermögen von allen bisher von uns untersuchten Koniferen- nadelölen abweicht, so erschien es uns nicht ohne Interesse nun auch das Ol der in Deutschland wachsenden Kiefer kennen zu lernen und festzustellen, ob dasselbe die gleichen Eigenschaften be- sitzt. Wir haben zu diesem Zwecke ein gröfseres Quantum frisch geflückte Kiefemnadeln im Dezember vorigen Jahres destilliert und daraus 0,45 Proz. äther. Ol gewonnen. Soweit uns bekannt, wird dieses Ol in Deutschland nicht fabrik- mäfsig dargestellt, obwolil es an Feinheit des Aromas dem Latschen- kiefernöl nicht nachsteht. Das Ol besafs das spec. Gew. 0,886 bei 15*^, das optische Drehungsvermögen betrug + 10° bei 100 mm Rohrl. Siedeverhalten: von 160— 170° lOProz., von 170— 1850 46 Proz., Rückstand 44 Pi'oz. Das Öl wurde nach der Behandlung mit alkoholi- schem Kali fraktioniert, wobei in den niedrigst siedenden Anteilen Püien aufgefunden ^vu^de, dasselbe besafs folgende Eigenschaften : Siedep. 157 -1600, spec. Gew. 0,861 bei 15° opt. Drehung + 16° bei 100 mm Refraktion nD 1,46585 bei 22 o Schmelzp. des dargestellten Pinen- J. Bertram u. H. W a 1 b a u m , üeber Fichtennadelöle. 301 nitrosochlorids 102"^, des Pinennitrolbenzylamins 122 — 123^; ferner ^v^l^de nach mehrfachem Destillieren über Natrium eine von 172 bis 175'^ siedende Fraktion abgeschieden, welche das spez. Gew. 0,866 bei 15*^, die Drehung + 7^ im 100 mm Rohr und die Refraktion nD 1,47127 bei 22 ^ zeigte. Phellandren war nicht nachzuweisen, dagegen erhielten wir durch Einleiten von Salzsäuregas in die ätherische Lösung, nach dem Abdunsten des Äthers, beim Abkühlen ein blättrig krystallisiertes Chlorhydrat, welches anfangs unter 50*^ schmolz, durch mehrfaches Umkrystallisieren erhöhte sich der Schmelzpunkt und das gereinigte Produkt schmolz schliefslich scharf bei 72*^, war also Silvestrendihydrochlorid. ^) Die Krj^stalle waren flach prismatisch ausgebildet und oft über 1 cm lang. Eine etwa 22prozentige Lösung des Chlorhydrats in Chloroform war rechts- drehend, + 4*^ 20' bei 100 mm ßohrlänge. — Die höchst siedenden Fraktionen des verseiften Öls gaben beim Behandeln mit Salzsäure das bei IIS^ schmelzende Sesquiterpenchlorhydrat. Esterbestinimung: I. 10,50 g Öl brauchte 0,1008 g KOH, entsprechend 3,5 Proz. Bornylacetat. II. 7,59 „ „ „ 0,0728 g KOH, entsprechend 3,5 Proz. „ Borneol oder einen anderen alkoholischen Bestandteil vermochten wir aus den höheren Fraktionen nicht abzuscheiden, dagegen konnte aus den Yerseifungslaugen eine Säure gewonnen werden, welche durch die Analyse ihres Silbersalzes als Essigsäm-e charakterisiert wurde. 0,1683 g Silbersalz gaben 0,1088 Ag = 64,70 Proz., berechnet für CHgCOOAg: 64,67 Proz Der Gehalt des Öls an freier Säure ist minimal. Das Kiefern- nadelöl enthält also : Rechts-Pinen, Rechts- Silvestren (Dipenten?), Sesquiterpen (Ca- dinen) und einen Essigsäureester, wahrscheinlich Bornylacetat. Die Ergebnisse unserer Untersuchungen der Fichtennadelöle finden sich in folgender Tabelle zusammengestellt. 1) Der niedrige Schmelzpunkt der ersten Krystallisation ist wohl auf die Gegenwart von Dipentenhydrochlorid zurückzuführen, welches nach Wallachs Beobachtungen den Schmelzpunkt des Silvestren- dihydrochlorids sehr herabdrückt. 302 J. Bertram u. H. Walbaum, Ueber Fichtennadelöle. Spez. Gew. Opt.Drehung Abstammung. bei 150 im 100mm Bohr. Bestandteile. 1. Edel- Abies 0,875 -f 200 40' Links-Pinen,Links- tannenöl peciinata DC. Limonen , Links- aus den Bornylacetat (4,50/0) Nadeln. Sesquiterpen. 2 Edel- Abies 0,854 -^ 720 Links - Pinen und tannenöl pectinata DC. Links-Limonen. aus den jungen Zapfen. 3. Hemlock- Abies 0.907 -^ 200 54' Links -Pinen,Links- tannenöl canadensis L. Bornylacetat (36%) (Spruceoil) und Sesquiterpen. 4. Ficbten- Picea 0,888 -^ 210 40' Links-Pinen,Links- nadelöl. vulgaris Lk. Phellandren.Dipen- ten, Links -Bomyl- acetat(8,3"/o)Sesqui- terpen (Cadinen). 5. Latscben- Finus 0,865 ^ 90 Links-Pinen ,Links- kieferöl. pumilio Eaenke. Phellandren , Sil- vestren, Bornylace- tat, Sesquiterpen. 6. Schwedi- Pinus 0,872 -f 100 40' Rechts - Pinen, sches Kie- silvestris L. Rechts - Silvestren fernnadel- Öl. Deutsches (Bornylacetat ?) 7. Pinus 0,886 + 100 Rechts - Pinen, Kiefern- silvestris L. Rechts - Silvestren, nadelöl. (Dipenten?) Sesqui- tei-pen (Cadinen) (Bornylacetat?) Eine Betrachtung der vorstehenden Tabelle zeigt, dafs alle von uns untersuchten „Fichtennadelöle" Pinen enthalten. In den Ölen der Tannen (Abtes) und der Fichte (Picea) ist die links drehende Modifikation vorwiegend, in der gewöhnlichen Kiefer findet sich dagegen Rechts-Pinen, im Öl der Latschenkiefer sind wahr- scheinlich beide Modifikationen vorhanden, wie aus dem geringen Drehungsvermögen des daraus gewonnenen Pinens ( — 70) ge- schlossen werden mufs. J. Bertram u. H. W a 1 b a u m , lieber Fichtennadelöle. 303 Von anderer Seite \) ist vor Kurzem im Öl der Zirbelkiefer fPiiins Cetubra L.) gleichfalls Rechts-Prnen gefunden worden, welches den Siedepunkt lötiO, das spez. Gew. 0,861 bei 18" und die Drehung «D + 38,740 zeigte. Rechts-Silvestren findet sich in den Nadeln der Latschenkieter und der gewöhnlichen Kiefer, Links-Limonen konnte dagegen nur in den Oelen der Edeltanne aufgefunden werden. Auch bezüglich der Esterbestandteile sind bemerkenswerte Unterschiede zwischen den Ölen der Tannen und Fichten einerseits und denen der Kiefern andererseits, beobachtet worden. Nach Verseifimg des Öles gelingt bei ersteren die Abscheidung des schön krj'^stallisierenden Bomeols mit Leichtigkeit und man er- hält den genannten Alkohol in Mengen, welche annähernd dem durch Titrations ermittelten Estergehalt des Öles entsprechen. Dagegen konnten wir aus dem Latschenkieferöle nur bei Verarbeitung grolser Mengen (2 Ko. Öl) einige wenige Gramm Borneol gewinnen, obgleich der Estergehait des Öls 5 Proz. betrug. Im Öl der gewöhnlichen Kiefer endlich, welches 8,5 Proz. Ester enthält, gelang die Isolierung des Bomeols überhaupt nicht, obwohl die betr. Fraktion des ver- seiften Öls deutKch den Geruch desselben zeigt. Wir halten es für wahrscheinlich, dafs in den Kiefernadelölen neben Borneol noch ein anderer alkoholischer Bestandteil enthalten ist, welchen wii' jedoch bisher nicht rein darstellen konnten. Ob die oben aufgezählten Unterschiede nur bei den von uns imtersuchten Alten der Gattungen Abies, Picea und Pimis vorhanden sind, oder ob dieselben für die ganzen Gattungen Geltung haben, vermag nur eine ausgedehntere Untersuchung zu entscheiden. Für die letztere Annahme spricht die Tatsache, dais Hirse h- s h n -) vor Kurzem auch in der sibirischen Tanne (Abies sibirica L.) Links-Bomylacetat in beträchtlichen Mengen aufgefunden hat. Ueber Bornylacetat und einige andere Ester des Borneol s. Der Essigester des Bomeols ge\vinnt als wichtiger Bestand- teil der Fichtennadelöle ein erhöhtes Interesse. Wü- haben den- selben zum Vergleich mit dem natürlich vorkommenden teils aus 1) Flawitzkv, Joum. f, pr. Chemie NF 45. 115. 2) Pharm. Zeitschr. f. Rufsland. 1892. Nr. 38. 30-i J. Bertram u. H. Walbaum. lieber Ficliteiinadelöle. Links- teils aus Rechts-Bomeol künstlich dargestellt. Das künst- liclie Links-Bornjdacetat stimmt in allen seinen Eigenschaften mit dem natürlichen überein. Der aus Rechts-Borneol gewonnene Ester unterscheidet sich nur diirch die Rechtsdi-ehung. Ln reinen Zustande schmilzt das Bornylacetat bei 29^ und krystaüisiert ans Petroläther in prachtvollen oft über zolllangen rhombisch hemiedi'. Formen. Herr Privatdozent Dr. Traube in Berlin hatte die Freund- lichkeit, die Kr^'^stallformen des natürlich vorkommenden links- drehenden, sowie des künstlich dargestellten rechtsdrehenden Esters zu bestimmen und teilt darüber fogendes mit; Essigsäure-Bornylester (rechtsdrehende Modifikation), Krystall- form Rhombisch-hemiedrisch a : b : c = 0,69653 : 1 : 0,45362 Beobachtete Formen: m = (110), n = (120), b = (OIO;, q = 011), o = 4111), o" = y.iill). Gemessen Berechnet (011) : : (010) 660 (110) : ; (HO) 69 43' (011) : (oTi) 48 20 480 (HO) : : (120) 19 27 19 28' 10" (120) : : (010) 54 39 54 19 40 (111) : (111) 41 19 41 37 32 (111) : : (Oin 52 47 52 33 44 (111) : : (HO) 51 10 51 33 44 (110) : ; (011) 76 12 76 33 28 (120) : (011) 70 21 70 42 21 Die farblosen Ivrvstalle sind im Sinne der Vertikalaxe ausgedehnt. Gewöhnlich treten nur m, n, b, q zu einer Kombination zusammen. Die Pyramide wurde meist nur mit kleinen Flächen angetroifen, nur einmal herrschte sie so stark vor, dafs q fast ganz zurücktrat. Die Hemiedrie wird zuweilen, aber nicht immer, aus den Gröfsenverhält- nissen der Flächen o. o' ersichtlich und zwar überwiegt dann o' an Gröfse bedeutend o. Ebene der optischen Axen a c, erste Mittellinie b. Linksdrehende Modifikation. Krystallform : Ehombisch-hemiedrisch. a:b:c = 0,69934: 1:0,46171. Beobachtete Formen: m = (110), n = (120), b ^ (010), q = ^011). Gemessen Berechnet (HO): (010) 550 2' (010): (011) 69 56 (011): (OH) 49 2 490 34' J. Bertram u. H. W a 1 b a u ra , lieber Fichtenuadelöle. 305 Gemessen Berechnet (HO): (HO) 69 46 09 56 (110): (120) 19 2 19 28 17 (120) : (010) 54 48 54 26 13 (HO): (011) 76 10 76 5 58 (120): (011) 69 55 70 3 43 Pyramidenflächen wurden nie angetroffen, sonst zeigt die links- drehende Modifikation bei dem gleichen Axenverhältnis meist denselben Habitus, wie die rechtsdrehende. Ebne der optischen Axen a c, erste Mittellinie ist b. Da höchst wahrscheinlich neben dem Acetat auch die Bornyl Ester homologer Säuren in den Fichtennadelölen vorkommen, so haben wir einige derselben aus Rechts-Borneol dargestellt. Diese Verbindungen sind im Geruch kaum vom Acetat zu unterscheiden, doch nimmt die Intensität des Geruches mit dem Wachsen der Moleculargröfse der Säuren ab. Folgende Tabelle giebt eine Uebersicht der Eigenschaften der freilich zum Teil nicht ganz reinen Präparate: Siedepunkt Opt. Dreh. 100 mm Eohr Spec. Gew. Refraktion Estergehalt durch bei 10 mm bei 150 nD bei 150 Titration ermittelt. Formiat 900 + 310 1,013 1,47078 97,89 0/^ Acetat 980 ^ 380 201 0,991 1,46635 100,6 o/o Propionat 109—1100 + 240 0,979 1,46435 97,07 7o Butyrat 120-1210 + 220 0,966 1,46380 99,2 0/^ Valerianat 128—1300 ■\- 200 0,956 1,46280 98,56 o/„ Leipzig Mäi'z 93. Laboratorium von Schimmel u. Co. Aus dem agrikulturchemischen Laboratorium des Polytechnikums in Züricli. Über die organischen Basen der Wurzelknollen von Stacliys tuberifera. Von A. von Planta und E. Schulze. (Eingegangen den 27. III. 1893.) Die Wurzelknollen von Stachys tuberifera, welche bekanntlich als Nahi-ungsmittel verwendet werden, bieten durch ihre stoffliche Zusammensetzung in mehrfacher Hinsicht Interesse dar. Sie ent- Arch. d. Phann. CCXXXI. Bds , 4. Heft. 20 306 A. von Planta u. E. Schulze, Ueber d. Stachysbasen etc. halten in sehr grofser Quantität ein krystallisierbares Kohlenhydrat, welchem wir den Xamen Stachyose beigelegt haben;^) auch Glutamin und Ty rosin vermochten wir aus den Knollen zur Ab- scheidung zu biingen.-) Neben diesen Stoffen finden sich zwei stick- stoffhaltige organische Basen vor. von denen wir jedoch nur die eine bis jetzt genauer zu untersuchen vermochten. So \'iel wir bis jetzt feststellen konnten, ist diese Base, welche ■v^tt Stachydrin nennen woUen, mit keiner anderen bis jetzt bekannten chemischen Verbin- dung identisch. Die zweite Base findet sich nur in sehr geringer Menge vor; wir vermochten daher eine zur eingehenden Unter- suchung derselben genügende Substanzmenge bis jetzt nicht zu ge- winnen. Die Darstellung des Stachydrins und seine Trennung von der anderen Base läfst sich nach folgendem Verfahren ausführen: Man versetzt den aus den zerkleinerten Stachysknollen durch Auspressen und Nachwaschen mit Wasser gewonnenen Saft zur Entfernung von Eiweifsstofffen, organischen Säuren u. s. w. mit Bleiessig, säuert das Filtrat vom Bleiniederschlag mit Schwefelsäure an imd fügt dann Phosphorwolframsäure hinzu. Es entsteht ein starker Niederschlag, welcher abfiltriert, mit Schwefelsäure-haltigem Wasser ausgewaschen, zwischen Fliefspapier abgeprefst und sodann in der Kälte mit über- schüssiger Kalkmilch behandelt -wird. Die von den unlöslichen Kalkverbindungen abfiltrierte Flüssigkeit neutralisiert man mit Salz- säure, nachdem zuvor das überschüssige Calciumhydroxyd durch Einleiten von Kohlensäure beseitigt ist. dunstet sie auf ein geringes Volumen ein und setzt dann C-foldchlorid zu. Anfangs bringt dieses Reagens eine dunkel getärbte Fällung hervor, welche durch Filtra- tion beseitigt wird; das Filtrat giebt auf weiteren Goldchlorid-Zu- satz einen heUer gefärbten Niederschlag. Derselbe wird abfiltriert, zwischen Fliefspapier abgeprefst und durch Schwefelwasserstoff zer- legt. Die vom Schwefelgold abfiltrierte Lösung liefert beim Ver- dunsten grofse prismatische Krj^staUe. Nachdem dieselben durch Abpressen z-w-ischen Fliefspapier von der Mutterlauge befreit worden sind, löst man sie in absolutem Alkohol und fügt dieser Lösung eine 1) Ber. der D. Chem. Gesellschaft, Bd. 23. S. 1692 und Bd. 24, 8. 2705. sowie Landw. Versuchsstationen, Bd. 40, S. 281. 2) Ber. d. D. Chem. Gesellschaft, Bd. 23, S. 1698. sow. Landw. Ver- nchsstationen, Bd. 40, S. 278. A. von Planta u. E. Schulze, Ueber d. Stachysbasen etc. 307 weingeistige Platinchlorid-Solution zu. Es entsteht ein gelber Nieder- schlag, welcher abfiltriert, mit Weingeist gewaschen und sodann in Wasaer gelöst wird. Die wässrige Lösung liefert beim Verdunsten zwei Platindoppelsalze. Das eine derselben , dessen Quantität nur eine sehr geringe ist, ^) bildet gelbe, körnige, in Wasser schwer lös- liche Krystalle: das zweite Doppelsalz, welches sich aus der Lösung in grofsen, orangeroten, leicht löslichen Krystallen ausscheidet, ist dasjenige des Stachydrins. Da die beiden Salze eine sehr un- gleiche Löslichkeit im Wasser besitzen, so ist es nicht schwer, sie durch wiederholte Krystallisation von einander zu trennen. Das in der beschriebenen Weise dargestellte Chloroplatinat des Stachydrins lieferte bei der Zerlegung mittelst Schwefelwasserstoffs das entsprechende Chlorhydrat. Wenn auch das""" etztere wohl schon als eine reine Substanz angesehen werden durfte, so haben wir das- selbe doch, um der völligen Entfernung des Chlorhydrats der zweiten Base sicher zu sein, noch in das schwer lösliche Quecksilberdoppel- salz übergetührt, letzteres aus Wasser umkrystallisiert und dann wieder mittelst Schwefelwasserstoffs zerlegt. Nach diesem Verfahren erhielten wir aus 100 Kilo frischer Stachys-Knollen-) 10 — 12 g salzsaures Stachydrin. Ohne Zweifel war die Abscheidung der Base aus den Knollen mit beträchtlichen Substanz Verlusten verbunden; die in jener Knollen-Quantität ent- haltene Menge der Base ist daher zweifellos gröfser, als der vor- stehenden Angabe entspricht. Eine zweite zur Abscheidung des Stachydrins brauchbare Me- thode besteht darin, dafs man die getrockneten und zerkleinerten Stachysknollen in der Wärme mit OOprozentigem Weingeist extra- hiert, den Extx-akt der Destillation unterwirft, den dabei verbleiben- den Rückstand in Wasser aufnimmt, die trübe Flüssigkeit mit Blei- essig versetzt, das JFiltrat vom Bleiniederschlag durch Einleiten von Schwefelwasserstoff vom gelösten Blei befreit und sodann zum Syrup eindunstet, letzteren in der Wärme mit Weingeist extrahiert und dem Extrakt alkoholische Quecksilberchlorid-Solution zufügt. Es scheiden sich dann Quecksilberdoppelsalze aus. welche nach mehr- 1) Die eine der von uns untersuchten Sorten von Stachys-Knollen lieferte sogar von diesem Salze fast gar nichts. 2) Der Gehalt der frischen Knollen an Trockensubstanz beträgt ungefähr 20 Proz. 20* 308 A. von Planta u. E. Schulze, lieber d. Stachysbasen etc. tägigem Stehen auf einem Filter gesammelt und sodann mit kochen- dem Wasser behandelt werden. Die ans der filtrierten Lösung beim Erkalten bezw. beim Eindunsten der Mutterlauge, sich ausscheiden- den Kiystalle zerlegt man durch Schwefelwasserstoff, verdunstet die vom Schwefelquecksilber abfiltrierte Lösung zur KrystalKsation und reinigt das so gewonnene Chlorhydrat des Stachydrins durch Um- kry stallisieren . ^) Diese Methode scheint jedoch eine schlechtere Ausbeute zu liefern, als die zuerst beschriebene. Nach der letzteren ist das für die nachfolgenden Versiiche verwendete Material fast ausschliefslich dargestellt worden. Um zu prüfen, ob das in der beschriebenen Weise dargestellte salzsaure Stachydrin eine einheitliche Substanz war, haben wir das- selbe in zwei Teile zerlegt, indem wir es mit so viel kaltem abso- lutem Alkohol behandelten, dafs nur ungefähr die Hälfte davon in Lösung ging und aus jeder der so gewonnenen Fraktionen Platin- und Gold-Doppelsalze dargestellt. Es zeigte sich, dafs diese Salze den gleichen Platin- bezw. Grold-Gehalt besafsen. Ferner lieferten auch zwei beim Umkrystallisieren des Quecksilber-Doppelsalzes gewonnene Krystall-Fraktionen bei der Zerlegung Chlorhydrate, welche den gleichen Chlorgehalt besafsen. Da nun endlich sowohl die ver- schiedenen Doppelsalze als auch das aus denselben abgeschiedene Chlorhydrat das Aussehen homogener Substanzen besafsen, so kann kaum bezweifelt werden, dafs hier ein einheitlicher Körper vorlag. Das Chlorhydrat des Stachydrins, dessen Darstellung im Vorigen beschrieben wurde, krystallisiert in grofsen durchsichtigen Prismen, welche sehr leicht lösKch in Wasser, aber nicht zerfliefslich sind. Es löst sich auch in kaltem absolutem Alkohol und krystallisiert aus dieser Lösung noch leichter als aus Wasser. Es enthält kein KrystaU- wasser. Die Elementar-Analyse des zuerst über Schwefelsäure und später bei 100*^ getrockneten Salzes gab folgende Resultate:-) 1) Dem Rohprodukt kann nach der Art seiner Darstellung etwas salzsaures Cholin beigemengt gewesen sein. Dieses zerfliefsliche Salz ist aber ohne Zweifel beim Umkrj^stallisieren in die Mutterlauge übergegangen und mit der letzteren entfernt worden. -) Herr Dr. E. W i n t e r s t e i n , Assistent am agrikulturcbemischen La- boratorium, hatte die Gefälligkeit, alle erforderlichen Kohlenstoff-, Wasserstoff- und Stickstoff- Bestimmungen auszuführen, wofür wir ihm hier unseren besten Dank aussprechen. Wegen des Chlorgehalts der analysierten Substanzen wurde bei den Verbrennungen neben Kupfer- oxvd Bleichrom at verwendet. A. Yon Planta u. E. Schulze, Ueber d. Stachysbasen etc. 309 a) Kohlenstoff- und Wasserstofibestimmungen : 1) 0,1432 g Substanz gaben 0,2434 g CO, und 0,1065 g HpO 2) 0,2112 „ „ „ 0,3570 „ COg und 0,1596 „ H^O b) Stickstoffbestimmungen (nach der volumetrischen Methode) : 1) 0,3752 g Substanz gaben 27,2 ccm Gas bei 19° und 726 mm Queck- silberdrck. 2) 0,3315 „ „ „ 23.4 „ „ „ 18° „ 730 3) 0,3354 „ „ „ 24,5 „ „ „ 190 ^ 730 '^ c) Chlorbestimmungen ; 1) 0,1765 g Substanz gaben 0,1404 g AgCl. 2) 0,2075 , „ „ 0.1655 „ , 3) 0,1712 „ „ „ 0,1350 , „ Diese Eesultate führen zu der Formel C;Hi3N0„HCl, wie folgende Zusammenstellung zeigt : Berechnet Gefunden 1 2 3 C 46,80 46,35 46,10 — Proz, H 7,80 8,24 8,39 — ^ N 7,80 8,12 7,98 8,22 1) „ 17,82 — — . — Cl 19,78 19,67 19,73 19,481) „ Das Chlor P 1 a t in a t des St : a c h y dr i n s , über dessen Darstellung oben schon eine Angabe gemacht wurde, ist unlöslich in Weingeist, leicht löslich in Wasser. Die Analyse des bei 100 — 1050 getrockneten Salzes gab folgende Resultate: a) Kohlenstoff- und Wasserstoffbestimmungen : 0,2591 g Substanz gaben 0,2268 g COg und 0,1010 g K^O b) Platinbestimmungen : 1) 0,408 g Substanz gaben 0,1145 g Pt. 2) 0.4910 „ „ , 0,1380 „ „ 3) 0,7275 , „ „ 0,2050 „ „ 4) 0,2450 „ „ „ 0,0690 , , Diese Resultate entsprechen der Formel 2 (C7 Hi3 XOo, HCl.) PtClj wie folgende Zusammenstellung zeigt : Gefunden Berechnet 12 3 4 Proz.' c 24,16 23,88 — H 4,03 4,32 — N 4,03 — — 9,20 — — Cl 30,64 — — Pt 27,94 28,06 28, 28,18 28,16 , 1) Für die dritte Stickstoff- und die dritte Chlor-Bestimmung wurden Präparate des Chlorhydrats verwendet, welche wahrscheinlich weniger rein waren, als das für die übrigen Bestimmungen verwendete Präparat. Das eine derselben war nicht durch Ueberführung in das Quecksilberdoppelsalz gereinigt, das zweite aus der Mutterlauge ge- wonnen worden. 310 A. von Planta u. E. Schulze, Ueber d. Stachysbasen etc. Aus der wässerigen Lösung scheidet sich das Chlorplatinat in sehr schönen, grolsen, orangeroten Krystallen aus, welche zwei Mol. Krystallwasser enthalten (ber. 4,9, gef. 5% i). Der Gelcälligkeit des Herrn Professor K. von Haushofer in München verdanken vAr eine krystallographische Untersuchung derselben, welche folgende Resultate lieferte: Krystallsystem rhombisch. Axenverhältnis a : b : c = 0,6082 : 1 : 0,8277. Flache Prismen der Kombination oP(OOl) = c, a!Pi/2(2lO) = q, ooP(llO) = p, 00 P 00 (010) = b, P 00 (011) = r. Die Flächen von p sehr unvollkommen ausgebildet. Gemessen Berechnet b = (210): (010) = * 1060 55' _ _ b = (011): (010) = * 129 .37 — — :b = (110):(010) = 120 45 1200 40' q = (110):(210) = 165 41 165 ,37 r = (HO): (011) = 107 22 108 59 Ebene der optischen Axen parallel coPoo (100). Auf c erscheint im Konoskop (undeutlich) das Interferenzbild beider Axen. Das Chloraurat des Stachydrins scheidet sich als gelber Niederschlag aus, wenn man der wässrigen Lösung des Chlorhydrats (jroldchlorid zusetzt. Es ist ziemlich leicht löslich in heifsem Wasser und krystallisiert aus dieser Lösung beim Erkalten in kleinen gelben Prismen. Die Analyse des zuerst über Schwefelsäure, dann bei 95 — 100 getrockneten Salzes gab folgende Resultate: 1. 0,4980 g Substanz gaben 0,2038 g Au. 2. 0,4270 g „ „ 0,1745 g Au. Diese Resultate entsprechen der Foi-mel C7H13NO2.HCIAUCI3, wie folgende Zusammenstellung zeigt. Berechnet : Gefunden ; I. IL Au 40,752) 40,91 40,87 Proz. Das oben schon erwähnte Quecksilberdoppelsalz des Stachydrins scheidet sich in kleinen weifsen KrystaUen aus, wenn man die nicht zu verdünnte wässrige Lösung des Chlorhydrats mit überschüssigem Merkurichlorid versetzt. Man kann es auch dar- stellen, indem man das Chlorhydrat und das Merkurichlorid in wein- geistiger Lösung auf einander wirken läfst; es scheidet sich dann 1) Analytische Belege: 0,4160 g Substanz verloren bei 100— 1050 0,0210 g an Gewicht. 2) Au = 196,5 gerechnet. A. von Planta u. E. Schulze, Ueber d. Stachysbasen etc. "U 1 als weilser, krystallinischer Niederschlag aus. In kaltem Wasser ist es sehr schwer löslich; weit leichter löst es sich in kochendem Wasser. Eine Analyse des Salzes haben wir bis jetzt nicht aus- geführt. Ferner haben wir noch das Nitrat und das Pikrat des Stachy- drins in kleinen Quantitäten dargestellt. Das Nitrat erhielten wir durch Wechselzersetzung des Chlorhydrats mit Silbernitrat; es ist sehr leicht löslich in Wasser und krystaUisiert aus diesem Lösungs- mittel in kleinen, zu spiefsigen Aggregaten vereinigten Krystallen. Das Pikrat scheidet sich aus, wenn man die nicht zu verdünnte Lösung des Chlorhydrats mit Pikrinsäure versetzt; es ist löslich in heiisem Wasser und krystaUisiert in kleinen gelben Prismen. Um die freie Base zu erhalten, versetzten wii' die schwach er- wärmte Lösung des Chlorhydrats mit frisch gefälltem Silberoxyd in möglichst geringem Überschufs. Die vom Chlorsilber abfiltrierte Lösung^) gab beim Eindunsten einen krystaUinischen Rückstand, welcher sich in Weingeist aviflöste. Diese Lösung lieferte beim Verdunsten über konzentrierter Schwefelsäure farblose, durchsichtige Krystalle, welche an der Luft zerflossen, beim Erhitzen auf 100° im Trockenschrank unter Verlust von Krystallwasser weiTs und undurch- sichtig wurden. Die wässrige Lösung der Krystalle reagierte nicht alkalisch.-) Für eine zuvor bei 100° getrocknete Probe der Kry- stalle wurde ein Schmelzpunkt von 210° gefunden. Um das Verhalten des Stachydrins gegen die sog. Alkaloid- Reagentien festzustellen, verwendeten wir ein auf das Sorgfältigste gereinigtes Präparat des Chlorhydrats. Die wässrige Lösung des- selben gab folgende Reaktionen: Mit Phosphorwolframsäure weifse Fällung, „ Phosphormolybdänsäure gelbliche Fällung. „ Piki'insäure gelbe krystallinische Ausscheidung, „ Gerbsäure o ,, Jod- Jodkalium braune Fällung. „ Kaliumwismuthjodid rote „ „ Kaliumquecksilberjodid weifse „ , löslich im Über- 1) Dieselbe wurde mit Schwefelwasserstoff behandelt, um eine ge- ringe Menge in Lösung gegangenen Silbers zu entfernen. 2) Wenn wir trotzdem das Stachj-drin als eine Base bezeichnen, so stützen wir uns dabei auf das Verhalten, welches dieser Körper in seinen Verbindungen zeigt. Das Gleiche gilt ja z. B. für das Betain. 312 A. von Planta u. E. Schulze, Ueber d, Stachysbasen etc. schufs des Reagens; aus der Lösung scheiden sich gelbe Krystalle aus, wenn man die Wandung des G-efäfses mit einem Glasstab reibt. Ganz die gleichen Reaktionen giebt das B e t a i n ^). Als be- sonders charakteristisch für Letzteres gilt die oben beschriebene Reaktion mit Kaliumquecksilberjodid. Die gleiche Reaktion tritt aber auch beim Stachydrin ein. Diese Uebereinstimmung läfst sich nicht etwa durch die Annahme erklären, dafs dem von uns verwen- deten Stachydrin-Präparat B e t a i n beigemengt war. Denn abge- sehen davon, dafs nach den oben von uns mitgeteilten Yersuchs- ergebnissen das von uns dargestellte Chlorhydi-at des Stachydrins für eine einheitliche Substanz erklärt werden konnte, würde dieses Salz von etwa vorhandenem salzsauren Betain durch die Auflösung in kaltem absolutem Alkohol, in welchem das Chlorhydrat des Be- tains bekanntUch unlöslich ist. befreit worden sein. Die Ueber- einstimmung der Reaktionen ist demnach wohl so zu deuten, dafs die von uns mit dem Namen Stachydrin belegte Base eine dem Betain verwandte Substanz ist. Für diese Annahme scheint auch die Tatsache zu sprechen, dafs das freie Stachydrin gleich dem Betain zerfliefslich Knt-stalle bildet, deren wässerige Lösung nicht alkalisch reagiert. Nach der von uns aufgestellten Formel ist aber das Stachydrin kein Homologes des Betains. Letzteres könnte der Fall sein, wenn für das Stachydrin die Formel C7 H15 NO^ annehmbar wäre. Wenn aber auch die aus dieser Formel sich ableitenden Ge- haltszahlen den bei der Analyse erhaltenen Zahlen im Allgemeinen ziemlich nahe liegen, so verlangt jene Formel doch mehr Wasser- stoff, als bei der Analyse gefunden wurde ^), während man bekannt- lich in der Regel bei der Anah^se etwas zu hohe Zahlen für den Wasserstoff findet. Demnach glauben wir die Formel C7 H13 NO3 für eine wahrscheinlichere halten zu müssen. 1) Vgl. B ri e ge r, über die Ptomaiue, III, S. 77 und 78, sowie auch die von E.Schulze in der Zeitschrift f. physiologische Chemie Bd. 15, S. 145 gemachten Angaben. 2) Die Formel des Chlorhydrats C7H15NO.,, HCl. z. B. verlangt 46,28 Proz. C, 8,81 Proz. H, 7,71 Proz. N und 19,55 Proz. Cl. Der "VVasserstoffgehalt ist demnach um 0,5—0,6 Proz. höher, als er für das Chlorhydrat unserer Base gefimden wurde. H. Walliczek, Untersuchungen über die Membranschleime. 313 Wir hoffen, dafs es uns möglich sein wird, durch weitere Untersuchungen die Konstitution des Stachydrins aufzuklären. Was die zweite aus den StachysknoHen abgeschiedene Base betrifft, so erhielten wir dieselbe, wie oben schon erwähnt worden ist, nur in sehr geringer Quantität. Das Chlorhydrat dieser Base bildet kleine, farblose, in Wasser leicht lösliche Krystalle ; in Alkohol löst es sich schwieriger als das Chlorhydrat des Stachydrins. Das Aussehen des Chloroplatinats ist oben schon beschrieben worden. Das Cliloraurat ist schwer löslich in Wasser und scheidet sich aus der heifs bereiteten wässerigen Lösung in kleinen, gelben Krystallen aus. Die wässerige Lösung des Chlorhydrats gab folgende Re- aktionen: Mit Phosphorwolframsäure weiTse Fällung „ Phosphonnolybdänsäure gelbliche ,, „ Gerbsäure „ Jod-Jodkalium braune „ „ Kaliumwismuthjodid rote „ „ Kaliumquecksüberjodid weifse „ Analysen der Salze dieser Base wurden von uns bis jetzt nicht ausgegeführt. da wir diese Salze nur in sehr geringer Quantität zur Verfügung hatten und dieselben daher nicht so oft umkrystaUisiert werden konnten, dafs wir sicher waren, völlig reine Substanzen unter den Händen zu haben. Arbeiten aus dem Pharmaceutischen Institut der Universität Bern. Untersucliiingeii über die Sekrete mitgeteilt von A. Tschirch. 3. Studien über die Membrauschleime der vegetativen Orgaue offlzineller Pflanzen*) von H. Walliczek. Eingegangen am 15. März 1893. Der im Pflanzenreich so vielfach verbreitete Schleim tritt in mehrfachen Modifikationen auf. Mit Rücksicht auf seine Entstehung, *) Nachstehend mitgeteilte XJutersuchvingen wurden ursprünglich begonnen, um die Frage zu lösen, ob \virklich die Membrauschleime als Sekrete zu betrachten sind. Obwohl im Laufe der Untersuchungen diese Frage verneint werden mufste, mag die Arbeit doch in die Serie der Sekretstudien eingereiht werden. Tschirch. 314 H. Walliczek, Untersuchungen über die Membranschleime. soweit sie bekannt ist, sind zwei Fälle auseinanderzuhalten. In dem einen Fall wird der Pflanzenschleim regelmälsig unter Mithülfe des Plasmas in bestimmten Zellen gebildet; er entsteht also im normalen Lebensprozesse und ist nicht Produkt des Abbaues pflanzlicher Membrane. Es wäre dies der P f 1 an z e n s c h 1 ei m im engeren Sinne, wie er in der Epidermis der Samen von Cydonia, Smapis, Linuni, Plaiitago etc., im Endosperm vieler Leguminosen und in be- stimmten Zellen des Gewebes der Malvaceen, Tiliaceen, Sterculiaceen, Orchideen, Liliaceen etc. auftritt. Im anderen Falle entsteht Schleim secundär durch eine Des- organisation von Gewebekomplexen; diesen Schleim kann man zum Unterschiede als „ G u m m i " bezeichnen. Solche Fälle sind z. B. das Acacien- und Kirschgummi, der Traganth. Mit Rücksicht auf die morphologisch -anatomisch e Bedeutung hat T s c h i r c h ^) die Pflanzenschleime eingeteilt. Er unterscheidet Schleim 1) in Form sekundärer Membranverdickungs- schichten und hat dafür den Namen : „Schleimmembran" ein- geführt, 2) als Aufsenschicht der Membran (viele Hyphen, Colleteren. blasige Hautdrüsen), 3) als Intercellularsubstanz (Laminariastipites, Carrageen und andere Algen), 4) im Zellinhalt bestimmter Zellen (Orchisknollen), 5) im Inhalte ganzer Gewebe (Rhizom von Sym- phytum, in Succulenten : Aloe, in der Zwiebel von Scilla), 6) als Inhalt schizogener Sekretbehälter (Cycadeen, Marattiaceen , Lami- nariastipites) und 7) in lysigenen Räumen (in der Rinde der Gummi- acazien), in der Rinde und im Holz von Amygdalaceen, im Mark und den Markstrahlen von Astragalusarten). Bei den S chleimmem brauen unterscheidet T s c h i r c h : a) die sekundären Schleimmembranverdickungsschichten der Epider- men der Cydonia-, Linum-, Plantago- und Cruciferensamen und hat dafür die Bezeichnung „S c h e i m e p i d e r me n" eingeführt, b) die sekundären Schleimverdickungsschichten der Zellen vieler Endosperme (Leguminosen) und gebraucht für diese den Namen „Schleim- endosperme", c) einzelne Schleimzellen (oder Gruppen) in anderen Geweben {Rad. althaeae, Cort. cinnamomi, Cort. Frangidae, Flores ttliae, Malvaceenblüthen, Semen Cacao, Loranthus und Viscmn). ^) Tschirch, Angewandte Pflanzenanatomie 1889 S. 204. H. Walliczek, Untersuchungen über die Membranschleime. 315 Die Scbleimepidermen und Schleimendosperrae der Samen sind von zwei Schülern Tschirch's (Lüdtke und Nadelraann) gut studiert; in Bezug auf die Schleime der subepidermalen Zellen der Blätter und die Schleime besonderer Zellen in anderen Geweben waren noch einige Fragen zu erledigen, wie aus den Ausführungen in Tschirch's Anatomie hervorgeht, und auf welche ich bezüglich der Einzelheiten verweisen mufs. Professor Tschirch hat mir deshalb vorgeschlagen, folgende Fragen durch den Versuch und die Beobachtung zu beant- worten : 1. Wie entstehen ent\\'icklungsgeschichtlich die Schleimmeuibranen V getativer Organe? 2. Welches ist die physiologische Bedeutung der Schleimmem- branen, sowohl in oberirdischen vegetativen Teilen, als in den Wurzeln ? 3. Enthalten die Schleimzellen von Althaea officinalis und anderen Malvaceen, sowie die der Cacteen Inhalts- oder Membran- schleim ? Ich will die Untersuchungen über den Schleim der Blattepi- dermis von den Untersuchungen über den Schleim der Zellen inner- halb des Gewebes vegetativer Organe abtrennen und beide gesondert behandeln. Aus dem Studium der Entwicklungsgeschichte des Schleims der Buccublätter, dessen Sitz von den Aixtoren in eine subepidermale Zellreihe verlegt wurde, ging hervor, dafs der Sitz des Schleimes nicht dort, sondern in den Epidermiszellen selbst zu suchen ist. Das gleiche Ergebnis hatten die Beobachtungen an anderen Blättern. Ferner habe ich konstatirt, dafs der Schleim der Epidermis bei Blättern in Form einseitiger sekundärer Verdickungs- schichten der Zellwand angelegt wird. Ich bezeichne deshalb dies Vorkommen als „Scbleimepidermen" bei Blättern (analog den Scbleimepidermen Tschirch's bei Samen). Nach der Art der Ent\vicklung und dem morphologischen Aus- seben der Scbleimepidermen bei Blättern habe ich 4 Typen unter- scheiden können. Diese Typen sind kurz folgende: 1. Typus: Die untere Zellwand mancher Epidermis- zellen ist durch sekundäre Schleimmembranen verdickt. (Die unter der Cuticula Kegende ZeUwandpartie wird von mir der 316 H. Walliczek, Untersuchungen über die Membranschleime. Kürze wegen als die „obere", die der Palissadenreihe zugekehrte als die „untere" bezeichnet.) Die sekundäre Verdickung erfolgt in der Weise, dafs das Plasma der betreifenden Epidermiszellen gegen die untere Zelhvand zu eine Schleimlösung absondert, während es sich an die obere Zellwand zurückzieht. Die Schleimlösung differenziert sich bei fortgesetzter Vermehrung zu Schichten, welche sich an die untere Zellwand anlegen. Zu diesem Typus gehören die Schleimepidennen der Blätter von Conms Dias L., Acer pseudoplatanus L., Malva vulgaris L., Althaea officinalis L., Althaea rosea Cav. 2. Typus: Die untere Zellwand mancher Epidermis- zellen wird durch dicke sekundäre Schleimmembranen verdickt, auf diese folgt eine Verdickung durch eine dünne tertiäre Celluloselamelle." Die tertiäre Verdickung durch die CeUuloselameUe erfolgt erst dann, wenn die Schleimschichten ihre definitive Ausbildung erlangt haben, indem das Plasma diese CeUuloselameUe abscheidet. Zu diesem Typus gehören die Blätter von Tilia grandifolia Ehr., Cassia angiistifolia Vahl. (Fol: sennae Tinnevelly) , Cassia lenitiva Bisch, (aus Fol: sennae alexandrinae ausgelesen), Cassia obovata Collad., Alnus gluänosa Gaertner, Corylus Avellana L., Daphne Mezereum L., Erica carnea L., Genista tinctoria L., Pru- nus insititia L., Pirus communis L., Rhamnus Frangula L., Ulmus campestris L., Arbutus Unedo. Nach dem anatomischen Befunde wäre die schleimreichste Cassia- art: C. lenitiva Bisch., also Fol : sennae alexandrinae; nahezu gleich schleimreich C. obovata Collad.; die am wenigsten Schleim haltende C. angustifolia Vahl., also Fol: sennae Tinnevelly. Da bei den Sennesblättern der Schleim keine erwünschte Zuthat ist, so wären die Fol. sennae Tinnevelly nach dieser Richtung hin den anderen vorzuziehen, was sie übrigens wegen ihres schönen Aussehens auch verdienen. Die mit C. lenitiva am gleichen Standort wachsende Asclepiadee: Solenostemma Arghel Hayne hat eine Epidermis, deren Auf sen wand verschleimt, was als anatomischer Unterschied gleich- falls Berücksichtigung verdient. Nach Abbildungen und Beschreibungen der Anatomie der Sennes- blätter erscheinen einige Epidermiszellen durch eine Tangentialwand in zwei Zellen geteilt. Diese Tangentialwand ist eben die tertiäre H. Walliczek, Untersuchungen über die Membranschleime. 317 CellulosemembranverdickuDg , die secundäre Schleimmembran ent- geht bei Wasserpräparation in Folge Aufquellens der Beobachtung, und so erscheint die Epidermis (irrtümlich) als partiell zweischichtig. 3. Typus: Die obere und untere Zellwand mancher Epi- dermiszellen wird durch breite secundäre Schleimmem- branen verdickt, auf diese folgt dann je eine dünne tertiäre Celluloselamelle, während die Seitenwände unverdickt bleiben. Dieser Typus wurde bei Sa/ix alba L. beobachtet. 4. Typus: Die untere Zellwand fast aller Epidermis- zellen wird durch dicke secundäre Schleimmembranen und eine dünne tertiäre Celluloselamelle, dann durch eine quaternäre Schleimmembran und eine quintäre Cellulose- membran und so fort verdickr, so dafs bei den nunmehr sehr hohen Epidermiszellen abwechselnd dünne Cellidoselamellen und dicke Schleünmembranlamellen mit einander abwechseln. Zu diesem Typus gehören die Blätter von Barosma vulgaris und Barosma bdulina. Die Blätter von Barosma crenata, B. crenu- lata u. B. scrratijolia zeigen in der Droge wenigstens nur eine einmalige Folge von Schleimmembranen und Cellulosemembran, also den zweiten Typus. Das anatomische Aussehen des Buccublattquerschnittes bei Wasserpräparation würde wieder eine zwei- resp. mehrschichtige Epidermis vermuten lassen, wie bei Fol. scnnae. Vogl und Flückiger haben den Sitz des Schleimes in eine subepidermale Schicht verlegt, während Radlkofer einseitig stark verdickte Epi- dermiszellen beschreibt, deren verdickte Wandung der Verschleimung unterliegt, wobei die oberste und unterste Grenzlamelle dieser ver- dickten Wand in den Verschleimungsprozefs nicht eingetreten ist. Die Schleimmembranen der Blattepidermiszellen werden stets sofort als echter Schleim angelegt, sie entstehen nie durch Um- wandlung einer andersartigen Substanz, sondern sie sind ein Produkt lebender Zellen. Sie qttellen vom ersten Moment des Auftretens an in Wasser, werden durch Alkohol gefällt und geben nie die Cellulose- reaktion. Zellen mit Schleimmembranen innerhalb des Gewebes vegetativer Organe. Die Entwickelungsgeschichte , die Morphologie und die Ver- teilung derselben habe ich studiert bei Tilia grandijolia Ehr. und 318 H Walliczek, Untersuchungen über die Membranschleime. anderen Tiliaarten, Sparmannia africana, Hibiscns syriacus, Tlieobroma Cacao L., Althaea officinahs L., Althaea rusea Cnv., Althaea taurinensis, Rhantnus Frangula L., und den Cacteen: Epiphyllum tritncatum Hau)., Epiphyllum speciosum und Epiphyllum Russelliamtm Hook. Die Entstehung des Schleimes ist in allen diesen Fällen die gleiche. Sie erfolgt sehr frühzeitig entweder nur aus meristema- tischen Zellen (Rhamnus Frangtila) oder aus solchem und dem aus Cambium hervorgegangenem Crewebe (Tilia, Althaea, Cacteen) in folgender Weise: Das Plasma der betreffenden Zellen wird dichter, dann wu-d zwischen primärer Zellmembran und dem Plasmaschlauch eine Schleimlösung abgeschieden. Diese Schleimlösung differenziert sich allmählig zu Schichten, welche sich der primären Membran anlegen. Das Plasma wird hierbei gröfstenteils resorbiert. Diese Art der Ent- stehung charakterisiert sich demnach als Verdickung der primären Zell wand. — Die Behauptung Hartwichs, dafs es sich bei dem Althaeaschleime um Inhaltsschleim und nicht um Membranschleim handele, kann ich also auf Grund entwicklimgsgeschichtlicher Unter- suchungen nicht für zutreffend halten. Ausgebildete Schleimzellen zeigen in Alkohol betrachtet ein sehr geringes Lumen und eine stark verdickte sekundäre Zellwand, welche aus zahlreichen Schleim- schichten besteht und in Wasser quillt, während die primäre Membran aus Cellulose besteht, daher nicht oder nur wenig quellungs- fähig ist. Alle diese Membranschleime werden im späteren Verlaufe teil- weise resorbiert und von der Pflanze verbraucht. Die Resorption hebt mit Lockerung der innersten Schichten an; sie verflüssigen sich und der verflüssigte Teil wird aus der Zelle fortgeführt. So löst sich eine Schichte nach der anderen, meist von innen nach aufsen zu fortschreitend, bis endlich nur einige Schleimschichten als Belag an der primären Zellwand übrig bleiben und das Lumen entweder noch kömigen Schleim enthält oder ganz leer ist. Ein vollständiger Verbrauch des Schleims in allen älteren Schleimzellen tritt nie ein. Die Auflösungsvorgänge dauern oft mehrere Jahre. Die Art der Anlage und die Art und Zeit der Auflösung der Schleimmembranen zeigt, dafs dieser Schleim nicht als Eeservestoff im engeren Sinne gedeutet werden kann, aber auch nicht als Sekret. H. Walliczek, Untersuchungen über die Membranschleime. 319 Speziell von der Wurzel von Althaea ist zu bemerken, dals in der primären Wurzelrinde keine Schleimzellen angelegt werden. Nachdem die primäre Rinde wenigsten« teilweise abgeworfen ist, tritt zuerst in der sekundären Rinde, dann im Holzparenchym An- lage von Schleimzellen ein. In alten Wurzeln wurden im ältesten Gewebe vom Frühling bis zum Herbst Auflösungsstadien wahrge- nommen. — Da die Droge aus jüngeren, schnell gewachsenen und nicht holzigen Wurzeln besteht, und die äufserste Rindenpartie durch Schälen entfernt ist, zeigt sie sehr selten Schleimzellen, welche Auf- lösungsstadien darbieten, Rhamnus Frangida zeigt in der primären Rinde und dem Mark der Internodien Schleimzellen, in der sekundären Rinde werden keine angelegt. Da die Droge (Cort. Frangulae) meist aus der Rinde mehr- jähiiger Aste und Zweige besteht, so sind intakte Schleimzellen nicht oder sehr selten wahrzunehmen, denn die Auflösung der Schleim- zellen fängt in der erstjährigen Rinde bereits an, in mehrjähriger ist der gröfste Teü des Schleimes verbraucht und die Schleimzellen sind dann obliteriert. Ich fand aufser den besprochenen und von mir näher studierten Schleimzellen noch in folgenden Fällen Schleimzellen, deren Vor- kommen in der Litteratur nicht erwähnt ist. Im Gewebe des Blattstiels von Rheum fand ich Schleim als Umhüllung von Raphiden: bei Portiilacca oleracea in den Blättern häufig Schleimzellen, welche ich der Morphologie nach (Schichtung) zu den Membranschleimen rechne: in der Rinde von Dipterocarpus trinervis BL, einer der den Gurjunbalsam liefernden Pflanzen, traf ich Schleim Zeilen, welche ich der Schichtung nach zu den Membran - schleimen rechne; in den Internodien von TV/Zs vinifera Schleim als Umhüllimg von Raphiden; in der Rinde der Internodien von Am- pelopsis quinquejolia bestimmte Zellen mit Schleim, welcher durch Alkohol körnig gefällt wird, und wahrscheinlich ebenso wie die Raphidenschleime, zu den ZelHnhaltsschleimen zu rechnen ist. Zusammenstellung der wichtigsten Ergebnisse. 1. Die Schleime, die sich häufig in der Blattepidermis finden, sind einseitige secundäre Yerdickungsschichten der unteren, selten der oberen und unteren Zellwand der Epidermiszellen und finden sich nicht in subepidermalen Zellen. Sie werden 320 H. Walliczek. Untersuchungen über die Membranschleime. schon ursprünglich als echter Schleim argelegt. Häufig folgt auf die Schleimmembranen noch eine Verdickung in Form einer Celluloselamelle (Tilia-, Cassia- und Barosmaarten). Diese tertiäre CeUuloseverdickung täuscht das morphologische Aus- sehen einer teilweise zwei- bez. mehrreihigen Epidermis vor. 2. Die Membranschleime entstehen durch Ausscheiden einer Schieimlösung seitens des Plasmas zwischen der primären Zell- membran und dem Plasma. Diese Schleimlösvmg differenziert sich aUmählig zix Schichten, welche sich an die primäre Membran anlegen. Das Plasma \\drd hierbei gröfstenteils resorbiert. Niemals liegt der Primordialschlauch aufserhalb der Schleimschichten. 3. Die Schleimmembranen im Inneren vegetativer Organe werden im späteren Verlaufe teilweise wieder verflüssigt und ver- braucht. 4. Der Schleim der ZeUen von Althaea und anderen ]\Ialvaceen, der von Tiliaceen, Sterculiaceen, Rhamnaceen rmd Cacteen ist eine secundäre Verdickungsschicht der primären Zellwand, also Membranschleim. Er giebt weder im Momente der Ent- stehung noch späterhin CeUulosereaction, ist also (nach Tschirch's Definition) echter Schleim. 5. Die Membranschleime sind keine Exkrete. 6. Die Membramschleime sind keine Reservestoff'e im engeren Sinne. 7. Die physiologische Bedeutung der Membranschleime der Blatt- epidermen und der Schleim - ZeUen im Inneren vegetativer Teile, sowohl oberirdischer als unterirdischer, besteht höchst wahrscheinlich in Wasserspeicherung und Abgabe desselben zur Zeit des Bedarfes, d. h. bei eintretender Trockenheit, an das umgebende Gewebe. Darauf deutet auch namentlich ihr Vorkommen im epidermalen Wassergewebe, ferner bei Succulenten und anderen Pflanzen trockener Standorte^) Die ausführliche, mit zahlreichen Abbildungen versehene Dar- legung der obigen Untersuchungen erfolgt in Pringsheims Jahi-büchern. 1) Tschirch, üeber einige Beziehungen d. anatom. Baues der Assimilationsorgane zu Klima und Standort. Linnaea 1881, S. 156. Im Verlage von Uiiandt iV Häiulcl in Leipzig- erschienen: Analytische Chemie. Für den Gebranch im Laboratorinm nnd für das Selbststudinm. Von N. Menschiitkin, Professor an der Universität in St. Petersburg. Unter Mitwirkung des Verfassers übersetzt von Dr. 0. Bach. 3. ver- besserte Autlage. Preis 7 M. 50 Pf.: geb. 9 M. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und direct von der Verlagshandlung. 14] von Poncet Glashütten-Werke BERLIN SO., Köpnickerstr. 54, Fabrik und Lager sämmtlicher Gefässe u. Utensilien für ehem., pharmac. Gebrauch. 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[1826 Verlag von YandenhoeclL (fkm 600Tafeln.HlXiiBBn SOOKarten. 120 ChiDiDOtareti nsfl 480 Tsfelii Ifi ScbwmilrDcL A. yoldaiiii, lieber die Aikaloide der Lupinenöamen. Mitteilung aus dem pharmaceutisch- u. toxicologiscli- chemisclien Institut der Universität Neapel (Prof. Piutti). Über die AlIialoYdc der Samen von Liipinus albus *) von A. Soldaini. (Eingegangen den 15. III. 1893) Die Samen von Lttpmus albus liefern, wie ich bereits mitgeteilt ^) liabe, bei der Extraktion nach der Kalkmethode zwei Aikaloide von der gleichen Zusammensetzung C15 H24 N2O. Das eine derselben krj'Stallisiert im monoklinen System und schmilzt bei 99 — 100*^, das andere ist syrupförmig, grün fluoreszierend, geruchlos oder leicht na:ch Sperma riechend, nach der Aufbewahrung über Kalk und Schwefelsäure im Vacuum, je nach der Reinheit von mehr oder minder gelber Farbe und von der Konsistenz eines dicken Extraktes oder des Honigs. Diese Aikaloide werden durch eine langwierige Arbeit aus dem Basengemisch isoliert, welches auch Harz und Farb- stoffe enthält und mit leicht flüchtigen oder veränderlichen Basen verunreinigt ist, etwa dem Lupinidin Campani's,^) Verunreinigungen, welche Vv^ährend der Arbeit entfernt werden, wie das Verschwinden des eigentümlichen, coniinartigen und ammoniakalischen Geruches beweist, welches dem frisch extrahierten Rohstoff stets anhaftet. Ich werde zunächst von Vermutungen über die Zahl der in der weifsen Lupine vorkommenden Aikaloide absehen und ob die von mir isolierten Basen in den Samen praeexistieren oder Umwand- iungsprodukte sind, und werde ausschliefslich über die bisher aus- geführten vergleichenden Untersuchungen zwischen den beiden isolierten Basen berichten. Später werde ich dieselben durch das Studium ihres gesamten chemischen Verhaltens ergänzen, v/enn ich über eine genügende Menge des krystailisierten Alkaloides verfügen *) Aus dem Italienischen ins Deutsche übertragen von Dr. A. Partlieil 1) Acc. dei Liacei, VII, J2. Gazz. Chim. It., Marzo, 1892 : Diese Archiv 230, Heft 1. 2) Orosi, 1892. Arch. d. Phann. CCXXXI. Bds., 5. Heft. 21 322 A. Soldainv. Ueber die Alkaloide der LupineEsamen. Averde, dessen Trennung aus der Rohsubstanz langwierig und scliwierii,' ist und mar geringe Ausbeute liefert. Diese Schwierigkeiten in der Beschaffung des Rohmaterials und dessen Reinigung haben wahrscheinlich dazu beigetragen, dals die früheren Arbeiten von Monteferrante ^). von Campani-j, von Betelli^j, von Campani und Grimaldi*) ohne befriedigende Schlufsfolgerungen geblieben sind. Obgleich diese Forscher niehr- nials auf den Gegenstand zurücldiamen (1873 — 1891). blieb es immer noch ungewifs. ob ein oder mehi^ere Alkaloide sich in Lupinus albus finden und ob sie sich mit dem Lupinin Coi H4Q X, Oo . oder aucli dem Lupinidin Cg H15 X identifizieren liefsen , welche Alkaloide Baumert aus Litpinus Intens gewann. Aufserdem stimmten die Notizen über sie nicht überein, die Methoden der Extraktion und der Reinigung waren verschieden und diejenige, welche die beste war (mit salzsäurehaltigera Alkohol), war. wie ich zu beweisen Ge- legenheit hatte, zu kostspielig, weil eine Menge Pulver zu ver- arbeiten war, welches stark aufquillt und sehr \ie\ Lösungsmittel zurückhält, das verloren geht, wenn man nicht über industrielle Hülfsmittel verfügt. Ferner schien sowohl die Auswahl der Extraktionsmethode, als auch die AVahl der Samen von "Wichtigkeit zu sein. Denn ebenso erhielten Betelli und Campani und Gri- maldi mit verschiedenen Extraktionsmethoden verschiedene Resultate wie auch Monte ferrante bei Anwendung der gleichen Methode aus Neapolitaner Lupinen ein flüssiges, aus solchen von Bari ein krystaliisiertes Alkaloid erzielte. Monteferrante selbst hat eine Analyse nicht angeführt. ^) Keiner der genannten Autoren hatte 1) ßend. Acc. Scienze fis. e matem. Xapoli. anno XII, (187.3) p. 96. In dieser Arbeit giebt Verf. einige allgemeine Eigenschaften des flüssigen Alkaloids. welche mit dem Verhalten des von mir erhaltenen Rohalkaloids übereinstimmen. Diese Abhandlung von Monteterrantt^ war denen, die sich vor mir mit den Samen von Lupinus albus be- schäftigten, nicht bekannt. Auch ich gelangte erst zu ihrer Kenntnis, als ich meine Schlüsse schon gezogen hatte. 2) Orosi, 1881. Ueber das giftige Prinzip des Lupinensamens. 3) Gazz. chim. 1881. *) Orosi, I8S8. Beitrag zur chemischen Kenntnis der Samen der weifsen Lupine. 5) Laudw. Versuchs-Stationen 1881. — Ann. d. Chem 214, 224 u. 22ö. 6| Rend. Acc. Sc. Napoli, 187.5, p. 169. Verf. sagt, dafs die Lupinen von Bari eine alkaloi'dartige. in Nadeln krystallisierende Substanz ent- halten. Als er die Extraktion der Neapolitaner Lupinen wiederholte, erhielt er dieselbe dicke Flüssiorkeit, wie 1873. A. öoldaini, Ueber die Alkaloide der Ijupinensamen. 323 die Gegenwart eines von Lupinin und Lupinidin verschiedenen Alkaloides in den Samen von Lupinus albus erwähnt. Während (.^ampani und Grimaldi ein flüssiges Alkaloid gefunden hatten, welches sie auf Grund der Analyse des Platinsalzes für Lupinidin liielten, hatte Betelli ein krystallisiertes Alkaloid extrahiert, welches er. vielleicht wegen seiner Unreinheit ohne es zu analysieren, un- zweifelhaft für Lupinin hielt. In gleicher Weise ergiebt sich aus meinen Versuchen, bei welchen ich verschiedene Darstellungsmethoden prüfte, dai's dieVer- irchiedenheit der von den genannten Autoren erhaltenen Resultate, wahrscheinlicher als der verschiedenen Herkunft der Samen oder der Extraktionsmethode, vielmehr der Schwierigkeit entspringt, ein reines Material zu isolieren und die Alkaloide von einander zu trennnen. Die von mir zur Darstellung und Reinigung angewendete Me- thode zeichnet sich vor den bisher bekannten durch Eigenartigkeit aus und leistet bis jetzt das meiste in Bezug auf Billigkeit und Ausbeute. Versuche, die Alkaloide mit Hülfe eines der allgemeinen Rea- gentien darzustellen oder zu reinigen, haben bisher gute Resultate nicht ergeben, vielleicht könnte man mittels des Meyer"schen Rea- genzes etwas erreichen. I. Darstellung, Relnignng und Trennung der Alkaloide. Das Mehl von Lupinus albus wird unter beständigem Umrühren mit dem fünffachen seines Gewichts Wasser erhitzt und der Press- rückstand nochmals mit halb so viel Wasser wie vorher behandelt. Die vereinigten Decocte werden zur Extraktdicke verdampft, mit Kalk- milch versetzt und darauf durch Zusatz von Kalkhydrat, dann von Aetzkalk in ein trockenes Pulver verwandelt. Dieses wird endlich zehnmal hintereinander am Rückflufskühler mit zwischen 85 — 1.50^ sie- dendem Petroleumbeuzin erschöpft. Dem Benzin werden die Alkaloide mit 4 — 5prozentiger Salzsäure entzogen und die fast neutrale, gelbe Lö- sung des Chlorhydrats nach dem Alkalischmachen mit Potasche mit Aetlwläther ausgeschüttelt. Die öligen, gelben Rückstände der letzten Aetherextraktionen werden, vor Licht geschützt, im Vacuum über Schwefelsäure und Aetzkalk aufbewahrt, dichter, gelber und krystalli- sieren, während die ersten, unreineren, erst auf Zusatz eines Krystalles uud nur unvollständig krystallisieren. Die krystallinische, honigweiche Masse wird von zarten, strahlenförmig angeordneten, fast farblosen 21 324 A. Soldaini, Ueber die Alkadoide der Lupinensamen. Krystallen gebildet, welche einem in Menge vorhandenen extrakldicken gefärbten Oele eingebettet sind, welches schwierig mit der Pumpe, etwas besser durch Pressen mit Fliefspapler abgetrennt werden kann. In wenig reinem Aether liL'ste sich das Oel, welches von Neuem durch Verdampfen des Lösungsmittels gesondert wurde, während einige kleine prismatische, farblose und durchscheinende Kr3-stalle ungelöst zurück- blieben, welche bei 99» schmolzen. Durch Wiederholung desselben Ver- fahrens mit dem aus dem Aether wiedergewonnenen Oele, welches teils freiwillig krj'stallisierte, teils erst auf Zusatz eines Krystalles, wurde mit der Pumpe eine zweite krj'stallinische Fraktion, etwa in Form einer gelblichen Krystallmasse gewonnen, welche bei 97^ schmolz. Aus dem Filtrat wurde auf dem gleichen Wege eine dritte Fraktion in Form einer weichen, halb krystallinischen Masse gewonnen und ebenso aus den folgenden Fraktionen immer unreinere Produkte, deren letztes bei ö30 schmolz. Ein einmaliges Umkrystallisieren aus Petrol- äther (Siedep, 45 — 700) genügte bei dem Krystallpulver, welches bei970 schmolz, um dessen Schmelzpimkt auf 98— 99'-' zu erhöhen, während die übrigen, ziemlich unreinen Fraktionen . wiederholter Krj'stallisatio- nen bedurften, um die Krj^stalle von einem dicken, dichten Oele zu sondern. Die gut ausgebildeten Krj^stalle färben sich nicht an der Luft und bleiben unverändert, wenn man sie lange im Vacuum über Schwefel- säure und Aetzkalk aufbewahrt, wogegen die Fraktionen mit einem Schmelzpunkt unter 99^ mehr oder weniger gelb werden. In diesem Zustand gelingt die Reinigung mit Petroläther leichter, weil die leicht zersetzliche Substanz weniger löslich in dem Lösungsmittel geworden ist und es schwierig geworden ist, dafs das Alkaloid sich als Oel aus dem Aether abscheidet. Führt man die Reinigung mit einem Teil Roh alkaloid auf 10 Teile Petroleumäther aus, so trübt sich das Filtrat und scheidet unverzüglich farblose, durchscheinende oder durchsichtige, zu feinen Büscheln vereinigte Krystalle aus. Ist das Verhältnis wie l zu 25 Lösungsmittel, so sondert sich das Alkaloid in wohlausgebil- deten, oft gekreuzten, farblosen und durchscheinenden Krystallen aus, aber um sie mefsbar zu erhalten, bedarf es einer gröfseren Ver- dünnung. 11. £igeasch£ften der Alkalo'ide. Das krystallisierte Alkaloid schmilzt bei 99^. Es bildet monokline, farblose, dm-chscheinende oder halb dm-chschei- nende Ki-ystalle von intensiv bitterem, unangenehmem Geschmack. Es ist sehr leicht löslich in Wasser, Alkohol, Aether, Chloroform, weniger in Benzol und Petroleumbenzin, fast unlöslich in der Kälte in Petroleumäther (S. P. 45—600), spärlich darin löslich bei Siede- A. Soldaiui, Ueber die Alkadoiue der Lupinensamen. 325 temperatur. mehr in bei 59 — 80" siedendem Petroleumäther. Aus l'etroläther und aus Benzol krystallisiert es leichter als aus den an- deren Lösungsmitteln, welche,] wenn unrein, die Krystallisation hin- dern, wie besonders der Alkohol, oder es nur in Form eines dicken, schweren Oeles abscheiden. Die wässerige Lösung ist völlig durchsichtig, trübt sich beim Kochen, wird milchig und scheidet das Alkaloi'd in Form eines krystallisierbareu oder nicht krystallisierbaren Oeles ab. Bei einer Konzentration von 2,43 Proz. fluoreszirt es nicht und besitzt auch kein Drehungs vermögen. Es besitzt eine stark alkalische Reaktion, wie konzentriertes Kali, reizt die Haut und stöfst, auf 70^ erwärmt, einen spermaartigen Geruch aus, trübt sich und wird in der Kälte wieder klar, ein Versuch, der beliebig wiederholt werden kann. Die kalte Lösung trübt sich nur auf Zusatz von Kalihydrat (gegen 50 Proz.) ohne einen Greruch zu entwickeln und scheidet dann auf der Oberfläche weifse, zähe Tropfen ab, welche beim Erwärmen keinen ammoniakalischen , sondern nur einen spermaartigen Geruch aushauchen. Nach dem Sieden wird die Flüssigkeit auf Zusatz von Wasser wieder klar, welches die ausgeschiedenen Tropfen wieder auflöst. Auf dem Platinblech schmilzt es zu einer farblosen Flüssigkeit, welche sich gelb, dann braun färbt und mit stark leuchtender Flamme verbrennt. Dabei entMäckelt es anfangs einen Geruch, der die Empfindung eines bitteren Geschmacks hervorruft, zuletzt riecht es stechend nach Pyridin und Piperidinbasen. Im Schwefelsäurebade schmilzt es zu einer dicken Flüssigkeit bei 100 1^, die bei 150° noch farblos ist, bei 1600 gelb bis braungelb, bei ISO» rot und bei 200° rotbraun wird. Man kann es durch Erkaltenlassen krystallisieren, und es wird sich verlohnen, später dieses Produkt zu untersuchen, welches zwar durch Farbstoffe verunreinigt ist, davon aber durch fraktionierte Fällung mit Platinchlovid getrennt werden kann. Diese und andere Eigenschaften, wie der Schmelzpunkt, die Einbasischkeit etc. gestatten, das krystallisierte Alkaloid von Liipimis albus von dem Oxyspartein ^1511.24X20, welches Ahrens^) bei der Oxydation des Sparteins C15 H26 N2 erhielt, sowie von dem Pijlliyanin zu differenzieren, welches ij Bar. XXIV, 1095. Es ist zweisäurig. 326 A. Soldaini, Ueber die Alkadoide der Lupinensamen. Arata imcl Canzoneri-j aus Lycopodimn Saururus isolierten, wo- bei sie es ungewifs liefsen, ob demselben die Formel C14H24N2O oder Ci5 H24 N2 zukommt. Mit den allgemeinen Alkaloidreagentien gab eine Lösung von 0,0161 g des Chlorhydrats in 50 cc Wasser (1 cc = 0,00032 g) folgende Reaktionen : Phosphomolybdänsäure erzeugte einen gelben, flockigen, bald grün werdenden Niederschlag, der sich in Ammoniak mit blauer Parbe löste, beim Erwärmen sich entfärbte. Durch Kalihydrat sonderte der gelbe Niederschlag ein blaues Pulver, wie Berliner- blau, ab. Jodjodkalium lieferte eine rotbraune Fällung, Eisenchlorid und Ferrocyankalium gab keine Reaktion. Meyer'sches Reagens giebt einen weifsen Niederschlag, der sich in kleine, blafsgelbe Wärzchen sondert, Quecksilberchlorid nichts, aber in konzentrierterer Lösung einen weifsen Niederschlag; Dragen- dorf fs Reagens: nichts, aber in konzentrierterer Lösung einen gelben oder pomeranzengelben Niederschlag; Kaliumbichrom at auch in konzen- ti-ierter Lösung: nichts; Phosphowolframsäure : eine weifse Fällung; Jodhaltige Jodwasserstoffsäure liefert einen kastanienroten , bald schwarz werdenden Niederschlag; Pikrinsäure: keine Reaktion; in konzentiierterer Lösung einen gelben, krystallinischen Niederschlag. Konzentrierte Schwefelsäure: keine Färbung; gegen 150° gelblich. Schwefelsäure und Kaliumbichromat färben grün: Schwefelsäure und Jodkalium geben mit dem Rückstand von 1 ccm eine leichtgelbe Färbung, die Chloroform rötet. Froede's Reagens giebt in der Kälte nichts, in der Wärme vorübergehende Rotfarbung. Schwefel- säure und darauf die 18 fache Menge Salpetersäure: nichts, erhitzt, um die Säuren zu verjagen, nichts; beim Erkalten scheiden sich einige Krystalle ab. Salpetersäure: nichts, beim Verdampfen auf dem Wasserbad verbleibt eine gelbe Masse. Kaliumcadmiumjodid liefert einen weifsen, bald blassgelblichen, im Überschufs des Reagenzes löslichen Niederschlag. Phosphorantimonsäure: nichts. Bromwasser giebt einen schweren, pomeranzengelben Niederschlag, Bromdampf 2j Gazz. chim it. XXII. (1892), 146. Schmp. 64- CS«. Die ßeak- tionen mit Eisenchlorid, mit Kaliumbichromat und Ferricvaulvalium können neben anderen, weniger wichtigen zur Unterscheidung dienen. Wahrscheinlicher besitzt es die Formel C-^^llo^'i^'y^- A. So Idaini, Ueber die Alkadoide der Lupinensamen. 32/ färbt den Rückstand eines Cubikcentimeters gelb. Kaliumper- manganat wird unter Abscheidung eines braunen Niederschlags ent- färbt. Chlorwasser giebt keine Reaktion, auch nicht nach Zusatz von Ammoniak. Platinchlorid: nichts, auf Zusatz von Alkohol Fällung, die sich beim Erwärmen löst, dann krystallisiert. In wässriger Lösung: gelber, flockiger Niederschlag. Goldchlorid: nichts: in konzen- trierterer Lösung eine gelbe Fällung, welche sich beün VeiKlampfen nicht i'eduziert. Die Vitali'sche Atropinreaktion (HNO3 und Alkoholisches IvOH) verläuft negativ. Schwefelammonium, (Reaktion des Sparteins, mit dem Rückstand von l com), sofort nichts, allmählig erscheint vom Rande her eine rötliche Färbung, welche sich nach der ]\Iitte zu ausbreitet und plötzlich verschwindet. Wenn man zur Verjagung des Schwefels gelinde erwärmt, ist die Färbung deutlicher, besonders wenn man nur einen Tropfen Reagens verwendet. Das flüssige Alkaloid, welches eine grüne Fluoreszenz zeigte und bei der Darstellung des vorherbesprochenen zurückblieb, kry- stallisierte nicht, wenn man es einige Monate im Vacuum über Kalk und Schwefelsäure aufbewahrte, aber es färbte sich stark und ver- harzte zum Teil. Mit Wasser gab es eine trübe Lösung, welche nicht klar filtrierte. In das Chloi^hydrat verwandelt und durch Um- krystallisiereu und Pressen der Krystalle mit Fliefspapier gereinigt, lieferte es mit Kalk und Äther ein Öl, welches nicht mehr die- selben physikalischen Eigenschaften besafs, wie das Ausgangspro- dukt: es war farblos und besafs einen leichten Spermageruch, wenii es frisch dargestellt war; im Vacuum über Schwefelsäure . färbte es -sich und krystallisierte meist nicht, aber wenn man ihm eine Spi;r der Ej-ystalle des krystallisierten Alkaloids zusetzte, bildete es bald grofse und schöne Krystalle, die meist fächerförmig angeordnet waren , aber nicht gesondert werden können , weil sie zerfliefslich sind. Werden die durchscheinenden Krystalle aus dem Vacuum ge- nommen und mit Fliefspapier geprefst, so sind es wohl ausgebildete, farblose Prismen, welche aber im Augenblick zerfiielsen und völlig verschwinden, indem sie auf dem Papier eine schnell gelb werdende Masse zurücklassen. Die Krystalle sind auch immer ein wenig gelb und mit gelbem, dickem, schwierig zu entfernenden Ol vermischt. Dem Zerfliefsen überlassen, bilden sie ein farbloses, an der Luft 328 A. Soldaini, Ueber die Alkadoide der Lupinensameu. schnell, im trocknen Vaeuum langsam gelb werdendes Öl, welches über Schwefelsäure verworren zu einer honigweichen, ziemlich zer- füefslichen und gelben Masse krystallisiert. Dieses Alkaloid werde ich als „zerfliefsliches Alkaloid" bezeichnen. Die acidimetrischen Bestimmungen , welche ich mit den solcher- gestalt dargestellten Alkaloiden, und zwar wiederholt, mit Proben ver- schiedener Darstellungen, ausführte, ergaben im Mittel folgende Eesultate: Gefunden: Berechnet für: KrystalHs. Alk. Zertiicssl. Alk. Flüssiges Alk. 015^,4X20 14..54:— 14,72: 14,44; 14.20: 14.71 Proz. HCl. Die Elementaranalyse ergab folgende "Werte : Gefunden: Berechnet für Krjstallis. Alk. Zei-fliefsl. Alk. Flüssiges Alk. CjjH^^NoO: I. II. I. II. C = 72..39 72,64 71.90 73,07 72,15 72.58 Proz. H= 9.^2 y.88 9.38 9,47 9.72 0,67 „ Überdies lieferte das zerfiiefsliche Alkaloid ein Chlorhydrat, ein Goldsalz und ein Jodmethylat mit denselben Schmelzpunkten, welche die entsprechenden Verbindungen des flüssigen Alkaloides besassen und daher müssen sie für identisch gehalten werden, denn die Ditie- renzen in den analytischen Resultaten rühren nur von der Zersetz- lichkeit und Zerfliefslichkeit der Alkaloide her. Die Molekulargröfse , nach der Methode von Eaoult bestimmt, entspricht folgenden Werten: Gefunden: Berechnet für: Krystallis. Alk. Flüssiges Alk. CigHo^N^O 243-2481) 251 248. Eine Lösung des Chlorhydrats der Alkaloide lieferte, imLaurent- schen Polarisationsapparat untersucht, folgende Resultate : Krystallis. Alk. Flüssiges Alk. Zerfliefsliches Alk. Inaktiv. Rechtsdrehend. Pechtsdreheud. Das zerflielsliche, sowie das flüssige und das krystallisierte Al- kaloid fallen beim Erwärmen aus ihrer wü.-;serigen Lösimg müchig aus und scheiden dann ölige Tropfen ab. welche sich in der Kälte beim Umschütteln wieder vöUig lösen. Das flüssige Alkaloid, in langen Zwischenräumen wiederholt mit reinem Äther versetzt, sonderte immer ein wenig gelbes Harz ab, das in Alkohol löslich war; die ätherische Lösung lieferte ein farb- 1) Soldaini, Acc. dei Lincei VII, fasc. XII (1891). A. Soldaini, Uebev die Alkadoide der Lupinensamen. 329 loses Ol, welches ah und zu Krystalle lieferte, aber endlich blieb eine extraktartige, nicht mehr krystallisierbaro riüssigkeit über, welche als ein Geraisch erkannt wurde, weil sie nur teilweise in Petroläther löslich war und weil sie zwei krystallisierte saure Sulfate lieferte, von denen nur eines in kaltem absolutem Alkohol löslich war; ich werde noch Gelegenheit haben, auf diese Verbindungen zur ü ckzukommen . III. Salze der Älkalo'ide. Chlorhydrat C15 H24 Ng . HCl + 2H2O. — Krystallisiertes Alkaloid. Man stellt es dar durch Neutralisieren des in möglichst wenig Wasser gelösten krystallisierten Alkaloides mit titrierter Salzsäure und darauf dui'ch vorsichtiges Eindampfen auf dem Wasserbad zum Syrup, der an der Luft nicht krystallisiert, aber über Kalk und Schwefelsäure eine weifse, wachsartige Masse liefert, aus welcher man durch fleifsiges Pressen mit Fliefspapier eine wachsartige Masse erhält, welche, über Schwefelsäure getrocknet, bis sie pulverig wird, zerlliefslich ist. Ist es durch Harz oder Farbstoffe verunreinigt, so kann es lange im Exsiccator verweilen, ohne zu krystallisieren , in- dem es sich in eine extraktartige Masse verwandelt. Wenn es aus dem Rohalkaloid, aus dem ein gut Teil des krystallisierten Alkaloids isoliert wurde, dargestellt wurde, so scheiden sich Krystalle aus, welche mit dem Chlorhydrat des flüssigen Alkaloids verunreinigt sind. Ist es aus reinem, mehi-mals aus Petroläther umkrystallisierten Alkaloid dargestellt, so schmilzt es, ohne wesentliche Färbung, bei 105 — 1070 im geschlossenen Rölirchen. Der früher von mir zu 1240 angegebene Schmelzpunkt wird durch die Gegenwart des Chlorhydrats der flüssigen Base bedingt, welches schwierig zu ent- fernen ist, weil beide fast gleich löslich sind. Dieses reine Chlor- hydrat, über Schwefelsäure und Ätzkalk getrocknet, färbt sich im Wassertrockenschrank nicht gelb, sintei^t aber zusammen und lieferte bei der Analyse folgende Resultate: I. 0,2430 g verloren im Wassertrockenschrank 0,0272 g HoO 0,243 im Wassertrockenschrank zuvor getrocknet, lieferten 0,174 g HgO und 0,499 g CO.,. 0,197 der über Ätzkalk und Schwefelsäure getrockneten Substanz verbrauchten 6,25 cc 1/10 Norm. Silberlösung, entsprechend 0,02218 g Cl. 330 A. Soldiiini, lieber die Alkadoide der Lnpinensamen. II. 0,3048 g verloren im Wassertrockensclirank 0,0319 g H^O und verlangten 9,6 cc ^/^q Norm. Silberlösung zur Titration, entsprechend 0,03408 g Cl. Gefunden: Berechnet lür : I. II. C15H24N0O.HCI + 2H2O. H2O = 11,19 10,40 " 11,23 C = 55,97 — 56,16 H = 7,95 — 7,80 Cl = 11,25 11,17 11,07 Das zur ersten Analyse verwendete Chlorhydrat schmolz bei 105 — 1060, Jas für die zweite bei 102 — 108 0, und während das erste im Wassertrockenschrank zusammensinterte und farblos und gut wiederkrystallisierte, sinterte das andere unter Zurücklassung einer gelben, kiystallinischen Masse zusammen. Das reine Chlorhydrat gab ein Goldsalz, welches bei 182 — 183 schmolz und aus welchem ich das Alkaloid krystallisiert zurückgewann, bei 98 — 99*^ schmelzend und völlig löslich in Petroläther. Das getrocknete Chlorhydrat zerHielst rasch an der Luft, dann krystallisiert es bisweilen wieder, und endlich verwandelt es sich in einen Syrup, der, über Schwefelsäure gestellt, meistens krystallisiert; aber bisweilen trocknet er ein, ohne zu ki-ystalUsieren. Dieses Chlorhydrat ist sehr leicht löslich in absolutem Alkohol, aus welcher Lösung es durch Zusatz von Äther gelallt wird und dann krystallisiert. Diese von denen des Chlorhj^drats des flüssigen Alkaloids ziemlich verschiedenen Eigenschaften haben ein Interesse für die Auffindung einer neuen Trennungsmethode der Lupinenalka- loide, welche in der Praxis leichter und schneller gelingt. Flüssiges Alkaloid. Man löst ein bekanntes Gewicht des Roh-Alkaloids in Äther und schüttelt mit Wasser aus, welches die berechnete Menge Salzsäure enthält, trennt die Flüssigkeiten und verdampft im Wassei-bade zum Syrup, der an der Luft leicht krystallisiert. Die an der Pumpe gesammelten und zwischen Fliefspapier geprefsten Krj'^stalle beginnen gegen 124^ zu schmelzen, werden dann gelblich und schmelzen so gut wie vollständig bei 1350. Durch wiederholtes Umkrystallisieren aus Wasser gereinigt, schmelzen die abgesaugten und zwischen Fliefspapier geprefsten, eine Stunde über Schwefelsäure getrockneten Kjystalle vollständig bei 132 — 1330. Bei der Analyse lieferten sie folgende Resultate: sprechend 0.03 3ö9 g Cl Gefunden : I. II. HgO: = 10,91 11,22 C: = 56.52 — H: = 7,82 — Cl = 11,24 — A. So Idaini, Ueber die Alkadoide der Lupinensamen. .'531 0,5263 g verloren, im Wassertrockenschrank getrocknet, 0,0574 g. 0,2782 g getrocknete Substanz lieferten 0,1967 g H2O und 0,5766 g COo. 0,3030 g derselben verlangten 9,6 cc Vio ^orra. Silberlüsuug , ent- Berechnet für : C15H24N2O.HCI + 2H.p 11,23 56,16 7,80 11,07 Dieses Clilorhydrat bildet wolil ausgebildete, prismatisclie, farb- lose und durchscheinende Ivrystalle, welche über Schwefelsäure laugsam, im Vacuum über Schwefelsäure rasch Wasser verlieren. In Äther ist es unlöslich, leicht lösKch in AVasser und in absolutem .\lkohoL Aus der mit Äther geschichteten alkoholischen Lösung er- hält man es in grofsen, langen, prismatischen Krystalien, welche gegen 135° gelb werden und nur teilweise bei einer viel höheren Temperatur schmelzen. Dieses auhydrische Chlorhydrat nimmt an feuchter Luft Wasser auf und krystallisiert. Aus der Lösung des Chlorhydrats scheidet Kali (50 Proz.) eine ölige Base ab, welche die Flüssigkeit milchig macht und sich dann in dichten, färb- und ge- ruchlosen Tropfen abscheidet. Beim Erwärmen entwickelt sich kein Ammoniak, Reagenspapier wii"d nicht gebläut, mit Salzsäure ent- stehen keine weifsen Xebel. Wenn es unrein ist, so ist es viel hygroskopischer an der Luft. Es ist viel beständiger, als das Chlorhydrat des krj^stallisierten Alkaloids und kann ohne Zersetzung bei 110 — 115*' getrocknet werden, wie folgende Analysen zeigen: Gefunden: Berechnet für Cjj H24 NgO . HCl. C = 63,42. 6:3,26. H = .s.Sl. 8,43. Cl = 12,62. 12,48. Dieses Chlorhydrat giebt ein bei 198 — 199 schmelzendes Gold- sal7.. wie wir später sehen werden, aus welchem ein Alkaloid in Form eines farblosen Öles zurückgewonnen werden kann, welches äufserst zerfliefsliche Krystalle und ein rechtsdrehendes Chlorhydrat liefert. Jodhydrat. C15 H24 Xg . HJ. — Krystallisiertes Alkaloid. Man erhält es, wenn man die wässerige Lösung des lo-ystalli- sierten Alkaloids mit Jodwasserstoffsäure neuti-alisiert und auf dem 332 A. Soldaini, lieber die Alkadoide der Lupineusamen. Wasserbade zur Krj'stallisation eindampit. So erhält man gelbe oder rötliche Krystalle, welche durch wiederholtes Umkrystallisieren farblos und durchsichtig werden und Glasbruch besitzen. Dieses Salz ist in der Kälte in Wasser und absolutem Alkohol wenig löslich, in der Wärme wird es reichlich gelöst und krystallisiert beim Erkalten aus. Aus Wasser umkrystallisiert, gepulvert und im Vacuum über Schwefelsäure getrocknet, färbt es sich gegen 130'^ und schmilzt dann gröfstenteils bei 171 — 172°, vollständig bei 179—180'^. Wahrscheinlich ist es durch Jodhydrat des flüssigen Alkaloids verunreinigt. Bei der Analyse gab es folgende Resultate: 0,2316 g der zuvor im Vacuum über Schwefelsäure getrockneten Substanz verloren bei 105 — 110^ nichts an Gewicht und erfordeiten G,l cc ^/iq N. Silberlösung, entsprechend 0.0779 g J = 33,66 Proz. J. 0.201 g derselben Substanz lieferten 0,1199 g H.^ und 0.351 g COo. entsprechend 6,ö2 Proz. H und 47,62 Proz. C. Flüssiges Alkalo'id. Stellt man in derselben Weise das Jod- hydrat des flüssigen Alkaloids aus der von dem krystallisierten Alkaloid befreiten Base dar, so erhält man Krystalle, Avelche ge- pulvert und über Schwefelsäure im Vacuum getrocknet, bei 181 — 182° völlig zu einer rotbraunen Flüssigkeit schmelzen und bei der Analyse folgende Zahlen lieferten: 0,199 g des im Vacuum über Schwefelsäure getrockneten Salzes verloren bei 105—1100 nichts an Gewicht luid lieferten 0,120 g HoO und 0,3-17 g CO2. entsprechend 6,69 Proz. H und 47,53 Proz, C. 0,1712 g derselben Substanz erforderten 4,45 cc i/jo N. Silberlösung, entsprechend 0,0565 g J = 33 Proz. J. Zerfliefsliches Alkaloid. Das aus dem in zerfliefslichen Krystallen aus dem Chlorhydrat wiedergewonnenen Alkaloid durch Neutralisieren der wässrigen Ijösung mit Jodwasserstoffsäure dar- gestellte Präparat bildete harte, glasartige Kiystalle, welche mit denen des vorstehend beschriebenen flüssigen Alkaloids überein- stimmten. G-epulvert und im Vacuum über Schwefelsäure getrocknet, schmolzen sie l^ei 184 — 185° vollständig zu einer hellgelben Flüssig- keit und gaben bei der Analyse folgende Resultate: 0,266 g verloren bei 105—1100 nichts an Gewicht und lieferten 0,1532 3; HoO und 0,463 g CO2. oder 6,60 Proz. H und 47,98 Proz. C. 0,1082 g derselben Substanz verlangten 2,46 cc Vio ^^- Silberlösung, entsprechend 0.0363 g J, oder 33,56 Proz. J. A. So Idaini, Ueber die Alkadoide der Lupinensamen. 333 Krystallis. Alk. Flüss. Alk. Zerfi. Alk. Berechnet für C15H04N2O . HJ. H.O = — _ _ _ ' "C = 47,62 47,.W 47,98 47,87 H = (3,62 6,7U 6,60 6,63 J = 33,66 33,00 33,56 33,77 Diese Jodbydratc bilden gut definierte Krystalle, welche später krystallgraphisch untersucht werden sollen. Im Allgemeinen sind die Krystalle gefärbt und werden nur durch wiederholtes Um- krystallisiereu farblos. C h 1 r p 1 a t in a t (C15 H,^ No . HCl) 2. Pt CH. — K r y - stallisiertes Alkaloid. Es wurde aus der Lösung des lirystallisierten Chlorhydrats, welche zur acidimetrischen Bestimmung gedient hatte, durch Eindampfen auf dem Wasserbade, Aufnehmen mit absolutem Alkohol und Fällen mit alkoholischer Platinchlorid- iösung dargestellt. Abgesaugt bildete es ein schön gelbes, an der Luft rasch lebhaft orangerot werdendes Pulver, welches sich nach dem Waschen mit absolutem Alkohol, völlig in 60prozentigem sieden- dem Alkohol löste, aus welcher Lösung es sich in glänzenden, orange- roten, konzentrisch angeordneten Krystallen abschied. Die Kiystalle .sind in der Kälte in Wasser und Alkohol von 95 — 96*^ v/enig löslich, reichlich in siedendem Wasser, woraus sie meder krystallisieren. In siedendem absoluten Alkohol sind sie nicht, in Alkohol von 95^ wenig löslich und krystallisieren aus letzterem gut. Aus Wasser umkrystallisiert, besitzt es einen goldig orange- gelben Glanz und liefert ein mehr dem Bleichromat als dem Kalium- dichromat gleichendes Pulver. Im Vacuum über Schwefelsäure ge- trocknet, färbt es sich bei 120^ dunklei% bei 150° ist es orangegelb, dann bräunt es sich und schwärzt sich über 200*^, schmilzt halb und entwickelt bei 212^ ein Gas, indem es sich stark aufbläht. Dieses Platinsalz besitzt also keinen bestimmten Schmelzpunkt da es sich stufenweise zersetzt, ein Verhalten, welches dem des Chlorplatinats des flüssigen und des zerfliefshchen Alkaloids sehr ähnelt. Auf dem Platinblech sintert es zusammen und zersetzt sich unter Verbreitung eines pyridinartigen , lupinenähnlichen, bitter schmeckenden Geruches und verbrennt mit leuchtender , grüner Flamme unter Zurücklassung einer voluminösen Kohle. 334 A. So Idaini, Heber die Alkadoide der Lupineiisamen. Bei 100*^ geü'ocknet, erleidet es keinen Clewiclitsverlust und verliert erst bei 125 — 130^ 0,59 Proz. und die Analyse ergiebt dann etwas zu wenig Chlor. Bei Uö — 1200 getrocknet ergab die Analyse: 0,128 g lieferten 0,0636 g HgO ; 0,1684 g CO^ und 0.028 g Pt. 0,1089 g verbrauchten 7,1 cc. ^/^q Korm. Silberlösung, entsprechend 0,025205 g Cl. Gefunden : Berechnet für I. II. III. (Ci5 H24 No . HCl), PtCli- C = 39,08 — — 39,60 H = 5,52 — — 5.50 Pt = 21,88 21,79 21,93 21.78 Cl = 23.14 — — 23.51) Dieses Chlorplatinat hat also die normale Zusammensetzung der J'latindoppelsalze einsäuriger Alkaloide und l)estätigt die dem kry- stallisierten Alkaloid zuerteilte Formel. Flüssiges Alkaloid. Das Chloroplatinat, welches aus dem beim Abtrennen des krystallisierten Alkaloides flüssig geblie- benen Anteil ei'halten wurde, krystallisierte aus Wasser in grofsen und kleinen Warzen, bisweilen mit nadeiförmigen, pommeranzengelben, denen des vorherbeschriebenen Salzes gleichenden Kiy stallen ge- mischt. Mit Alkohol von 6O0 gewaschen, trübte sich ihre Lösung in siedendem Wasser beim Erkalten unter Abscheidung eines gelben, amorphen Pulvers, welches alsbald harzig wurde und mit der Zeit Warzenform annahm. Die Analysen gaben folgende Resultate: Gefunden bei den Berechnet für Ideinen grofsen Warzen (C15H24N2 • HCl)oPtCl4 + 4H20 10.06 H2Oib.ll0-1120) 9.81 " 25,79 26,75 Pt. 26,71 Durch wiederholtes Umkrystallisieren aus siedendem 00 prozent. Alkohol bildeten sich häufig einzelne prismatische Krj'stalle, oder auch sehr Ideine Wärzchen. So erhalten, verloren sie bei 120 — 1250 kein Wasser mehr, begannen sich aber zu zersetzen. Bei 1200 g©. trocknet, zeigten sie bei der Analyse einen zwischen 21,89 und 22,07 Proz. liegenden Platingehalt. Das zeigt, dafs neben dem normalen Platinsalz ein solches krystallisirt, welches beim wiederholten Umkrj^staUysieren Salzsäure, Wasser und Platinchlorid verliert. Aus dem reinen, bei 132 — 1330 schmelzenden Chlorhj'drat dar- A. Soldaini, Uebcr die Alkadoide der Lupinensamen. o'i.') ojestellt, fiel es aus Alkohol als gelbes, orangerot werdendes Pulver, welches sich in warmem Wasser löste und daraus weder inWaizen- torm, noch im Habitus des Platinsalzes des krj-stallisierten Alkaloids krystallisierte und des Glanzes entbehrte. Sein Verhalten bei der Schmelzpunktbestimmung ist dem des krystallisierten Alkaloids sehr ähnlich, mit dem einzigen Unterschied, dafs es sich über 120^ \'iel- mehr schwärzt, anstatt pomeranzenfarben zu werden. C h 1 r a u r a t. Cj^Ho^NoO . HCl Au CK — KrystaUisiertes A 1 k a 1 i d. Das Chlorhydrat des rohen krystallisierten Alkaloids giebt auf Zu.satz von Goldchlorid einen lebhaft kanariengelben Niederschlag. In zwei Fraktionen an der Saugpumpe gesammelt, mit kaltem Wasser gut ausgewaschen und über Schwefelsäure getrocknet, sind es kanariengelbe Pulver, welche bei der Analyse ergaben: I. Fraktion. 0,1294 g des getrockneten Salzes verloren bei 10.!) — 106" 0,2.3 Proz. 0,129! g der bei 105 — 106^ getrockneten Substanz lieferten 0.0433 g Au. II. Fraktion (mit überschüssigem. Goldchlorid gefällt.) 0.1560 g verloren bei 105- -1060 0,32 Proz. 0.1555 g des bei 105 — 106^ getrockneten Salzes lieferten 0,0524 g Au. Getunden: Berechnet für I. Frakt. II. Frakt. Cj^ H,^ N^ . HCl . Au CI 3 Au = 33.54 33,70 33,48 Das Goldsalz der ersten Fraktion schmilzt bei 177 — 178^ und zersetzt sich heftig unter Gasentwickelung, ebenso, wie das Goldsalz der zweiten Fraktion, welches bei 174 — 176° schmilzt. Die Mutterlauge von der zweiten Fraktion, welche einen Ueber- schuss von Goldchlorid enthielt, lieferte beim Verdunsten metallisches Gold und geringe Mengen von Kiystallen des Goldsalzes. Mit unreinerem Chlorhydrat, gewonnen aus dem rohen krystalli- sierten Alkaloid. welches bei 70 — 87° schmilzt, findet reichliche Re- duktion von Gold statt, sodafs die Verunreinigungen sich mit den ersten Fraktionen ausscheiden iind mehr oder weniger braun gefällt werden. Aber zuletzt scheidet sich ein lebhaft gelbes Chloroaurat aus, welches, mit Wasser, Alkohol undAether gewaschen, 34.15 Proz. Au enthält, was sicher von etwas reduziertem Gold herrührt. Um es rein zu erhalten, mufs man es mehrmals aus siedendem ÖOprc- zentigem Alkohol umkrystaUisiereD, Gefunden c. = 30,39 H = 4,42 N = = — Cl = = 23,99 Au = = 33,45 336 A. Soldaiui, Ueber die Alkp.doide der Lupinensamen. Um das Goldsalz rein zu erhalten, ist es am besten, es aus dem Chlorhydrat zu fällen, welches aus reinem krystallisierten Alkaloi'd dargestellt ist, unter Vermeidung eines Ueberschusses des Reagenzes. Dann erhält man einen schön gelben Niederschlag, der, mit kaltem AVasser gewaschen, abgesaugt und getrocknet, ein gelbes Pulver darstellt, welches bei 182 — 183° völlig schmilzt und sich plötzlich unter Gasentwicklung zersetzt. Aus siedendem Alkohol von 60 — 62*^ umkrystallisiert, scheidet es sich als pomeranzengelbe, glänzende Krystalle ab, welche, über Schwefelsäure getrocknet, im Wasser- trockenschrank nicht an Gewicht verlieren und bei der Analyse folgende Zahlen ergaben: Berechnet für C^r, H04 N., O . HCl . Au CI3: 30,62 Proz. 4 25 4.76 „ 24,16 „ 33,48 „ Das aus Alkohol krystallisierte Goldsalz ist in kaltem Wasser fast unlöslich, sehr wenig löslich in siedendem. Gepulvert in Wasser suspendirt und durch Schwefelwasserstoff bei etwa 50^ zerlegt, liefert das Filtrat, zur Yerjagung des Schwefelwasserstoffs auf dem Wasser- bade ein wenig eingedampft, nachdem es mit Ivaliumcarbonat fast neutralisiert, auf ein kleines Volumen eingedampft und dann mit Kali alkalisch gemacht ist, beim Ausschütteln mit Aether das krystallisierte Alkaloid, welches bei 98 — QQO schmilzt. Es erstarrte über Schwefel- säure vollständig zu einer weifsen, in kaltem Wasser löslichen Krj'^stallmasse, welche sich beim Erhitzen trübte und in der Kälte wieder klar wurde. Flüssiges Alkaloid. Wenn man die flüssige , rohe Alkaloidmasse mit Salzsäure schwach sauer macht und dann mit Goldchlorid fällt, so erhält man ein gelbes Pulver des Goldsalzes, welches, aus siedendem Alkohol von 60° umluystallisiert, verschiedene Fraktionen liefert, welche alle mehr oder weniger Gold reduzieren, ebenso, wie eine Krystallisation, welche dem Goldsalz aus dem rohen krystallisierten Alkaloid gleicht. Die verschiedenen Fraktionen be- sitzen verschiedenes Reduktionsvermögen gegen Goldchlorid und ebenso etwas verschiedene Schmelzpunkte, aber durch wiederholtes Umkrystallisieren aus Alkohol erhält man Krystalle des Goldsalzes, A. Soldaini. Ueber die Alkaloide der Lupinensamen. 337 welche Gold nicht mehr reduzieren, bei 180" zu schmelzen beginnen und bei 198 — 1990 völlig schmelzen. Wenn man das rohe Chlorhydrat vor der Darstellung des Gold- salzes diu'ch wiederholtes Umkrystallisieren reinigt, so erhält man ein beim Fällen und Umlaystallisieren aus üüprozentigem Alkohol nur wenig reduzierendes Chloroaurat, welches in zwei Fraktionen ge- fällt und im Vacuum über Schwefelsäure getrocknet wurde. Beide Fraktionen schmolzen bei 199 — 2000 ^ind gaben bei der Analyse folgende Resultate: Gefi anden : Berechnet für I. Frakt. II . Frakt. Ci5 H24 N2 . HCl . Au CI3. H-'O = — — — Proz. C= 30,50 — 30,62 „ H = 4,62 — 4,25 „ Cl= 24,26 — 24,16 „ Au= 33,44 33,59 33,48 „ Aus dem reinen, bei 131 — 132^ schmelzenden Chlorhydrat dar- gestellt, bildet das Goldsalz ein lebhaft gelbes Pulver, welches bei 1990 schmilzt, indem es sich vor dem Schmelzen pomeranzengelb färbte. Bei der Analyse gab das nicht aus Alkohol umkrystallisierte Salz folgende Resultate: 0,8923 g zeigten, bei 105 — 110° getrocknet, keinen Gewichtsverlust. 0,2277 g gaben 0,0921 g HgO und 0,2564 g COo. 0,233 g lieferten bei 25^ u. 760,4 mmtr. Barometerstand 9,72 cc N. 0,2071 g verbrauchten 14,1 cc. ^/^q N. Srlbernitratlösung, entsprechend 0,05005 g Cl. Gefunden : Berechnet für C15 H04 NgO. HCl.AuClg. C = 30,70 30,62 Proz." H = 4,49 4.25 , N = 4,79 4,76 „ Cl = 24,17 24,16 „ Au = 33,47 33.48 „ Es ist in kaltem Wasser und absolutem Alkohol so gut wie unlöslich, wenig löslich bei Siedetemperatur und sein Goldgehalt entspricht dem Molekulargewicht der Base. S u 1 i c y a n a t, G^^ H24 NgO . HCNS + HgO. — Kr y s t a 1 1 i- siertes Alkaloid. Man stallt es dar, indem man eine titrierte Ammoniumrhodanat- lösung mit der bei-echneten Menge des krystallisierten Alkaloids zei - Aicb. a. Pharm. CCXXXI. Bd. 5. Heft. 22 338 A. Soldaini, Ueber die Alkaloide dei- Lupinensamen. setzt. Bereits in der Kälte entwickelt sich Ammoniak; man vollendet die Reaktion, indem man die Lösung auf dem Wasserbade zur Syrupskonsistenz eindampft und stellt sie an der Luft bei Seite, wo- rauf sie langsam krystallisiert oder aucli über Schwefelsäure, wo sie zu einer Krystallmasse gesteht. Die langsam gebildeten Krystalle sind gut ausgebildet, gelblich, wenn nur einmal krystallisiert, farb- los und durchsichtig, wenn mehrfach umkrystallisiert. Meist sind sie grois und glasartig. Sie gehören nach einer von Prof. E. Sacchi ausgeführten AVinkelmessung dem monoklinen System an. Gepulvert und über Schwefelsäure getrocknet, schmelzen sie bei 123 — 124°. Sie sind fast unlöslich in kaltem Wasser und Alko- hol, löslich in warmem Wasser. Sie enthalten ein Molekül Krystallwasser und 18 Proz. Rhodan wasserstoffsäure (Berechnet 18,03 Proz.). P 1 ü s s i g e s A 1 k a 1 i d. Es wird auf die für das krystalli- sierte Alkalo'id beschriebene Weise erhalten, oder auch durch Doppel- zersetzung des bei 131 — 132» schmelzenden Chlorhydrats mit Phodan- ammonium. In letzterem Falle nimmt man mit siedendem Alkohol auf, der nur das Alkaloidsulfocyanat löst, welches beim Erkalten gut krystallisiert. Es wird aus Wasser umkrystallisiert. Ueber Schwefel- säure verwandelt es sich in eine gelbe, krystallinische Masse, welche durch wiederholtes Umkrystallisieren farblose, durchsichtige, unter bestimmten Bedingungen gut ausgebildete Krystalle liefert. Ge- pulvert und im Vacuum über Schwefelsäure getrocknet, schmelzen sie bei 183 — 184^. Bei der Analyse wurden folgende Werte er- mittelt : 0,6934 g verloren bei 105—1100 0,0385 g HgO. 0,2879 g gebrauchten 8,8 cc ^/^q N. Silberlösung, entsprechend 0,0519 g HCNS. Gefunden : Berechnet für Cjs H24 NgO . HCNS+HgO H2O = 5,54 5,56 Proz. HCNS = 18,15 18,03 „ Bei 1050 getrocknete Substanz ergab : Gefunden : Berechnet für C15 H24 N, . HCNS HCNS = 19,15 19,21 Proz. In der Kälte ist es in Wasser und absolutem Alkohol fast un« löslich. Neutral gegen Reagenspapier, entwickelt es mit Kah kein Ammoniak, giebt aber eine milchige Trübung und einen schwachen A. Solduini, Uebei* die Alkaloido der Lupinensamen. 339 Geruch. Die reinen Krystalle färben sich an der Luft und im Licht nicht gelb und ihre konzentrierte Lösung fluoresziert grüngelli. Aus dem Rohsalz erhält man mit Kalk und Aether das Alkaloid zurück, welches als farbloses Oel zurückbleibt, das selbst im Vacuum über Schwefelsäure erst auf Zusatz einer Spur Krystalle krystallisiert. Dann gesteht es in eine aus farblosen, durchsichtigen Krystallen ge- bildete Masse, welche sich verflüssigen, wenn man sie mit Fliefs- papier zu sondern versucht. Sie sind etwas zersetzlich, liefern aber das Chlorhydrat und dann das Goldsalz. Letzteres enthält etwa 1 Proz. Au mehr, als berechnet, wegen des bei der Fällung redu- zierten Goldes. Saures S u 1 f a t. C15H24N2O . H2SO4 + HgO. — Krystalli- siertes Alkaloid. Neutralisiert man eine Lösung des rohen krystallisierten Alka- loi'ds mit Normal-Schwefelsäure, so erhält man eine neutrale, dichte Flüssigkeit, welche, lange Zeit über Schwefelsäure autbewahrt, weiche schwierig mit der Saugpumpe von der extraktartigen Masse trenn- bare Krystalle liefert. Bereitet man wiederum das saure Sulfat, in- dem man noch einmal soviel Schwefelsäure zufügt, im Wasserbade eindampft und über Schwefelsäure bei Seite stellt, so kann man mittels Flielspapier eine rohe, halbkiystallinische Masse abtrennen, welche unter Zersetzung bei 152^ schmilzt. Nimmt man mit kaltem absolutem Alkohol auf, so erkennt man, dafs es kein einheitliches Salz ist, ein Teil bleibt ungelöst. Mehrmals aus Wasser umkrystal- lisiert, verändert es seinen Schmelzpunkt. Wahrscheinlich ist es ein Gemisch der sauren Sulfate beider Alkaloi'de, aber ich will das nicht bestimmt behaupten, bevor ich festgestellt habe, ob in den Samen von Lupinus albus überhaupt Lupinidin^) vorkommt. Sowohl das krystallisierte , wie das flüssige Alkaloid liefen ein Pikrat, ein Oxalat und ein Tartrat, welche, ausgenommen das erste, leicht löslich sind und nur krj^stallisiert erhalten werden, wenn man ihre wässerige Lösung lange im Vacuum über Schwefelsäure auf- ^) Mir scheint, dafs nicht alle von C a m p a n i und G r i m a 1 d i für das flüssige Alkaloid der Lupinen, welche sicher Lupinidin ent- hielten, beschriebenen Eigenschaften mit den von Baumert (1. c.) für das Lupinidin von Lupinus angustifolius beschriebenen überein- stimmen. 22* 340 A. Soldaini, Ueber die Alkaloide der Lupinensamen. bewahrt oder ihre alkoholische Lösung mit Äther überschichtet. Die Reinigung, besonders der Salze des krystallisierten Alkalo'ids ist schwierig, wenn man mit nur kleinen Quantitäten arbeitet. Auf diese Salze, besonders das Tartrat, welches für das kry- stallographische mid optische Studium von Interesse ist, werde ich später zurückkommen. Jodmethylat, Ci5B[24N2 0,CH3J. — Krystallisiertes Alkaloid. Man übergiel'st mit etwas mehr, als der berechneten Menge (auf 1 Mol. Alkaloid zwei Mol. CH3J) Jodmethyl; bereits in der Kälte tritt Reaktion ein unter Abscheidung von Krystallen. Nachdem das Rohr geschlossen und eine Stunde auf 110 — 120^ erhitzt ist, erstai^t der Inhalt nach dem Erkalten zu einer harten, krystallinischen Masse. Öffnet man das Rohr, so bemerkt man schwachen Druck und vor- übergehend vanilleai'tigen Geruch. Nachdem der Überschuls des Jodmethyls auf dem Wasserbad verjagt war, wurde die rotgelbe Masse aus siedendem Alkohol um- krystallisiert. Es resultiei-ten kleine, kaum gefärbte bei 232 — 233 '^ schmelzende Krystalle. Sie sind in Wasser sehr leicht löslich u.nd scheiden sich auf Zusatz von Kalihydrat (50 Proz.) in Form eines weifsen, krystallinischen Pulvers aus der Lösung ab. Abgesaugt und mit absolutem Alkohol gewaschen, krystallisieren sie leicht aus siedendem 92prozentigem Alkohol in farblosen, durchsichtigen Kry- stallen, welche, im Vacuum über Schwefelsäure getrocknet, bereits bei 2000 gelb werden und bei 237 — 2380 schmelzen. Die Analyse ergab folgende Resultate ; 0,215 g der im Vacuum über Schwefelsäure getrockneten Substanz verloren bei 105 ^ nichts an Gewicht und verbrauchten 5,5 cc ^/jq Norm. Silberlösung, entsprechend 0,085 g J oder 32,48 Proz. (Ber. 32,56 Proz.) Es kann in wohl ausgebildeten Krystallen erhalten werden, welche indessen Herr Prof. Sacchi nicht untersuchen konnte, weil sie nach kurzer Zeit matt geworden waren. Flüssiges Alkaloid. Es wird in derselben Weise, wie vor- stehend beschrieben, aus dem flüssig gebliebenen, möglichst von dem krystallisierbaren Alkaloid getrennten Alkaloid bereitet. Die Krystalle besafsen den Habitus des vorigen Jodmethjdats, verloren ebenfalls nichts an Gewicht beim Trocknen bei 105 — 107 und schmolzen bei 232—2330; nach der Reinigung durch Fällen mit Kalihydrat und A. So Idaini, Ueber die Alkaloide der Lupiuensamen. 341 Umkrystallisieren aus Alkohol schmolzen sie bei 239*^. Mit feuchtem Siiberoxyd lieferten sie das entsprechende Hydroxyd, welches ein in Wasser sehr leicht löslicher, stark alkalischer Syrup ist, der das entsprechende Chlorhydrat und Platindoppelsalz lieferte. Dieses letztere stellte kleine, zarte Krystalle dar von orangeroter Farbe, welche, bei 130*^ getrocknet, folgende Analysenzahlen lieferten: 0,0743 g lieferten 0,0214 g Pt, oder 28,76 Proz. (Ber. 28,94 Proz. Pt). Zerfliefsliches Alkaloid. In der vorstehend beschriebenen Weise dargestellt, zeigten die Ivrystalle den Habitus der aus dem flüssigen Alkaloid erhaltenen. Sie schmolzen bei 232 — 233 o. In be- schriebener Weise gereinigt, schmolzen sie, nach dem Umkrystalli- sieren aus Alkohol und Trocknen über Schwefelsäure im Vacuum, bei 2390. Diese Verbindungen, besonders die des krystallisierten Alkaloids, sollen noch weiter studiert werden. Bromverbindung. Ci5H24N20.Br3 (?) — Krystallisiertes Alkaloid. Das bei 99 o schmelzende, im Vacuum über Schwefelsäure ge- trocknete Alkaloid lieferte, in wasserfreiem Äther gelöst und mit einer ätherischen Bromlösung im Überschuis versetzt, eine pome- ranzenfarbene, harzige, bald krystaUinisch werdende Masse. Gut mit Äther gewaschen, löst sie sich vollkommen in siedendem Alkohol von 96 0, der sie als orangerote Krystalle ausscheidet. Man kann sie mit kaltem absolutem Alkohol waschen, aber sie sind auch in siedendem Alkohol nur wenig löslich. Gepulvert und über Schwefel- säure getrocknet, schmelzen sie bei 123 — 124^ und zersetzen sich plötzlich unter reichlicher Gasentwickelung. Wegen der geringen Quantität konnte ich nur eine Brombestimmung nach der Volhard- schen Methode ausführen, welche zu folgendem Ergebnis führte: Gefunden : Berechnet für 0^5 Hg^ NaOBr^. Br = 49,09 49,18 Proz. In essigsaurer Lösung erhält man eine gröfsere Ausbeute, aber es bedarf noch weiterer Untersuchungen, um die besten Bedingungen zu finden. Aulserdem ist die Reaktion wahrscheinlich komplex, in- dem sich neben vorstehender Verbindung weifse Krystalle mit ab- weichendem Schmelzpunkt bilden, welche wahrscheinlich ein Brom- hydrat des Alkaloids oder des modifizierten Alkaloids sind. Ich 342 A. Soldaiui, Ueber die Alkaloide der Lvipineusamen. werde diese Reaktion systematisch studieren, auch um Daten über die Konstitution des Alkaloids zu finden. Flüssiges Alkaloid. Die Bromverbindung desselben erhielt ich, nachdem der gröfstmögliche Teil des krystallisierten Alkaloids entfernt war, auch aus essigsaurer Lösung. Im unreinen Zustande war es eine harzige Masse, welche sich in siedendem Alkohol völlig löste und daraus als orangerote Krj^stalle abschied. Gepulvert glich sie dem Bleichromat. Es schmilzt bei 134° und zersetzt sich dann plötzlich unter Gasent- wickelung. Es ist unlöslich in Wasser und in kaltem absolutem Alkohol, wenig löslich in siedendem, und krystallisiert gut aus 92pro- zentigem Alkohol. Mit Wasser zersetzt es sich langsam. Im Va- cuum über Schwefelsäure getrocknet, hält es sich anscheinend lange Zeit, trotzdem gab es bei der Analyse folgende Resultate, welche es wahrscheinlich machen, dafs es ungenügend rein oder teilweise zer- setzt war. Gefunden: Berechnet für C15 Hg^ N2 OBrg C = 3S,35 36,88 H = 5,43 4,92 Br = 48.35 49,18. Nach diesen Resultaten kann man annehmen, dafs das Produkt Bromhydrat enthält. Mit Kali und Athcr kann man der Bromverbindung eine Base entziehen , welche nicht mehr die Eigenschaften des Ausgangsmate- rials besitzt und noch studiert werden mufs. Bei der Einmrkung des Broms auf das Alkaloid bilden sich noch andere kiystallisierte Produkte, unter diesen eines in weifsen Krystallen. Ergebnis. Die beiden nach der Kalkmethode aus den Samen von Lupinus albus gewonnenen Alkaloide besitzen dieselbe Molekulargröfse , ent- sprechend der I^ormel Cig H24 N2 0, und unterscheiden sich nur durch ihre physikalischen Eigenschaften und die Schmelzpunkte ihrer Salze. Es erübrigt noch, zu untersuchen, ob sie sich auch im chemischen Verhalten unterscheiden. Das flüssige Alkaloid kann im Vacuum über Schwefelsäure in an der Luft äufserst zerfliefsliche Krystalle verwandelt werden und A. Soldaini, Ueber die Alkaloide der Lupinensamen. 343 ist wahi'scheinlich identisch mit dem von Hagen^) und darauf von Siebert-) aus Lupinus angnstifoliiis erhaltenen Alkaloid; es kann daher als „reines Lupanin'' bezeichnet werden. Es liefert ein bei 131 — 132'^ schmelzendes Chlorhydrat und ein bei 198 — 199*^ schmel- zendes Golddoppelsalz. Aus diesen Salzen kann das flüssige Alka- loid regeneriert werden, welches im Vacuum über Schwefelsäure wieder kiystallisieren kann und wiederum ein rechtsdrehendes Chlor- hydrat liefert. Indessen kann Zweifel entstehen wegen der Mög- lichkeit der Stereoisomerie , da weder Hagen, noch Siebert die optische Aktivität oder Inaktivität ihres Alkaloides erwähnen. Das laystallisierte Alkaloid, welches bei 99^ schmilzt, ist eine starke, einsäurige Base: nur eines seiner Stickstoffatome besitzt basische Eigenschaften. Seine Salze sind meist löslicher, schwieriger kiystallisierbar und leichter schmelzbar, als die entsprechenden des flüssigen Alkaloids. Es liefert ebenfalls ein Chlorhydrat, welches bei 105 — 106° schmilzt, und sein Golddoppelsalz schmilzt bei 182 — 183 '^. Aus diesen Salzen kann man das krystallisierte Alkaloid regenerieren, und das daraus wieder bereitete Chlorhydrat ist optisch inaktiv. Das Alkaloid nimmt behufs Bildvmg eines Jodmethylats nur ein Molekül Jodmethyl auf; es ist eine einfach-tertiäre Base, %\de das flüssige Alkaloid. Es ist nicht unmöglich, dals diese Alkaloide zu dem Spartein und Oxyspartein in Beziehung stehen: unabhängig von anderen Üeberlegungen, ist auch die Parbenreaktion mit Schwefelammonium gemeinsam mit Spartein, und ich werde in der Folge unter diesem Gesichtspu.nkt untersuchen, ob sich Reduktionsprodulste der Lupinen- alkaloide bilden. Oxydationsmittel lieferten, wie aus der vermut- lichen Analogie mit dem Spartein vorauszusehen war, so kleine Aus- beuten, dals man für jetzt verzichten mufste, obwohl unter bestimm- ten Bedingungen gut krystaUisierte Produkte erhalten wurden, welche vielleicht ein weiteres Studium verdienen. Bei der folgenden Untersuchung werde ich besonders die Funk- tion des Sauerstoffs im Molekül ins Auge fassen, weil es scheint, 1) Ann. d. ehem. 230, 367. 2) Dieses Archiv 229, 531. 344 A. So Idaini, lieber die Alkaloide der Lupiiiensamen. dafs, nach einigen bereits gesammelten Erfahrungeu, es zu wichtigen Resultaten führen kann. Die Einwirkung des schmelzenden Kalis auf die Alkaloide führt zu Produkten, welche ihre Konstitution aufklären werden. Die optische Inaktivität des krystallisierten Alkaloids und seines Chlorhydrats im Vergleich zur Aktivität des flüssigen und des zer- fliefslichen Alkaloids, stützt die Identität des zerflielslichen und des flüssigen Alkaloids und bezeichnet gleichzeitig einen wichtigen Unter- schied zwischen diesen letzteren und dem krj'stallisierten Alkaloide und kann Gelegenheit für verschiedene Voraussagen werden. Ich hoife später zeigen zu können, dafs diese Isomerie nicht durch eine verschiedene Bindung der Atome, sondern durch deren relative Stel- lung im Raum bedingt ist.' In diesem Falle werden wir neben dem rechtsdrehenden Alkaloide dessen linksdrehende Modifikation auf- finden müssen, aber es ist aus den Arbeiten Ladenburgs und seiner Schüler bekannt, dafs dieser Nachweis nicht immer leicht ist. Bevor ich andere Fragen aufnehme, ist es nötig, die Unter- suchung über das chemische Verhalten zu vervollständigen, um chemische Unterschiede aufzufinden, und über die optischen und krystallographischen Eigenschaften der Alkaloide und eine bessere Darstellungsmethode zu finden, um sich zu sichern, in den Lupinen vorhandene isomere Modifikationen der Alkaloide nicht zu finden. Sicher wh'd eine derartige Untersuchung Wichtigkeit erlangen für die Alkaloide der Formel C15H24N2O und deren Derivate und wird wahrscheinlich neue Thatsachen in Bezug auf die geistvolle und fruchtbare Hypothese von P a s t e u r und P a t e r n kennen lehren, die übx-igens bereits durch zahlreiche Versuchsergebnisse aus den klassischen Arbeiten von van t'Hoff und L e B e 1 ge- stützt ist. Ferner zeigen einige physiologische Untersuchungen mit dem Frosch, welche Prof. G a u t h i e die Liebenswürdigkeit hatte, ver- gleichsweise mit den Chlorhydraten der beiden Alkaloide auszuführen, dafs sie dieselbe physiologische Wirkung haben, die nur in Bezug auf die Intensität verschieden ist. So starb ein Frosch von mittlerem Gewicht nach Injektion von 0,005 g des bei 105 — 106^ schmelzenden Chlorhydrats, während er nicht starb nach Anwendung derselben Menge des andern, bei 131—132^ schmelzenden Chlorhydrats. Bei A. Ehren berg, üeber das äth. Oel d. Filixwurzel. 345 Ideinerer Dosis. O.OOM g. traten hei dieser vorläufigen Untersuchung folgende, vielleicht interessante, Erscheinungen auf: „Der Blutsti-om verlangsamt sich und die Zahl der Herzschläge vermindert sich auf die Hälfte, um später die Anfangsstärke von neuem zu erreichen, wenn das Chlorhydrat der krystallisierten Base injiziert wurde, und es tritt keine äufserlich bemerkbare Modifikation ein. wenn dieselbe Menge des Chlorhydrats des flüssigen Alkaloids injizirt wurde. Die Beweglichkeit ist fast gänzlich aufgehoben bei dem Frosch, dem das Chlorhydrat des krystallisierten Alkaloids injiziert wurde. Sie ist nur modifiziert bei dem Frosch, dem das andere Chlor- hydrat injiziert wurde und trotzdem ist die Störung, im Gegensatz zu dem andern, nur von kurzer Dauer, da der Frosch von Neuem Sprünge wie im natürlichen Zustande, ausführen kann." Auch diese Untersuchungen werden fortgesetzt, da sie vielleicht Beziehungen zwischen der physiologischen Wirkung und der Kon- stitution der Alkaloide ergeben. Ich beschränke mich auf diese Schlüsse, ohne viele andere, bereits ausgeführte Untersuchungen zu veröffentlichen, die noch ver- vollständigt werden sollen, weil bei diesem Gregenstand der Alkaloide die Litteratur lehrt, dafs man sehr vorsichtig sein mufs. wenn man nicht den bereits verwackelten ^Gregenstand noch mehr kompli- zieren will. Ich begnüge mich also, mit dieser Arbeit den Gegenstand auf- geklärt und grundlegende Thatsachen für die fernere Untersuchung festgestellt zu haben. lieber das ätherische Oel der Wurzel Yon Aspklium fit ix mas. Von Dr. Alex Ehrenberg.^; (Eingegangen, den 10. März 1393.) Bei der ungemein häufigen Anwendung, welcher die Wurzel des Wurmfarns und besonders das aus dieser dargestellte ätherische Ex- trakt sich als Bandwnrmmittel zu erfreuen haben, wird es als ein ■•) Ol. aethereum. Filicis mar., welches zu weiteren klinischen Ver- suchen einladen dürfte, ist zu beziehen von E. Merck, ehem. Fabrik, Darmstadt. 3-46 A. Elarenberg. Ueber das äth. Oel d. Filixwurzel. grofser Mifsstand empfunden, dafs die Wii-kung dieser Präparate keine gleichmäfsige ist. Es ist vorgekommen, dafs bei Verabreichung des Extraktes in Dosen, die bei dem einen Individuum kaum eine Wirkung zu äufsern im Stande waren, bei anderen Personen heftige Vergiftungserscheinungen — sogar mit letalem Ausgange — be- obachtet werden konnten. Es lassen sich derartige Beobachtungen ja zum Teil auf die gröfsere oder geringere Empfindlichkeit ein- zelner Individuen gegen gewisse Stoffe setzen; zum weitaus grölsten Teile wird aber doch der geringere oder gröfsere Gehalt des Prä- parates an wirksamen Bestandteilen den Gi'und für diese Erscheinungen bilden; es steht damit in voller Uebereinstimmung, dafs gerade die Filixwurzel je nach der Jahreszeit, m welcher sie gesammelt "\\ard, eine verschiedene Wirksamkeit entfaltet, worauf auch in der Forderung der Phaniiacopoca Genn. III. Rücksicht genommen ist, dahin lautend, dafs nur im Herbst gesammelte Wurzel zur Verwendung zu ziehen sei. Aber eine derartige Forderung bietet durchaus keine Gewähr für den gleichen Ausfall der Droge, denn es werden in gleicher Weise, wie die Jahreszeit, auch Standort und vor allem die Witterungsbedingungen von grofsem Einflufs sein; so finden v.-ir z. B. von Be r enger -Fe rant^j die Beobachtung mitgeteilt, dafs Wurzeln aus der Normandie fast gar keine Wirkung äulserten, während solche aus den Vogesen und vom Jura sich äufserst kräftig Avii'kend erwiesen. — Es mufs deshalb angestrebt werden, den A\ii-k- samen Bestandteil selbst zu isolieren und durch genaue Dosierung eine immer gleiche Wii'kung zu sichern. Als den wirksamen Be- standteil der Filixwurzel sieht man in neuester Zeit die sogenannte Filixsäare an; bereits Peso. hier im Jahre 1825 und Tromms- d r f f und s a n n bemerkten, dafs sich beim Autbewahren von Füix- extrakt ein gelbhcher, körniger Bodensatz bilde, welcher auch von letzteren gereinigt und untersucht wurde; Luck, im Jahre 1845 ci-mittelte die Zusammensetzung der Substanz als der Formel C^ Hi6 O5 entsprechend und als durch die Arbeiten von L i e b i g , C a r 1 b 1 m und R u 1 1 e die Filixsäure als das wirkende Prinzip des Extraktes hingestellt worden war, beschäftigten sich weiterhin 1) Arch. 1886. pag. 1034. — A. Ehren berg, Ueber das ärli. Oel d. Filixwurzel. 347 mehrere Chemiker in eingehender Weise mit der Untersuchung der cliemischen Eigenschaften und Struktur dieses Körpers. Nach einer Mitteihmg von Liebig^) soll der rilixsäure die gleiche Wirkung, wie sie dem Extrakte eigen ist, nicht abgehen; Carlblom^ sieht in dieser Säure sogar ülierhaupt den allein wirksamen Stoti* der Filixwurzel; Rulle^ liinwiederum hält die un- reine, durch Aufnehmen mit Amnion aus dem Filixextrakt und Aus- fällen mit Salzsäure gewonnene Säure für bedeutend wirksamer, als die reine Filixsäure. E. Poulsson'^j kommt auf Grund einer ein- gehenden Untersuchung zu dem Schlufs, dafs in der That die Filix- säure das anthelmintisch wii'kende Prinzip der Filixwurzel sei, dafs es aber zwei Moditikationen dieser Säure gebe, welche zu einander im Verhältnifs von Säure zu Anhydrid stehen, leicht in einander über- zuführen seien und von denen das Anhydrid (krystallisierte Filixsäure = Fiücin) unwirksam sei, während die amorphe Säure — aus ersterein durch Lösen in AlkaK und Fällen mit Säure wieder erhältlich — sehr intensive Giftwirkungen zeige. G r a e f e °) dagegen konnte mit Knfi /ilicn/iciiiii Cysticercen im Auge nicht entfernen und Prof K o b e r t , welchem ich sowohl reine k r y s t alli s i e r t e FiHxsäure, als auch reine a m o r p h e Säure zu Versuchen übermittelte, teilte mir früher mit, dafs die krystalli- sierte Säure absolut keine Wirkungen gezeigt hätte, was ja mit den Angaben Poulsson's übereinstimmen würde, teilt mir aber auch hinsichtlich der Wirkung der reinen amorphen Säure mit: „Die amorphe Filixsäure wurde einem mit Bandwurm {Bothrioceinhalm) behafteten Studierenden nach gehöriger Vorkur in einer Dose von 0,6 g — nebst Abführmittel 20 Min. später — ganz ohne Erfolg ge- geben. Ei-st als nach 21/3 Stunden noch 0,6 g der Säure gereicht wur- den, gingen zwei kurze Stückchen Bandwurm, aber nicht etwa der Kopf ab. Dieser Versuch zeigt, dafs die reine Säure — ohne ätherisches Öl — entschieden schwach wirkt. (1,2 g Säure mufs als eine ungeheure Dose bezeichnet werden )" ^) Investigationes quaedam pharmacolog. de extract. filicis aether. Dorpat 1857. 2j Ueber die wirksamen Bestandteile des ätherischen Farn-Extraktes. Dorpat 1S66. 3) Ein Beitrag zur Kenntnis einiger Baudwurmmittel und deren Anwendung. Dorpat 1867. ^) Arch. f experim. Pathologie und Pharmakologie 1891. 5) Therap. Monatshefte. 348 A. Ehrenberg, lieber das äth. Oel d. Filixwurzel. Ich bemerke hierzu noch, dafs diese Säure, sowohl die amorphe, als die krystallisierte Säure, im Laufe der Jahre bei Grelegenheit der Herstellung grofser Mengen Filixextrakt in Quanten von ca. 1 kg hergestellt worden war und dafs ein äufserst sorgfältig gereinigtes Präparat, welches alle die von den Anderen der reinen Filixsäure' beigelegten Eigenschaften besals, für diese Versi;che zur Verfügung gestellt war. Es darf nach dem im vorstehenden mitgeteilten doch zweifel- haft erscheinen, ob in der That die Filixsäure der Träger der spe- zifischen Wirkung des Wurmfarns ist, jedenfalls wird man derselben nicht allein die Wirkung zuteilen dürfen. Als wesentliche Stütze für diese Ansicht führe ich noch an, dafs ich seit Jahren auf Wunsch der Abnehmer auch ein sogenanntes geklärtes Mlixextrakt dargestellt habe, aus welchem sich bei längerem Stehen keine Filixsäure mehr ausscheidet, und welche bedeutend weniger dieser Säure noch gelöst enthält, als das nach der Voi'schrift der Pharmakopoe dargestellte Extrakt; trotzdem besafs dieses Extrakt mindestens die gleiche Wirksamkeit, wie das andere. — Ein aus guter Herbstwurzel dar- gestelltes Extrakt zeichnet sich vor einem solchen aus Frühjahrs- wurzel gewonnenen durch einen bedeutend intensiveren, charakte- ristischen Geruch aus, welchen ich einem gröfseren Gehalte an ätherischem Öle zuschrieb und suchte ich deshalb zu entscheiden, ob nicht dem ätherischen Öle vielleicht die charakter- istische Filixwirkung — • wenn nicht allein, so doch zum grölseren Teile — - zuzuschreiben sei. Behandelt man das Filixextrakt mit Wasser- dampf, so wird das in geringen Mengen vorhandene ätherische Öl fortgeführt; derartiges Extrakt soAvohl, als auch ein aus vorher von ätherischem Öle befreiter W^urzel hergestelltes Präparat wurde von Herrn Prof. K o b e r t in Dorpat auf meine Veranlassung untersucht und als bedeutend schwächer wirkend befunden, als normales Filix- extrakt; dagegen liefs sich zwischen einem normalen Extrakt und einem solchen, welches durch Petroläther von der Filixsäure fast vollständig befreit war, kein Unterschied in der Wirkung kon- statieren, lieber das ätherische Filixöl habe ich in der Literatur bisher keine Angaben finden können, in der Real- Encyklopädie für die gesammte Pharmacie Bd IV. pag. 355 ist angegeben, dafs die Wurzel ungefähr 0,04 Proz, ätherischen Öls enthalte, bei allen son- A. Ehrenberg, Ueber das äth. Oel d. Filixwurzel. 349 stigen ]\Iitteilungen, welche sicli mit einem Oleum aetliereum Filicis beschäftigen, versteht man darunter das ätherische Extrakt. — Ich habe nun grölsere Mengen ätherischen Öles durch Destillieren mit Wasserdampf aus frisch gesammelter, lutttrockener Wurzel dargestellt und dabei gefunden, dal's die Ausbeute an Ol auch wesentlich von der Jahreszeit abliängt, in welcher die Wurzel gesammelt wurde. Das Destillat ist stark sauer und enthält neben aufschwimmendem (3le auch noch nicht unbeträchtliche Mengen von Substanz in Lösung; das Destillat wurde mit Äther ausgeschüttelt, von welchem die ge- lösten Anteile sein* leicht der Flüssigkeit entzogen werden, beim Abdestillieren des Äthers bleibt dann das als rohes Filixöl be- zeichnete Gremisch zurück: auch durch Cohobiren des Destillates und Aussalzen kann man das Ol fast vollständig gewinnen. Es v/urden auf diese Weise erhalten Aus 100 Ko. April- Wurzel 8 grm. Oel = 0,00S Proz. Juni- „ 25 „ , = 0,025 „ September- „ 40 „ , == 0,040 „ Die Ausbeuten an ätherischem Öle aus Wurzeln, die im Sep- tember, Oktober und November gegraben waren, zeigten keine Ab- weichungen von einander und gaben Werte, die zwischen 0,04 imd 0,045 Proz. schwankten. Das ätherische Filixöl ist eine hellgelbe Flüssigkeit von eminent intensivem Filixgeruch, es zeigt bei 15*^ das spezifische Ge\vicht 0,85 bis 0,86 und geht in der Hauptmenge bei der Destillation zwischen 140*^ und 250'^' über, die zwischen 250 bis .3500 übergehenden Anteile sind dunkler gefärbt und zum grofsen Teile Zersetzungsprodukte: es ist indessen auch bei der Destillation im Vacuum kein besseres Resultat zu verzeichnen. Von dem rohen Filixöl übermittelte ich Anfangs des Jahres 1892 Herrn Prof. Kobert in Dorpat einige Proben mit der Bitte, zu untersuchen, in wie weit dieses Öl an der wurmwidrigen Wirkung des Filixextraktes beteiligt sei; Herr Prof. Koljert benachrichtigte mich durch private Mitteilung, dafs dem Öle in der That eine wesentliche Wirkung innewohne, worauf ich gröfsere Mengen desselben herstellte imd ihm zu Versuchen zur Vei'iügung stellte; als Resultate der ein- gehenderen Untersuchung teilte mir Herr Prof. Kobert folgendes mit : 1) 1) Sämtliche hier erwähnten Präparate wiirden durch mich von Seiten der Firma H. T r o m m s d o r f f in Erfurt Herrn Prof. Kobert 350 A. Ehrenberg, Ueber das äth. Oel d. Filixwurzel. „Das aeth. Filixöl wurde auf seine "\Virksaralr Verwendung durch Schütteln mit Calciumcarbonat und dm'ch fraktionierte Destillation von Säuren und etwa vorhandenem Aldehyd- befreit werden. Trotz aller Vorsichtsmafsregeln ergaben die Kontrollebestim- mungen etwas höheren Barytgehalt, als sich erwarten liefs; wahr scheinlich werden Spuren von Alkohol durch Alkaliwirkung oxydiert. Da aber bei der Untersuchung von Sesamöl etwas geringere Mengen Baryt in der Lösung gefunden wurden als bei obigen Kontrolle- bestimmuugeu, so scheint es, dafs Gregenwart von verseifbarem Fett die Oxydation des Alkohols hindert. Man ist also berechtigt, bei Berechnung der Korrektion die theoretisch berechnete Menge gelösten Baryumcarbonats in Ansatz zu bringen. König und Hart fanden bei Versuchen ohne Fettzusatz nur 0,01 Ba SO4 auf 200 ccm Filtrat, d. h. bedeutend weniger als der Löslichkeit des Bai'jnimcarbonats entspricht; zudem sind sie der An- sicht, dafs die 0,01 Ba SO4 aut im Alkohol vorhandene Elssigsä'are oder auf Verunreinigung des Baryumhydroxyds zurückzuführen seien. 1) Gmelin— Kraut 1886. E. Laves: Butteranalyse. 363 Nach Abzug von 0,014 Ba resp. von 0,0235 ßa SO4 von der ge- fundenen Menge Baryum resp. Baryumsulfat (für 300 ccm), berechnet man den Prozentgehalt an Baryum, bezogen auf die Menge des untersiichten Fettes. Die prozentischen Zahlen, multipliziert mit „50", stellen die „Barytzahl" von König und Hart dar. (Die „Baryt- zahl" giebt an. wie viel Milligramm Barj^um die löslichen fettsauren Barj^tsalze von 5,0 Fett enthalten.) Folgende Analyse möge als Beispiel der Berechnung dienen: 4,987 Butterfett wurden mit 7,0 Baryumhydroxyd in 60 ccm Alkohol verseift, 240 ccm Wasser hinzugefügt und Aetzbaryt und unlösliche Barytsalze nach obiger Vorschrift beseitigt. — lu 100 ccm Filtrat ge- funden: 0,145 BaS04. Berechnet auf 300 ccm = 0,435 Ba SO4 In Abzug für gelöstes Baryumcarbonat 0,0235 M.4115 Ba804 Der Prozeutgehalt an Ba ist demnach: 233 X = 4,9 % Ba 4,9 ■ 50 == 245 (Barytzahl.) Andere 5ö ccm desselben Filtrates wurden mit ^/^q Normal-Schwefel- säui-e und Tropäolin 00 titriert = 6,3 ccm. "Weitere 50 ccm des Filtrates wurden mit 1/10 ^oi*™3.1-Kaliumdichro- raatlösung und Tetramethjd-p-phenylendiaminpapier titriert: = 6,4 ccm. Berechnet für 300 ccm == 38.4 ccm 38,4 ccm entsprechen an Baryum : 0,262 (38,4 . 0,00685) Für gelöstes Ba CO3 an Baryum abzurechnen : 0,014 Ba 0,248 Ba Prozeutgehalt an Baryum: 0,248 : 4,987 = x : 100 X = 4,96 % Ba 4,96 . 50 = 248 = „Barytzahl" 5,147 von dem gleichen Butterfett: Ba SO4 : 0,15 . 3 = 0,45 Ba SO4 — 0,0235 0,4265 = 4,88 O/q Ba Bar3i,zahl = 244 . Titriert: 6,5 ccm . 6 = 39,U ccm = 0,266 Ba - 0,014 „ U,252 Ba = 4,92 o/o Ba Barytzahl = 246 364 E. Laves: Butteranalvse. Dieselbe Buttersorte wurde nach H e h n e r un d Reichert- Meissl-Wollny untersucht und 85.85 Proz. unlöslicher Fettsäuren nach ersterer, der Wert 29.1 nach letzterer Methode gefunden. (Als anstatt Alkohol Glycerin bei der Verseilung verwandt wurde, erhielt ich den Wert 29.45.) Im Folgenden ist eine Eeihe von Analygen. die ich mit Butter- fett und andern Fetten nach der beschriebenen und nach den Me- thoden von Hehner und Reichert -Meissl -Wollny ausgeführt habe, tabellarisch zusammengestellt. (Die von König und Hart be- schriebene Methode ist dabei nicht mit berücksichtigt, da die hier beschriebene von derselben im Prinzip nicht abweicht. Die Be- rechung ist für die Barytzahl in der angegebenen Weise ausgeführt.^) 1 ^ 1 jj .. Verbrauchte ZD X ■No. com KoCtoOj Baiyt- ^^ i^ 1 1 C » auf 3U0 ccm zaht: o g -g^q ■ i berechnet: * X Butterfett I. '-Dipyridyl) deshalb zur Entscheidung der Frage nach der Konstitution des Nico- tins, weil es bei der Oxydation Nicotinsäure liefert. Endlich wurde von Blau ^) das «/^-Dipj^ridyl durch völlige Hydrierung in «^-Dipipe- ridyl C10H20N2 übergeführt, um dieses mit dem von Liebrecht aus dem Nicotin bereiteten Dipiperidyl zu vergleichen. Die Verschieden- heit der beiden Basen, namentlich der Siedepunkt des Hexahydroni- cotins (250 — 252 O), welcher niedriger ist als der des ««-Dipiperidyls (2590) ^ind noch mehr als der des «/^-Dipiperidyls (267 — 268°), ob- wohl er, da die Base nicht identisch ist mit «5-Dipiperidyl, eigent- lich höher sein mufste, veranlassen Blau Zweifel über die Abstam- mung des Nicotins aus dem Dipyridyl auszusprechen. Diese Zweifel sind freilich erst aufgetaucht, nachdem die ersten Resultate dieser Untersuchung bereits veröffentlicht waren. ■^j 1) Berichte d. d. chom. Ges. 17, 2969; 18, 2587. 2) Monatshefte 4, 596. 3) Ber. d. d. ehem. Gesellsch. 24, 326 und Monatsh. 13, 330. *) Von dieser Untersuchung habe ich denjenigen Teil, der sich auf die Einwirkung von Wasserstoffsuperoxyd auf das Alkaloid und auf die Richtigstellung der falschen Literaturangaben betreffs der Einwir- kung von Benzoylchlorid auf Nicotin bezieht, in Gemeinschaft mit Herrn Dr. R. Wolffenstein ausgeführt (vergl. Berichte der Deutsch, ehem. Ges. 24, 61, 13"3; 25, 1428). 382 A. Pinner, Ueber Nicotin. Bereitung des Nicotins. Da für die eingehende Untersuchung gröfsere Mengen der Base erforderlich waren, so mufste ein bequemerer Weg zur Gewinnung des Materials eingeschlagen werden, als in der Literatur angegeben ist. In der That hat sich ein geeigneteres Rohmaterial als der Roh- tabak axisfindig machen lassen, und ein recht bequemes Verfahren, um das Alkaloid in jeder Menge zu gewännen. Behufs Imprägnierung des Kautabaks wird nämlich ein sog. „Tabalvtxtrakf im Grofsen durch Ausziehen sehr nicotinreicher Rohtabake mit kaltem Wasser und Abdampfen der Lösung dargestellt. Ob und welche Zusätze zu dieser Masse gemacht werden, ist mir nicht bekannt. Bei' der Auswahl dieses Materials ist aber grofse Vorsicht geboten. Denn man benutzt auch vielfach Tabakstengel zur Herstellung dieses Extrakts und erhält so ein ziemlich nicotinarmes Produkt, während das aus Tabakblättern gewonnene Material 7 — 8 Proz. Nicotin ent- hält. Dieses Tabakextrakt ist ein recht geeignetes Rohmaterial tür die Darstellung des Nicotins. Das Alkaloid wird nämlich daraus einfach durch Ausäthern, nachdem man das „Extrakt" alkalisch ge- macht hat, gewonnen. Da aber der Aether das Nicotin nur gut aus sehr stark alkalischer Lösung aufnimmt, da femer aulser dem Nicotin aus dem „Extrakt" noch eine indifferente terpentinähnliche Masse ausgezogen wird, so ist in folgender Weise zu verfahren. Das honigdicke Extrakt wird mit etwa dem doppelten Gewicht "Wasser verdünnt, dazu ein dem Extrakt gleiches Gewicht 30 proz. Natronlauge gesetzt und die Flüssigkeit mit etwa einem ilir gleichen Volumen Aether gut durchgeschüttelt. Man läfst etwa 8 Tage lang stehen, weil der Aether sich nur sehr langsam absetzt, hebt den Aether ab und schüttelt ihn mit verdünnter (ca. 20 — 25 prozentiger) Schwefelsäure. Dadurch wird der Aether nicotinfrei und kann so- fort wieder zum Ausziehen des „Extrakts" benutzt werden. Bei wiederholtem Ausschütteln des Extrakts scheidet sich der Aether imi so schneller klar ab, je erschöpfter bereits das Extrakt ist. Stets wird der Aether nach dem Abheben vom Extrakt mit verdünnter Schwefelsäiire vom Nicotin befreit und sofort wieder benutzt. Die gesammelten wässerigen Lösungen des Nikotins in ver- dünnter Schwefelsäure, die man zweckmälsig so herstellt, dafs sie nur schwach sauer sind, werden mit Natronlauge stark alkalisch A. P inner, Ueber Nicotin. 383 • . . . j^emacht und 3 — 4mal mit Irischem Aether ausgeschüttelt. Die ätherische Lösung wird mit festem Natriumhydrat getrocknet, vom Aether im Wasserbad befreit und der Rückstand destilliert. Man erhält so sogleich völlig reines Nicotin. Die obenerwähnte neutrale terpentinähnliche Substanz hinter- bleibt beim Abdestillieren des vom Nicotin durch die verdünnte Schwefelsäure befreiten Aethers. Sie besitzt den eigentlichen Tabaksgeruch. Im Laufe der Untersuchung sind vom Nicotin mehrere einfache Verbindungen dargestellt worden, deren Erwähnung hier vorauf- geschickt sein mag. Nicotinpikrat C10H14N2 . 2C6H2(N02)3 0H. Dieses Salz eignet sich wegen seiner Schwerlöslichkeit in kaltem Wasser vorzüglich zur Abscheidung von Nicotin aus verdünnten Lösungen. Es entsteht auf Zusatz einer kalt gesättigten Pikrinsäurelösung zu einer salzsauren Nicotinlösung als gelber, aus breiten zugespitzten Nadeln bestehender Niederschlag. In heifsem Wasser ist es ziemlich löslich. Es schmilzt bei 2180. 0,2021 g Subst. gaben 0.3181 g- COg und 0,0657 g HoO. 0,1758 g Subst. gaben 27,3 com N bei 150 c. und 762 mm Barom. Berechnet für Gefunden : CioHi4N.,.2C6H3N3 07: C = 42,6 Proz. 42,9 Proz. H = 3,2 „ 3,6 „ N = 18,1 „ 18,2 „ Benzylnicotinchlorid. Setzt man zu Nicotin 2 Mol. Benzyl- chlorid. so erhält man eine klare Tlüssigkeit, die innerhalb einiger Tage zu einem harten spröden Harz erstarrt. Dieses Harz ist in Wasser und Alkohol langsam, aber sehr reichlich, nicht in Äther löslich. Setzt man zu einer ätherischen Nicotinlösung eine ätherische Benzylchloridlösung, so scheidet sich aus der klaren Lösung im Ver- aufe mehrerer Tage dieselbe amorphe, an der Glaswand festhaftende, spröde Masse al^. Aus wässeriger oder alkoholischer Lösung hinter- bleibt es in derselben amorphen Form nach Verdunstung des Lösungs- mittels. Aus der wässerigen Lösung scheidet sich auf Zusatz von Natronlauge eine weifse, harzige, am Licht schnell sich dunkler färbende, in Alkohol leicht lösliche Masse ab, wahrscheinlich B e u - zylnicotiniumhydrat. Mit Platinchlorid giebt das Benzylnicotin- 384 A. Pinner, lieber Nicotin. chlorid einen amorphen Niederschlag. Auf Zusatz von Pikrinsäure zur wässerigen Lösung des Chlorids entsteht ein anfangs wieder ver- schwindender, bei weiterem Zusatz bleibender, amorpher Niederschlag, der ebenfalls auf keine Weise zum Krystallisieren zu bringen war. Er ist in Wasser so gut wie unlöslich, beim Erhitzen mit Wasser schmilzt er zu einem nach dem Erkalten amorph erstarrenden Öl. In heilsem Alkohol löst er sich leicht auf, scheidet sich aber beim Erkalten in Harztropfen wieder ab. Seine Zusammensetzung ist. wie aus der Stickstoff'bestimmung hervorgeht, Cif,Hi4N2(C7H7)o . 2CeH2 (N02)3 0H. 0,219 g Subst. gaben 27,4 ccm N bei 180 c. und 755 mm Bar. Berechnet für C36H^N80j4: Gefunden; N = 13.96 Proz. 14.35 Proz. Versuche zur Erforschung der Imid- bezw. Nitril- bindung der Stickstoffatome im Nicotin. Durch die bereits^ erwähnten Versuche von v. Planta & Kekule^) und von Stahl- schmidt ^) war es in hohem Mafse wahrscheinlich geworden, dafs das Nicotin eine Nitrilbase ist. Da aber die Angabe von Will^), dafs das Nicotin mit 2 Mol. Benzoylchlorid sich verbindet, gerade die Imidnatur der Base beweist, so ist eine Anzahl von Versuchen unternommen worden, um diese Imidnatur aufser allen Zweifel zu stellen. Aber alle nach dieser Richtung hin unternommenen Ver suche hatten negativen Erfolg. Zunächst wurde versucht, eine Nitrosoverbindung zu gewinnen, indem salzsaures Nicotin mit salpetrigsaurem Natiiuui, oder Nicotin mit salpetriger Säure bei verschiedenen Temperaturen zusammen- gebracht wurde. In allen Fällen wurde lediglich Nicotin wieder- gewonnen. Alsdann w^urde nach der Schotten-Baumann'schen Methode eine Benzoylverbindung darzustellen gesucht, indem Nicotin in ver- dünnter Natronlauge gelöst und zu der Lösung Benzoylchlorid in einzelnen Portionen hinzugefügt und nach jedem Zusatz heftig ge- schüttelt wurde. Auch hierbei wurde keine Spur einer Benzoyl- verbindung erhalten. — In gleicher Weise wurde auf portionen- weisen Zusatz von Benzolsulfonchlorid Cg H5 SO2 Cl zu einer Lösung 1) Ann. 87, 1. 2) Ann. 90, 222. 3) Ann. 118, 206. A. P inner, Ueber Nicotin. 385 von Nicotin in verdünnter Natronlauge lediglich eine kleine Menge brauner Schmieren erhalten, keine Spur der sonst sehr leicht dar- stellbaren Benzolsulf onverbindung. Wenn hiernach die Annahme, iip Nicotin sei wenigstens ein Stiokstoffatom noch mit H verbunden, stark erschüttert war, schien es geboten, die von Will bescliriebene Benzoylchlorldverbindung einer näheren Untersuchung zu unterwerfen. Hierbei steDte sich, wie gleich vorausgeschickt sein mag, sehr bald heraus, dafs Will von einem geiuer Schüler hintergangen worden sein mufs. Denn die von ihm dargestellte Substanz besitzt eine völlig andere Zusammen- setzung als nach den von ihm angegebenen Analysen sich berechnen läfst und ist nichts anderes als basisches, salzsaures Nicotin. , Bei der Wichtigkeit, welche diese Thatseche für die Erkennung der Natur des Nicotins besitzt, sei die kurze Notiz von Will im wesentlichen hier wiedergegeben: „Vermischt man Nicotin nach und nach mit Chlorbenzoyl, so vereinigen sich beide unter starker Erhitzung zu einer dicken zähen Masse, die ganz geruchlos ist, wenn man einen Ueber- schufs des einen oder des andern Körpers vermeidet. Auch bei längerem. Stehen wird die Verbindung nicht krystallinisch. Ver- setzt man eine Lösung von Nicotin in wasserfreiem Aether mit Chlorbenzoyl, so scheidet sich die nämliche zähflüssige Ver- bindung aus, welche aber schon nach wenigen Stunden unter der Schicht des wasserfreien Aethers zu strahlig krystallinischen, weiTsen, wawellitähnlichen Kugeln erstarrt. Mit (feuchter) Luft in Berührung, zerflielsen dieselben in kurzer Zeit zu einem gelb- lichen Syrup." Dann folgen Analysenresultate : Gefunden Ber. für Cja H^o NO Cl ; C = 64,9 Proz. 64,6 Proz. C = 65,01 Proz. H = 5,2 „ 5,7 „ H = 5,41 „ Cl = 16,1 „ 15,8 „ Cl = 16,ö „Die Verbindung läfst sich hiernach betrachten als salz- C TT \ ' saures Benzoylnicotin n^ h^ n ( "^ ' "^^^ ' °^^^ wahrscheinlicher als durch einfache Addition beider gebildetes Chlorbenzoyl- C TT 1 nicotylammonium Q^g;' q 1 ■'^' ^^' Betrachtet mau das Nicotin als tertiäres üiamin, so ist die Formel zu verdoppeln. Das Clüor der Verbindung ist durch salpetersaures Silber unmittelbar ausfällbar. " AjTch. ü. Pliam. COXXXI. Bds. 5. Heft. 25 386 A. Pinner, lieber Nicotin. Genau nach diesen Angaben wurde Benzoylchlorid mit Nicotin in Reaktion gebracht und hierbei die Beobachtungen von Will im allgemeinen bestätigt gefunden. jSIur trat beim Vermischen von Benzoylchlorid mit Nicotin die erwähnte heftige Reaktion nicht ein, vielmehr liefs sich die Base mit dem Chlorid ohne stärkere Wärmeerzeugung vermischen. Man kann sogar die beiden Substanzen auf dem Wasserbade mit einander erwärmen und gewinnt dabei eine weiter unten beschriebene eigenthümliche Verbindung. In Gegenwart von Äther verhalten sich Nicotin upd Benzo}'!- chlorid folgendermafsen : Löst man Nicotin in mit Natrium wasserlrei gemachtem Äther und fügt Benzoylchlorid (2 Mol. auf 1 Mol. der Base) hinzu, so scheidet sich etwas eines dicken Syrups auf dem Boden des Gefäfses ab. Über Nacht füllt sich jedoch das verschlossene Gefäfs mit wawellitähnlichen, sehr zerflielshchen Krystallen an. Filtriert man die Krystalle schnell ab, so bilden sich im Filtrat innerhalb einiger Stunden wiederum dieselben Krystalle, und selbst nach dem zweiten und dritten Filtrieren kann man in dem verschlossenen Fütrat die gleichen Krystalle wieder entstehen sehen. Diese auffallende That- Sache fand leicht ihre Erklärung, als durch wiederholte Analyse die Zusammensetzung der Krystalle als C10H14N2 . HCl festgestellt worden war. Denn durch einen geringen Rückhalt von Feuchtigkeit in dem wasserfrei gemachten Äther und durch Feuchtigkeitsanziehung durch den Kork der Flasche hindurch wird etwas Benzoylchlorid zu Benzoesäure und Salzsäure zersetzt, und letztere liefert mit dem Ni- cotin das in Äther völhg unlöshche Salz C10H14N2 . HCl. Filtriert man die Krystalle ab, so findet infolge der starken Verdunstung des Äthers sehr kräftige Feuchtigkeitsanziehung statt, daher bilden sich nach dem Filtrieren sehr reichliche Mengen des Salzes, und nach jedes-^ maligem Filtrieren immer von Neuem, bis sämtliche Base in das Salz übergeführt ist. Um durch Versuche diese Anschauung noch fester zu begründen, wurde Äther mit Phosphorsäureanhydrid, welches be- kanntlich noch besser wirkt als Natrium, entwässert, sofort nach der Entwässerung in dem in zwei Flaschen verteilten Äther Nicotin auf- gelöst, die berechnete Menge Benzoylchlorid hinzugefügt, beide Flaschen mit Korkstopfen gut verschlossen und die eine im Trocken- raume, die andere an gewöhnlicher Luit stehen gelassen. In beiden A. Pin n er, lieber Nicotin. 387 Elaschen hatte sich gleich nach dem Zusatz des Benzoylchlorids ein wenig des dicken, farblosen Syrups abgeschieden. Aber während bei der im Trockenraum aufbewahrten Flasche der Inhalt innerhalb 14 Tagen keine weitere Veränderung erlitt, als dafs der Syrup sich allmählich dunkler färbte, hatten sich in der an der Luft aufbe- wahrten Flasche am folgende«! Tage die sehr charakteristischen, wawellitähnlichen Krystalle in kleiner Menge abgeschieden. Von diesen Krystallen wurde abfiltriert und das Filtrat wieder gut ver- schlossen. Aber innerhalb weniger Stunden füllte sich jetzt der Kolben mit den Krystallen an. Übrigens findet die mehrfach erwähnte Ausscheidung der dicken, öligen Flüssigkeit überhaupt nicht statt, wenn man zum Auflösen des Nicotins eine sehr grofse Menge Äther, etwa 100 Teile auf 1 Teil Nicotin, nimmt. Die Zusammensetzung des Syrups ist nicht ermittelt worden. Die Analysen von Material verschiedener Darstellung haben fol- gendes Resultat ergeben : 0,1733 g Substanz gaben 0.3841 g COg und 0,1281 g H2O. 0,2879 g „ „ 33,0 com N bei 17° C. und 772 mm Barem. 0,1401 g n „ 16,4 ccm N bei I80 C. und 769 mm Barom. 0,2.559 g ., „ 0,1791 g AgCl. Berechnet lur C10HJ4N2 . HCl : Gefunden: C r= 60,5 Proz" 60,3 Proz. H = 7,5 ,. 8,2 „ N = 14,1 „ 13,5 „ 13,6 Proz. Cl = 17.8 „ 17,3 „ Berücksichtigt man, dafs die Analysen von Will 65 Proz. Kohlenstoff, 5,4 Proz. Wasserstoff und 16 Proz. Chlor ergeben haben {Stickstoffbestimmungen sind nicht mitgeteilt), während Darstellung und Eigenschaften der von ihm beschriebenen Substanz mit denen des erwähnten basischen salzsauren Nicotins übereinstimmen, so läfst sich bei der sonstigen Zuverlässigkeit der Will' sehen Untersuchungen diese Abweichung nicht anders erklären, als dafs 'Will von dem- jenigen, welcher die Analysen ausgeführt hat, hintergangen worden ist. Aber auf ganz anderem Wege kann man eine Verbindung von Nicotin mit Benzoylchlorid von anderer Zusammensetzung und an- deren Eigenschaften bereiten. Vermischt man nämlich Nicotin mit 2 Mol. Benzoylchlorid, so findet keine erhebliche Erwärmung statt. 25* 3S8 A. P inner, TJeber Nicotin. Envännt man nun die ^lischimg etwa 20 Minuten auf dem Wasser- bad (bei längerem Erwärmen findet Dunkelfärbuug und tiefgreifende Zersetzung statt), so erhält man einen dicken Sp'up. der in "Wasser sich nicht vollständig löst. Dieser Syrup wurde, um ihn -von nicht verändertem Nicotin und Benzoylchlorid bezw. dessen ümsetzungs- produkten Benzoesäure und Benzoesäureanhydrid zu befreien, mit Wasser und verdünnter Natronlauge geschüttelt, der ungelöst ge- bliebene Teil in Äther aufgenommen, die* ätherische Lösung ver- dunstet, der Rückstand in verdünnter Salzsäure gelöst, wobei Benzoe- säureanhj'drid zurückblieb, die Lösung mit Natronlauge alkalisch ge- macht, um die Base wieder zu fällen, der Niederschlag wieder in Äther autgenommen und nach Verdunstung des Äthers in wenig Alkohol gelöst und mit Wasser gefällt. So wurde eine farblose, dicke, syrupartige Masse gewonnen, welche nicht zum Elrystallisieren gebracht werden konnte und deshalb bei der Analyse keine scharfen Zahlen lieferte. Sie besteht aus einer Verbindung von Nicotin mit 1 Mol Benzoylchlorid C10H14N2 . C7H5OCI, bei welcher freüich ein kleiner Teü des Chlors bereits durch Hydroxyl ersetzt zu sein scheint, ist aber, wie aus ihrer Reinigung hervorgeht, weder salzsaures Benzoylnicotin, noch das Chlorid eines Benzoyl- nicotiniums, sondern enthält vielmehr das Chlor in festerer Bindimg mit Kohlenstoff, da sie durch verdünnte Natronlauge in der Kälte nicht verändert wird. Sie ist im Gegensatz zum Nicotin eine ein- säurige Base. Beim Erhitzen wird sie völlig zersetzt. 0,1896 g Subst. gaben 0,4756 g CO, und 0,1102 g HoO 0,2383 g „ „ 0,5867 g COÖ und 0,1419 g H^O 0,2458 g „ „ 19,7 com N bei 14^ C und 758 mm Barem. 0,2366 g „ „ 0,0911 g Ag Gl. 0,2902 g „ , 0,7242 g COg und 0,1728 g H,0 0,2002 g „ ., 0,501-2 g CO2 und 0,1175 g H2O 0,3156 g „ „ 26,5 ccm N bei 18° C und 758 mm Barem. Berechnet für Cjo H^ N, . C7 H5 OCl : Gefunden : C ='ö7,5 Proz. 68.4 Prez. 67,1 Prez. 68,05 Proz. 68.2 Proz. H = 6,3 „ 6,3 „ 6,6 „ 6,6 „ ^ 6.5 , N = 9,2 „ ' 9,4 „ 9,6 „ Cl = 11,7 „ 9,5 Die Analysen wurden mit Material verschiedener Darstellungeü ausgeführt. Da diese Verbindung fast ausschliesslich nicht kiystallisierende So Ize A. Pinner, L'eber Nicotin. 380 lieferte, wurde das Pikrat aus ihr dargestellt. Es wurde die Sub- stanz in möglichst wenig verdünnter Salzsäure gelöst und mit einer kalt gesättigten Pikrinsäurelösung versetzt. Dadiu-ch fiel ein anfangs öliger, nach einiger Zeit krystallinisch werdender Niederschlag, welcher aus Wasser umkrystallisiert wurde. Das so gewonnene pikrinsaure Salz besitzt die Zusammen- setzung (Cio Hi4 Xo . C7 H5 OCl) . Cß H, (X02)3 OH und bildet kleine gelbe Prismen, welche bei 139^ schmelzen und wenig in kaltem, etwas besser in heissem "Wasser löslich sind. 0,2020 g Subst. gaben 0,3891 g COg und 0.0838 g HoO- 0.1607 g - „ 18,3 com N bei IT^ C und 772 jnam Barom. 0,2563 g « „ 0,0606 g Ag Cl. Berechnet für (C^q Hj^ N, C7 H5 OCl) . Cg Hg No O7 : Gefunden : C = 51.93 Proz. 52,5 Proz. H = 4,1-i „ 4,6 X = 13,15 „ 13,4 „ Cl = 6,68 „ 5.9 „ Bei der Wiederholung der von v. Planta und Kekule be- schriebenen Versuche wurden alle Angaben dieser Forscher, wie nicht anders ^i erwarten war. bestätigt gefunden. Xicotin vereinigt sich sehr leicht mit 2 Mol. Jodmethyl zu einem schön krystallisierenden farblosen Jodmethylat, welches zum Ueberflufs analysiert wurde: 0.1474 g verbrauchten 6,6 ccm ^'jo Xorm. -Silberlösung. Berechnet für Cy, H^^ N, . 2 CH3 ,J: Gefanden : J = 56,9 Proz. • 56,8 Proz. Verschiedene Versuche, durch Destillation dieses Jodmethylats mit Ivaliumhydroxyd fafsbare Produkte zu gewinnen, hatten keinen Erfolg. Oxydation des Xicotins mittels Wasserstoffsuperoxyd. Das Xicotin ist bereits in verschiedenfachster Weise der Oxyda- tion unterworfen worden. Wie oben erwähnt, hat zuerst Huber ^) die Base mit Kaliumbichi'omat und Schwefelsäure, später Weidel-) mit Salpetersäure, endlich Laiblin ^ mit Kaliumpermanganat oxydiert. Bei all diesen Oxydationen entsteht Xicotinsäure Cg H5 XOo in fast berechneter Menge, so dafs die Annahme gerechtfertigt erscheint, dafs ^» Ann. 141, 271 u. Ber. d. deutsch, ehem. Ges. 3, 849. .2) Ann. 165, 328. 3| Ber. 10. 2136 u. Ann. 196, 129. 390 * A. Pinner, Ueber Nicotin. das Pyridinradical C5H4N, dessen Carbonsäure l^ekanntlich die Nicotinsänre ist, bereits im Nicotinmolekül enthalten ist. Ein völlig anderes Oxydationsprodukt haben Cahours u. Etard^) durch Einwirkung von Schwefel, später von Ferricyankalium auf Nicotin erhalten. Im ersten Fall entsteht zunächst eine Verbindung ^20^18^48, welche bei der Destillation mit Kupferpulver die bei 275 •^ siedende Base CioHio^2 liefert, im zweiten Fall entsteht diese Base dii'ekt. Es werden also aus dem Nicotin lediglich 4 H ab- gespalten. Über die Konstitation dieser Base, welche die Autoren' wohl nicht ganz zutreffend als Isodipyridin bezeichnen, ist nur ermittelt worden, dafs. es bei weiterer Oxydation Nicotinsäur© liefert. Dasselbe Isodipyridin entsteht beim Erhitzen von Nicotin mit Silberacetat "). Ganz anders wiederum verläuft die Oxydation des Nicotins mittels Wasserstoffsuperoxyd. Versetzt man Nicotin mit so viel Wasserstoffsuperoxyd, dafs auf jedes Molekül der Base etwa 3 Atome aktiven Sauerstoffs kommen (für je 5 g Nicotin 125 g 2Y2 Pi'oz. Wasserstoffhyperoxyd) und läfst (bei etwa entstandener Trübung nach vorherigem Filtrieren) das Gemisch zweckmäfsig* unter Zusatz einer geringen Menge Platiuschwamm mehrere Wochen stehen, so verschwindet der Nicotingeruch zuletzt vollständig. Man prüft das Gemisch, ob die letzten Reste von Nicotin oxydiert sind, indem man eine Probe mit etwas Natronlauge versetzt, mit Äther ausschüttelt und die ätherische Lösung verdunstet. Es darf auch hierbei Nicotin- geruch nicht mehr wahrnehmbar sein. Dampft man die Flüssigkeit auf dem ^asserbade ein, so färbt sich das bis dahin farblos ge- bliebene Reaktionsprodukt dunkelbraun und hmtei'läfst einen dunklen Syrup, der kaum Neigung zum Krystallisieren zeigt. Dagegen er- hält man, wenn die Flüssigkeit im Vacuum bei etwa 40 — 50 ^ ver- dampft wird, einen hellgelben Syrup, den man zweckmäfsig, um die aus dem Wasserstoffsuperoxyd stammenden Verunreinigungen zu entfernen, in absolutem Alkohol aufnimmt. Die filtrierte alkoholische Lösung wird wiederum im Vacuum vom Alkohol befreit. So hinter- bleibt ein gelber Syrup, der nach mehrtägigem Vciweilen ini luft- leeren Exsiccator teilweise krystallinisch erstarrt. Die Kr5'stall- 1) Compt. rend. 8S, 999, 90, 275 u. 1315 ; Bullet, soc. chim. [2j 34, 449. 2j Tafel, Ber. 25, 1623. A. P inner, Ueber Nicotin. 391 niasse ist aufsei'ord entlich hygroskopisch, sodafs es nicht mögUch war. sie direkt der Analyse zu unterworfen; sie zerfliefst in kürzester Zeit an der Luit, ist in Wasser und Alkohol sehr leicht löslich, nicht aber [in Äther. Sie besitzt schwachen Geruch nach Morcheln, ähnlich dem von Cahours und Etard aus Nicotin er- haltenen Isodipyridin. Trotz ihref schwach sauren Reaktion besitzt sie die Eigenschaften einer Base, jedoch sind die .meisten ihrer Salze Syrupe, die ebenso wenig wie die Substanz selbst zur Analyse sich eignen. Nur das pikrinsaure Salz und das Platin- und Quecksüber- doppelsalz sind schwer löslich, die beiden ersteren sind ölige Nieder- schläge, welche allmälich erhärten und krystallisieren, das Queck- silberdoppelsalz ist ein vveilser, amorpher Niederschlag, welcher amorph bleibt. Näher untersucht wurden das Platindoppelsalz und das pikrinsaure Salz. Hierbei stellte sich beim Platinsalze anfangs die Schwierigkeit entgegen, dafs die Zusammensetzung desselben Vjei verschiedenen Darstellungen grofsen Schwankungen unterlag, auch nicht auf einfache Formeln sich berechnen liefs, bis erkannt A\'«urde, dafs bei der Herstellung desselben jede Erwärmung, ebenso jeder Versuch, das Salz zu lösen und wieder zu fällen, zu vermeiden ist, weil die Platinchloriddoppelsalze, wenigstens teilweise, ausnehmend leicht in Platinchlorürsalze sich verwandeln. Zur Darstellung des Platinchloriddoppelsalzes setzt man zu der mit wenig Salzsäure versetzten Lösung des syrupösen Rückstandes Platinchlorid im Überschufs, läfst den öligen Niederschlag einen bis zwei Tage in der Mutterlauge stehen, filtriert das nun körnig kry- stallinisch gewordene, orangerote Salz ab und trocknet es bei ge- wöhnlicher Temperatur. In stai'ker Salzsäure ist es ziemlich leicht löslich und wird durch Abstumpfen der Säure mittels Natronlauge, zum Teil jedoch unter gleichzeitiger teihveiser Zersetzung, wieder gefüllt. Bei der Anah'se wurden aus verschieden dargestellten Produkten folgende Zahlen erhalten: 1. 0,1856 g Subst. gaben 0,1415 g COo und 0,0450 g HoO 0,1673 g „ „ 7,3 ccm N bei 20^ C und 753 mm Barom. 0,1200 g „ ., 0,404 g Pt. II. 0,2049 g Subst. gaben 0,1548 g CO2 und 0.0548 g HgO 0,2733 g „ „ 0.2010 g COg und 0,0713 g H2O 0,1455 g „ „6,1 ccm N bei 19° C und 773 mm Barom. 392 A. Piiiuer, l'eber Nicotin. 0,2812 g .. „ 11,8 ccm N bei 20^ C und 765 mm Barom. 0,2100 g „ „ 0.0683 g Pt 0,2779 g „ „ 0,0907 g Pt 0,2521 g „ , 0,3656 g Ag Cl. Gefunden I. II. C 20,7 *l()ß 20,05 H 2,6 2,9 2,8 N 4,9 4,9 4.8 Pt 33,6 32,5 32,6 Cl — 35.9 — Berechnet für ^Mittel aus den Berechnet für ^ >-■-.- ^ ^^ erefundeneu CioHuxNo0.2HCl.PtCli: ^Zahlen: Cio H^, X>0 . 2H Cl . Pt Cl, : C = 20,44 Proz. 20,45 Proz. 20,51 Proz. H = 2.73 ,. 2,77 „ 2.39 ,. X = 4,77 „ 4,87 „ 4.79 „ Pt = 33,05 „ 32,90 . 33,16 , Cl = 36,29 „ 35,90 „ 36.41 Durch die Analyse hat also nicht mit Sicherheit festgestellt werden können, ob die Zusammensetzung des durch Wasserstofi- superoxy4 aus dem Nicotin entstehenden Oxydationsprodukts, welches alsOxynicotin bezeichnet werden mag, Cjo ^u ^2^ oder C^oHia N2O ist. d. h. ob durch das Oxydationsmittel ein H des Nicotins in OH übergeführt worden ist, oder ob 2H des Alkaloids dm'ch ausge- tauscht worden sind. Xach den weiter vmten beschriebenen Zer- setzungsprodukten ist es wahrscheinlich, dafs das Oxynicotiu Cio HiJL XoO zusammengesetzt ist. Auch die Analyse des pikrinsauren Salzes hat selbst- verständlich keine Entscheidung zu Gunsten der einen oder der anderen Formel zu bringen vermocht. Dazu kommt, dafs das pikrin- saure Salz wegen seines Verhaltens in der Hitze im geschlossenen Rohi' hat verbrannt werden müssen, wodurch der Wasserstoff zu hoch gefunden wird. Das pikrinsaure Salz erhält man auf Zusatz einer kalt gesättigten wässerigen Pikrinsäurelösung zur wässerigen Lösung des Oxynicotins als gelbes, anfangs in dem überschüssigen Oxynicotin lösliches und daher wieder verschwindendes Öl. Erst wenn ein Ueberschufs von Pikrinsäure hinzugefügt wird, löst sich der Niederschlag nicht mehr auf. Nach mehrtägigem Stehen in der Mutterlauge erstarrt das Ol A. Pinner, Ueber Nicotin. 393 zu kleinen gelben Krystalldriisen. Aus heifsem Wasser umkrystalli- siert bildet das Salz feine, anscheinend rhombische Xädelchen, welche unscharf bei 154 — 158'' schmelzen, diesen Schmelzpunkt aber bei weiterem Umkrystallisieren nicht mehr verändern. Das Salz hat die Zusammensetzung: CooHgo Ng O15, d. h. CioHi^K", . 2 CgH., (X02)30H oder C22 H18 Ng Ol.,, d. h. C^o B.,, X2 . 2 Cg Hg (SO,k OH. 0,2232 g Subst. gaben 0,3442 g COg und 0,0844 g H2O 0,2410 g „ „ 0,3723 g COg und 0.0S14 g HoO 0,2180 g ,. „ 0,3298 g CO2 "ud O.Q719 g H.Jo 0,2295 g „ „ 0,3551 g COg und 0,0741 g B^O 0,2334 g „ „ 0,3537 g CO.., und 0,0717 g HgO 0.1671 g M „ 25,2 com N bei 15" C und 754 mm Barora. 0.1300 g „ ■„ 19,8 com N bei 17° C und 765 mm Barem. Gefunden : C = 42.05 Proz. 42.13 Proz. 41,26 Proz. 42,20 Proz. 41,.33 Proz. H = 4.20 „ 3,75 „ 3,67 „ 3,59 ,. 3,41 „ X = 17,5 „ 17,7 „ Berechnet für 'Gefunden im Berechnet für Cio Hi4 NoO . 2 Cg Hg Ng O7 : Mittel : Cjo Hj., N., . 2 Cg Hg Xg O7 C = 41.5 41,8 ' 41,6 H = 3,1 3,7 2,8 X = 17,6 17,6 17,6 Beim Erhitzen zersetzt sich das Salz zwar sehr rasch, aber ohne zu veri^ufien. Wegen seiner Zersetzlichkeit kann es nur analysiert werden, nachdem es mit vielem Kupferoxyd vermischt ist. In kaltem Wasser ist es sehr wenig, in heifsem Wasser ziemlich gut löslich. Wie die Analyse zeigt, hat das Salz die Zusammensetzung Cio Hi4 N2 . 2 Cg H2 (X02)3 OH oder Cio 'R12 X2 . 2 Cg H2 (NO^h OH. wahrscheinlicher ist die erste Formel. In jedem Falle ist das Oxynicotin eine zweisäurige Base wie das Xicotin selbst, welches sich, wie oben gezeigt worden ist, ebenfalls mit 2 Pikrinsäure- molekülen zu einem sehr wenig löslichen Salze vereinigt. Aus dem Verschwinden des zunächst entstehenden Xiederschlags bei nicht ge- nügendem Zusatz von Pikrinsäure zur Oxynicotinlösung läfst sich schliefsen, dafs auch ein leichtlösliches basisches Pikrat (mit 1 Mol, Pikrinsäure) existiert. Das Oxynicotin kann nicht ohne vollständige Zersetzung destilliert werden. Auch im Yacuum ist es nicht destillirbar. Bei etwa 150*^ bereits beginnt die tiefgreifende Zersetzung desselben. " 3f4 A. Pinner, Ueber Nicotin. Ebenso ist es mit Wasserdämpfen so gut wie gar nicht flüchtig. Als einmal der Versuch gemacht wurde, ob vielleicht durch De- stillation mit Kalilauge aus dem Oxynicotin eine AlDspaltung von. Wasser und Bildung des von Cahours und Et ard dargestellten sogen. Isodipyridius Cj^, H^q 'So eintritt, und eine Mischung von ca. 5 g Oxy- nicotin mit 50 g Kaliumhydrat und 850 g Wasser zu mehr als zwei Drittel abdestilliert \%-ui-de. gingen nur sehr geringe Spuren eines basischen Körpers über, ^delleicht übergerissenes Oxynicotin oder Zersetzungsprodukte desselben, in dem Rückstand jedoch war fast die gesamte Menge des Oxynicotius enthalten. Derselbe wurde mit Salzsäure neutralisiert, eingedampft, aus dem Chlorkalium das Oxy- nicotin mit absolutem Alkohol ausgezogen und ziu' Charakterisirung desselben das pikrinsaure Salz dargestellt und analysiert. 0,2247 g Subst. gaben 0,3394 g COo und 0.0709 g H2O. Berechnet für Berechnet für CioHj^NgO CßHgKgO;: Gefunden: . C^o Hj, N2O . 2 Cg H3 IS3 0-: C = 41,5 Proz. 41,2 Proz. 41,6 Proz. H = 3,1 .. 3,4 „ 2.8 , Das Oxynicotin besitzt ähnliche, aber ungleich schwächere physio- logische Wirkung, me das Nicotin selbst. 3Iit Kaliumpermanganat oxydiert, geht es in Nicotinsäure über, welche durch ihren Schmelz- punkt u. s. w. identifiziert wurde. Das Oxynicotin kann aber auch sehr leicht wieder zu Nicotin reduziert werden. Löst man Oxynicotin in .SOproz. Essigsäui-e und fügt Zinkstaub unter Umschütteln und schwachem Erwärmen der Masse hinzu, so wii'd alles Oxynicotin in Nicotin übergeführt. Man braucht die Lösung nur vom überschüssigen Zinkstaub zu filtrieren und durch Schwefelwasserstoff" das gelöste Zink zu fällen, um eine reine essigsaure Nicotinlösung zu erhalten. Zur Konstatirung wurde diese Lösung etwas eingedampft und das Nicotin mit Pikiinsäure gefällt. Es entstand der charakteristische, in gelben Nadeln krystallisierende, bei 218*^ schmelzende Niederschlag,, der zum Überflufs noch analysiert wiu'de: 0.2731 g Subst. gaben 0,428 g COo und 0,0925 g HjO. Berechnet für Cio Hi4 N2 . 2 Cß Hg X3 0- : Gefunden : C = 42,6 Proz. 42,7 Proz. . H = 3,2 ., 3.7 , A. Pinne 1', lieber Nicotin. 39I> Verhalten des Oxynicotins gef,^enüber Basen und Säuren bei höherer Temperatur. In der Hoffnung, durch Einwirkung- von Säuren oder Basen bei hölierer Temperatui- eine Spaltung des Oxynicotins zu bewirken, um so einen Einblick in den Aufbau des Nicotinmoleküls zu gewinnen, wurde das Oxy- nicotin mit Barjmmhydrat und mit konzentrierter Salzsäure in ge- schlossenen ßöhren erhitzt. Das Nicotin selbst wird, wie oben be- reits erwähnt, weder durch Erhitzen mit Salzsäure bis 280*^, noch durch Erhitzen mit Jodwasserstoffsäur» verändert. Versuche, das Nicotin durch Erhitzen mit Basen zu zei'setzen, scheinen nicht ver- öifentlicht zw sein. Jedenfalls ist es in hohem Maise unwahrschein- lich, dafs dadurch eine Spaltung des Alkaloi'ds bewirkt werden könnte. Anders liegt die Sache beim Oxynicotin. Durch den Eintritt von Sauerstoff in das Molekül war eine der Spaltung zugängliche Stelle geschaffen worden, und es erschien nicht unwahrscheinlich, dafs das Molekül des Oxynicotins an der ßtelle, wo das Sauerstoff- atom sich befindet, würde aufgespalten Averden können. Der Versuch hat aber gelehrt, dalTs die beabsichtigte Reaktion nicht eintritt. Aber gleichwohl ward durch Einwirkung sowohl von Säuren als auch von Basen das Oxynicotin verändert und liefert recht interessante Pro- dukte, die jedoch zur Aufklärung der Konstitution des Nicotins nicht beitrugen. Bei dfir Einwirkung der Salzsäure erhält man eine dem Oxy- nicotin wahrscheinlich isomere Verbindung von der unzweifelhaften Zusammensetzung CiqHi^NoO, welche sich dadurch vom Oxynicotin unterscheidet, dafs sie mit Wasserdämpfen flüchtig ist und unter teilweiser Zersetzung in Wasser und eine Base C10H12N2 (welche « freilich nicht in reinem Zustande erhalten worden ist) destilliert. Bei der Einwirkung von Baryumhydrat erhält man neben gröfseren Mengen schwarzer, harziger Produkte, welche alle Versuche, sie zu reinigen, vereitelten, Nicotin selbst. Es hat also eine Reduktion des Oxynicotins zu Nicotin stattgefunden. Selbstverständlicli mufs gleichzeitig eine Oxydation vor sich gegangen sein. Welche Oxy- dationsprodukte aber neben dem Nicotin sich bilden, ist nicht fest- gestellt worden. 396 A. Pinuer, Ueber Nicotin. Einwirkung von Salzsäure. Oxyuicotin ^v'urde mit der achtfachen Menge stark rauchender Salzsäure 8 — 10 Stunden lang auf 140° erhitzt, die dunkel getärbte Masse mit Xatronlauge alkalisch gemacht und mit Wasserdampf so lange destilliert, als das Destillat noch alkalisch reagierte. Das Destillat wurde wieder mit Salzsäure angesäuert und eingedampft. Hierbei wurde eine in Wasser sehr leicht lösliche Krystallmasse er- halten,- welche aus Alkohol in weifsen Blättchen krystaUisiert. Das Salz ist nur wenig hygroskc^isch, schmilzt bei 192*^ und verliert bei 1000 kein AVasser. Die Analyse ergab die Zusammensetzung C^q 15^4X20 . HCl: 0,1747 g Subst. gaben 0,3047 g CO, und 0,1101 g HgO 0,2607 g „ „ 0,4547 g COg und 0,1520 g HÖO 0.2088 g „ „ 20,2 com N bei IS» C. und 766 mm Barem. 0,1128 g verbrauchten 9,2 com AgNOs Lösung, von welcher 1 com 0,008514 g Cl entspricht. Ber. für C^f^'EL^^N.ß . 2HC1 ' Gefunden C = 47,8 Proz. 47,6 Proz. 47.5 Proz. H= 6,4 „ 6,9 „ 6,5 „ X= 11,25 „ 11,26 . — Cl = 28,5 „ 2m „ - Mit Quecksilberchlorid liefert das Salz als weifsen Niederschlag ein Doppelsalz, welches bei 212° schmilzt, während salzsaures Nicotin mit Sublimat eine bei 130*^ schmelzende, und salzsaures Oxynicotiu eine bei ca. 80" schmelzende Verbindung liefern. Das Platinsalz krystaUisiert in kleinen Nadeln . die bei 100 "J keinen Gewichtsverlust erleiden und bei 120*^ sich zu zersetzen begiimen. Es Ijesitzt die Zusammensetzung CioHi4N20.2HCl.PtCl4. 0,2754 g Subst. gaben 0,2036 g CO, und 0,0822 g R.O 0,1158 g „ „ 0,0375 g Pt Berechnet für C^q H^^ KoO . 2 HCl . PtClj Gefunden C ^ 20,4 Proz. 20.16 Proz. H = 2,7 „ 3,32 „ Pt=33,0 „ 32,38 „ Die freie Base, welche als Pseudonicotinoxyd bezeichnet werden mag, scheint sehr luftempfindlich zu sein. Sie ist in Wasser in allen Verhältnissen löslich, nur durch konzentrierte Natronlauge scheidet sie sich ölförmig ab. Dasselbe Verhalten zeigt bekanntlich das Nicotin selbst. Wird die Base aus ihrem salzsauren Salz durch Natronlauge in Freiheit gesetzt und mit Äther ausgeschüttelt, so A. Pinnei-, Ueber Nicotin. 397 liinterbleibt sio nach Verjagung des Äthers als ein an der Luft schnell sich rot färbendes, leicht verharzendes Öl, dessen Weiter- verarbeitung schnell erfolgen mufs. Die Ausbeute an salzsaurem Pseudonicotinoxyd I)eträgt ungefähr 50 Proz. des Oxynicotins. Bei der Destillation des Pseudonicotin- oxyds mit Wasserdämpfen hinterbleibt aber in erheblicher Menge ein braunschwarzes basisches Harz. Die Untersuchung desselben hat zu keinem entscheidenden Resultat geführt. Zunächst wurde ermittelt, ob dasselbe etwa verharztes, im übrigen unverändertes Oxynicotin sei. Es wurde daher nochmals mit Salzsäure erhitzt und das Reaktionsprodukt nach Übersättigen mit Natronlauge mit W^asser- dampf destilliert. Dabei gingen nur geringe Spuren Base über. Xun uiirde das Harz in der W^eise zu reinigen gesucht, dafs es in verdünnter Salzsäure gelöst und mit Quecksilberchlorid fraktioniert gefällt wurde, die späteren helleren Niederschläge mit Schwefel- Avasserstoff zersetzt und die konzentrierten Filtrate mit Platinchlorid gefällt wurüen. Es entstanden hellgelbe, unschmelzbare Nieder- schläge, deren Analysen darauf hindeuten, dafs Gemenge von CioHuN2 0.2HCl.PtCl4 und (do H^NgO . HCl), . PtCl^ neben etwas Platin chlorürsalz, welches bekanntlich bei Nicotin und nicotin- ähnlichen Stoffen so leicht entsteht, vorliegen. Beispielsweise gab die Analyse eines Platinsalzes folgende Zahlen: C == 22,2 Proz., H = 2,4 Proz., N = 5,11 Proz., Pt = 32,9 Proz., Gl = 33,7 Proz. Die Summe der gefundenen Bestandteile beträgt 96,3 Proz.. das Salz enthält also noch Sauerstoff und zwar auf 10 Atome Kohlen- stoff etwa 1 Atom Sauerstoff; ferner ist das Verhältnis des Stick- stoffs zum Kohlenstoff wie 2 : 10; es ist daher mehr als wahrschein- lich, dafs das Salz aus einer Verbindung C10H14N2O entstanden ist, wobei freilich die Zahl der AVasserstoffatome am wenigsten sicher- gestellt ist. Dehydronicotin. Wird das salzsaure Pseudonicotinoxyd mit Natronlauge versetzt, die freigemachte Base mit Äther ausgeschüttelt und nach Verjagen des Äthers sofort der Destillation unterworfen, so geht bei 265 bis 275 ein Ol über, welches sich von dem freien, nicht destillierten Pseudonicotinoxyd wesentlich unterscheidet. An der Luft färbt es sich nicht rot wie jenes, und in Wasser ist es nicht mehr in allen 398 A' P inner, üeber Nicotin. Verhältnissen löslich. Vielmehr scheint es in Wasser recht schwer löslich zu sein und gleicht in dieser Beziehung dem von Cahours und Etard aus Nicotin dargestellten Isodipyridin Cio Hio N2. Dieses durch Destillation des Pseudonicotinoxyds entstehen,de Ol ist noch nicht in vöUig reinem Zustande erhalten worden, gleichwohl geht aus den Analysen der verschiedenen Präparate hervor, dafs es durch Wasserabspaltung aus dem Pseudonico'tinoxyd sich l^ildet und die Zusammensetzung C^o H12 ^2 besitzt. Sein Geruch ist verschieden von dem des Xicotins, von welchem es sich auch durch seine geringe Löslichkeit in Wasser unterscheidet (Nicotin ist in allen Verhält- nissen in Wasser löslich). Der Geruch erinnert etwas an den von Pyridinderivaten. Die Base mag vorläufig als Dehydronicotin bezeichnet werden. 0,2846 g Subst. gaben 0,7433 g COo und 0,1975 g H.,0 0,2032 g „ „ 0.5431 g CO, und 0,1500 g HoO ■ 0,1951 g ,. . 0,5232 g Coä und 0.1381 g H^O 0,2284 g „ „ 0,6129 g COg und 0,1766 g HoO 0,1810 g „ „ 26,3 ccm N bei 18 0. und 763 mm Barem. 0,1962 g „ „ 30,6 ccm N bei 18 C. und 746 mm Barom. Berechnet rof,i,ir1or, Berechnet für CioHioNo (^etunden ^„^ CioH^^NoO C = 75,0 71,2 72.9 73,14 73,2 67,4 Pioz. H = 7,5 7,7 8,2 7,86 8,5 7,8 „ N = 17,5 16,7 17,6 - — 15,7 „ Zum Schlufs sei bemerkt, dafs das Dehydronicotin verglichen worden ist sowohl mit Nicotin C10H14N2 als auch mit dem Isodi- pyridin von Cahours und Etard C10H10N2, welches nach der von den beiden Autoren gegebenen Vorschrift mittels Perricyankalium dargestellt wurde. Dabei hat sich die Verschiedenheit der drei Basen mit Sicherheit herausgestellt, auch wenn man von dem Resultat der Analysen absieht. Das Pikrat des Nicotins bildet, wie oben mitgeteilt worden ist, gelbe, bei 218^ schmelzende Nädelchen. Das Pikrat des Dehydronicotins (Cio H^g Ng) bildet schlecht ausgebildete, sehr kleine prismatische Kryställchen, welche bei 208 " schmelzen; das Pikrat des Isodipyridins (C10H10N2) endlich bildet feine bei 159° schmelzende Nadeln. Die beiden letzteren Pikrate sind umkrystalli- siert worden, ohne ihre Schmelzpunkte zu verändern. Das Platinsalz des Dehj^dronicotins ist orangefax'ben und A. P inner, Ueber Nicotin. 399 schmilzt noch nicht bei 260*^, das Platinsalz des Isodipyridins ist gelb und schmilzt bei 157,5^. Erwähnenswert ist noch die physio^pgische Wirkung sowohl des Pseudonicotinoxyds als -auch des daraus entstehenden Dehydro- nicotins, welche von Hrn. Dr. Heinz im pharmakologischen Institut zu Breslau in dankenswerter Weise studiert worden ist. Beide Basen kamen in Form ihrer salzsauren Salze zur Verwendung. Beide wirken im allgemeinen nicotinähnlich, jedoch zeigt sich ein erheblicher Unter- schied in der Intensität der Wirkung. W^ährend nämlich die sauer- stoiffreie Base (Ciq H12 ^2) ebenso intensiv ^vil•kt, ^yie Nicotin selbst, zeigt die sauerstoffhaltige Base (C10H14X2O) eine etwa 20 mal schwächere Wirkung. Durch welche Reaktion das mit Wasserdämpfen flüchtige Pseudo nicotinoxyd Cil)Hi4N20 aus dem mit Wasserdämpfen nicht flüchtigen Oxynicotin entsteht, dessen Zusammensetzung mit Wahrscheinlichkeit als C10H14N2O angenommen werden mufs, ist vorläufig noch nicht aufgeklärt. Einwirkung von Baryumhydrat. Man erhitzt am besten Oxynicotin mit einer heiis gesättigten Lösung von Baryumhydrat 12 — 15 Stunden lang auf 1400, filtriert den ßöhreninhalt und destilliert ihn mit Wasserdampf, so lange das Filtrat alkalisch reagiert. Da die Dämpfe eigentümlichen Geruch besafsen, wurde bei einem Versuche in etwas gröfserem Mafsstabe hinter eine dicht schliefsende leere Vorlage noch ein mit verdünnter Salzsäure beschickter Apparat vorgelegt, um etwa vorhandene gas- förmige Basen (Methylamine) festzuhalten. Thatsächlich ging etwas basische Substanz in die Salzsäure, welche beim Verdunsten der Säure zurückbheb, sich aber als lediglich aus Ammoniak bestehend erwies. Die Destillation wnirde unter wiederholtem Zusatz von Wasser so lange fortgesetzt, bis das Destillat kaum noch alkalisch reagierte. Dann wurde das Destillat mit Salzsäure angesäuert und eingedampft, das erhaltene stark hygroskopische Salz zum Teil in das Platinsalz verwandelt, zum Teil die Base daraus freigemacht und durch Destillation gereinigt. Diese Base erwies sich als Nicotin. Es' war demnach beim Erhitzen mit Baryumhydrat das Oxynicotin in Nicotin zui'ückverwandelt worden. Das Platinsalz ist etwas hygroskopisch und bildet orangefarbene 0,0240 g Pt 0.1860 g AgCl. HiiN2.2HCl.PtCl4. Gefunden: Proz. 21,4 20.6 „ 2,8 3,3 „ 5,0 „ 34,1 33.4 _ 36.S — . 400 A. P inner, I'eber Nicatiu. Prismen von der Zusammensetzung C10H14X2 . 2HC1 . PtCl^ -f- HoO. Bei 1000 verloren 0.27 g Subst. 0,008 g HgO = 2.9 Proz. und 0.2977 g Substanz verloren ^,0103 g = 3,4 Proz. Wasser, berechnet für 1 H2O = 3.2 Proz. Das trockene Sa^z verschiedener Darstel-" hing lieferte folgende Zahlen: 0.2874 g Subst. gaben 0.2253 g CO2 und 0,0733 g HoO Ü.1922 g „ „ 0,1452 g CO2 und 0,0571 g Hp'o 0.2650 g „ „ 11,7 ccm X bei 22,6° C. und 760 mm Bar. U.1687 g ., „ 0,0575 g Pt '-',0719 g „ 0.1250 g Berechnet für dnHuNc C = H = 2,S X = 4,9 Pt= 34,0 Cl = 37,3 Die freie Base zeigte sich in jeder Weise identisch mit Xicötin, namentlich hatte das daraus dargestellte Pikrat den früher ange- gebenen Schmelzpunkt von 2180. Auch hier entsteht neben dem mit Wasserdämpfen leicht über- treibbaren Nicotin in wechselnder Menge ein braunes Harz, von welchem um so mehr erhalten wird, je höher man das Oxynicotia mit Baryumhydrat erhitzt hat. Dasselbe ist aller Wahrscheinlichkeit nach nichts anderes als verharztes Mcotin. Es -onirde fraktioniert mit Platinchlorid gefällt, aber auch hier sind keine einheitlichen Sub- stanzen, sondern Gemenge von Platinchlorid- mit Platinchlorürdoppel- salzen erhalten worden. Aus den Analysen geht hervor, dafs hier eine Sauerstoff fr e i e Base vorliegt, welche auf 10 Kohlenstoffe 2 Stick- stoffe enthält. Es ist ohne Interesse . die verschiedenen Analysen mitzuteilen. Einwirkung von Brom auf Nicotin. Von hervorragendstem Interesse ist die Reaktion, welche zwischen Brom und Nicotin vor sich geht, sowohl wegen der eigen- tümlichen Produkte, welche entstehen, als auch namentlich wegen 'der Aufklärung, welche die Zersetzung dieser Produkte über die Konstitution des Nicotins selbst geliefert hat. (Forlsftzuu-^ in Heft ü.) /um Archiv der Pharmacie für 1803 ganz in Jer bisherigen Axisfühi'ung. Kaliko -Decken mit vor- gedrncktem Titel und Rückentitel in Goldschrift, können gegen Einsendung von 70 Pf. in Brielmarken franko bezogen Averden von dem Central-Bureau des Deutschen Apotheker-Vereins, BERLIN SW. 12, Zimmerstr. 3 4. von Poncet Glashütten-Werke BERLIN SO., Köpnickerstr. 54, ^^ Fabrik und Lager ^Sa^sämmtlicher Gefässe u. Utensilien für ehem., pharmac. 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Kiliani, Über einige Derivate des Digitogenins 446 -^ — , Über die Darstellung von reinem Digitonin 460 F. Lüdy, Studien über die Siambenzoe, Untersuchungen über die Sekrete, mitgeteilt von A. Tschircli 461 (Arbeiten aus dem pbarmaceutischen Institut der Univer- sität Bern.) Eingegangene Beiträge. Th. Salzer, Über die Citrate. G. Holle, Über einige neue Kautschukpflanzen. G. Pfaff, Über Oleo de Tamacare, ein brasilianisches vegetabilisches Öl. (Greschlossen den 17. Juni 1893.) Anzeigen, Einwickelpapiere, Farben, 5 Ko. frei Ji 5. Oberwesel a. Rh. Fr. Reusch Rbein- u. Mlosel^sveine, [2] eigenes Wachstnni. Extr. Filicis Ph. (>. H. Frisch bereitet. Dr. "Weppen & Lüders. Blankenburg a. Harz. [31 von Poncet Glashütten-Werke BERLIN SO., Köpnickerstr. 54, Fabrik und Lager sämmtiicher Gefässe u. Utensilien für ehem., pharmac. Gebrauch. Atelier für Emaiile-Sehrlftmalerei auf Glas- und Porzellangefässe. (4j Specialität: Einrichtung von Apothei2 • HBr leitet sich von der bromfreien Base C10H10N2O2 her, und diese letztere Base sei Ticonin genannt. Man erkennt leicht, dafs die beiden Worte „Cotinin" und „Ticonin" durch Umstellung der Süben in dem Worte „Nicotin" gebildet sind. Wir würden die drei Verbindungen: C10H14N2 Nicotin C\,jHi2N20 Cotinin CiriHi„N2 02 Ticonin durch Ersatz von je 2H durch ein Saiierstotfatom aus einander ent- standen denken können. Darstellung des Perbromids des Dibromcotinins CioHioN2Br2 , HBr . Bro. Zu einer Lösung von Nicotin in etwa der 5 bis 6 fachen Menge Essigsäure (von etwa SO— '.-»0 Proz.) setzt man nach und nach unter Kühlung die 3^ .p — 4 fache Menge Brom, welches ebenfalls mit etwa seiner 4 — 5 fachen Menge Essigsäure verdünnt ist. Die bei jedesmaligem neuen Bromzusatz zuerst ent- stehende Trübung klärt sich beim Umschütteln auf, erst gegen Ende der Operation bleibt gewöhnlich die Flüssigkeit trübe . und es setzt sich nach kurzer Zeit ein dicker roter Syrup ab. Nach mehrstün- digem Stehen löst man den Syi'up entweder durch Umschütteln, oder falls dies nicht gelingt, durch mäfsiges Erwärmen der Flüssigkeit- auf cirka 50 — 60 auf. Nach dem Erkalten bleibt die rotgefärbte Lösung völlig klar, scheidet aber über Nacht oder im Laufe mehi-erer Tage eine reichliche Krystallisation pracht\'oller roter Prismen ab. A. Pinner, lieber Nicotin. 409 Setzt man zu der von den Kxystallen abfiltrierten Lösung die drei- fache Menge Wasser, so scheidet sich noch eine erhebliche Menge derselben Krystalle ab. die man jedoch zweckmäfsig erst nach zwei- bis dreitägigem Stehenlassen abfiltriert. Die Krjstalle sind mono- symmetrische chromrote Säulen oder gelbrote flache Xadeln (aus Wasser 1, welche ziexnlich leicht in warmer Essigsäure, sehr wenig in kaltem Wasser, sehr schwer in 50 — 00*^ warmem Wasser sich lösen, beim Kochen mit Wasser unter Entwicklung von Brom zu einer farblosen Flüssigkeit sich lösen, welche beim Eindampfen einen dunkelgefärbten SjTup liefert, aber, wie aus dem Platindoppelsalz und demPiki-at erkannt werden konnte, lediglich die Base CioHioXoBr^O als Bromhydrat in nicht ganz reinem Zustande enthält. Die Krystalle riechen im feuchten Zustande nach Brom und schmelzen unter Zer- setzung bei 163'^. Bei der Darstellung grölserer Mengen des Perbromids kann man auch weniger Essigsäure als Verdünnungsmittel anwenden, dafür aber erfordert die Operation viel mehr Zeit. So kann man 100 g Nicotin in 300 g Eisessig lösen und dazu unter Kühlung eine Lösung von etwa 200 g Brom in 200 g Eisessig hinzufügen. Anfangs* ver- schwindet die Farbe des Broms vollständig, nach und nach färbt sich aber die Plüssigseit rot. Man hat darauf zu achten, dafs beim Umschütteln nach jedem Zusatz eine völlig klare Lösung entsteht und nicht ein rotes Ol auf 4em Boden sich sammelt, weil alsdann die Operation weit längere Zeit erfordert, denn das Ol verwandelt sich nur äuTserst laugsam in die roten Krystalle des Perbromids. Die klare rote Lösung setzt im Verlaufe von 3 — 4 Tagen, namentlich wenn man nach 24 Stunden einen kleinen Kjrystallsplitter des Perbro- mids hineingeworfen hat, eine zusammenhängende prächtige Krystall- kruste ab. Von dieser giefst man die überstehende Flüssigkeit ab und setzt, indem man sie auf etwa 30^ erwärmt, wieder so viel Brom in der gleichen Menge Essigsäure gelöst hinzu, bis eben eine kleine Quantität des roten Öls sich nur schwierig löst. Man läfst nun \vieder 2 — 3 Tage stehen und fügt zu der von der abgeschie- denen Krystallmasse getrennten Flüssigkeit Brom, nun aber im unver- dünnten Zustande, hinzu, lälst \\-ieder stehen und -«-iederholt die Operation, bis auf die 100 g Nicotin ca. 550 g Brom genommen sind. SchliefsHch erwärmt man die Lösung auf 40 — 50° und setzt 410 A. Pinner. Ueber Xicotiu. Wasser hinzu, bis die entstehende Trübung nur schwer verschwindet und läfst erkalten. So erhält man in einzelnen Portionen das Perbromid in reinem Zustande, wenn man die Temperatur namentlich zuletzt beim Verdünnen der Lösung nicht zu hoch gesteigert hat. Anderenfalls kann dem Perbromid leicht etwas von dem zweiten Bromderivat des Nicotins beigemengt sein. Man erhält so aus 100 g Nicotin im Verlauf von 14 — 20 Tagen ca. 320 — 340 g Perbromid, statti der berechneten 355 g, also nahezu die berechnete Menge. Eine Beimengung des bromwasserstoflfsauren Dibromticonins Cio Hg Br2 No Oo . H Br in dem Perbromid lälst sich leicht dadurch erkennen, dafs man das Perbromid .mit wässeriger, schwefliger Säure übergielst. Das reine Perbromid löst sich klar und farblos auf. das bromwasserstoffsaure Dibromticonin bleibt in farblosen Nadeln ungelöst zurück. Die letzten Krystallisationen des Perbromids enthalten in ge- ringer Menge eine andere Verunreinigung, w^elche beim Behandeln desselben mit schwefliger Säure als blauschwarzes amorphes Pulver zmückbleibt. Diese Krystallisationen eignen .sich aber recht gut zur -Bereitung des freien Cotinins. Die folgenden Analysen sind mit Material verschiedener Darstellung ausgeführt, und zwar sind die Substanzen 1 und 2 aus essigsaurer Lösung erhalten, Substanz 3. nach der Methode von C a h o u r s und E t a r d bereitet, aus Wasser krystallisiert worden. Subst. 1. . 0,4385 g Subst. gaben 0,3320 g COo und 0,082 g H2O. 0,2202 g „ „ 0,039 g HoÖ (die Kohlenstoff bestimmung ging verloren) 0,2346 g .. . 0.8838 g AgBr. Subst. 2. 0.2826 g Subst. gaben 0.2198 g COg und 0.O53S g H, 0,2572 g .. ,, 11,1 ccm X bei 19'-^ und 758 mm Barom. 0,2096 g ., ., 0,3449 g AgBr. Subst. 3. 0,3672 g Subst. gaben 0,2840 g COj und 0.664 g HgO 0,2289 g .. _ 9,7 ccm X bei 20 und 758 mm Barom. 0.2685 g , „ 0,424 g Ag Br. ^loHioNgBraO HBr . Br >• Gefunden : C = 20,87 20,65 — 21.21 21,09 Proz. H = 1,91 2.08 1,97 2,11 2,01 „ Br = 69,26 69,61 - 70,02 67,10 „ X = 4.87 — — 4,95 4.83 „ A. Pi 1)11 er. Ueber Nicotin 111 Die Siibstanz ist schwer verbrennlich. Die Hauptsorgiklt wurde auf die Bestimmung des Wasserstoffs verwendet, deshalb sind die Verbrennungen im offenen Rohr ausgeführt worden. Dagegen be- rechnet sich der Wasserstoff für die von Hub er angenommene Zu- sammensetzung CioHi2N2Br2 . HBrg = 2,32 Proz. , die von Cahours und Etard angenommene Formel CioHi4N2Br4 . HBr = 2,67 Proz. Zur Konstatierung der Verbindung als Perbromid wurden von Substanz 2 zwei Titrationen mit schwelliger Säure gemacht, indem eine gewogene Menge der Substanz mit überschüssiger Säure von bekanntem Gehalt geschüttelt wurde, wobei sie sich zu einer farb- losen Flüssigkeit löste, und der Überschufs der schwefligen Säure mit Yio Normal- Jodlösung zurücktitriert wurde. Man kann hierbei ohne Zusatz von Stärkekleister das Ende der Reaktion sehr leicht erkennen , weil der erste Tropfen überschüssiger Jodlösung einen dunkelbraunen Niederschlag eines Perjodids hervorruft. 0,4442 g Substanz brauchten so viel schweflige Säure, als 15.88 com i/io Normal-Jodlösung entsprechen. 0,8050 g Substanz brauchten so viel schweflige Säure, als 26,7 com ^/jQ Normal-Jodlösung entsprechen.' Die gefundenen Zahlen entsprechen 27,6 und 26,53 Proz. wirksamen Broms. Ein Per"bromid der Zusammensetzung C10H10N2Br2O.HBr.Br2 würde 2 Br oder 27,83 Proz. als wirksames Brom enthalten. Um den Verlauf der Reaktion zu erkennen, wurden, ehe die Zu- sammensetzung der Verbindung ermittelt war, mehrere Versuche in folgender Weise ausgeführt. 1. Nicotin wurde in so viel wässeriger Bromwasserstoffsäure ge- löst, dafs auf jedes Mol. Nicotin 2HBr kamen, dann unter Umschüt- teln vier Atome Brom hinzugefügt. Nach einigem Stehen hatte sich ein dickes rotes Öl abgesetzt, während das darüberstehende Wasser durch Spuren von Brom etwas gefärbt war. Die wässerige Lösung wurde auf ihren Säuregehalt geprüft. 10 ccm der wässerigen, ursprünglichen Bromwasserstofflösung brauchten zur NeutraKsation 14,6 ccm lOprozentige Natronlauge. 20 ccm der über dem Nicotinbromid befindlichen Säure brauchten zur Neutralisation 14,2 ccm Natronlauge. Es war demnach genau die Hälfte der Bromwasserstoff säure, oder ein Mol. Bromwasser- stoff zur Bildung des ausgeschiedenen roten Öls verbraucht wor- 412 A. Pinner, lieber Nicotin. den. Dagegen hatte sich keine Bromwasserstoff säure bei der Reaktion gebildet. Bei einem neuen in gleicher Weise angestellten Versuch wurde einmal nach 12-, ein anderes Mal nach 24 stündigem Stehenlassen die gesamte Masse mit überschüssiger schwefliger Säu.re versetzt, wo- durch in kürzester Zeit eine farblose Lösung entstand, und der Über- schufs der schwefligen Säure zurücktitriert. Es wurde jedesmal genau soviel schweflige Säure zur Reduktion des roten Öles ge- braucht, als der Gesamtmenge des zugesetzten Broms entspricht. Tolglich war das rote Ol lediglich ein Additionsprodukt des brom- wasserstoffsauren Nicotins von der Zusammensetzung C^o Hi4 X2 . HBr . Br4. Das Ol zeigte bei einem zu diesem Zweck angestellten Versuche auch nach mehrtägigem Stehen keine Neigung zur Krystal- lisation. Nun wurden die Versuche in der Weise abgeändert, dafs statt der wässerigen Bromwasserstoffsäure, Essigsäure von etwa 80 Proz. verwendet wurde. 5 g Nicotin wurden in je 50 g Essigsäure gelöst, dazu 15 g Brom, mit 50 g Essigsäure verdünnt, langsam hinzugefügt und die Mischung zu 200 ccm aufgefüllt. Das zuerst gegen Ende der 0])eration sich ausscheidende Öl, sicherlich dieselbe Verbindung wie bei den vorhererwähnten Versuchen, löste sich .allmählich beim ümschütteln vollkommen klar auf. Von der Lösung wurden * sofort 10 ccm zur Bestimmung etwa entstandener Brom Wasserstoff säure und zweimal 50 ccm zur Bestimmung des durch schweflige Säure reduzierbaren Broms benutzt. Die letzteren brauchten zur Reduktion 53,75 und 52,5 ccm V2 Normalsäure, es würden demnach in den gesamten 200 ccm 8,5 g reduzierbaren Broms vorhanden gewesen sein (ca. ^2 Stunde nach Beginn der Operation und unter Vermeidung jeglicher Erwärmung), d. h. 6,5 g Brom M'aren bereits zur Bildung von Bromwasserstoff säure und von gebromtem Nicotinderivat ver- braucht. Die erwähnten zur Bromwasserstoffbestimmung ent- nommenen 10 ccm wurden durch Hindurchblasen von Luft fast farblos gemacht, mit Wasser verdünnt und mit Silbernitrat gefäUt. Erhalten 0,5833 g AgBr = 0,2482 g Br. In der Gesamtlösung würden also 4,964 g (20 X 0,2482) Br als HBr vorhanden ge- wesen sein. Es wären also von 6,5 g 4,964 g als H Br gebildet. A. P inner, Ueber Nicotin. 413 der Rest von 1,536 g Br in das Nicotinmolekül substituierend eingetreten. Nach der Gleichung Cjo H^ Ng + 10 Br + Hg = Cio Hjo ßroN2 0.HBr3 + .5HBr würden auf je 2Br substituierenden Broms je öHBr entstehen, was mit den gefundenen Zahlen ziemlich über- einstimmt. Der Rest der Lösung wurde stehen gelassen. Über Nacht hatte sich eine reichliche Ivrystallisation von CioH|oBr2 N2O . HBrg ab- geschieden. Nach 3tägigem Stehen wurde die noch immer rot ge- färbte Masse in der Weise weiter verarbeitet, dafs wiederum 10 ccm der Lösung zur HBr-Bestimmung entnommen und der Rest mit der Ivrystallmasse mittels schwefliger Säure reduziert wurde. Die 10 ccm lieferten nach Verjaguug sämtlichen freien Broms mittels Durchblasens von Luft bis zur Tarblosigkeit 0,762 g AgBr = 0,3243 g Br. Auf 200 ccm würden also 6,486 g Br in Form von HBr vorhanden sein, abgesehen von der in dem abgeschiedenen Perbromid enthaltenen, aber nicht direkt bestimmten Bromwasser- stoifsäure, welche, wie aus der Rediiktion der Krystallmasse mit schwefliger Säure hervorgeht, etwa 0,46 g betragen hat, so dafs also nach drei Tagen 6,945 g Br in HBr sich verwandelt haben. Zur Reduktion wurden zuerst 50 ccm der Flüssigkeit tmd dann die übrig gebliebene Masse mit den Krystallen benutzt. Verbraucht wurde soviel schweflige Säure, dafs auf die Gesamtmasse ein Ge- halt von 5,7 g reduzierbaren Broms (in Form von freiem Brom und von Perbromid) sich berechnet. Es sind also gefunden worden : 6,945 g Br, welches in H Br sich verwandelt hatte, 5,70 g Br, welches teils frei, teils als Perbromid vorhanden Avar. also zusammen 12,645 g Brom, wähi-end 2,355 g Brom für Wasserstoff in das Nicotinmolekül eingetreten war. Also auch hier ist das Verhältnis des substituierenden Broms zu dem in H Br ver- wandelten wie 1 : 3 (2,355 : 6,945), oder der oben gegebenen Um- setzungsgleichung entsprechend. Danach ist auf indirektem Wege ermittelt worden, dafs die Reaktion nicht in dem von Hub er oder gar in dem von Cahours und Etard angenommenen Sinn verlaufen kann. Des weiteren geht aus diesen Versuchen hervor, dafs bei ge- wöhnlicher Temperatur in wässeriger bromwasserstoffsaurer Lösung 414 A. Pinner, Ueber Nicotin. Nicotin und Brom auch nach mehreren Tagen kaum anders als sich direkt mit einander zu einem Ol verbindend reagieren, dals dagegen in essigsaurer Lösung von den 15 g Brom ca. 5,3 g, d. h. mehr als Y3, bereits nach einer halben Stunde, imd ca. 13 g, also fast die gesamte Menge, innerhalb dreier Tage zur Bildung des schön kry- stallisierenden Perbromids verbraucht werden. Freilich konnte weder durch die Analyse des Dibromcotinin- perbromids noch durch die eben besprochene Ermittelung des Verlaufs der E.eaktton die Zusammensetzung des Dibromcotinins mit Sicherheit ermittelt werden. Denn es konnte das Dibromcotinin auch Cio Hg Br2 N2 zusammengesetzt sein , also um 2 H und 1 weniger, als es thatsächHch der Fall ist. Alsdann würde die Reaktion nach der Gleichung verlaufen Cio Hi4 No + 10 Er == C^o Hg Erg No . HBr . Erg + 5 HBr d. h. auch hier wirken je 10 Atome Brom ein, von denen 2 Atome substituierend in das Molekül des Nicotins eindringen. 2 andere Atome additioneU sich anlagern, während gleichzeitig 6 HBr ent- stehen, ebenso wie bei der obigen Gleichung Cio Hi4 N2 + 10 Er + HgO = Cjo H^o Erg NgO . HBr . Erg + 5 HBr. Aber auch die Analyse des Perbromids konnte nicht völlige Ent- scheidung bringen, weü bei dem hohen Bromgehalt des Perbromids die Unterschiede in der Zusammensetzung hauptsächlich das Brom treffen. Da aber das Perbromid nicht umkrystallisiert werden kann, da ferner die oben erwähnten Analysen desselben im Anfange der Untersuchung ausgeführt worden sind, zu einer Zeit, als die günstig- sten Verhältnisse zur Bereitung des Perbromids noch nicht ermittelt waren, so sind die Brombestimmungen nicht sehr übereinstimmend ausgefallen. Es ist daher nicht auffallend, wenn ich auf Grund der von Hub er mit dem freien Dibromcotinin ausgeführter: Analysen im Anfange geglaubt habe, das Perbromid besitze die Zusammensetzung Cio Hg Brg Ng . HBrg, obwohl die von mir ausgeführten Analysen mit dieser Formel nicht gut stimmen, denn nach dieser Formel werden verlangt C = 21,54, H ^ 1,61, Br = 71,81, N = 5,03, bis ich im Laufe der weiteren Untersuchung mit aller Sicherheit die Zusammen- setzung Cio Hio Brg No . HBr . Brg aus der Analyse des freien Di- bromcotinins und vieler seiner Derivate habe feststellen können. A. Piuner, Ueber Nicotin. 415 Herr Dr. Fock hatte die Freundlichkeit, die Krystalle zu messen und giebt mir folgende Daten: Krystallsystem : monosymmetrisch, hemimorph a : b : c = 1,1306 : l : 1,0197 ,>' = 7005'. Beobachtete Formen : a = (100) oc P » . c = (001) OP, r = (101) + P =o , m = (110) P 00. q = (011) P oo und o = (112) -f i/gP- Die gelblich rot gefärbten Krystalle sind km^z prismatisch nach der Symmetrieaxe und zeigen im Maximum Dimensionen bis zu 1 mm. Von den Querflächen herrschen das Orthopinakoid und das Hemidoma vor, während die Basis mehr zurücktritt. Am rechten Ende der Kiystalle erscheint regelmäfsig nur das Prisma, bisweilen beobachtet man aber auch das Klinodoma in minimaler Ausdehnung und mit schlecht spiegelnden Flächen. Am linken Ende der Kry- stalle treten auf Klinodoma q imd eine Hemipja-amide o. Nur die letztere Form besitzt gut spiegelnde Flächen, während diejenigen des Domas wegen starker Rundung nur eine approximative Messung zulassen. Überhaupt charakterisiert sich die Ausbildung des linken Krystallendes gegenüber derjenigen des rechten Endes allgemein als eine höchst unvollkommene. Beob Ber. (001) = 70^5' — (101) = 590 10' — (110) = 86030' (HO) = — 76030' (HO) = 690 25' 690 26' (011) = ca. 920 92025' (100) = — 75046' (101) = ca. 6.30 62049I/.V (112) = — 126015' ' (001) =-- — 37051/./ (100) = 84017' 8402' ' (101) = 3.506' 34053' Spaltbarkeit nicht beobachtet. Darstellung des freien Dibromcotinins Cio HioBr2 NgO. Hub er hat die freie Base durch Zusatz von Kalilauge oder von Ammoniak zu dem Perbromid dargestellt und giebt an. dafs die Base in hohem Malse empfindlich gegen Alkalien sei. AUein diese Methode ist wenig geeignet, das Dibromcotinin in reinem Zustande zu liefern, da einerseits die fixen Alkalien aus dem Perbromid unterbromig- a : c = (100) a : r = (100) m : m = (HO) c : m = (001) r ; : m = (101) q : q == (011) q : a = (011) q : r = (011) : : - (H2) : c ^ (112) : a = (112) : r = (112) 416 A. Pinner, Ueber Nicotin. saui'es Salz erzeugen, welches oxydierend wirkt, andererseits alle etwaigen Verunreinigungen des Perbromids zugleich in die freie Base eingehen. Dagegen erhält man die Base sehr leicht, wenn man das Perbromid zunächst mit wässeriger schwefliger Säure ver- setzt, die Lösung wenn nötig filtriert, und mit Kali- oder Natron- lauge, besser mit Kaliumkarbonat alkalisch macht. Es fällt ein zu- nächst harziger Niederschlag, welcher sich nach kurzer Zeit in schöne Krystalle umwandelt. Aus den Mutterlaugen läfst sich der gelöst bleibende Teil leicht durch Chloroform ausziehen. Aus sehr ver- dünntem Alkohol umkrystallisiert bildet die Base schöne, farblose, lange Prismen, welche schwer in kaltem Wasser, ziemlich leicht in heifsem Wasser und in kaltem Alkohol, sehr leicht in heiTsem Alkohol und in Chloroform, schwer in Aether sich lösen, unter kochendem Wasser schmelzen, in trocknem Zustande aber erst bei 125° schmelzen. In etwas höherer Temperatur zersetzen sie sich unter Hinterlassung schwer verbrennlicher Kohle. Bei längerem Kochen mit Wasser zersetzen sie sich. Durch verdünnte ..llkalien wird die Base nicht mehr verändert als durch Wasser. 0,2850 g Subst. gaben 0,3774 g COg u. 0,0868 g HoO 0,3254 g ., „ 0,4276 g COg u. 0.0947 g H-^O 0,1950 g „ „ 14,2 com N bei 160 c vind 753 mm Bar. 0,2372 g „ „ 0.2685 g Ag Br 0,2631 g „ „ 0.2955 g Ag Br. Zur Analyse v/urde nur bei 100 o getrocknete Substanz verwendet. Ber. für C^q H^o Bi-^ Nj ■ Gefunden : C =: 35,93 Proz. 36,11, 35,84 Proz. H :-= 2,99 „ 3,38, 3,23 „ N = 8,38 „ 8,41, Br = 47,90 ., 48,16, 47,79 „ Die wässerige Lösung des Dibromcotiniris besitzt keine alka- lische Reaktion gegen Lakmus. In Säuren ist die Base sehr leicht lösKch. Beim Erhitzen mit überschüssiger Säure zersetzt sie sich sehr leicht, daher erhält man beim Abdampfen ihrer sauren Lösungen stets schwarze Schmieren. Im Gegensatz zum Nicotin ist die Base ein säurig. Da nun, wie bereits Laiblin nachgewiesen hat, das Perbromid des Dibrom- cotinins bei der Oxydation Nicotinsäure liefert, so mufs bei der Ein- wirkung von Brom auf Nicotio der den Pyridinkern enthaltende Teil des Nicotinmolecüls unverändert geblieben sein, der andere Teü A. Pinner. Uober Nicotin. 417 dagegen sowohl die beiden Bromatome als auch das Sauerstoffatom aufgenommen haben. Nun ist das Nicotin wie bekannt eine zwei- säurige Base, folglich mufs der durch die Einw^'kung von Brom veränderte Teil durch die Veränderung seine Basicität eingebüfst haben. Wegen der leichten Oxydierbarkeit des Nicotins zu Nicotin- säure haben wir, wie oben bereits bemerkt, angenommen, dafs dasselbe aus zwei Teüen: ~C5H4N und —CgHioN C5H,N bestehr. Es ist deshalb das Dibromcotinin | : von diesen CäHgBroNO zwei Hälften ist die eine C5H4N selbstverständlich basisch geblieben, wie sie im Nicotin war, die andere dagegen, C5H6Br2NO, hat ihre Basicität eingebüfst. Wir werden später weitere Folgerungen. aias dieser Thatsache ziehen. Das Clilorhydrat CioHioBr2N2 . HCl wurde in der Weise dargestellt, dafs die freie Base in w^enig mehr als der berechneten Menge Salzsäure gelöst und die Lösung verdunsten gelassen wurde. Es bildet lange farblose, in Wasser sehi- leicht lösliche Nadeln, welche beim Erhitzen, namentlich wenn ihnen etwas freie Säure an- haftet, sich tiefblau färben. 0.1597 g Subst. gaben 0,0639 g Ag Cl. Berechnet für C^q Hjo Brg Ng O . HCl : Gefunden : Cl = 9,58 Proz. 9.87 Proz. Das P 1 a t i n s a 1 z (CioHioBroNgO . HCllaPtCl^ wurde gleich im Anfange der Untersuchung, als die Natur des Perbromids noch nicht mit Sicherheit erkannt war, in der Weise bereitet, dafs das Perbromid mit Wasser so lange gekocht wurde, bis die Flüssigkeit farblos geworden war. Die so erhaltene bromwasserstoffsaure Lösung wurde darauf mit überschüssigem, frisch dargestellten Silberchlorid geschüttelt, um das Bromhydrat in das Chlorhydrat überzuführen, und nun die vom Bromsilber abiiltrierte Lösung mit Platinchlorid versetzt. Es schieden sich allmählich lange gelbe Nadeln ab. die wenig in Wasser sich lösen, bei ca. 200 ^ sich dunkelbraun färben und sich zersetzen, ohne selbst bei 250^ zu schmelzen. Arch. 0. 0,205 i g „ „ nach dem Glühen mit Kalk 0,2183 gAg Gl Br. 0,1468 g . „ durch Fällen mit AgNOg 0,0704 gAg Gl. Berechnet für Cjq Hg Br N2 Co . HGl : Gefunden : C = 39,28 Proz. 39,80 Proz. H = 3,27 „ 3,64 Gl + Br = 37,87 „ 37,95 „ Gl := 11,02 „ 11,86 „ Läfst man dagegen die Lösung des Dibromticonins in Kalilauge durch den Zinkstaubzusatz sich erwärmen, so bemerkt man sehr bald den Geruch nach Methylamin. Es wurde deshalb das Re- aktionsgemisch nach dem Eintragen des Zinkstaubs noch etwa 2 Stunden auf dem Wasserbad heifs erhalten, um das Methylamin ab- zudestillieren, und dann filtriert, das Filtrat mit Kohlensäure ge- sättigt, um das Zink zu fällen, alsdann mit Essigsäure schwach an- gesäuert, nachdem sich gezeigt hatte, dafs aus der alkalisch re- agierenden Flüssigkeit sich nichts mit Äther oder Chloroform aus- ziehen liefs. und mit Kupferacetat versetzt. Hierdurch entsteht ein hellblaugrüner amorpher Niederschlag, welcher nach dem Abfiltrieren durch Aufschlämmen in heifsem Wasser sorgfältig gewaschen und mit Schwefelwasserstoff zersetzt wurde. Die vom Schwefelkupfer abfiltrierte wässrige Lösung hinterliefs eine nicht krystallisierende, sehr hygroskopische, durch das Abdampfen gefärbte harzige Masse, welche bei einem Versuche mit Ammoniak versetzt, abgedampft, in Wasser wieder aufgenommen und mit Silbernitrat gefällt, ein anderes Mal mit Barytwasser bis zur neutralen Reaktion versetzt, al)ge- dampft und mit Alkohol gewaschen wurde. Die freie Säure ist in Wasser und Alkohol leicht, in Äther schwer löslich. Das Silbersalz, C9 Hi(,N04 Ag, ist ein voluminöser, schleimiger, schlecht auswaschbarer Niederschlag, welcher in trocknem 28* 436 A. Pilin er, üeber Nicotin, Zustande wenig liehtempHndlicli , beim Kochen mit Wasser sich divnkelbraun färbt, aber nach dem Trocknen, ohne Yeränderiing zu erleiden, auf lOO*^ erwärmt werden kajin. Die Analyse des Salzes hat keine scharfen, aber auch nicht zu mifsdeutende Zahlen geliefert: 0,2264 g Subst. gaben 0,2986 g CO^ u. 0.0742 g HoO. 0,1422 g „ „ 7,2 ccm N bei 18^ C u. 760 mua Barom. 0,1797 g „ . 0,0665 g Ag. Berechnet für Cg HjgNOj Ag: Gefunden: C = 35,53 Proz. 35.97 Proz. H = 3,29 „ 3,64 , N — 4,61 „ 5,84 „ Ag =r 35,53 „ 37,00 „ Das Baryumsalz. (CgHiyXOjgBa. ist eine beim Abdampfen der wässrigen Lösung hinterbleibende Harzmasse, welche durch Zu- sammenreiben mit Alkohol erhärtet. 0,2415 g Subst. gaben 0,3642 g CO^ u. 0,1029 g R.O 0,1937 g „ „ 8,9 ccm N bei 19 l' u. 765 mm Barom. 0,1982 g „ ., 0,0732 g Ba CO3. Berechnet für (Ci)Hjq]S'04)2 Ba: Gefunden: C = 40,83 Proz. 41,13 Proz. H = 3,78 „ 4,72 ., N ^ 5,29 „ 5,32 „ Ba = 25,90 „ 25.65 „ Es steht demnach die Zusammeiisetzung der bei der Reduktion des Dibromticonins neben Methylamin entstehenden Säure aufser Zweifel. Die Konstitittion dieser Säure würde, wie aus der unten entwickelten Formel des Dibromticonins hervorgeht, wahrscheinlich C5 H4 N . CHOH . CHOH . CHo . CO2H, imd die Säure selbst als Pyri- dyl-,-CQ — — - zukommen. Die Analvseu "-aben keinen Aufschluis darüber. A. T*inner, Ueber Nicotin. 437 einen Teil de.-^ Diln'omticonins die Kalilauge gewirkt hat, noch be- vor derselbe reduziert worden war. Zersetzung des Di brom ticonins durch starke Basen. Leicht und glatt erfolgt die Zersetzung des Dibromticonins durch Barythydrat in möglichst konzentrierter Lösung. Es wurde 1 Teil bromwasserstotfsaures Dibromticonin mit 2Y2 Teilen krystallisiertem Barythydrat und ca. 6 Teilen Wasser im geschlossenen Rohr G bis S Stunden lang auf 100 ^ erhitzt. Im Rohr war eine Menge Barium- salz auskrystallisiert. Es wurde deshalb die hellgelbe Lösung ab- filtriert und das Filtrat destilliert, so lange das Destillat basisch reagierte. Dabei ging reines Methylamin über, welches in der Weise kon- statiert wurde, dafs das Destillat mit Salzsäure angesäuert, verdampft und der Rückstand . nachdem er in Alkohol gelöst und mit Aceton gefällt worden war, analysiert wurde. 0,1.38 g Subst. gaben 0.2953 g AgCl. Berechnet für CHßlSiH.^ . HCl: Gefunden: Cl = 52.60 Proz' 52,92 Proz. Auch das Platinsalz zeigte unter dem Mikroskop ausscliliefslich die charakteristischen gelben seclisecldgen Blättchen. Die nach dem Abdestillieren des Methylamins bleibende gelbe Lösung wurde mit Essigsäure schwach angesäuert, mit Kupferacetat gefällt, der hellblaugrüne Xiederschlag in Wasser verteilt mit Schwefel- wasserstoff zersetzt, filtriert und das Filtrat eingedampft. So wurden kleine, zu Warzen vereinigte Prismen erhalten, welche schwer in kaltem, leicht in heifsem Wasser, schwier in Äther sich löslich zeigten, bei 229*^ schmolzen, also durch ihre Eigenschaften sich als Nicotinsäure zu erkennen gaben, was durch die Analyse bestätigt wurde : 0,121 g Subst. gaben 11,3 ccm N bei 12° C u. 767 mm Barem. Berechnet für CgHsNCX,: Gefunden: X = 11,38 Proz. 11,19 Proz. Die oben erwähnten, in den Röhren ausgeschiedenen Barj'tsalz- krystalle wurden zunächst nur mit etwas sehr verdünnter Essigsäure gewaschen, um etwa anhaftendes Karbonat zu entfernen, und in rohem Zustande nach dem Trocknen bei 100*^ analysiert. 0.3444 g Subst. gaben 0,3166 g BaSOi 0,3454 g „ „ 0.1703 g CO., u. 0.053 g HoO .438 A. P inner, Ueber Nicotin. Bereclinet für C3 H2 O4 Ba + HgO : Gefunden : Ba = 53,30 Proz. 53,88 Proz. C = 14,01 „ 13,44 „ H = 1,56 „ 1,71 Da die Analyse zeigte, dafs nicht völlig reines malonsaiires Baryum vorlag, wurde ein Teil des Salzes in Salzsäure gelöst und mit Äther die frei gemachte Säure ausgeschüttelt. Beim Verdunsten des Äthers hinterblieb die Säure in farblosen, stark sauer schmecken- den Tafeln, welche leicht in Wasser. Alkohol und Äther löslich sich zeigten und bei 130° schmolzen, also Malon säure waren, wie auch die Analyse bestätigte: 0.199 g Subst. gaben 0,2510 g CO., u. 0,0721 g HoO Berechnet für C3H4O4: Gefunden: C = 34,62 Proz. 34,40 Proz. H = 3,84 „ 4,02 „ Es zerfällt also das Dibromticonin in Methylamin. Malou- säure und Xicotinsäure. Fassen wir die Ergebnisse der hier mitgeteilten Untersuchungen zusammen, so folgt daraus: 1. Die in der Literatur vorhandenen Angaben, aus denen hätte geschlossen werden können, dafs im Nicotin eines der beiden Stick- stoffatome noch Wasserstoff enthält, dafs also das Nicotin eine Imid- base ist, sind falsch. So die Angabe, dafs Benzoylchlorid mit Nicotin sich leicht vereinigt. Zwar läfst sich eine Verbindung von Nicotin mit einem Mol. Benzoylchlorid darstellen, dieselbe ist aber weder als salzsaiu-es Benzoylnicotin, noch als Chlorid des Nicotiniums auf- zufassen, weü sie durch verdünnte Alkalien nicht verändert wird und noch basische Eigenschaften besitzt, so dafs sie mit Pikrinsäure z. B. ein Salz liefert. AVahrscheinlich ist in dieser Verbindung das Chlor ebenso wie das Benzoyl mit Kohlenstoff verbunden. Dagegen 2. zeigt das Nicotin alle Eigenschaften einer Nitrilbase. Es verbindet sich mit Alkyljodiden zu Salzen, welche sich wie völlig substituierte Ammoniumsalze verhalten. Es verbindet sich nicht (wie Imidbasen) mit Benzolsulfonchlorid, nicht mit Essigsäureanhydi-id, es liefert keine Nitrosoverbindung u. s. t. 3. Das Nicotin ist ein Pyridinderivat. Nicht nur durch Oxydation A. Pin n er, Ueber Nicotin. 439 mit Kaliumbichromat und Schwefelsäui'e, mit Salpetersäure, mit Kalium- permanganat liefert es bei Innehaltung der erforderlichen Bedingungen in fast der Berechnung entsprechender Menge die .^Pyridinf-arbon- paure, welche Xicotinsäure genannt -wird, H HC C . CO2 H, HC CH \ / sondern auch das in naher Beziehung noch zum Nicotin stehende Dibromticouin zerfällt beim Erhitzen mit Alkalien in Nicotinsäure. 4. Das zweite Stickstoffatom des Nicotins, dasjenige, welches nicht im Pj'ridinring sich befindet, ist mit Methyl verbunden. Diese bisher nicht nur unbekannte, sondern geradezu als immöglich betrachtete Tliatsache folgt daraus, dafs sowohl das DibromcotininCioHiQßro X2O. als auch dasDibromticonin CioH8Br2X20.2 beim Erhitzen mit Alkalien oder alkalischen Erden mit Leichtigkeit Methylamin abspalten. Das Nicotin selbst zeigt zwar der Salzsäure und der .Jodwasserstoffsäure gegenüber auch in sehr hoher Temperatur grofse Beständigkeit, woraus man schliefsen zu müssen geglaubt hat, dafs beide Stickstoffatome des Nicotins kein Alkyl enthalten könnten. Aber auch das Cotinin, dessen Dibromderivat beim Erhitzen mit Basen so leicht Methylamin abspaltet, zeigt Säuren gegenüber grofse Beständigkeit. Aufserdem giebt B 1 a u \) in jüngster Zeit an. dafs das salzsaure Nicotin bei der trockenen Destillation Chlormethyl abspalte. 5. Aus der oben besprochenen Zersetzung der beiden Brom- derivate des Nicotins, des Dibromcotinins und des Dibromticonins mit Basen und mit Säuren folgt, dafs im Nicotin neun an einander gebundene Kohlenstoffatome enthalten sein müssen. Denn das alle 10 Kohlenstoiiatome des Nicotins noch enthaltende Dibromcotinin zerfällt in eine Base C7H7NO, Oxalsäure und Methylamin. Wenn wii' für den Augenblick nur die Kohlenstoff- und Stickstoffatome be- rücksichtigen, so haben wir als Spaltprodukte des Cotinins und da- mit auch des Nicotins: 1) Berichte d. d. ehem. Ges. 26. 628. 440 A. Pilin er. Ueber Nicotin. C C— C-C— — C— C— -NCH3 c c ^ ^ \ / Dagegen zerfällt das Dibroniticonin in Xicotinsäure. Malonsäure nnd Methylamin; also in die Teile C C— C — C— C-C— — N-CH3 c c ^ \ / N Die beiden Zersetzungen sind aber nur zu erklären, wenn in den beiden gebromten Basen und im Nicotin selbst die Anordnung der Kohlenstoff- und Stickstoffatome ist: C / \ 4 3 2 1 c C-C— C-C-C i I ' ' C . C -NCK3 \ / N Nun aber geht aus den bisher bekannten Thatsachen hervor. dafs das Nicotin aller Wahrscheinlichkeit nach eine Nitrilbase ist. folglich mufs der Stickstoff des NCHg mit noch einem Kohlenstoff verbunden sein. Ob dies Kohlenstoff 2 oder 3 oder 4 ist, läfst sich aus den oben mitgeteilten Untersiichungen noch nicht mit Sicherheit ermitteln und es sind Versuche im Gange, welche die Aufklärung auch dieses Punktes bezwecken. Es ist jedoch unmöglich, dafs der Stickstoff des NCH3 mit einem Kohlenstoff des Pyridinkerns in Verbindung sich befindet, denn sonst niüfste bei der Spaltung des Nicotins durch Oxydation, ebenso bei der des Dibromticonins durch Basen eine Oxynicotin- säure entstehen. Für das Nicotin ist folgende Formel am meisten wahrscheinlich: H C H Ho HC C— C— C-CH.. I II ! " HC CH N CHo CH„ H C \ H., H., H HC C-C-C-C. /GH, HC \ /^ NCH3 A. Pia u er, Ueber Nicotin. 441 Aufserdeiu k(>unteu freilich noch die Foimeln in Befracht kommen : H C / \ H.,H HC C-C-C— CH. ! i II' v.nd HC CH N-CHo \ / CH3 - N N Dui'ch die Tliatsache, dafs das Nicotin eine zweisäurige Base ist, das Cotinin aber ebenso wie die gebromten Cotinine und Ticonine einsäurig. ist erwiesen, dafs der mit dem Methyl verbun- dene Stickstoff seine Basicität eingebüfst hat, denn wie die Oxyda- tion des Dibromcotinins und des Dibromticonins lehrt, ist nur die mit dem Pyridinrest verbundene Gruppe C4H7NCH3 durch die Ein- wirkung von Brom verändert worden und zwar beim Cotinin in C4H5O . NCHg, beim Ticonin in C4H3O2NCH3. nicht aber der Pyridin- kern selbst. Folglich mufs die bei dem gebromten Cotinin sowohl, als auch beim Ticonin noch vorhandene Basicität dem Pyridyl zuzuschreiben sein. Eine Aufhebung der Basicität der einen Hälfte des Nicotinmoleküls ist aber nur durch die Annahme zu erklären, dafs im Nicotin die Hälfte C4H7NCH3 wie ein Alltylamin, im Cotinin aber die Hälfte C4H5ONCPI3 wie ein Säureamid sich verhält: folglich mufs das Sauerstoffatom an dem mit dem Stickstoff verbundenen Kohlenstoffatom sich befinden, sodafs wir die Pormel des Cotinins auflösen können in H C HC C- C3H5.CO HC CH \7^,CH3 \/ N Peruer ist Folgendes zu erwägen. Das Cotinin selbst ist eine sehr beständige Base. Sie kann für sich der Destillation unterworfen werden, sie kann namentlich mit Salzsäure auf 2000 erhitzt werden, ohne wesentlich verändert zu werden. Dagegen wird das Dibrom- cotinin durch Salzsäure bei IßO*^. durch starke Basen schon bei 100^ 442 A. P inner, Ueber Nicotin. unter Abspaltung von Methj^aniin zersetzt. Folglich mufs das Dibromcotinin sich im Gegensatz zum ('otinin verhalten, wie das methyüerte Imid einer zweibasischen Säure, d. h. das eine Bromatom mufs an dem zweiten, mit NCH3 verbundenen Kohlenstoffatom sich belinden. Wir können also die Formel für das Dibromcotinin auf- lösen in: H C /\ HC C — CHgBr . CO 1 HC CH CBr NCa N es fragt sich nur, mit welchem der beiden C des C2H3Br das CBr verbunden ist. Nun zerfällt das Dibromcotinin luiter dem Eiaflufs von Säuren und Alkalien in eine Base C7H7NO, in Oxalsäure und in Methylamin. Wenn die Xatur der Base C7H7XO mit Sicherheit hätte ermittelt werden können, dann war die Konstitution des Dibrom- cotinins tmd damit des Nicotins vollständig aufgeklärt. Denn diese Base kann entweder C5H4N . CHg . GBO, der Aldehyd der Pyridyl- essigsäure. oder C5H4N . CO . CH3, Methylpyridylketon sein. Im ersten Falle würde das Dibromcotinin die Konstitution besitzen H H C C / \ HgBrHBr / Hg HBr Br HC C-C-C— C HC C-C-C— C HC CH i ^-CO oder ^^ \. \ /: CO N ^^i N CH3 xr CH^i im zweiten FaU dagegen H C / \ Er HC C— C- 1 Ho -C-'-CHEr. HC CH \ / wozu hoffentlich X-CO CH3 die weiteren Y ersitche führen Wenn also, werden, die Xatiu' der Base C7H7XO aufgeklärt sein wird, wird die Konstitution des Dibromcotinins und damit des Xicotins klar- gelegt sein. A. P inner, Ueber Nicotin. 443 Es kann jedoch jetzt schon als recht unwahrscheinlich erachtet werden, dafs die Verbindung C7H7NO der Aldehyd der Pyridyl- essigsäure ist. denn alsdann müfste ihre Entstehung aus dem Dibrom- cotLnin in folgender Weise erfolgen: Bei der Annahme, das Dibromcotinin habe die Konstitution Ho Bi-HBi -C— C— C I N - CH, \ -CO N würde die Spaltung, da doch Brom durch Hydroxyl ersetzt wird und NCH3 durch Eintritt der Elemente des Wassers von dem Reste sich trennt, durch folgendes Schema anschaulich gemacht werden: HoOH \ -_c— C— C HÖH \ CO + 3H._,0 = N H2 O HO -C— CH C + COOK + H0NCH3 \/ CHo \/ N N d. h. es wüi'de die Spaltung in der Gi'uppe — C(OH) — CHOH — so erfolgen, dafs zunächst wegen der Losreifsung des NCHo OH sich hinzuaddiert, so dafs für einen Augenblick die Gruppe — C(0H)2 — CHOH — oder was dasselbe ist — CO — CHOH — vorhanden ist. Zwischen diese beiden C soll aberH — OH so spaltend eintreten, dafs das H an das CO, das OH an das CH(OH) sich anlagert, eine An- nahme, welche nicht den geringsten Grad von Wahrscheinlichkeit besitzt, vielmehr müfste das OH an das CO, das H an das CHOH sich anlagern und als Spaltprodukt die Pyridyl essigsaure -CHg— COOH N entstehen. Den gleichen Grad von Unwahi-scheinlichkeit besitzt die Annahme, das Dibromcotinin habe die Konstitution /\ Ho HBr Er / \— C— C C i^co CHg 4-il A. Pinner. Ueber Nicotin. denn in diesem falle müTste folgende Spaltung sich vollziehen: / Ho HÖH OH . / — C^ — c C\ ' CO ; X + HoO = ^ / CK, ■ / H, HÖH OH — C-COH - HC \ I COOH + H2XCH3 N d. h. es müfste auch hier ^\-iede^ zwischen — HC(OH) — CO — da.s H— OH so eintreten, dafs das CO mit H. das CH(OH) mit OH sich vereinigt, was gegen alle Eegeln der hydrolytischen Spaltung wäre. Es wäre aber noch eine weitere Möglichkeit fiü- die Konstitution des Dibromcotinins vorhanden, nämlich /\ HBr H.. Er / \-C C-C : ^CO \ / CH3 \/ Bei dieser Formel würde aber die Entstehung einer Verbindung C7H7XO statt C7H9NO gar nicht zu erklären sein, wenn man nicht, wozu vorläufig ein zAvingender Grund nicht vorliegt, annehmen will, dafs die Base C7H7NO lediglich einem Oxydationsprozefs ihre Entstehung aus der Base C7H9XO verdankt. Es bleibt deshalb nur die dritte Formel, welche aiich alle bisher bekannten Thatsachen einfach zu erklären vermag. Unter Zugrundelegung dieser wahrscheinlichsten dritten Kon- stitutionsformel würden im Dibromcotinin bei der Zersetzung durch Basen die beiden Bromatome durch Hydroxyl ausgetauscht, aufserdem unter Aufnahme der Elemente des Wassers Methylamin abgespalten und zunächst die Verbindung H, -c-c; ^CHOH COOH A. Pinner, Ceber Nicotin. 445 gebildet werden, lallen in / ^\-C0.CH3 Letztere aber würde bei ihrer Entstehung zer- und CHO.COoH, in Methyl-,5-pyridylketon und Glyoxylsänre, welche selbstverständlich sofort in Oxalsäure und Glycolsäure zerfällt. Das Dibroniticonin würde die Konstitution besitzen : N Br \,— C-CO N— CO CH3 CHBr. 1) Bei der Zersetzung durch Basen würde, indem zunächst die beiden Bromatome durch Hydroxyl ausgetauscht werden, unter Addition des Wassers folgender chemischer Prozess sich abspielen: CO -COOH ^CHOH + 2 H.3O = CO COH -f ^CHOH + CHgXHo COOH d. h. es würde zimächst neben Xicotiusäure und Methylamin der Halbaldehyd der Tartronsäure entstehen. Letzterer aber mufs so- fort, wie aus den vielfältigsten Beispielen bekannt ist, sich um- lagern zu Malonsäm-e. Thatsächlich entstehen ja bei der Zersetzung des Dibromticonins durch Basen Nicotinsäure, Malonsäure und Methylamin. Das Monobromcotinin und das Monobromticonin haben, 1) Ich möchte au dieser Stelle darauf hinweisen, dafs ich in meiner vorläufigen Mitteilung in den Berichten von den möglichen Nicotin- formeln nur die wahrscheinlichste gegeben habe, und dals Herr Blau sich veraulafst gesehen hat, die anderen beiden möglichen Formeln, welche ich dort nicht erwähnt habe, anzuführen. Es lassen sich leicht Tormeln aufstellen, schwieriger ist es, die experimentellen Belege zu liefern. 446 A- Pinnex-, Ueber Xicotin. die Richtigkeit der Konstitutionsformeln für die dibromirten Basen vorausgesetzt, die Zusammensetzung Br -C-CH., N— CO CH, Br -C— CO ! \ / CO CHp N CHo d. h, es wird dasjenige Bromatom eliminiert, welches an dem nicht mit NCH3 verbundenen Kohlenstoff sich befindet, denn die mono- bromirten Basen verhalten sich Alkalien gegenüber wie die dibro- mierten. d. h. sie werden durch Alkalien leicht unter Methylamin- abspaltung zersetzt, mi Gegensatz zum nicht bromierten Cotinin. Was endlich die Konstitution der beiden Verbindungen Cg Hg NO3 und Cg Hji NO4 betrifft , so erscheint die Annahme kaum zulässig, dafs das Erstere das „Apocotinin" CgHgXOs, etwa als Lacton des Zweiten, der „Pjrridyldioxybuttersäure" aufzufassen wäre. Vielmehr scheint das Apocotinin seine Entstehung dem vorher gebildeten Monobromcotinin zu danken, so dafs seine Konstitution -CO-CH.-CH.,-CO.H °t' ZT •^ schemucher \ — C (OH) - CH2 —CHo I I O CO N Br Ho H. _c— c— c ■ + 2HoO N— I CHo CO N -CO-CH,— CH2 I COOH + NHoCH3.HBr N oder = '\ OH Ha H., — C— C -C" NHo CH3 . HBr CO N Schwieriger ist es, die Konstitution der Pyridyldioxybuttersäure A. P inner, Ueber Nicotin. 447 zu erkennen. Freilich ist es sicher, dafs auch bei ihrer Entstehung die Bildung von Monobromticonin vorhergeht, wir haben also Br \_C— CO-CH2 N CO X CK, Durch die Wii'kung des Alkalis wii'd vielleicht zunächst Methyl- amin abgespalten und der Körper / (OH)Br — C CO— CHg COOH N erzeugt, welcher durch den Einflufs nascierenden Wasserstoffs in die Säure . — CH(OH)- CH(OH)- CH2— CO2H übergeführt wird. Eine solche Säure müfste sich aber durch die Leichtigkeit, in ihr Lacton überzugehen, auszeichnen. Es kann aber auch, wie schon oben erwähnt worden ist. durch die Einwirkung des Alkalis aus dem Monobromticonin das Brom durch OH und das XCH3 durch ersetzt, also zunächst das Lacton gebildet worden sein: ' \- C(OH)— CO— CH2 O -CO N welches freilich durch die Wirkung des Alkalis zur Säure aufge- spalten, dann aber bei der weiteren Verarbeitung wieder in das Lacton zurückverwandelt worden wäre. Diese Säure aber würde durch die hydrierende Wirkung der Flüssigkeit in die Hexahydrover- bindunfl:. 448 H. Kiliani, Ueber einige Derivato des Digitogenins. HoC - CH— COH-CO— CHo "i 1 1 " HoC CHo O CO H in das Pipericünderivat übergeführt, welches jedoch C9 H13 NO4 zu- sammengesetzt ist. Letztere Annahme besitzt freiHch weit geringere Wahrscheinlichkeit. Spätere Versuche sollen über die wirkliche Kon- stitution Aufklärung geben. Ich hoffe demnächst sowohl durch weitere Untersuchung des Nicotins als auch durch Spaltung des Piperidinringes in dem durch Hydrierung aus dem Nicotin zu erhaltenden Hexahydronicotin oder, wie soeben durch Blau nachgewiesen worden ist, Octohydronicotin, die Konstitution des Nicotins völlig aufzuklären, teile aber schon jetzt die gewonnenen Resultate mit, weil bei der Schwierigkeit der Unter- suchung die Arbeit nur sehr langsam fortschreitet. TJetoer einige Derivate des Digitogenins. Von H. Kiliani. (Eingegangen am 19. Mai 1893.) Bei der Spaltung des Digitonins. C27 H46 O^^. durch verdünnte Salzsäure entsteht neben Dextrose und Galactose das in Wasser un- lösliche Digitogenin, C15 H24 O3. Behandelt man dieses in Eisessig- Lösung mit Chromsäure, so wird es in die einbasische Digitogensäure, Ci4 H22 O4, verwandelt und aus letzterer gewinnt man durch Aveitere Sauerstoffzufahr mittelst alkalischer Permanganatlösung die ebenfalls einbasische Digitsäure Cio H^g O4. ^) Hiernach hatte es den Anschein, als ob Digitonin, Digitogen- säure und Digitsäure das gemeinschaftliche einwertige Radikal C9H15O2 enthielten, wie dies folgende Formeln veranschaulichen. Digitogenin Cg H^g Og . Cg Hg Digitogensäure Cg H15 O2 . C4 Hg . COoH Digitsäure Cg Hjj O2 . COoH 1) Ber. ehem. Ges. XXIII. 1.Ö55. — XXIV. 339 u. 3951. Dieses Archiv Bd. 23(i. S. 261. H. Kiliiini, Ueber einige Derivate des Digitogenins. 449 und die weitere Untersuchung dehnte sich demgemäfs nach zwei Richtungen aus. indem einerseits die Konstitution der Gruppe (/g Hi5 Oo, andererseits die Anordnung der Atome in den Resten C'e Hg bezw. C4 Hg . CO2H zu ermitteki versucht wurde. Für die Lösung des ersten Teils dieser Aufgabe schien die Digitsäure das naturgemäfse Ausgangsmateriai zu sein, während für den zweiten Teil nach passenden anderen Derivaten der Digitogen- tJiiure bezw. des Digitogenins gesucht werden mufste. Die Digitsäure erwies sich aber leider als ein wenig geschmei- diges Objekt für die Erforschung des vermeintlichen gemeinsamen Kernes Cg H15 0-2 : dagegen ergab die Verarbeitung der Mutterlaugen, welche bei der Gewinnung der Digitsäure anfallen, ein bemerkens- wertes Resultat und endlich brachte mich die Untersuchung einiger neuer Derivate der Digitogensäiu^e zu der UeberzeuguBg, dafs die Annahme ein und desselben Radilials Cg H^^ O2 in Digitogenin, Digitogensäure und Digitsäure eine entschieden irrige ist. Verhalten der Digitsäure zu verschiedenen Reagentieu. Uebergiefst man dieDigitsäme mit der zwanzigfachen Gewichts- menge konz. Salpetersäure (sp. G. 1,39), so löst sie sich bei gewöhnlicher Temperatur langsam atif und dabei zeigt diese Flüssig- keit in prachtvollster Weise die charakteristische blaurote Farbe der Digitalisblüte. Diese Färbung verschwindet langsam beim ein- fachen Stehenlassen der Mischung, ziemlich rasch beün Erwärmen auf 35'^, aber auch schon durch Verdünnung mit Wasser, ohne dafs letzteres einen Niederschlag erzeugt. In den ersteren zwei Fällen wird die Farbe zuerst blutrot, dann hell gelbrot. Diirch fortgesetztes Erhitzen der ursprünglichen Mischung auf 35^ und allmählige Stei- gening der Temperatur auf 100'^ wird eine ruhig verlaufende Oxy- dation hervorgerufen, aber neben Oxalsäure entstehen niu' halb ölige, halb harzig feste, namentlich in verdünnter Salpetersäure leicht lös- hche, zum Teü stickstoffhaltige Produkte, von welchen keines in ki-ystallisierte Form gebracht werden konnte. Salpetersäiu'e vom sp. G. 1,12 (20 Proz.) wirkt erst im kochenden Wasserbade auf die Digitsäui-e und zwar ohne Auftreten der er- wähnten Färbung. Oxalsäure bildet sich dabei in gröfserer Menge Arcli. d. Pharm. CCXXXI. Bds., 6. Heft. 29 450 H. Kiliani. Uel>er einige Derivate des Digitogenins. als bei Anwendung des stärkeren Oxj'^dationsmittels. die übrigen Produkte sind aber ebenfalls höchst unerf|uicklicher und schwer fafs- barer Natur. Hydroxylamin. kochende lOprozentige Kalilauge, so- wie Natriumamalgam verändern die Digitsäure nicht. Auch Permanganat in neutraler oder durch Soda alkalisch gemachter Lösung wirkt auf die Säure bei gewöhnlicher Temperatur nicht ein; nur eine mit grofsem Überschusse von Aetzkali versetzte Lösung der Säure veranlafst Reduktion . aber auch nur in schwachem Mafse. Sonach enthält die Digitsäiu'e weder eine Aldehyd- noch eine Keton-Grruppe ; sie ist unzweifelhaft eine gesättigte Vei-bindung und muls in Folge dessen, wenn man gleichzeitig ihren Wasserstoff- Gehalt berücksichtigt, unter die hj^-drierten Verbindungen mit ring- förmiger Verkettung der Kohlenstoffatome gerechnet werden. Als Ringsystem kann wohl nur der Benzolkern in Frage kommen und so ergiebt sich denn der Schlufs, dafs die Digitsäure und mit ihr das Digitogenin, sowie dessen sonstige Deiivate in naher Beziehung zu den Terpenen stehen. Zu dieser Ansicht gelangte ich schon vor mehreren Jahren auf Grund folgender, an und für sich freilich nicht ausschlaggebender Beobachtung : Erhitzt man eine der betr. Substanzen rasch auf dem Platin- bleche, so verbrennt sie nach Entwicklung eines terpenartigen Ge- ruches mit langer, stark russender Flamme unter Hinterlassung von schwer verbrennlicher Kohle. Der tei"penartige Geruch zeigt sich weit deutlicher, wenn man die Erhitzung vorsichtig im Proberöhrchen durchführt, doch ist die Ausbeute an solchen flüchtigen Kohlen- wasserstoffen, wahi'scheinlich wegen des Sauerstoffgehaltes der Ver- suchsmaterialien, immer nui- eine minimale. Schon damals habe ich Versuche angestellt und dieselben neuer- dings wiederholt, um von der Digitsäure zu wasserstoffnrmeren Ver- bindungen (nur teilweise hydrierten Benzol derivaten) zu gelangen. Nach dem Vorgange von Wallach und von Baeyer benutzte ich dazu die Halogene in der Hoffnung, durch Abspaltung von Halogen- wasserstoff aus den zu erwartenden Substitutionsprodukten die ge- wünschten Körper zu erhalten. Leider scheiterten aber alle Be- H. Kiliani, Ueber einige Derivate des Digitogenins. 451 niühimgeu an der grolsen Neigung der fraglichen Substanzen, unter dem tiuiflusse von Halogen oder Halogen Wasserstoff schmierige, nicht entwirrbare Gremenge zu liefern. Endlich versuchte ich den weitereu Abbau der Digitsäure ver- mittelst Permanganat in der Hitze. Hierbei entsteht viel Kohlen- säure und etwas Oxalsäure neben wenig harziger, in Wasser schwer löslicher Säure. Flüchtige Fettsäuren oder leicht laystallisierbare Säuren der Malonsäurereihe konnten nie aufgefunden werden. Da also nach dieser Richtung ein Vorwärtskommen vorläufig aussichtslos erschien, nahm ich die Untersuchung der Mutterlaugen, welche man bei der Darstellung der Digitsäure erhält, \vieder auf nnd erzielte dabei, ^vie im Folgenden gezeigt wird, einen l)esseren Erfolg. Einwirkung von "Kaliumpermanganat aul die Digitsäure- Mutterlaugen. Bei der Oxydation der Digitogensäure zu Digitsäure ^) beträgt die Gesamtausbeute an letzterer Säure nur ca. 35 Proz. Da gleichzeitig sehr wenig Kohlensäure und Oxalsäiire entstehen , müssen die Mutterlaugen noch viel organische Substanz enthalten. Thatsächlich kann man diese auch durch sehr oft wiederholtes Ausschütteln mit Äther isolieren, erhält aber nur ein Gemenge von harzigen Säuren, welche überdies auch keine krystallisierten Salze liefern; sie besitzen jedoch vor der Digitsäure den Vorzug, sehr leicht oxydierbar zu sein. Die Hoffnung, aus den Digitsäure-Mutterlaugen durch fort- gesetzte Sauerstotfzufuhr ein weiteres Abbauprodukt der Digitogen- säure zu gewinnen, erschien demnach berechtigt und sie wurde auch nicht getäuscht. Die zu dem betreffenden Versuche verwendeten „Mutterlaugen" erhielt ich in folgender Weise: Das Filtrat von der 1. c. mit 11 bezeichneten Digitsäure - Krystallisation wurde zunächst dreimal mit Chloroform geschüttelt, wodurch der Rest der Digitsäure, gemengt mit etwas amorphen Säm-en. aus der Lösung entfernt wurde. Sodann neutralisierte ich die letztere genau durch Kalilauge und verdampfte auf die Hälfte des Volumens, um den gröfsten Teil des früher zugesetzten Alkohols zu verjagen. 1) Ber. ehem. Ges. XXIV, 345. 29* 452 H. Kiliani, Ueber einige Derivate des Digitogenius. Die „Mutterlaugen", welche auf diese Weise bei der successiven Verarbeitung von 100 g Digitogensäure sich angesammelt hatten, wurden vereinigt, mit 500 g konz. Kalilaiige (1:1) versetzt, auf dem kochenden Wasserbade erhitzt und im Vei^laufe von ca. ü Stunden nach VTud nach mit 120 g Kaliumpermanganat vermischt. Hiervon Avandte ich die ersten 90 g in Lösung 1 : 50 an, die letzten 30 g wurden, um die Verdünnung der Flüssigkeit nicht allzu grofs werden zu lassen, in Pulverform eingetragen. Nach vollendeter Reduktion der letzten Anteile wiirde filtriert, die Lösung mit Salzsäure neu- tralisiert, bis zur beginnenden Avisscheidung von Chlorkalium ein- gedampft, dieses nach dem Erkalten abgenutscht und das Avieder angesäuerte Filtrat neunmal mit Äther geschüttelt. Das amorphe Atherextrakt war in heifsem Wasser leicht löslich; die Lösung wurde auf dem Wasserbade verdampft, um die Essig- säure zu beseitigen, welche aus dem in den „Mutterlaugen" noch enthaltenen Alkohol entstanden war; hierauf fällte ich die kleiae Menge der vorhandenen Oxalsäure durch Zusatz der äquivalenten Menge von Calciumcarbonat und liefs endlich die übrig bleibende Lösxmg der freien Säuren im Vacuum über Schwefelsänre ver- dunsten. Hierljei erfüllte sich die Flüssigkeit allmählich mit struktur- losen Körnern, die ganz ähnlich aussahen. A\ae jene des Digitalinum verum; irgend eine wirkliche Krystallisation wurde nicht beobachtet. Ich schritt deshalb zur Darstellung von Salzen, vei-mochte aber nur ein saures Kaliumsalz zum Krystallisieren zu bringen. Man er- hält dasselbe am besten in folgender Weise: Nach Entfernung der Essigsäure und Oxalsäure neutralisiert man ^/j der Säurelösung mit Kali, setzt die übrigen •% hinzu, konzenti'iert ziemlich weit und rührt wenig Aceton ein. Namentlich beim kräftigen Reiben der Wände bilden sich rasch feine Nädelchen ; zur Vollendung der Kr-ystallisation ist aber mehrstündiges Stehen- lassen i^zweckmäfsig im kalten Räume) erforderlich. Man saugt ab, wäscht mit möglichst wenig 50prozentigem Acetonwasser und löst die vorher trocken geprefsten Krystalle Avieder in 5 T. Avarmen Wassers auf. Diese Lösung scheidet auch bei stundenlangem Stehen keine Krystalle ab. erstarrt aber in kurzer Zeit, sobald man Avieder Aveuig Aceton zugibt und die AVände reibt. H. Kiiiani, Ueber einige Derivate des Digitogenina. +i.'? Bei der T^ntersuchung des reinen Kalisalzes ergaben sich nun folgende Resultate : I. 0,2573 g lufttrockenes Salz verloren im Vacuum rasch 0,0221 g oder 8.59 Proz. H2O. II. U,3726 g verloren ebenso 0,0325 g oder 3,72 Proz. HgO. III. 0,3704 g lufttrockenes Salz lieferten 0,0519 gKCl, entsprechend 7,35 Proz. K. IV. 0,2553 g lufttrockenes Salz verbrauchten bis zum völligen Verschwinden der sauren Reaktion, axif welche durch Tüpfelprobe mit sehr empfindlichem Lackmuspapier geprüft wurde, 14,4 ccm ^/jo Normal- kalilauge, entsprechend 0,0562 g Kalium, also dreimal so%'iel Metall, als das angewendete Salz nach Analyse III enthielt (0,0l87 g Kalium). Die konzentrierte Lösung des bei Versuch IV gewonnenen neutralen Kalisalzes gab mit Bar7,-um-. Calcium- und Magnesium- Salz keinen Niederschlag, mit Zinksulfat eine mäfsig schwerlösliche kleinkugelige . nicht krystallisierte Fällung. Beim Ansäuera mit Salzsäure blieb die Lösung im ersten Momente klar, nach wenigen Sekunden schied sich aber die Säure in Form von harten Körnern ab, die sich dann in M^asser nur mehr schwer auf- lösten. Verdünnt man dagegen die Kalisalzlöung vor dem Zusätze der Salzsäure, so bleibt die saure Lösung längere Zeit klar vmd erst allmälig setzen sich ganz kleine Büschel von mikros- kopisch feinen Xädelchen ab, jedoch nur in geringer Menge. Die Säm-e ist also auch in kaltem Wasser sehr merklich löslich. Um sie möglichst vollständig zu gewinnen, wurde sie deshalb mit Äther extrahiert. Beim Verdunsten des Äthers verblieb .ein farbloser Syrup, der beim kräftigen Lmrühren zu einer dicken Gallerte der schon mehrfach erwähnten Körner erstarrte, nur waren diese, wohl in Folge der Gegenwart von etwas Alkohol, nicht hart wie jene, welche aus der Kalisalzlösung direkt durch Salzsäure gefällt wor- den waren. Die Gallerte wurde im Vacuum ausgetrocknet und der Rückstand analysiert. 0,2259 g Substanz gaben 0,4816 g CO.^ und 0,1482 g HgO. Berechnet für Cg H14 O4 Gefunden C 58,00 58.14 H 7,52 7,29 Die Säure ist offenbar zweibasisch und das oben beschriebene Kalisalz ein sog. übersaures von der Formel Cg Hjg O4 K -r Cg Hu O4 + 7 H.2O : es verliert im Vacuum 2^2 ^io\. Wasser. 454 H. Kiliani, Ueber einige Derivate des Digitogenins. Berechnet Gefunden I. II. III. HgOi) 8,39 8,59 8.72 — k 7.28 — — 7,35 Die von mir analysierte Säui-e erweicht bei 170*^. Eine Säiire von gleicher Zusammensetzung und ähnlichen Eigen- schaften haben nun Marsh, Balliol und Gardner unter den Destillalionsprodukten der dreibasischen Camphensäure, Cjo Hu Og , aufgoiimden und als Isopyrocamphensäure bezeichnet, -j Sie schreiben : „The acid separates from the hot aqueous Solution as an oil which afterwards solidifies to a mass of crystals. The crystals iorm hard granules The melting point is near 160'', but was not always obtained (juire constant." Ein Salz haben die genannten Forscher leider nicht dargestellt Ich beabsichtige nun, in nächster Zeit diese Säure direkt mit der meinigen zu vergleichen. Sollte sich dabei wirklich deren Identität ergeben, so wäre damit die Verwandtschaft des Digitogenins zu den Terpenen direkt bewiesen. Im entgegengesetzten Falle aber dürfte es nicht aUzu schwer sein . die Konstitution der Säure C9H14O4 aufzuklären und dadiuch zur richtigen Erkenntnis des in der Digitsäure enthaltenen Kohlenstolfkernes zu gelangen. Verhalten der Digitogensäure zu verschiedenen Reagentien. Wenn die im Eingange dieser Abhandkmg erwähnte Vermutung richtig war, ,dafs Digitogenin. Digitogensäure und Digitsäure das gemeinschaftliche Radikal Cg Hi-, Oo enthalten, dann lag es nahe, für die Digitogensäure die Formel Cg Hi5 Oo . CH = CH — CH, — CH2 — CO2H anzunehmen, welche die Bildung der Digitsäure Cg H,5 O2 . CO2H durch Oxydation mittelst Permanganat in einfachster Weise erklären Avürde. Dami sollte aber als Nebenprodukt bei der Digitsäure- gewinnung Bernsteinsäure auftreten: es v>'ürde femer durch Behand- hing der Digitogensäm-e mit Natriumamalgam eine Dibydrosäure ent- ■ stehen,* welche bei gewöhnlicher Temperatur gegen Permanganat ^1 Verlust im Vacuum. -t Journ. ehem. soc. Bd. 59. S. 651. H. Kiliani, Ueber einige Derivate des Digitogenins. 455 mindestens ebenso unemplindlich sein mül'ste, wie die Digirsäure, und endlich wäre dann eine Einwirkung von kochender lOprozentiger Kalilauge nur innerhalb des Radikals Cg H15 O2 denkbar. Bernsteinsäure konnte ich aber unter den Nebenprodukten der üigitsäure niemals auffinden, sondern nur Oxalsäure, und sowohl die Einwirkung des Natriumamalgams, als auch jene der lOprozentigen Kalilauge auf Digitogensäure verliefen in ganz anderem Sinne, als es obige Annahme voraussehen liefs. Einwirkung von Natriumamalgam. 5 g Digitogensäure wurden mittelst 3 g krystallisierter Soda in 400 g lOprozentigen Alkohols ^) gelöst und zu dieser Lösung unter fleifsigem Um- .schütteln und zeitweiser Neutralisation durch Salzsäure innerhalb 3 Tagen 500 g 2Y2prozentiges Amalgam gegeben. Nach völliger Zersetzung des letzteren (Dauer ca. 5 Tage) wurde filtriert, die L(»sung zuer.st mit der Hälfte ihres Gewichtes an 93prozentigem Alkohol und hierauf mit überschüssiger Salzsäure versetzt. Innerhalb 36 Stunden, während deren die Flüssigkeit einige Male umziTschtitteln ist. scheiden sich dann perlmutterglänzende, teilweise zu Wärzchen vereinigte Blättchen ab. Dieselben werden auf einem Filter ge- sammelt, zuerst mit etwas 20prozentigem, dann mit lOprozentigem Alkohol, schliefslich mit Wasser gewaschen und bei 105*^ getrocknet. Sie sind sofort analysenrein: die Ausbeute beträgt nur 12 — 14 Proz. vom Gewichte der Digitogensäure: doch kann man aus dem Filtrate noch eine grölsere Menge der Substanz gewinnen . indem man folgendermafsen verfährt : Das Fütrat von jener Krystallisation \vird mit Kalilauge neu- tralisiert und soweit eingedampft, dafs es nur mehr schwach nach Alkohol riecht. Hierbei bildet sich eine ziemlich starke harzige Aus- scheidung. Diese wird durch Zusatz von Kalilauge wieder aufge- löst, dann fügt man Salzsäure hinzu bis zum Auftreten der Tropäolin- reaktion und erhitzt auf dem kochenden Wasserbade, damit die in amoi'phen Flocken ausgeschiedene Säiire erweicht und mittelst Glas- stabes zu einem Klumpen vereinigt werden kann. Diesen nimmt 1) Die Anwendung des lOprozentigen Alkoiiols an Stelle von reinem Wasser erweist sicli hier, wie bei dem Kochen mit Kalilauge, als notwendig, um das sonst eintretende, höchst lästige Schäumen der Alkalisalzlösung zu vermeiden. 456 H. Kiliani, Ueber einige Derivate des Digitogenins. man aus der Flüssigkeit heraus und löst ilm. ohne vorher zu waschen und zu trocknen, in möglichst wenig warmem, 9oprozentigen Alkohol auf. Sättigt man nun diese Lösung vorsichtig mit Wasser, so zwar, dafs eine etwa am Schlüsse verbleibende schwache Trübung durch das Minimum von Alkohol gerade A\-ieder zum Verschwinden gebracht wird, gibt eine Spiu- der zuerst erhaltenen Krystalle hinzu imd läfst im verschlossenen Kolben stehen, so bildet sich innerhalb 12 Stunden noch eine starke Krystallisation. Diese wird abgesaugt und mit wenig öOprozentigem Alkohol gewaschen. Ich erliielt auf diese Weise noch ca. 26 Prozent, im Ganzen also etwa 40 Prozent Aus- beute. Die Mutterlauge lieferte nur mehr amorphe Produkte. Die reine krystallisierte Säiu-e wird im trockenen Zustande beim Eeiben äufserst stark elektrisch und mufs deshalb noch feucht mög- lichst fein verteilt werden: sie färbt sich gegen 230^ gelblich und erweicht allmählich bei 240 '^•. 0.1999 g bei lOö^* getrocknete Substanz gaben 0.4991 g COj und 0.1647 g HoO. Ber. für CogHigO; Gefunden C 68,0 r 68,09 H 9.31 9,16 Die durch mehrere Analysen als richtig erkannte Formel ist jedenfalls aufztilösen in 2 Ci^ H22 Og -f H, tmd für die Entstehung der Verbindting gilt dann die Gleichung Ci4 H22 O4 + H2 = C,i H22 O3 + Ha 0. Der Wasserstoff dient demnach sicher nicht ztir Aufhebung einer doppelten Bindung, er greift \-ielmehr au einer sauerstoff- haltigen Stelle des Moleküls ein. veranlafst liier die Bildung eines Hydroxyls und dieses spaltet mit einem z^\•eiten. schon urspilin glich vorhandenen Hydroxyl Wasser ab. Unbeteiligt an der Eeaktion ist aber die Karboxylgruppe : denn letztere \vürde die Bildting eines neutralen Lactons veranlassen, während das Reduktionsprodukt der Digitogensäiu-e, die Desoxydigitogensäure, nach dem Befeuchten mit ÖOprozentigem Alkohol tmzweifelhaft sauer reagiert. Irgend ein krj'stallisiertes Salz der Desoxydigitogensäm-e könnt« nicht erhalten werden: die Lösung d : 100) des neutralen Kalisalzes gibt mit Baryum-, Calcium-, Magnesiimi-, Zink- tmd Blei-Salz sofort dicke amorphe Niederschläge. Von Kaliumpermanganat \\ird die Desoxydigitogensäure schon H. Kiliani, Uelier einige Derivate des Digitogenins. 457 bei gewöhnlicher Temperarur sehr leicht oxydiert. Die hierbei ent- stehenden Produkte bedürfen noch der näheren Untersnchunt;. Einwirkung von lOprozentiger Kalilauge. Kocht man 1 Th. Digitogensäure mit 8 Th. Kalium hydric. alcoh. dep. und 3») Th. lOprozentigem Alkohol am Rücktiurs kühler, .so färbt .sich die Lösung rasch hellgelb. Xach 2 stündigem Erhitzen wurde die noch heifse Lösung mit Salzsäure in geringem Überschüsse versetzt, wobei starkes Aufbrausen stattfand: Es war also kohlensaures Kali gebildet worden. Gleichzeitig fiel eine ölige Säure aus. die sich beim Erkalten als harter Kuchen am Glase festlegte. Die abge- gossene wässerige Lösung wurde destilliert: Flüchtige Fettsäuren waren nicht vorhanden. Jener Kuchen läfst sich leicht verreiben und mit Wasser aus- waschen. Man löst ihn nach dem Trocknen in der doppelten Ge- u-ichtsmenge 93prozentigen Alkohols, nötigenfalls durch schwaches Erwärmen, und läfst diese Lösung im geschlossenen Kolben 12 bis 24 Stnnden stehen. Es bilden sich hübsche weilse Nadeln (Pro- dukt I), welche man absaugt und mit möglichst wenig 93prozentigem Alkohol auswäscht, aber ohne dafs der Waschalkohol mit dem Haupt- filtrate vereinigt wird. Dieses sättigt man vorsichtig mit Wasser ; es liefert dann bei mehrtägigem Stehen im verschlossenen Kolben eine reichHche Krystallisation fProdukt II). deren Beginn durch Reiben der Wände selir befördert und deren Fortschreiten durch öfteres Umschwenken sehr beschleunigt ^ivd. Läfst man rahig stehen, so erfolgt die Ausscheidung sehr langsam, sie besteht in diesem Falle aus schönen, relativ grofsen, farblosen Prismen. Die Krystalle 11 sind beim Absaugen mit SOprozentigem Alkohol aus- zuwaschen. Ihre Mutterlauge konzentriert man durch Eindampfen: die hierbei ölig ausfallende Säure \vird durch Zusatz von möglichst w^enig 93 prozentigem Alkohol wieder aufgelöst, um beim Stehenlassen eine weitere, mit 11 identische Krystallisation zu liefern. Die Ausbeute an I beträgt ca. 10 Proz.. jene an II 50 bis 60 Prozent. Produkt I löst sich leicht in 10 Th. heifsen 93 prozentigen Alkohols und scheidet sich nach kurzem Stehen der erkalteten Lösung wieder in seidenglänzenden Nadeln ab. die sich übrigens auch dann bilden, wenn man eine verdünntere alkoholische Lösung freiwillig 458 H. Kiliani, Heber einige Derivate des Digitogenins. verdunsten lälst. welche Ei.i>enschait der grofsen Mehrzahl der übrigen Digitogeninderivate mangelt. Die vacuiimtrockene Substanz enthält noch Alkohol und mufs deshalb vor der Analyse auf 105^ erhitzt werden; sie erweicht unter Gelbfärbung erst bei 240^. 0,132 g bei 105» getrocknete Substanz lieferten 0.3342 g COo und (I.L158 g HoO. Berechnet für C13H22O3 Gefunden C 69,03 69,05 H 9,73 9,75 Die Verbindung ist eine einbasische Säure; löst man sie in der äquivalenten Menge Soda und verdünnt dann bis zum Verhält- nisse 1 : 50, so erzeugen die meisten Metallsalze sofort dicke amorphe Niederschläge. Fügt man zur Natronsalzlösuug soviel Wasser, dafs Magnesiumnitrat gerade nicht mehr augenblicklich eine Fällung veranlafst, so erhält man innerhalb einiger Stunden sehr hübsche weifse Warzen des Magnesiumsalzes. Dieselben sind aus schmalen Blättchen zusammengesetzt und sind weit derber als jene des digitogen- sauren Magnesiums. Im Übrigen wandelt sich auch der in kon- zentrierter Lösung erzeugte gallertartige Magnesiumniederschlag beim Stehenlassen in Wärzchen um. 0,286 g lufttrockenes Salz verloren bei IO50 0,0444 g Ho O und lieferten 0,0201 g Mg O. Berechnet für (Cjg H^i ^3)2 ^^8 + 5 Ho Gefunden HoO 15.95 ' 15,52 Mg 4.30 4,24 Produkt II löst sich in der vierfachen Gewichtsmenge 93 prozentigen Alkohols schon bei gewöhnlicher Temperatur gröfsten- teils auf, der Rest kann durch schwaches Erwärmen gelöst werden. Diese Lösung liefert beim direkten Verdunsten einen amorphen Rückstand, der erst bei sehr langem Stehen über Schwefelsäure im Vacuum die letzten Anteile des Alkohols vollständig verliert. Durch Sättigung der alkoholischen Lösung mit Wasser kann man aber sehr leicht Krystallisation erzielen. Die reinen Krystalle schmelzen bei 210'^ ; sie enthalten wie mehrere andere verwandte Substanzen AVasser. welches bei 1050 noch nicht entweicht. 0,1812 g vacuumtrockene Säure gaben 0.4451 g COg und 0,1452 g HgO. H. Kiliani. Ueber einige Derivate dt.'S Digitogenins. 4.Jii Berechnet für 2 CigHoi^O^ + H^O Gofnnden C m,9b f)(i,99 H Ü.Oi 8,90 Auch diese \'erbindmig ist eine einbasische Säure; die I^ösung (l : 100) ihres Natriumsalzes scheidet nach Zusatz von salpetersaurem Magnesium rasch hübsche fettglänzende Wärzchen des M a g n e- s i II m s a 1 z e s ab. I. 0,4294 g lufttrockenes Salz verloren bei 1050 0,0835 g H2O. II. 0,255 g lufttrockenes Salz lieferten 0,0172 g Mg 0. III. 0,1382 g bei 105" getrocknetes Salz gaben bei der Verbren- nung 0.3149 g CO2 und 0,1036 g HgO. Ber. für fCjg Hjg O3I., Mg + 8 HgO Gefunden H..OI) 19,05 19,44 Mg 3,96 — 4,«iü Ber. für 2 (Ci3Hi9 03)2 Mg + 3 HgO Gefunden (Salz bei 105«) 62,74 62,14 H 8,24 8,33 Demnach entstehen beim Kochen der Digitogensäure mit Kali- lauge zwei Säuren und zwar in vorherrschender Menge die Säure (.^3 H20 O3, welche vorläufig den mllkürlich gewählten Namen Digitosäure erhalten soll und in weit geringerer Menge die Hydro digitosäure. C13 H22 O3. Die letztere unterscheidet sich in ihrer Zusammensetzung von der Digitogensäure lediglich durch den Mindergehalt von CO ; sie entsteht oifenbar durch einen Oxy- dationsprozefs und dieser Vorgang wird leicht begreiflich, ^^•enn man die Digitogensäure als eine «-Ketonsäure betrachtet. That- sächlich läfst sich nun auch aus der Digitogensäure im Gegensatze zur Digitsänre ein Oxim gewinnen, dessen Untersuchung aber noch nicht abgeschlossen ist. Bei der Bildung der Digitosäure sind aufser dem CO auch 2 H- Atome wegoxydiert worden. Dieser Prozefs ist merkwürdiger Weise sogar der überwiegende, er kann erst durch weitere Versuche aufgeklärt werden. Behandelt man nun die Digitosäure mit Kaliumper- manganat genau unter denselben Bedingungen, welche für die Ueberführung der Digitogensäure in Digitsäure angegeben wurden, so erhält man ebenfalls eine reichliche Menge von Digitsäure. 1) Verlust von 6V2 Mol. Wasser. 460 H. Kilianj, Dai-stellung von reinem Digitonin. Aus dieser Thatsaclie, some aus den oben mitgeteilten Beob achtungen über das Verhalten der Digitogensäure einerseits und der Digitsäure andererseits zu Natriumamalgam, Hydroxylamin und Kali- lauge muls man schlielsen. dals die beiden Säuren nicht dasselbe Radikal Cg H15 Oo enthalten, dals vielmehr- höchstens die Gruppe Cg H15 beiden gemeinsam sein kann und endlich, dafs erst bei der Bildimg der Digitsäure an dieses Radikal noch ein SauerstoiFatom sich anhängt. Die vorstehend mitgeteilten Versuche zeigen zwar, dafs immer noch ein ziemlicher Aufwand von Arbeit nötig sein wird, um voll- ständige Klarheit über die Konstitution des Digitogenins und seiner Derivate zu erlangen. Immerhin ist aber jetzt eine breite iind an- scheinend sichere Basis geschaffen, axxi' welcher weiter geViaut wer- den kann, um jenes Ziel zu erreichen. Ueber die Darstellung von reinem Digitonin. Von PI. Kiliaui. Wenn man nach meiner früheren Angabe^) das rohe Gemenge der verschiedenen Digitalisglycoside (das Digitaünum pur. pulv.) im Minimum heifsen 85prozentigen Alkohols auflöst und die Lösung aulserhalb des Wasserbades erkalten läfst, so beobachtet man deut- lich die Abscheidimg von zweierlei Kiystallen. Zuerst bilden sich im unteren Teile des Kolbens relativ grofse farblose Nadeln, aber immer nur in geringer Menge. Dann kommen dichte weifse Wärzchen innerhalb der ganzen Flüssigkeit und in sehr grosser Masse zum Vorschein. Da natürlich die Vermutung nahe lag, dafs so nach einander zwei verschiedene Glycoside auskrystallisieren dürften, habe ich jene Beobachtung weiter verfolgt, aber gefunden, dafs beide Krystallisationen aus wasserhaltigem Digitonin, C^j H46 O14 -f 5 Hg O, bestehen. Der Unterschied in der äufseren Form beruht einfach darauf, dafs die derberen Krystalle sich bei einer Temperatur von 40 — 45° langsam bilden, während die dichten weifsen Wärzchen bei weiterer Abkühlungi der Lösimg sehr rasch zur Abscheidung gelangen. 1) Ber. ehem. Ges. XXIV. 339. F. Lüdy, Studien über Sianibenzoe. 461 Da mui grölsere Massen i) des kleinkrystallisierten Glycosids selbst auf der Nutsche nur schwielig abzusaugen und auszuwaschen sind, das derbkrystallisirte aber äusserst leicht von der Mutterlauge betreit werden kann, läfst sich obige Beol)achtung vortrefflich für die Darstellung von reinem Digitonin verwerten, indem man das nach meiner früheren Vorschrift bereitete Rohdigitonin (die erste Kiystallisation aus 85prozentigem Alkohol, welche also schon von der Hauptmasse der Nebenglj^coside befreit ist), wieder in mög- lichst wenig kochendem 85prozentigem Alkohol (in der Regel 10 T.) auflöst, die Lösung sofort in ein auf 45*^ erwärmtes Wasser- bad bringt und nach Einwurf einiger Krystalle bei dieser Temperatur ohne zu rühren oder zii schütteln ca. 6 Stunden digeriert. Die Kr3rstallisation erfolgt dabei um so rascher, je reiner das Grlycosid schon ist, wird aber in der Regel nach höchstens 8 Stunden beendigt sein. Das (rlycosid setzt sich in sehr schönen, lockeren Krusten an den Wänden des Kolbens fest. Man läfst im Wasserbade langsam erkalt